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Kaufberatung: E-Bass Shortscale auf einen Blick

Einen Kurzen bitte!

15. März 2020

Shortscale-Bässe, wer braucht so was? Kinder? Bassisten mit kleinen Händen? Gitarristen, die sich mal am Bass ausprobieren wollen? Zumindest in der heutigen Zeit fristen die kurzmensurigen Instrumente eher ein Nischendasein, trotzdem findet sich eine Vielzahl an Meinungen, wenn man mal die üblichen Suchmaschinen bemüht oder Musikerforen durchforstet. Der Klarheit halber, ich beziehe mich auf die „klassische“ Shortscale von 30-30,5 Zoll oder 762-775 mm, die kürzer ist als die üblichen 34 Zoll oder 864 mm. Ultra-Shorties mit 26 oder 28 Zoll sowie die Rickenbacker-Modelle mit 33,5 Zoll bleiben hier erst mal außen vor. Der Artikel wird sich etwas an meiner eigenen inzwischen fünfzehnjährigen Erfahrung mit solchen Instrumenten, zehn davon als fast exklusiver Shortscale-Spieler, entlang hangeln, den Stand der Dinge erörtern und den einen oder anderen Mythos entkräften. Oder bestätigen, wir werden es sehen.

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Berühmteste kurzmensurige Bass aller Zeiten: Ein Höfner 500/1, der durch Paul McCartney berühmt wurde.

Das Wichtigste nehme ich direkt vorweg: Die Wahrnehmung der meisten Bassisten, was Shortscale-Bässe angeht, ist meiner Meinung nach durch das Angebot am Markt stark verzerrt. Bis vor nicht allzu langer Zeit gab es im Prinzip nur drei Arten solcher Instrumente zu kaufen, nämlich billige Einsteigerinstrumente („für Kinder und Gitarristen“), solche, die sich an die Konstruktion der alten Gibson EB-Bässe anlehnen und die die beide Kriterien erfüllen. Qualitativ minderwertige Instrumente und ein bestimmtes, gegebenenfalls höherwertiges, Modell mit einem sehr charakteristischen Klang sind aber keine gute Grundlage, um Aussagen über ein einzelnes Konstruktionsmerkmal, nämlich die kürzere Mensur, zu treffen.

Workshop Shortscale-Bässe – die Geschichte

Leo Fenders erstes Modell, der bis heute beliebten Precision Bass, stellte den Anfang der Entwicklung der heute quasi zum Industriestandard erhobenen Mensur von 34 Zoll dar. Die meisten Bassisten sehen diese als den besten Kompromiss zwischen Saitenspannung, Bespielbarkeit und Klang an. Die allermeisten verfügbaren Saitensätze sind nicht nur in der Länge darauf ausgelegt, auch die meistgenutzten Saitenstärken von .040 auf .095 bis .050 auf .105 sind eben für eine Standardstimmung in EADG in eben dieser Länge ausgelegt. Allerdings war das nicht immer so. Zwar wurde Fenders Marktmacht seit der Vorstellung des Precision im Jahre 1953 schnell so erdrückend, dass man auf vielen Platten bis in die 1970er Jahre in den Credits „Fender Bass“ als Synonym für „E-Bass“ findet, allerdings ist die 30,5-Zoll-Mensur tatsächlich die ältere. Einen der ersten E-Bässe baute Paul Tutmarc im Jahr 1935 mit der „Model 736 Bass Fiddle“, die sich zwar nicht durchsetzte, aber bereits 30,5 Zoll zwischen Steg und Sattel maß. Bis in die 1970er Jahre waren dann aber die, ebenfalls seit 1953 in verschiedenen Varianten gebauten, Gibson EB-Bässe sehr verbreitet, die mit der gleichen Mensur kamen. Jack Bruce (Cream) und Andy Fraser (Free) waren nicht nur mit die ersten virtuosen Rockbassisten, beide erlangten ihren Ruhm auch unter fast ausschließlicher Nutzung der Gibson EB-0- und EB-3-Bässe in SG-Form. Auch der Höfner, der untrennbar mit Paul McCartney verbunden ist, hatte eine kurze Mensur. (Treppenwitz: Die meisten Studioaufnahmen hat der Mann aber mit einem Rickenbacker bestritten und bis heute wundern sich die Leute, warum sie mit einem Höfner 500/1 nicht automatisch nach McCartney klingen.)

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Der Klassiker im Segment: Gibson EB-3, heute „SG Bass“ genannt.

Es ist also gar nicht so einfach zu sagen, ob sich die längere Mensur wegen der Klangvorteile durchsetzte oder einfach, weil der Marktführer sie halt so baute. Eine Theorie war, dass die kurzen Gibson-Bässe mit dem Aufkommen der Slaptechnik in den 1970ern und der Entwicklung der Soundästhetik in Richtung knackigerer Klänge endgültig ins Hintertreffen gerieten. Das mag zwar sein, ich stelle aber mal die gewagte These auf, dass die runde, volle, eher dumpfe Klangcharakteristik dieser Instrumente deutlich stärker von der gegenüber Fenders Bässen anderen Position der Tonabnehmer als von der Mensur beeinflusst war. Aber dazu kommen wir noch.

Abgesehen von einigen Retro-Rockern blieb so bis in die jüngste Vergangenheit eigentlich nur Stanley Clarke als bekannter Shortscale-Spieler übrig. Der ist nun allerdings als Slapvirtuouse bekannt und wählte die kürzere Variante, um erstens schneller und abgefahrener solieren zu können, und zweitens, weil er auch des Öfteren (aber nicht immer) mit einer höheren Stimmung unterwegs war und ist. Mr. Clarke spielt ein Signature-Modell von Alembic, das zu Preisen zwischen 7000,- und 10000,- Euro zu haben ist. (Er hat seine Instrumente übrigens bezahlt, Alembic vergibt keine kostenlosen oder reduzierten Endorsements, selbst wenn der Name des Bassisten drauf steht.) Das ließ im Bereich der Shortscale-Bässe im Prinzip für lange Jahre die Misere entstehen, dass man bei Interesse für ein solches Instrument die Wahl zwischen einigen billigen Einsteigermodellen, dem weiterhin produzierten Gibson EB-3 irgendwo zwischen 1000,- und 2000,- Euro und extrem hochpreisigen Custom-Shop-Optionen oder eben Stanleys „Brown Bass“ von Alembic hatte. Das hat sich immerhin inzwischen geändert.

Das Angebot im Jahre 2020

Rufen wir doch mal beim großen T die verfügbaren Shortscale-Modelle auf. Es finden sich 55, von denen allerdings so einige das gleiche Modell in anderen Farben sind. Auf der Beliebtheitsskala ganz oben rangiert anscheinend derzeit der Fender Mustang Bass. Ganz grob vereinfacht ein Bass mit P- oder PJ-Tonabnehmerkombi und eigenständigem Offset-Body. Das Modell gibt es in verschiedenen Varianten, angefangen vom Squier für 359,- Euro über das made in Mexico-Modell für 659,- Euro bis zum American Performer für 1045,- Euro. Letzteren habe ich gerade von einem Freund ausgeliehen hier herumstehen, der wird später im Artikel noch auftauchen.

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Fender American Performer Mustang Bass.

Ach ja, ich vergaß, das Modell gab es bereits 1966, es setzte sich aber nicht wirklich durch und lange Zeit war der billige Squier Bronco, ein optisch ähnliches Fernost-Modell mit einem einzelnen Singlecoil, die einzige 30,5-Zoll-Option aus dem Hause Fender. Der ist auch noch immer für 171,- Euro erhältlich und geht eher als Einsteigerinstrument durch.

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Die zweifelhafte, aber seit langer Zeit etablierte Variante aus dem Billigsegment: Squier Bronco Bass.

Weiterhin sind da folgende Modelle zu finden:

Den Jackson mit 28-Zoll-Mensur habe ich jetzt mal rausgelassen, aber holla die Waldfee, was ist denn da passiert? Als ich mich 2006 erstmals nach einem zweiten Shortie-Bass umsah, gab es den SG-Bass, mehrere halbakustische Modelle wie den Höfner und den Rumble Kat und die Billo-Schleuder von Harley Benton für unter 100,- Euro und das war’s. Eine solche Auswahl quer durch die Preisklassen? Undenkbar. Gar ein Music Man Sting Ray in kurz? Lachhaft. Wenn man mal die Links klickt, sieht man auch, dass die meisten Modelle erst in den letzten zwei Jahren vorgestellt wurden oder sogar brandneu sind. Anscheinend rechnen die Hersteller mit einem Shortscale-Boom – wo der allerdings herkommen, soll kann selbst ich als jahrelanger Verfechter der kurzen Mensur nicht sagen.

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Sogar Spector ist mit dem Euro Batam 4 im Shortscale-Segment vertreten.

Ich fühle mich aber zumindest in meiner These bestätigt, dass kurze Bässe durchaus vollwertige Instrumente sind, wenn man sie einzusetzen weiß. Hätte ich das kommen sehen, wer weiß, vielleicht wäre ich bei Shortscale geblieben. Tatsächlich war nämlich das beschränkte Angebot an tauglichen Instrumenten einer der Hauptgründe für den Umstieg. Mein 2003er Epiphone Flying V, den ich ursprünglich nur wegen der Optik wegen gekauft hatte und auf dem ich dann hängen blieb, war halt an sich ein billiges Ding. Trotz massiver Upgrades von ungefähr allem, was nicht aus Holz war, war das Potential des Instruments irgendwann ausgereizt und mein zweiter Shortie, ein Epiphone ET-280 von 1971, ist ein Vintage-Instrument mit sehr prägnantem Klang, das als Allrounder nicht taugt.

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Ein günstiger Einsteigerbass mit abgefahrener Lackierung: Luna Guitars Tattoo Short Scale Bass

Die Misere fängt allerdings schon bei den Saiten wieder an. Fender, Höfner, Pyramid, Ernie Ball, GHS, Thomastik und La Bella bieten alle Shortscale-Saiten an, allerdings die weitaus meisten in dünnen Stärken a la .040 auf .095, und was Dickeres als .105 bekommt man überhaupt nicht. Lediglich Pyramid bietet sogar ein Shortscale-Set für Fünfsaiter an, .040 auf .120. Ja, es gibt oder gab sogar Shortscale-Fünfsaiter, den Mensinger Pike zum Beispiel. Funktioniert so was? Kann ich nicht sagen, nie ausprobiert. Es kann aber auch einfach sein, dass man bei Pyramid aufmerksam geworden ist, weil ich als Endorser bei denen jahrelang Sätze .050 auf .125 bestellt habe, weil meine Bässe teilweise auf Drop C runter mussten – und das funktioniert, abhängig vom Instrument allerdings mit Abstrichen. Aber selbst in den Standardstärken hat man wenig Auswahl, von den meisten Firmen gibt es die nur in einer Ausführung. Besteht man jetzt zum Beispiel auf nickel plated steel in einer bestimmten Stärke, kann es durchaus sein, dass es überhaupt nur einen einzigen solchen Saitensatz am Markt gibt und wenn der nicht gut ist, hat man halt gelitten. Man kann natürlich bei 34-Zoll-Sätzen mit etwas Geschick die Umwicklung der tiefen Saiten kürzen, aber ich habe über die Jahre bei der Prozedur glaube ich mindestens genau so viele Saitensätze ruiniert, wie ich am Ende spielbare herausbekam.

Shortscale Bass – Praxis I: Bespielbarkeit

Steigen wir doch mal in die Praxis ein – und fangen mit der Bespielbarkeit an. Die wird ja sehr oft als große Pluspunkt von Shortscale-Instrumenten angesehen, nicht ohne Grund werden Shorties häufig als für Anfänger, vor allem Kinder, und Gitarristen als geeignet angesehen. Hingegen kann ich zunächst einmal jedem Anfänger aus eigener Erfahrung raten: Fang mit einem 34-Zoll-Bass an, zumindest wenn du älter als 12 bist. Für kleinere Kinder kann es durchaus Sinn ergeben, zunächst mit einem kleinen Instrument, vielleicht sogar einem der Minis mit 26 oder 28 Zoll Mensur anzufangen und das Instrument mitwachsen zu lassen. Halbwegs Erwachsene sollten aber erst einmal das Standardinstrument spielen lernen und das ist nun mal die lange Version. Kleine Finger sind auch keine Ausrede (aber durchaus eine, die ich früher verwendet habe), denn mit den ohnehin von vielen Basslehrern empfohlenen Kontrabass-Fingersätzen in der linken Hand sind ganz normale Bässe für jeden beherrschbar. (Und ganz am Anfang ist das eh alles noch Hexenwerk und man bekommt überhaupt nichts hin, unabhängig von der Mensur.) Man hat danach Zugriff auf das volle Angebot von Instrumenten und kann sich immer noch einen Short-Scale-Bass aussuchen, wenn man bereits etwas spielen kann, so man einen findet der einem klanglich und von der Ergonomie her zusagt. Der Umstieg in Richtung Shortscale fällt leichter als anders herum und was für einen erfahreneren Bassisten ein paar Tage Gewöhnung sind, kann dem Anfänger schon direkt den Spaß an der Sache vermiesen.

Denn natürlich sind Bässe mit kurzer Mensur gerade für die linke Hand sehr angenehm. Kürzere Wege, niedrigere Saitenspannung und dadurch weniger Kraftaufwand – ab geht’s! Für die rechte Hand ist hingegen die niedrigere Spannung ein zweischneidiges Schwert. Gerade bei härterem Anschlag ergibt es Sinn, die Spielposition etwas in Richtung Steg zu verlagern, was aber direkt auch wieder den Sound beeinflusst. Weiter vorne muss man schon etwas vorsichtig sein, um die Saiten nicht direkt auf die Bünde zu dreschen und unfreiwillig John-Entwistle-Sounds zu erzeugen. Man sieht die Position meiner rechten Hand direkt über dem Steg-Pickup im Bild unten, im Grunde genommen habe ich sie da beim Spiel in einer Rockband nie wegbewegt und die durch diese Spielposition andere Klangcharakteristik am EQ kaschiert. Auch hier, einen Anfänger kann so was schon deutlich limitieren oder gleich die Technik der rechten Hand nicht richtig lernen lassen. Ich habe die Bespielbarkeit meiner Shorties trotzdem über Jahre geliebt und wünsche sie mir immer noch hin und wieder zurück, wenn es mal frickeliger wird und mir die fetten, langen Preci-Hälse einiges abverlangen.

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Der Autor in jüngeren Tagen, mit kurzem Flying V Bass, Lederhose, Sonnenbrille, Thrash Metal-Shirt … und Armbanduhr

Kaufberatung E-Bass Shortscale – Praxis II: Klang

Also Bespielbarkeit in der Regel gut, wenn man’s mag sogar besser als bei der langen Variante. Aber wir wollen ja Musik machen und da kommt es am Ende hauptsächlich auf den Klang an. Die meisten Bassisten haben bei dem Begriff „Shortscale“ wahrscheinlich so was wie im folgenden Klangbeispiel im Kopf.

Das ist der serienmäßige Halstonabnehmer meines Epiphone Flying V. Mal abgesehen von der Tatsache dass Epiphone jetzt nicht gerade für exzellente Tonabnehmer bekannt ist, hat der so ungefähr die bis auf den Gibson EB-0 zurückzuführende Charakteristik, die man lange bei den meisten Shorties fand. Der Halstonabnehmer ist direkt hinter dem Griffbrett eingebaut, also deutlich weiter vorne als bei den meisten „normalen“ Bässen (wenn man von Billy Sheehan absieht, der so was in seinen Preci gebaut hat), was eben zu diesem dumpfen, ziemlich fetten, aber wenig drahtigen und etwas matschigen Klang führt. Nicht umsonst schimpfte man den Tonabnehmer der frühen Gibson-Bässe auch den „Mudbucker.“ Der hat aber durchaus seine Daseinsberechtigung, die eingangs erwähnten Jack Bruce und Andy Fraser haben damit grandiose Dinge fabriziert. Es ist aber schon eher ein Oldschool-Sound und Shortscale-Bässe nur darauf zu reduzieren, wäre einfach falsch. Hier ist dasselbe Instrument, aber auf dem Stegtonabnehmer von Delano mit einer Glockenklang-Elektronik dahinter:

Dem Kenner verrät sich der Shortie auch hier, aber im Ernst, grandios ist der Unterschied zu einem „normalen“ mit teuren Komponenten aufgerüsteten Billigbass nicht. Mein Hauptproblem mit dem Flying V war irgendwann vor allem die Tatsache, dass er eben seine Herkunft aus dem Niedrigpreissegment nie verleugnen konnte und stets etwas flach klang, was aber sicher nicht primär mit der kurzen Bauweise zusammenhing. Eher mit dem leichten Korpusholz (Limba) und dem eingeleimten Hals. Trotzdem hab ich bei der leichten Bespielbarkeit und der extrem fixen Ansprache direkt schon wieder Lust, das Ding öfter mal in die Hand zu nehmen.

Objektiv gesehen qualitativ hochwertigere Klänge kommen vom Fender Mustang aus der American Performer-Serie für knapp über 1000,- Euro. Ich habe diesen Bass auf dem P-Style-Halstonabnehmer gespielt und dem mal gleich die gleiche Line auf meinem Preci gegenüber gestellt.

Und da hört man jetzt den Unterschied doch relativ deutlich. Der kurze Mustang wirkt flinker und agiler, dafür ist der Preci fetter und ausgewogener. Mit einer Frequenzanalyse der leeren E-Saite kann man die Charakteristik auch sehen (siehe Bild). Der Grundton-Peak im Bassbereich ist beim Mustang etwas schwächer ausgeprägt, dafür kommt da in den tiefen Mitten mehr raus. Die Höhen fallen etwas schneller ab im Vergleich. Und das ist eigentlich auch genau das, was die kürzere Mensur rein technisch betrachtet macht. Ich habe über die Jahre so einige Modelle mit 30-Zoll-Mensur angespielt. Man hört die angesprochenen Klangfarben bei fast allen davon heraus, bei manchen (meist den teureren) nur ganz leicht und bei wirklich direktem Vergleich mit analogen 34-Zoll-Modellen, bei anderen springen sie einem direkt ins Gesicht.

Kaufberatung E-Bass Shortscale Feature

Klangspektrum E-Saite, Precision Bass (34 Zoll)

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Klangspektrum E-Saite Mustang Bass (30 Zoll)

Um einfach noch ein Klangbeispiel zu bringen, hier ist mein ebenfalls kurzer Aria Diamond 1820 aus dem Jahr 1972, ein Einsteigermodell von damals mit zwei sehr nah an Bridge und Griffbrettende montierten Singlecoil-Tonabnehmern, Eschekorpus und fettem Ahornhals.

Wieder ein völlig anderer Sound und hier ist die Shortie-Charakteristik, die weder wirklich tief hinab reicht, noch oben herum wirklich brillant ist, vielleicht am deutlichsten. Dafür gerade vom Halstonabnehmer einfach klassische Rocksounds, wie sie in den späten 60ern und frühen 70ern oft zu hören waren. Was auch so ziemlich allen Shortscale-Bässen zu Eigen ist, ist dass sie auf den höheren Bünden vor allem der hohen Saiten, wo ein typischer Longscale-Bass schon etwas in die Knie geht und gegebenenfalls anfängt dünn zu klingen, erst so richtig aufblühen. Das ist auch einer der Gründe, warum bei Multiscale-Bässen die höchste Saite oft deutlich kürzer als 34 Zoll ausgeführt ist. Außerdem vielleicht auch ein Grund für zum Beispiel Jack Bruce, bei Cream einen Gibson-Bass zu spielen. Den hörte man nämlich seltenst auf der tiefen Saite herum achteln, dafür umso öfter im mittleren Bereich virtuos Eric Claptons Gitarrenmelodien doppeln oder ausharmonisieren. Und so was macht mit den meisten Shortscale-Bässen einfach grandiosen Spaß und klingt auch noch gut.

Ich habe Shortscale-Bässe von smoothen Balladen über knackigen Funk bis hin zu härtestem Metal schon in wirklich vielen Genres eingesetzt – mit einem guten Instrument und einem guten Amp geht da wirklich fast alles, lediglich Downtunings verkraften Shorties natürlich nicht ganz so gut wie Longscale-Bässe. Notfalls geht auch das, passende Saiten vorausgesetzt, hier ist mein Flying V in Drop C mit dicken Pyramids, so wie ich ihn jahrelang in einer Doom-Band einsetzte:

Man hört, dass der kleine Bass unten herum immer noch abliefert, man hört aber auch deutlich die Kehrseiten der doch schon sehr niedrigen Saitenspannung. Downtunings sind für mich schon seit einiger Zeit weitgehend passé, es sei denn meine Band kramt mal wieder einen alten Song von damals heraus. Auf Longscale umgestiegen bin ich aber am Ende vor allem wegen der sehr begrenzten Auswahl an guten Shortscale-Bässen am Markt, eine Problematik, die sich gebessert zu haben scheint, und der Tatsache, dass ich inzwischen viel Fretless spiele und die kriegt man zumindest serienmäßig überhaupt nicht in kurz.

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Drei Kurze bitte: Fender American Performer Mustang (2019), Aria Diamond 1820 (1972), gemoddeter Epiphone Flying V Bass (2003)

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Fazit

Shortscale-Bässe zeichnen sich prinzipiell durch eine einfache Bespielbarkeit und schnelle Ansprache aus. Die wird in der Regel mit leichten Einbußen bei den ganz tiefen Bässen und teilweise dem drahtigen Höhenspektrum erkauft. Gerade bei guten Instrumenten liegt das aber in einem Rahmen, den man mit etwas EQ leicht wieder wettmachen kann, wenn es sein muss. Je nach Einsatzfeld kann der eher tiefmittige Sound eines Shortscale-Halstonabnehmers aber auch in „naturbelassen“ sehr charmant klingen, gerade Bassisten im Bereich der Rockmusik der 60er und frühen 70er sollten so ein Instrument definitiv mal in die Hand nehmen. Und besonders bei etwas komplexeren Progressive-Rock-Basslinien kommen einem die geringere Saitenspannung und die kürzeren Wege sehr entgegen und fördern den Spielspaß erheblich. Anfängern hingegen würde ich empfehlen, sich die Grundtechniken erst mal auf einem klassischen 34-Zoll-Instrument anzueignen und wer Downtunings benutzt, ist bei Shortscale naturgemäß auch eher im falschen Film. Man sollte Shortscale-Bässe bewusst spielen, nicht weil es einfacher ist oder man kurze Finger hat, sondern weil einem der Sound und das Handling gefallen. Jeder Bassist, der noch nie einen in der Hand hatte, sollte seinen Horizont erweitern und mal einen antesten – am besten einen von der mittleren Preisklasse aufwärts. Auswahl gibt es da im Jahre 2020 überraschenderweise genug.

Plus

  • schnelle Ansprache
  • leichte Bespielbarkeit
  • Sound (wenn man ihn mag)
  • inzwischen beachtliche Auswahl an Instrumenten

Minus

  • Defizite im Tiefbass-Bereich
  • Sound (wenn man ihn nicht mag)
  • eingeschränkte Auswahl an Saitensätzen
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Klangbeispiele
Forum
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    AMAZONA Archiv

    Jo, hampel auch schon seit Ewigkeiten mit ’nem Shortscale Bass rum. Mir fehlt da nix. Glaube, der aktuelle Gretsch Shortscaler könnte noch mit rein in die Liste.

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    Drahtzieher

    Habe neulich bei den Kleinanzeigen einen Shortscale Telecaster Bass von Hoyer entdeckt (mit Stratabondhals) Da ich meinen Longsc.-Hoyer aus den 70-igern liebe, musste ich auch den haben. Das Teil war sehr verranzt. 5 Tage Arbeit+ 250 € extra und das Teil ist bis auf einige Bünde wieder top. Es ist exakt das Modell wie dieser:

    https://german-vintage-guitar.com/instrumente/elektrische-bassgitarren/424/hoyer-33-e-bass-von-1977

    Meiner hat allerdings echte Risse im Lack ( road worn ;-) ist ansonsten, bis auf schwarze Regler und Fingerstütze an original Stelle, identisch.

    Den defekten Pickup habe ich durch einen Bar Knuckle mit 51-iger Spezifikation ersetzt. Je nach Anschlag (Finger, Daumen Pick ) hat er 6 Sounds, mit Tonblende mehr.
    Die Saiten Flatwounds: Daddario ECB81S 045-065-080-100 – Die können Mumpf aber auch sehr drahtig knackig.

    Mein Eindruck: Solo vieleicht nicht spektakulär. Aber im Kontext fügt er sich extrem gut ein. Es passt einfach sofort. Da muss der Mixer wohl nix mehr machen. Er ist sehr direkt, tiefmittig, dynamisch und für meinen Geschmack sehr vielseitig im Bandkontext. Und deutlich anders als der Longscale, der im Vergleich pathetischer daherkommt. – Und: er ist echt alt und nicht Custom-Fake old ;-) Außerdem 350 + 250 + 5 Abende Arbeit nicht mehr sinnvoll verkäuflich. Warum auch – Ich liebe ihn.

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      Peter-Philipp Schierhorn RED

      @Drahtzieher So ähnlich ist das mit dem Aria der da oben im Artikel vorkommt, bzw. mit seinem Bruder, dem Epiphone ET280. Den hab ich 2006 für billig gekauft, etwas her gerichtet, und dann jahrelang für alles mögliche benutzt, unter anderem hier für:

      https://www.youtube.com/watch?v=TTQx4pmu9xk

      Gerade die Flageoletts ab ca. 06:10 kommen mit der absurden Position des Steg-Pickups erst richtig zum Tragen.

      Der Bass sieht auch eher „reliced“ aus, irgendwann hab ich den Aria aus dem Artikel billig geschossen, eigentlich wollte ich den als Teileträger haben um den Epi irgendwann in den Originalzustand zurückzuversetzen. Da der Aria aber trotz Baujahr 1972 komplett mint condition war, hab ich’s am Ende anders rum gemacht und die noch originale und unverbastelte Elektronik des Epiphone in den Aria gesetzt. Der Epiphone kriegt der Tage n paar Rickenbacker-Pickups, mal schauen was dann passiert.

      EDIT: Der Epiphone ist sogar der Bass auf meinem Titelbild seh ich gerade. Aria 1820 und ET280 sind das gleiche Modell.

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        Drahtzieher

        @Peter-Philipp Schierhorn Das youtube-Beispiel trifft bei mir musikalisch voll ins Schwarze. Angenehme Zeitreise :-) – Der Sound ist so wie ich ihn auch empfinde: Der Ton ist present, springt sofort los, kollidiert fequenzmäßig weder nach unten oder oben. Sitzt sofort im Bandkontext. Sehr gut für Rock (aber auch anderes)

        Mein Hoyer Longsc. PJ ( optisch sehr ähnlich Deinem Bass bei: „The Love For Life Leads To Reincarnation“ / Villa Session) klingt im Vergleich zum Hoyer Shortscale genau so wie in Deinem Vergleich “ Preci Ls <> Mustang Ssc “ breitbeinig pathetisch, mächtig, sehr durchsetzungsfähig (Ahornbody, Stratabond Hals, Palisander Griffbrett) . Der Shsc im Vergleich wie ein agiler Mittelgewichts-Boxer, kräftig & kompakt.

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          Peter-Philipp Schierhorn RED

          @Drahtzieher Der Love for Life Bass is n Hohner PJ fretless, ein grauenvoller Hobel aus Pressspan. Den hab ich inzwischen gegen nen passiven Sandberg California VS ausgetauscht. Ich hab aber noch nen Hohner PJ Professional mit Bünden, Massivholz und mit fettem Ahornhals und -Griffbrett, und der ist saugeil. (Pssst, das ist der Preci oben im Hörbeispiel.)

          Die schnelle Ansprache der Kurzen vermisse ich manchmal. Aber zum aktuellen Bandsound passen der Fretless und noch ein anderer Matsumoko-Preci von 83 mit durchgehendem Hals noch etwas besser. Der is auch recht fix.

          Band kannste dir mal merken, neues Album kommt im April. ;-)

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            Drahtzieher

            @Peter-Philipp Schierhorn Wer Presspan beherrscht, beherrscht die Welt / Professionell ist, wenn einen nichts mehr erschrecken kann ;-)

            Um meinen LS Hoyer einzuschätzen habe ich im Musicstore zig Bässe gecheckt. Erst ein Sandberg um die 1.200,- gefiel mir vergleichbar gut.

            Dickere Shortscale Saiten gibts von Rotosound in black / tru bass RS88LD:
            http://www.....u-bass-88/

            Bei bonedo gibts eine Vergleichstest verschiedener schwarzer Saiten. obwohl mit den wenigsten Höhen, gefielen mir die Rotosound klanglich am besten, wenn es um einen fetten Ton geht.

            Von Galli gibts die etwas dickeren G77-4 Bass 4 strings 55 – 115
            auch in Shortscale
            https://www.gallistrings.com/en/strings/bass/black-nylon-bass/g77-bass-4-strings-detail
            Einem Nutzer in einem Forum, der wohl viele schwarze durch hat, schwört auf Galli.

            Zur Band: Musik im Stil einer Zeit, als man in der Musik noch Zeit hatte ;-)

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              Peter-Philipp Schierhorn RED

              @Drahtzieher Die schwarzen Saiten im Video sind allerdings Pyramid Black Wires – das sind keine Nylons, sondern einfach nur schwarz angemalte Nickelsaiten. Die klingen ganz normal und sehen nur cool aus.

              Hohner und Hoyer is aber auch nochmal ein himmelweiter Unterschied.

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