Filmmusik für Doku: Mit kleinem Equipment zu großem Sound
In diesem Jahr feiert das Musikhaus Thomann sein 70-jähriges Bestehen und dieses Jubiläum hat Thomann mit diversen Aktionen gefeiert. Heute ist nun ein Dokumentarfilm mit dem Namen „Behind The Passion – Die Thomann-Story“ erschienen und dieser zeigt die beachtliche Entwicklung des Musikhauses vom kleinen örtlichen Musikalienhändler bis hin zum weltweit agierenden Konzern. Die Dokumentation wird exklusiv auf dem YouTube-Kanal von Thomann gezeigt und wir haben euch das Video am Ende des Artikels eingebunden.
Wir hatten die Möglichkeit den Produktionsprozess der Filmmusik zu begleiten. Wie entsteht solch eine Produktion überhaupt? Wer ist an welcher Stelle in den Prozess eingebunden und wer steckt überhaupt hinter der Musik? All das haben wir mit Yannik Danneberg, dem Filmmusikkomponisten der Dokumentation besprochen.
Felix:
Yannik, stell Dich doch bitte kurz einmal vor, damit unsere Leser wissen, mit wem wir es heute zu tun haben.
Yannik:
Hallo. Mein Name ist Yannik Danneberg, ich bin 28 Jahre alt und mache Musik, seit ich sechs Jahre alt bin. Die Leidenschaft für Musik habe ich vermutlich von meinem Vater, der mir schon früh die Grundlagen beibrachte. Ich arbeite bei der Agentur Hertz6 und habe, neben meiner Tätigkeit als Cutter, auch bereits zahlreiche Kompositionen für Werbung und Kurzfilme geschaffen – nun auch für die Dokumentation über Thomann.
Felix:
Erzähl uns doch ein wenig über den Produktionsablauf. Wann bist Du genau hinzugezogen worden und hast mit Deiner Arbeit begonnen?
Yannik:
Daniela Kroher, die Leiterin der Filmabteilung hier bei Hertz6, kam im August auf mich zu und sagte zu mir, du darfst die Musik für die Dokumentation über Hans Thomann machen. Das hat mich natürlich sehr gefreut, weil es einerseits für uns als Werbeagentur ein sehr großes Projekt ist und andererseits für mich als Komponisten auch ein anspruchsvolles Projekt ist, bei dem ich auch sehr kreativ werden kann.
Vor allem aber auch, weil es erstmal ein sehr offener Auftrag war, denn zu dem Zeitpunkt gab es nur ein grobes Skript und kaum Details zum Stil der Musik – nur die Vorgabe, dass sie den emotionalen Charakter der Doku betonen sollte. Es hieß: „Mach was, das passt und bewegt.“ Also hatte ich die Freiheit, ziemlich von Null anzufangen und eine eigene Klangwelt zu entwerfen.
Felix:
Gab es von Thomann, der Produktionsleitung oder dem Regisseur zu diesem Zeitpunkt bereits Vorgaben in welche Richtung die Musik zur Doku gehen soll?
Yannik:
Tatsächlich nicht, es gab keine festen Temp-Tracks – was für mich immer ein Glücksfall ist, denn ohne Temp-Tracks hat man als Komponist eben diesen kreativen Spielraum, eigene Akzente zu setzen.
Stattdessen bekam ich eine Mood-Playlist, die erstmal ziemlich breit gefächert war. Von epischen Film-Soundtracks wie Interstellar und Inception, über Whiplash mit drum- und jazzlastiger Musik, bis hin zu Ludovico Einaudis Klaviermusik. Es waren also verschiedene Stimmungen und Stile vertreten, was mir wiederum viele Anhaltspunkte gab, aber auch zeigte, dass ich mich nicht auf einen bestimmten Sound festlegen musste. Ich hatte einfach das Gefühl: „Okay, ich kann hier wirklich schauen, was ich entwickle.“
Felix:
Soweit ich weiß, wurde das Filmmaterial ja teilweise erste gedreht, nachdem Du schon in die Produktion involviert warst. Hattest Du zusätzlich zur Mood-Playlist weitere Anhaltspunkte?
Yannik:
Ja, zum Glück. Was schon im ersten Skript, das ich bekommen habe, beschrieben war, und sich in meinem ersten Gespräch mit dem Regisseur weiter zu verfestigen schien, war, dass das Schlagzeug eine große Rolle spielen soll, denn Hans Thomann spielt ja selbst Schlagzeug. Die Idee war, Hans Thomann gibt den Rhythmus seiner Firma vor. Deshalb war die Idee neben melodischen Leitmotiven auch ein Schlagzeug-Beat als Leitmotiv einzubauen. Die erste Suite, die ich entwickelt habe, fing deshalb mit einem Schlagzeug-Intro an. Das Schlagzeug sollte wie eine Klammer sein, die sich durch den ganzen Film zieht und immer wieder auftaucht. Erst am Ende des Films sollte dann aufgelöst werden, dass Hans Thomann das Schlagzeug spielt.
Aber wie es eben manchmal so läuft, merkten wir während des Schnitts, dass diese Idee im Gesamtbild des Films nicht funktionierte. Das Schlagzeug als wiederkehrendes Element passte nicht so, wie wir uns das vorgestellt hatten. Letztendlich haben wir den Einsatz des Schlagzeugs stark zurückgenommen. Wirklich präsent taucht es jetzt nur noch einmal in der Mitte des Films auf, wo Hans Thomann selbst spielt, und ist damit also nur noch als eine Szene im Film eingebaut und kein wiederkehrender Teil des Scores mehr. Das war auf jeden Fall ein Richtungswechsel, den wir im Verlauf der Produktion eingeschlagen haben.
Felix:
Und wie hat Dein eigentlicher Kompositionsprozess dann angefangen? Was war quasi die erste Note, die Du aufs Papier bzw. in die DAW gebracht hast? Viele Kreative berichten ja immer von der Angst vor einem weißen Blatt zu sitzen und nicht zu wissen, wie man anfangen soll.
Yannik:
Ja, das kenne ich (lacht). Da der fertige Film noch nicht vorlag, ging es für mich erstmal darum, irgendwie eine Basis zu finden. Ich setzte mich ans Klavier und an die Gitarre und begann zu experimentieren, um zu schauen, was überhaupt stimmungsmäßig passt. Als Anhaltspunkt hatte ich zu diesem Zeitpunkt nur das Skript und die Informationen aus dem Gespräch mit dem Regisseur.
Was mir oft hilft, gerade wenn mir nicht sofort etwas einfällt, ist einfach mal verschiedene Skalen rauf und runterzuspielen und damit ein bisschen zu experimentieren. Der Film sollte sehr emotional werden, also habe ich erstmal mit der Aolischen Skala, was ja nichts anderes ist als die natürliche Moll Tonleiter, herumgespielt. Alles, was dabei heraus kam, hat sich für mich zu forciert traurig angefühlt.
Ich habe dann überlegt, was ist vom Gefühl her zwischen Dur und Moll und war dann erstmal bei der Mixolydischen Skala. Das klang mir dann alles etwas zu entspannt, zu wenig emotional. Letztendlich bin ich dann in der Dorischen Skala gelandet und als ich damit rumgespielt habe, war so der erste Moment, in dem ich dachte: „Ah, das passt irgendwie.“ Und hab dann daraus relativ schnell das erste Leitmotiv entwickelt.
Das ist dann auch der Moment, in dem ich wieder versuche aufzuhören zu sehr über Musiktheorie und Skalen nachzudenken und einfach zu schauen, wo die Reise hin geht. Aber gerade, wenn man mal ein bisschen verloren ist, bin ich der Meinung, kann auch die Theorie ein sehr hilfreiches Tool sein, um einen Anfang, einen Einstieg zu finden.
Felix:
Und wie ging es dann weiter? Wann fand der Übergang vom Klavier in die DAW statt?
Yannik:
Auf der Grundlage des ersten Leitmotivs bastelte ich eine erste Suite, die etwa drei Minuten lang war und als eine Art Vorschau auf die musikalischen Themen und Motive diente. Hier habe ich schon mit verschiedenen Klangfarben und Instrumenten gespielt – also nicht nur mit dem Klavier und den Drums, sondern auch mit orchestralen und elektronischen Elementen.
Die Suite war für mich ein erster Überblick, um die Richtung festzulegen und zu zeigen, wie die Leitmotive variieren könnten. Die Suite kam sowohl bei uns intern als auch beim Kunden sehr gut an, was für mich das Zeichen war, es geht in die richtige Richtung.
Felix:
Das war sicherlich eine große Erleichterung. Das erste Feedback vom Kunden ist ja meist sehr nervenaufreibend.
Yannik:
Ja, das stimmt. Zum Glück kam die Suite bereits gut an. Nachdem die Dreharbeiten abgeschlossen waren, ging es für das Team in den Schnitt. Das war dann der Punkt, an dem die Zeit plötzlich knapp wurde, weil der erste Kundentermin schon näher rückte und ich bis dahin nicht die komplette Doku vertonen konnte. Deshalb kam es dann doch dazu, dass an ein paar Stellen Temp-Tracks eingesetzt wurden. Das ist für mich als Komponist nicht ideal, weil alle, die dann den Film sehen, Cutter, Producer, Kunde, sich oft an diese Temp-Tracks gewöhnen. Es ist oft schwierig, wenn ich dann später an diesen Stellen etwas Eigenes komponieren will, weil man die Leute gedanklich nicht mehr so leicht von den Temp-Tracks wegkriegt.
Aber auch wenn ich Temp-Tracks hasse, versuche ich mich in dem Fall nicht auf die dadurch entstehende Einschränkung zu konzentrieren. Manchmal kann man trotzdem einen eigenen, anderen Vorschlag machen, der genauso gut oder besser angenommen wird. Manchmal merkt man, aber auch dass sich die Leute schon ein bisschen auf den Temp-Track eingeschossen haben. Auch wenn das ärgerlich ist, kann man auch das irgendwo positiv sehen, denn man weiß zumindest relativ genau, wo die Reise hingehen soll. Man hat klare Anhaltspunkte und kann im Rahmen dieser immer noch versuchen etwas Eigenes draus zu machen.
Felix:
Vermutlich gibt es bei solchen Produktionen, gerade auch wenn noch gar nicht alles final abgedreht ist, ein ständiges Hin und Her. Wie gehst Du damit um und wie laufen die Feedback-Runden ab? Bei solch einer Produktion gibt es sicherlich ja viele Personen, die mitreden möchten.
Yannik:
Im Laufe des Projekts gab es natürlich regelmäßig Feedback, vor allem Seitens des gesamten Filmteams hier intern bei Hertz6. Das Feedback im gesamten Ablauf der Produktion bisher war durchweg positiv. Von Seiten des Kunden gab es überhaupt kein negatives Feedback und auch intern ging es eigentlich immer nur um Details, hier und dort ein bisschen fröhlicher oder ähnliches. Das es im gesamten so wenig Schwierigkeiten oder Kritik gibt, hat mich auch sehr überrascht. Das läuft definitiv nicht bei jedem Projekt so.
Als Vergleich, wir hatten auch schon ein anderes Projekt, bei dem ich für einen Werbespot die Musik produziert habe. Der Kunde war von Anfang an mit im Boot und es hat sich angefühlt, als würden wir uns stetig in die richtige Richtung bewegen. Und obwohl am Ende eigentlich alles abgesegnet und erstmal alle zufrieden schienen, wurde drei Tage vor Veröffentlichung des Clips alles über den Haufen geworfen und am Ende die Musik durch Stockmusik ersetzt. Das ist dann natürlich schon schwer damit umzugehen, vor allem weil es viele Leute gab, die hinter der Musik standen und ich im Endeffekt nicht genau weiß, was ich hätte besser machen können.
An sich würde ich sagen kann ich mit Kritik gut umgehen, vor allem, wenn sie konstruktiv ist. Ich mag es sogar oft, weil ich dadurch gefordert werde, Dinge neu zu denken, selbst besser zu werden. Und das ist es was mich letztendlich auch antreibt, besser zu werden, neue Dinge zu lernen und letztendlich weiterzukommen. Ich will nicht auf der Stelle treten. Ich denke genau aus dem Grund bin ich auch selbst jemand, der sich ziemlich kritisch sieht und bei dem immer die Frage mitschwingt: „Passt das wirklich so, oder könnte ich da nicht noch was verbessern? Sollte ich vielleicht etwas ganz anderes machen?“. Das ist einerseits gut, weil ich mich dadurch selbst antreiben kann.
Ich muss aber auch aufpassen das ich mich dabei nicht verzettele, weil mir am Ende selbst nichts gut genug ist. In dieser Hinsicht hilft gerade so positives Feedback, wie es bis jetzt bei der Thomann Doku der Fall war natürlich, weil es bestätigt, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Aber auch negatives Feedback kann in solch einer Situation genauso hilfreich sein, weil es dann die Fragen, die ich mir selbst stelle, bestätigt und mir zeigt: „ok, ich bin noch nicht am Ziel.“. Letztendlich – und das ist etwas, dass ich vermutlich selbst noch vermehrt tun sollte – ist es glaube ich immer zielführend Kritik auch aktiv einzufordern, weil es einen in jedem Fall weiterbringt.
Felix:
Yannik, unsere Leser interessiert natürlich auch mit welchem Equipment Du arbeitest. Wie wir in der Vergangenheit bereits festgestellt haben, setzen die meisten professionellen Komponisten ja viel Equipment ein, das auch bei dem ein oder anderen Leser zu Hause stehen wird oder auf der Festplatte installiert ist.
Yannik:
Ja, so besonders ist das glaube ich gar nicht (lacht). Die Suite, mit der das Projekt für mich angefangen hat, habe ich komplett in Pro Tools produziert. Ich fand aber gerade das Arbeiten mit Film in Pro Tools schon immer etwas unhandlich und hab mich deshalb schon länger nach Alternativen umgesehen. Es war von Anfang an klar, dass die Produktion nicht nach Fertigstellung des Schnitts, sondern parallel produziert werden wird.
Ich wusste also ich bekomme immer wieder neue Schnittversionen, neue Einzelteile des Films. Und weil ich nicht wollte, dass das im Chaos endet, bin ich nach Fertigstellung der Suite zu Cubase gewechselt. Wie gesagt hatte ich mich bereits mit Alternativen beschäftigt und gerade, was das Arbeiten mit Film angeht, habe ich mir aufgrund meiner Recherchen von Cubase da relativ viel versprochen.
Es war natürlich auch ein bisschen ein Risiko, während der Produktion die DAW zu wechseln, vor allem, weil ich mich in die DAW neu einarbeiten musste. Aber ich wusste das ich dafür etwas Zeit habe, während die Doku noch gedreht wurde und wollte es deshalb auf jeden Fall versuchen. Letztendlich hat mir Cubase den Workflow bei dem Projekt in jedem Fall erleichtert. Und die Einarbeitung war tatsächlich einfacher als erwartet.
Ich hatte nebenbei immer ChatGPT offen und wenn ich nicht weiterwusste, habe ich die Frage einfach direkt ChatGPT gestellt und so direkt die Hilfe bekommen, die ich benötigt habe, ohne überhaupt danach suchen zu müssen. Es hat sich fast nicht angefühlt, als würde ich gerade ein neues Programm lernen müssen und ich habe mich innerhalb von kürzester Zeit in Cubase genauso wohl gefühlt wie in Pro Tools.
Felix:
Welche Software-Instrumente und Plug-ins nutzt Du? Sind da irgendwelche besonderen Tools dabei?
Yannik:
Also, Spitfire Audio ist für mich wahrscheinlich die Go-To Firma, wenn es um virtuelle Instrumente, gerade im orchestralen Bereich, geht. Das Piano, dass ein sehr präsenter Teil des Filmscores ist, ist das „Intimate Grand Piano“, das sehr weich und gefühlvoll klingt, was sehr gut zu den ruhigeren, intimen Momenten im Film passt. Selbst die Pedal- und Hammergeräusche, die bei vielen virtuellen Instrumenten fehlen, oder mir oft auch nicht gefallen, finde ich bei diesem Piano sehr schön, das macht das Ganze noch etwas nahbarer.
Dazu kamen das „BBC Symphony Orchestra“ für die orchestralen Streicher- und Bläserpassagen. Ich habe aber auch die „Soft String Textures“ von Dan Keane verwendet, die in Zusammenarbeit mit Spitfire entstanden sind. Diese Streicher sind sehr subtil und weich gespielt, sodass sie eine ganz eigene, wie das Piano sehr nahbare Atmosphäre schaffen. Oft habe ich diese Streicher in einer Passage kurz vor oder nach den orchestralen Streichern eingesetzt. Der Kontrast zwischen diesem nahbaren intimen Sound und dem großen, sehr offenen Orchester Sound hat mir sehr gut gefallen und hat für mich auch sehr gut den Kontrast zwischen dem Menschen Hans Thomann und der riesigen Firma, die er aufgebaut hat, widergespiegelt.
Felix:
Bei Deiner Filmmusik höre ich aber auch einige elektronische Sounds. Woher stammen die?
Yannik:
Bei Synthesizer Sounds setzte ich hauptsächlich auf Zebra von u-he. Der Synthesizer ist so vielseitig, ich habe das Gefühl es gibt keinen synthetischen Sound, den ich nicht mit diesem Synthesizer erzeugen könnte. Demnach ist das Erste, was ich tue, wenn ich eine Idee für einen Synthesizer Sound habe, Zebra in eine entsprechende Spur zu laden und meistens führt mich das auch zum Ziel.
Bei den Drums habe ich hauptsächlich das „BFD Jazz Noir Drum Kit“ verwendet. Hier war mir wichtig, dass die Drums nicht zu perfekt klingen. Viele Software-Drummer werden bereits ziemlich stark bearbeitet ausgeliefert, was bei Pop- und Rocksongs gut funktioniert, aber für diesen Film sollte der Sound nahbarer wirken. Generell klingen die Sounds von BFD für meinen Geschmack noch sehr natürlich, was für mich sehr gut zum Stil des Soundtracks gepasst hat.
Für die Passagen, die etwas mehr Druck brauchten, habe ich auf das „Modern and Massive“ von GetGoodDrums zurückgegriffen.
Felix:
Kommen denn gar keine echten Instrumente zum Einsatz?
Yannik:
Doch schon, denn ich liebe es nach einzigartigen Sounds zu suchen und mit diesen zu experimentieren. Auch so als ein gewisses Alleinstellungsmerkmal, das nicht jeder nachkaufen kann. Deswegen habe ich u. a. einen Piezo-Tonabnehmer auf verschiedene Objekte geklebt – Tassen, Tische, Regale – und dann darauf herumgeklopft, und zu schauen, was das für Klänge erzeugt. Diese Klänge lassen sich zum Beispiel super als kleine rhythmische Akzente oder Hintergrundgeräusche verwenden.
Für mich ein kleines Highlight in dem Score ist ein Sound, der entstand, als ich eine Hi-Hat mit einem Geigenbogen gespielt habe. Das erzeugte einen tiefen, metallischen Basston. Ich hatte meinen Piezo auf die Hi-Hat geklebt und den Sound so abgenommen. Ich habe diesen Sound dann in einen Sampler geladen und dann eins der Leitmotive damit gespielt, in einer deutlich höheren Lage als es der ursprüngliche Sound war. Mit ein bisschen Distortion und Reverb klang das meiner Meinung nach ganz cool und so ist es letztendlich auch im Film gelandet.
Felix:
Und wie sieht es mit anderen Live-Instrumenten aus? Ich höre da auch eine Gitarre und ein E-Bass raus.
Yannik:
Einige Instrumente, wie die Gitarre, habe ich selbst live eingespielt. Der Bass war bei den ersten Demos noch virtuell, wurde später aber durch eine echte Aufnahme ersetzt. Generell bin ich ein Fan davon, so viel wie möglich mit Live-Instrumenten zu machen, da es meiner Meinung nach eine Lebendigkeit in den Score bringt, die man mit Software allein nur schwer erreicht. Dazu kommen noch die experimentelleren Klänge und Sounds, die wie oben beschrieben durch Aufnahmen bei mir im Studio entstanden sind.
Felix:
Und wie schaut es mit Plug-ins aus? Welche nutzt Du und für welche Aufgaben setzt Du was ein?
Yannik:
Für Mix und Mastering nutze ich sehr viel von iZotope. Für den Mix verwende ich beispielsweise viel Neutron, für das Mastering Ozone. Außerdem verwende ich sehr gerne Plug-ins von Waves, sowohl für das Mixing als auch Mastering.
Für etwas speziellere Effekte kommen meistens die Plug-ins von Soundtoys und Baby Audio zum Einsatz. Auch Spitfire Audio, die eigentlich auf Software-Instrumente spezialisiert sind, haben mittlerweile ein Effekt-Plug-in, den AIR Studios Reverb. Es ist ein Convolution Reverb und bildet die Lyndhurst Hall in London ab, in der unglaublich viele Filmsoundtracks aufgenommen wurden. Dieses Plug-in lässt einem dabei so viele Freiheiten, bezüglich Gestaltung des Raums, Positionierung der Mikrofone etc. was wirklich fantastisch ist. Dementsprechend kam auch dieses Plug-in bei der Produktion des Scores viel zum Einsatz.
Felix:
Und zu guter letzt noch eine Frage zum Abgabeformat. Du mixt vermutlich alles in Stereo?
Yannik:
Richtig, da die Doku nicht fürs Kino ist, arbeite ich in Stereo. Surround-Sound ist nicht notwendig. Am Ende muss ich also ein Stereo-WAV-File abliefern. Derzeit ist lediglich eine Veröffentlichung auf YouTube geplant und hier gibt es eine Lautstärke-Vorgabe von -14 LUFS. Das ist aber eher als Obergrenze zu verstehen. Alles, was darüber ist, wird runter gepegelt, aber nichts was darunter liegt wird hoch gepegelt. Wir haben uns daher bewusst dazu entschieden etwas leiser zu sein, um dafür mehr Dynamik erhalten zu können und sind jetzt bei ca. -17 LUFS.
AMAZONA:
Yannik, wir bedanken uns für den tollen Einblick in Deine Arbeit und wünschen Dir für die Zukunft weiterhin alles Gute! Und hier nun das fina.e Werk:
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Ein cooler Job auf jeden Fall! Was auffällig ist: Von Profis werden gerne Pianoplugins und vor allem iZotope Plugins verschrien, so nach dem Motto: „Wie kann man nur!“ Aber wir sehen: es wird von Profis genutzt! Wobei es für mich weder Laien noch Profis in der Musik gibt. Entweder hat man das Gefühl dafür oder eben nicht. Ich persönlich stelle mir nur immer die Frage, warum manchen die Chance für Aufträge gelingen und anderen nicht. 🤷♀️ Nichtsdestotrotz ein toller Auftrag und gutes gelingen.
@Filterpad Ich habe mich schon vor vielen Jahren von dem Gedanken, dass es ein bestimmtes Instrument sein muss, egal ob Piano oder Synth. Cherry Audio macht tolle günstige Plug-ins, Logic hat gute Klangerzeuger und Samples und mein Fantom und Nord Electro 5D sind ebenfalls gut ausgestattet. Gut ist, was funktioniert. Woher der Sound stammt ist vollkommen irrelevant. Und wenn es ein Kaufhaus-Keyboard für 50€ ist.
Zu den Jobs: Hierzu gehört auch immer etwas Glück. Bei mir war es fast immer das Internet und Forenbeiträge. Die haben Entscheider für kompetent befunden und irgendwann klingelte das Telefon. Oft war es auch das berühmte „Ich kann das machen“ verbunden mit einer Probearbeit. So hatte ich plötzlich Produktionsaufträge, Schreibaufträge, Transkriptionen, Bearbeitungen und mehr. Das spricht sich dann herum und plötzlich steht man mittendrin. Der schwierige Part ist dann aber, dran zu bleiben und nicht zu erwarten, dass es ein Selbstläufer bleibt.
Und ganz wichtig: Kein großer Kunde mag es, wenn man sich unter Wert verkauft, nur um einen Job zu bekommen. Ehrliche Kunden wissen, was gute Arbeit kostet und haben ein Gespür dafür, wenn jemand Dumping-Preise macht, nur um über den Preis einen Fuß in die Tür zu bekommen. Man holt sich damit selbst die uninteressanten Kunden ins Haus, während die guten großen Kunden fernbleiben. Verhandeln ist gut, aber auf Augenhöhe. Das zeigt übrigens auch schön die Thomann Dokumentation mit dem noch jungen Hans Thomann.
@Markus Galla ok danke der Aufklärung 💪
Die Thomann Doku ist für meinen Geschmack höchst bemerkenswert. Eine Reise in die Vergangenheit bis hin zur Gegenwart und weiter in die Zukunft, sehr gut Eingefangen. Von Traurigkeit bis zum Anschiss ist alles dabei. :)
Die Musik ist auch passend komponiert und Arrangiert. Die Filmarbeit ist außerdem nicht zu vergessen. Prima Gesamtwerk.🙂