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Legendäre Keyboarder: Joe Zawinul – seine Musik, seine Instrumente

Ein Wiener erfindet die Fusion Music

1. März 2025

Report: Joe Zawinul - Legendäre KeyboarderJoe Zawinul gehörte zu den weltbesten Keyboardern, hat den Jazzrock vorangetrieben und mit Weather Report Musikgeschichte geschrieben.

Er konnte grooven wie kein Zweiter, ein Wiener, der den Swing draufhatte wie die schwarzen Jazzmusiker in den USA. Ein Klangforscher, angetrieben von einer fast unersättlichen Neugierde, der Synthesizer liebte und auch kongenial einzusetzen wusste. Zawinul war maßgeblich beteiligt an zwei bahnbrechenden Miles-Davis-Alben: In a Silent Way und Bitches Brew bereiteten dem Fusion-Stil den Weg. Eine neue Musikrichtung, die Jazz, Funk und Rock verband.

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Gemeinsam mit einem anderen Wiener – Friedrich Gulda, mit dem er eine Vorliebe für unkonventionelle Kopfbedeckungen teilte, trat er auch bei Klassikkonzerten auf.

Joe Zawinul war ein begnadeter Jazzpianist und Komponist, der auch vor großen orchestralen Werken wie Stories of the Danube nicht zurückschreckte. Unsterblich wurde er mit Weather Report. Jene legendäre Jazzrockband, die er gemeinsam mit dem Ausnahmesaxophonisten Wayne Shorter gegründet hatte.

Report: Joe Zawinul - legendäre Keyboarder

Heavy Weather gilt als eines der besten Alben von Weather Report und enthält auch das bekannteste Stück der Band: Birdland

Birdland – Weather Reports Meisterstück

Der wohl bekannteste Song heißt Birdland vom Album Heavy Weather, das 1977 veröffentlicht wurde. Am Anfang hören wir das berühmte Bassriff, das Joe Zawinul auf dem ARP 2600 spielt. Dann setzt Bassist Jaco Pastorius ein, der über den Synthbass seine Flageolett-Töne legt. Jaco war erst kurz zuvor zur Band gestoßen, wo er sich mit unnachahmlichen Understatement vorstellte: „Hey Jungs, ich höre, ihr sucht nach mir. Hier bin ich – der schlechteste Bassspieler der Welt.“

Das Birdland – Hier traf sich die Jazz-Elite

Der Titel des Instrumentals huldigt dem Birdland-Club in der 52. Straße in Manhattan, New York. Dieser war wiederum nach dem berühmten Saxofonisten Charlie „Bird“ Parker benannt. Von der Eröffnung 1949 bis zur Schließung im Jahr 1965 war das Birdland nach eigenem Verständnis die „Jazz Corner of the World“. Für Zawinul sind mit dem Birdland auch ganz persönliche Erinnerungen verbunden. Er hat den Club oft besucht und hier auch seine spätere Frau kennengelernt. „Dieser Club hat mich so sehr geprägt“, sagte Zawinul. „Ich habe dort Miles Davis getroffen, Duke Ellington und Louis Armstrong; ich habe dort meine Frau Maxine getroffen. Jeden, den ich verehrte, traf ich im Birdland.“ (Los Angeles Times 1990)

Saxophonist Wayne Shorter bestätigte, dass die Band Zawinuls Vorschlag für den Song-Titel sehr passend fand. „Ich erinnere mich, dass Joe dort mit Dinah Washington gespielt hat – mit genau der Art von Beat, die sie hatte, mit ihren hohen Absätzen, die auf den Boden stampften, während sie sang. Und das ist es, was Joe in Birdland verwendet hat. Und an manchen Stellen hört man auch den Latin-Flavor des Birdland, des Clubs. Also waren wir uns alle einig: ‚Nennen wir den Song Birdland.’“ (Grammy.com)

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Birdland – Nummer 1 in den Jazz-Billboardcharts

Jaco Pastorius erinnert sich, dass der ganze Song Birdland am Stück eingespielt wurde. Außer Zawinul und Pastorius wirkten an dem Album Heavy Weather Wayne Shorter, der Sopran- und Tenorsaxofon spielte, der Drummer Alex Acuña und der Percussionist Manolo Badrena mit. 1977 war Heavy Weather klar die Nummer 1 in der Kategorie Jazz-Album in den Billboardcharts. Aber auch noch die Nummer 30 bei den Pop-Alben. Bei Live-Konzerten war Birdland eine sichere Nummer, um das Publikum zum Jubeln und Tanzen zu bringen. Live benutzte Joe Zawinul dann auch seinen geliebten ARP Quadra, um das eingängige Bassmotiv zu spielen.

Wobei es bemerkenswert ist, dass Zawinul, der über eine phänomenale Spieltechnik verfügte, Birdland durchaus herausfordernd fand: „Das erfolgreichste Stück, das ich je geschrieben habe, ist Birdland. Und es ist zugleich das schwierigste Stück, das ich jemals gespielt habe. Es gibt so viele Sachen, die ich an den Keyboards machen muss. Mit der linken Hand das Arrangement, mit der rechten die Melodien und das Solo. Und ich muss so viel umschalten, von einem Sound zum anderen.“ (Gunther Baumann: Zawinul – Ein Leben aus Jazz. 2002, S. 120)

Später Einzug in die Hall of Fame

2011 wurde das Heavy Weather-Album mit dem Song Birdland in die Grammy Hall of Fame aufgenommen. Für den 2007 verstorbenen Joe Zawinul kam das etwas zu spät. Denn richtig abgeräumt haben mit Birdland zwei Coverversionen dieses Klassikers: Manhattan Transfer im Jahr 1980, die dem Titel noch einen Text verpassten (veröffentlicht auf Extensions, 1979) und Quincy Jones, der auf Back on the Block von 1989 ebenfalls eine Version mit Vocals ablieferte. Beide heimsten einen Grammy ein.
Aber auch so bedeutete Heavy Weather für die Band einen Wendepunkt. „Das war der Zeitpunkt, an dem die Zuschauerzahlen sprunghaft anstiegen“, erinnert sich Wayne Shorter: „Vor allem in Europa kamen 14-15.000 Leute zu uns ins Publikum. In Rom waren es 18.000 oder mehr.“ (Grammy.com)

Joe Zawinul ist ein gebürtiger Wiener. Die multikulturellen Einflüsse der Donaumetropole hat er auch musikalisch verarbeitet. (Foto: Georg Uhlig)

Joe Zawinul – Jugend in Wien

Geboren wurde Josef Erich Zawinul am 7. Juli 1932 in Wien. Er stammte aus einer Arbeiterfamilie, die das multikulturelle Leben in der einstigen kaiserlich-königlichen Metropole widerspiegelte. Joe Zawinul war immer stolz auf seine Wurzeln in Tschechien und Ungarn, eine Großmutter war eine Sintiza. In seiner Familie in Wien und bei Verwandten auf dem Lande wurden tschechische, slowenische und ungarische Lieder gesungen: „Für mich ist der größte Musiker nicht der akademische Musiker, sondern der Mensch, der seine Geschichte, die Geschichte um ihn herum, die Geschichte seiner Tradition, am besten ausdrückt“. (br-klassik)

Zawinuls Vater war Schlosser im städtischen Gaswerk, spielte nebenbei die Mundharmonika und boxte. Ein Sport, der Zawinul zeitlebens faszinierte und den er auch selbst später ausübte, wie er 1997 im Interview mit Anil Prasad verriet: „Boxen ist der beste Sport der Welt und eigentlich ist es nicht einmal ein Sport, sondern eine Leidenschaft. Es ist lustig, ich kenne viele Boxer, und sie alle lieben Musik, und alle Musiker, die ich kenne, lieben Boxen. Es gibt Parallelen, wenn man Musik improvisiert, so wie ich es tue. Und man darf nicht mit den Augen blinzeln. Man muss immer auf der Hut sein, sonst verpasst man den Moment.“

Joe Zawinuls Mutter war Köchin und besaß eine schöne Singstimme. Der Junge wuchs also in einer musikalischen Familie auf.

Das erste Instrument Zawinuls war ein Akkordeon. Freilich kein Profiinstrument, wie hier abgebildet, sondern ein einfaches Akkordeon mit nur zwei Registern.

Zawinuls erstes Instrument: Ein Akkordeon

Als kleiner Junge bekam Joe Zawinul ein Akkordeon geschenkt und schon damals zeigte sich seine Lust am klanglichen Experiment: „Mit viereinhalb oder fünf Jahren habe ich Akkordeon gespielt – für mich war das der erste Synthesizer. Ich fand bald Register, die ich umbauen konnte, und mit denen habe ich den Sound verändern können. Ich experimentierte damit ein wenig, und der gewisse andere Sound war mit einem Mal da. Ich hatte den Filz von einem Billardtisch reingestopft.“ (Der Spiegel, 1997)

Sein Musiklehrer kapitulierte nach nicht mal einem Jahr. Zawinul besaß das absolute Gehör und verfügte über eine enorme Auffassungsgabe. Er könne dem Buben nichts mehr beibringen, meinte sein Musikpädagoge, der gehöre ans Konservatorium. Dort erhielt Zawinul einen Freiplatz und wurde in Klavier, Violine und Klarinette unterrichtet. Besonders gemocht hat er es nicht, erzählte Joe Zawinul 1992 im Interview mit Music Technology: „Ich hasste diesen horizontalen Ansatz, und zweitens mochte ich das Material nicht. Ich fand es furchtbar langweilig, Mozart-Sonaten und Bach-Präludien zu spielen.“

Schlimme Erfahrungen im 2. Weltkrieg

Aber Zawinul hatte als Jugendlicher durchaus drängendere Sorgen: Seine Jugend fällt in die NS-Zeit – im März 1938 fand der sogenannte Anschluss Österreichs an das Nationalsozialistische Deutsche Reich statt. Im 2. Weltkrieg wurde Wien von den Alliierten bombardiert. Zawinul brachte viele Stunden in Luftschutzkellern zu, er musste mit ansehen, wie sein bester Freund bei einem Angriff getötet wurde. Sein Zwillingsbruder Erich war schon mit 4 Jahren an einer Lungenentzündung gestorben. Zawinul hat die Härte und Grausamkeit dieser Zeit erlebt, ohne aber zu verbittern. Eher haben ihm diese frühen Erfahrungen eine gewisse Unerschrockenheit verliehen.

Der US-amerikanische Musik-Film Stormy Weather aus dem Jahr 1943 begeisterte den jungen Joe Zawinul.

Erster Kontakt mit schwarzer Musik

Noch vor Kriegsende kam Zawinul in Kontakt mit schwarzer Musik. Er liebte den Musical Film Stormy Weather, in dem unter anderem Dooley Wilson – bekannt aus Casablanca („Spiel’s noch einmal Sam“) – und das Orchester von Cab Calloway auftraten. Zwei Dutzend mal soll sich der junge Zawinul den Film angesehen haben. Wohl nicht von ungefähr trägt ja dann auch ein Weather Report-Album den Namen Heavy Weather.

Das Wort Jazz hörte Zawinul zum ersten Mal im Oktober 1944. Er und seine Mitschüler wurden in ein Internat in Südmähren (heute Tschechien) verlegt, weg von den Bombenangriffen in Wien: „Und da setzt der sich nieder, unser Bursch, ein Student, und spielt Honeysuckle Rose. Das heißt ,Jazz‘, hat der gesagt und hat das buchstabiert, und ich hab meinen Namen darin gesehen.“ (Die Welt) Als der 12-jährige die Fats Waller-Komposition hörte, einen Klassiker der Swing-Ära, da war es um ihn geschehen: Joe Zawinul verlor sein Herz komplett an den Jazz. Eine Weile mühte er sich noch mit der ungeliebten Klassik ab. Doch nach dem Krieg ging es bei Joe Zawinul sehr schnell in Richtung Jazz-Piano. Und bald feierte er erste Erfolge in der österreichischen Jazz-Szene.

Joe Zawinul löste sich von der österreichischen Jazz-Szene und ging Anfang 1959 in die USA. (Foto: Costello)

Joe Zawinul geht in die USA

1959 reiste Joe Zawinul in die USA mit einem begehrten Stipendium für das Berklee College of Music in Boston. So richtig zu schätzen wusste er diese Ehre aber nicht. Nach nur einer Woche brach er seine Zelte ab, zog nach New York um und tauchte in die Praxis ein. „Als ich im Jänner 1959 nach New York kam, war ich sofort unter schwarzen Musikern. Die haben mich aufgenommen wie ein Familienmitglied“, erinnerte sich Joe Zawinul 1998 in der taz. „Wir waren alle immer zusammen essen, trinken, spielen. Und das zu einer Zeit, als im Süden der USA noch weitgehend Rassensegregation herrschte. Oft konnten wir nicht ins Hotel, das war für Schwarze nicht möglich. Also übernachtete auch ich aus Solidarität im Auto.“

Zawinul schloss sich zunächst der Band des Startrompeters Maynard Ferguson an, spielte anschließend bei der Sängerin Dinah Washington. Die gab ihm den Spitznamen Joe Vienna: „Mein Spiel war nicht schwarz, aber es war auch nicht weiß. Das hat denen gefallen. Meine Liebe zur Musik war halt groß. Und Gott sei Dank habe ich viel Talent gehabt – darauf braucht man aber nicht stolz zu sein, nur dankbar.“ Außerdem brachte Joe Zawinul einen eigenen Stil mit, der ihn unverwechselbar machte: „… die Volksmusik Tschechiens, Ungarns und Österreichs, die in meinem Klavierspiel eine Rolle spielt. Den Schwarzen hat das gut gefallen, und für lange Zeit spielte ich dann den Bebop mit meinem Einschlag.“ (taz)

Joe Zawinul und Cannonball Adderley

Cannonball Adderley war für Joe Zawinul einer der besten Musiker überhaupt. Zawinuls Komposition Mercy, Mercy, Mercy! wurde zum Hit.

Keyboarder für Cannonball Adderley

Relativ früh streckte Miles Davis die Fühler nach diesem Ausnahmepianisten aus der Alten Welt aus. Es wäre der ultimative Ritterschlag für Joe Zawinul, doch der schlug ihn – zunächst jedenfalls – aus. Zawinul, der Zeit seines Lebens nicht gerade an einem unterentwickelten Selbstbewusstsein litt, konnte auch bescheiden sein: Er teilte dem Meister mit, dass die Zeit dafür noch nicht reif sei. Wie wir wissen, hat ihm Davis das nicht verübelt.

Stattdessen schloss sich Joe Zawinul dem Quintett von Cannonball Adderley an. Es sollte eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit werden. Neun Jahre spielten sie zusammen, wurden gute Freunde. Adderley war 1962 auch Zawinuls Trauzeuge, als dieser Maxine heiratete – seine Flamme aus dem Birdland. Adderley musste seinen weißen Pianisten zuweilen auch gegen Vorhaltungen aus der afroamerikanischen Community verteidigen: „Wie ich angefangen hab beim Cannonball, kam ein Klavierspieler zu ihm und fragte, warum er sich keinen black guy hole. Okay, hat Cannonball gesagt, bring mir einen, der spielen kann wie Zawinul. Und der Schmäh war vorüber.“ (Die Welt)  Zawinul lieferte für Cannonball Adderley auch einen großen Teil der Kompositionen.

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Mercy, Mercy, Mercy räumt ab

Ihren größten Hit landeten die beiden 1964 mit dem Song Mercy, Mercy, Mercy!, von dem eine Million Singles verkauft wurden. Für Jazz-Aufnahmen bis heute eine Traumzahl. In dem Video oben spielt Joe Zawinul ein Fender Rhodes Sparkle Top. Auf der Plattenaufnahme hört man dagegen ein Wurlitzer E-Piano, das Joe Zawinul schon von früher kannte, wie er 1975 in einem Down Beat-Interview berichtete: „Die erste Person, die ich auf einem Wurlitzer spielen hörte, war Ray Charles. Wir haben mit Ray auf Tournee gearbeitet, als ich mit Dinah Washington zusammen war. Wenn die Hausklaviere schlecht waren, habe ich das Wurlitzer benutzt.“ (zawinulonline)

Interessant ist, dass das Cannonball Adderley Quintet Ende der 60erJahre auch mehrfach als Vorprogramm für Rockbands gebucht wurde. So trat Cannonball Adderley im Februar 1968 im Fillmore Auditorium und im Winterland Ballroom in San Francisco auf – gemeinsam mit der Blue-Eyed-Soulgroup The Vagrants und The Who. Die Grenzen zwischen Jazz und Pop-Musik fingen an zu verschwimmen. Man konnte einem Rock-Publikum zumuten, sich vor dem Main Act auch ein paar komplexere Jazzsongs reinzuziehen. Da lag es auf der Hand, dass beide Stile irgendwann eine Fusion eingehen würden.

Report: Joe Zawinul - legendäre Keyboarder

In A Silent Way von Miles Davis war ein Meilenstein für die neue Stilrichtung Fusion.

Jazz + Rock = Fusion

Der große Wegbereiter dafür war Miles Davis. Ende der 60er Jahre kam es nun doch zur Zusammenarbeit von Davis und Zawinul. Entstanden sind dabei bahnbrechende Alben: In A Silent Way und Bitches Brew. Auf In A Silent Way sind gleich drei Ausnahmekeyboarder des Jazz vereint. Neben Zawinul an der Orgel spielen auch Herbie Hancock und Chick Corea am E-Piano mit. Vervollständigt wurde die Gruppe durch Wayne Shorter am Sopransaxophon, John McLaughlin an der E-Gitarre, Dave Holland am Kontrabass und Tony Williams am Schlagzeug. Da hatte Davies wirklich die Crème de la Crème an Jazzmusikern um sich versammelt.

Entstanden ist ein Meilensteinalbum von dem Lester Bangs im Rolling Stone 1969 schrieb: „Ich glaube, eine neue Art von Musik liegt in der Luft, eine vollkommene Kunst, die keine Grenzen oder Kategorien kennt, eine neue Schule, die von Genies geleitet wird, denen die Moden egal sind.“

Joe Zawinul – der Geburtshelfer bei Bitches Brew

Das Doppelalbum Bitches Brew ging noch ein Stück weiter, verband noch konsequenter Jazz- mit Rock-Elementen und gilt als eines der revolutionärsten Alben in der Geschichte des Jazz. Ein Klassiker des neu entstandenen Fusion-Genres, von dem All Music-Kritiker Thom Jurek meint: „Bitches Brew sei so zukunftsweisend, dass es seine Frische und sein Geheimnis mühelos ins 21. Jahrhundert mitgenommen hat.“

Und Joe Zawinul hatte daran großen Anteil, worauf Herbie Hancock 2007 in seiner Kolumne „Der Rhythmus zählt“ in der Wirtschaftswoche hingewiesen hat: „Vergessen wir nicht, dass Miles Davis’ Bitches Brew ohne Joe Zawinul nie das Licht der Welt erblickt hätte. Es war Joe, der an der Seite von Miles dem elektronischen Keyboard im Jazz zum Durchbruch verhalf – und der ein Jahr zuvor die Geburtsstunde des Fusion-Jazz mit In A Silent Way eingeläutet hatte. Joe war die Brücke in die Zukunft, über die Miles Davis gegangen ist“.

Report: Joe Zawinul - legendäre Keyboarder

Auf dem Miles Davis-Album Bitches Brew wird Joe Zawinul zwar nur als „additional keyboarder“ genannt. Tatsächlich war sein kompositorischer Einfluss bei dem Album aber sehr stark.

Joe Zawinul: Mehr gegeben als empfangen

Joe Zawinul hat das – gar nicht unbescheiden – übrigens genauso gesehen: „Ich glaube, er hat mehr von mir bekommen als ich von ihm. Der einzige Unterschied ist, dass ich viel jünger war, als ich ihn zum ersten Mal hörte. Ich war 1948 sehr jung, als ich Birth of the Cool hörte. Es hat meine Musik beeinflusst, aber nicht mein Leben. Ich kannte Miles bis zu seinem Tod im Jahr 1991… Ich habe fünf Alben mit ihm gemacht, und er war ein großartiger, wunderbarer Mensch und Philosoph. Der Musik selbst schenkten wir nicht so viel Aufmerksamkeit. Musik ist das Ergebnis von Dingen. Sie ist nicht die Sache selbst.“ (Anil Prasad)

Das eigentlich faszinierende an beiden Alben ist, dass sie trotz aller Neuerung so organisch und musikalisch klingen. Zawinul, der Bitches Brew für ein zwar gut klingendes, aber kein „weltbewegendes“ Album hält, räumt ein: „In diesen Sessions steckt eine Menge Power. Jeder hatte Respekt vor dem anderen und niemand hat sich übernommen. Es hätte das totale Chaos sein können, aber es war ziemlich gut organisiert.“ (Anil Prasad)

Das Debütalbum von Weather Report aus dem Jahr 1971

Zawinul und Shorter gründen Weather Report

Im gleichen Jahr, in dem Bitches Brew erschien, gründete Joe Zawinul mit dem Saxophonisten Wayne Shorter und dem Bassisten Miroslav Vitouš die Band Weather Report. Die Gruppe existierte fünfzehn Jahre lang und sollte die führende Formation des Fusion-Stils werden. Das Motto: Nicht über Musik quatschen, sondern spielen. Das war schon in seiner Zusammenarbeit mit Miles Davis so. Die Musik wurde nicht am Reißbrett entworfen, ihr gingen keine langen Überlegungen oder Diskussionen voraus – sie wurde einfach gespielt.

Und das hat Joe Zawinul auch in seiner Zeit bei Weather Report beherzigt. „Ich habe vor allem gelernt, nicht über Musik zu reden“, sagt er. „Wir haben fast nie über Musik gesprochen, Miles und ich – oder Wayne und ich. Wayne und ich haben 15 Jahre lang bei Weather Report zusammengearbeitet, und die Zeiten, in denen wir tatsächlich über Musik gesprochen haben, waren sehr selten. Wir waren, sagen wir mal, nicht mit Musik beschäftigt. Die meisten jungen Musiker, die ich höre, reden normalerweise über Musik. Aber wir haben sie gespielt. In Gesprächen ging es um Ideen im Allgemeinen. Politische Ansichten, Ansichten über das Leben – Dinge und Ideen, nicht Menschen und Musik.“ (Music Technology, Januar 1992)

Das 1971 erschienene Debütalbum von Weather Report hat Robert Christgau in seinem Recordguide für die 70er Jahre gewohnt scharfzüngig, aber nicht unfreundlich besprochen: „Der Miles’sche Demi-Jazz auf Seite zwei klingt ziemlich finky (kein Druckfehler beabsichtigt), aber der Tondicht-Impressionismus auf Seite eins tut seine geheimnisvolle Arbeit. Höhepunkt: das stimmungsvolle Eröffnungsstück Milky Way, in dem zwei Silent Way-Veteranen, der Sopransaxofonist Wayne Shorter und der Pianist Joe Zawinul, Klänge erzeugen, die an ein Glockenspiel erinnern, das sich einer Zeitverschiebung nähert.“

Aus der Zeit sein – das Mysterium des Rhythmus

Joe Zawinul löste sich bei Weather Report von überkommenen Mustern im Jazz und stellte den Rhythmus in den Mittelpunkt seiner Musik, „Ich war der Standardform des Jazz überdrüssig – Sie wissen schon, das A-A-B-B und die Wechsel. Ich hatte die Nase voll davon. Saxophon, Trompete, Bass-Solo, dann Schlagzeug und zurück zur Melodie – das langweilte mich nach Jahren zu Tode.“ (Anil Prasad) Stattdessen setzte er auf komplexe Polyrhythmen, über die er seine einzigartigen Synthesizer-Texturen und „frappierend schönen Akkordprogressionen“ legen konnte.

Hier eine Liveaufnahme von 1975 aus Berlin, bei der Chester Thompson an den Drums sitzt und Alphonso Johnson den Bass spielt.

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„Ich nenne es immer ‚Rotation'“, erklärte Joe Zawinul sein spezielles Verhältnis zum Rhythmus 2003 im Gespräch mit Sound on Sound. „Rotation ist der Puls, und wenn man den Puls und die Rotation des Pulses hat, dann hat das etwas für sich. Das ist sehr knifflig.“

Wenn Zawinul über Rhythmus sprach, wurde es schnell metaphysisch: „Die meisten Leute, die meisten Schlagzeuger, sind rhythmisch nicht wirklich gut. Sie können im Takt spielen, aber das ist kein Rhythmus. Rhythmus ist etwas anderes als Zeit. Ein rhythmisches Talent zu haben, Dinge aus der Zeit zu nehmen und mehr aus der Zeit zu sein, ohne in dieser Struktur zu sein, das hat mit der Rotation zu tun. Das kann man, glaube ich, nicht richtig erklären. Es ist etwas im Gefühl.“

Ein Ausnahmebassist namens Jaco Pastorius

Bei Weather Report trug Zawinul dieser besonderen Wertschätzung für den Rhythmus Rechnung, indem der Schlagzeuger einen Percussionisten an die Seite gestellt bekam. Und mit Einstieg des Bassvirtuosen Jaco Pastorious 1976 bekam die Band einen weiteren wichtigen Impuls. Die sogenannten Jaco-Jahre (bis 1981) gelten deshalb auch als die Hochphase der Band, in der grandiose Alben wie Black Market, Heavy Weather und das Live-Album 8:30 entstanden.

Report: Joe Zawinul und Weather Report

8:30 gilt als eines der besten Fusion-Live-Alben überhaupt.

Das Verhältnis von Pastorius und Zawinul war aber auch kein einfaches. Sie waren enge Freunde – einerseits. Andererseits aber auch Konkurrenten. Und das nicht nur in der Musik, sondern möglicherweise auch beim Konsum von Alkohol und Drogen. „1980 war Jaco immer wütend und betrunken“, berichtete Zawinul der Zeitschrift GQ. „Er begann zu versuchen, mich zu übertrumpfen, als wäre es ein Wettbewerb oder so etwas. Sicher, ich trank und zog mir gelegentlich eine Linie rein, aber ich mochte mich zu sehr, um mich selbst zu verletzen.“ (Anil Prasad)

Weather Report live in Montreux 1976 – ab 5:45 gibt es ganz viel Jaco Pastorius zu hören.

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Und dann war Pastorius irgendwann draußen: „Wir haben ihn nicht gefeuert oder so, und er ist auch nicht gegangen. Was passierte, war, dass wir 1980 all diese Verträge hatten und er für ein Jahr pausieren wollte und Wayne und ich sagten: ‚Mein Gott, wir müssen weitermachen. Wir können nicht ein ganzes Jahr warten, bis Mr. Pastorius zurückkommt.‘ Und er mag damals gedacht haben, dass er nicht ersetzbar sei, aber es gibt niemanden auf der Welt, der das nicht ist.“ (Anil Prasad)

Joe Zawinul und Weather Report

Der ARD-Rockpalast war eine Institution: 1978 traten dort auch Weather Report auf. Links Joe Zawinul, in der Mitte Saxophonist Wayne Shorter und rechts Bassist Jaco Pastorius.

Weather Report: Jazz auf Synthesizern

Weather Report war neuartig, weil Joe Zawinul tradierte Kompositionsstrukturen über Bord warf, auch weil die Musiker allerhöchstes Spielniveau besaßen, nicht zuletzt aber, weil sie elektronische Musikinstrumente einsetzten. Zu Beginn E-Pianos wie das Fender Rhodes, bald auch Synthesizer. „Wir fingen an, mit elektronischen Instrumenten zu spielen, wie sie noch nie verwendet wurden.“

Einigen Jazz-Traditionalisten ging das zu weit, erinnerte sich Joe Zawinul später zurück: „Wir hatten einige komische Reaktionen von Leuten, die sagten, wir würden uns verkaufen, weil wir elektronische Instrumente benutzen. Das ist so ein Blödsinn…Ein Instrument ist nicht wichtig. Die Art und Weise, wie man spielt, ist wichtig. Ein Klavier ist sicherlich kein besseres Instrument als ein Synthesizer, aber wenn ein Synthesizer wie ein Klavier gespielt wird, ist er ein sehr schlechtes Instrument. Es funktioniert nicht. Man kann eine Trompete nicht wie eine Geige spielen – das geht nicht. Das ist das Problem – die Spieler, nicht das Instrument.“ (Anil Prasad)

Joe Zawinul – seine Keyboards

Das berühmte Wurlitzer bei Mercy, Mercy, Mercy! haben wir schon erwähnt. Bald kam auch das Fender Rhodes dazu, das er bis zum Anfang der 80er Jahre spielte, gerne über Effektgeräte wie Phaser, ein Echoplex oder ein WahWah-Pedal. Seine erste Begegnung mit einem Synthesizer war wohl der EMS VCS3 „The Putney“, dessen Bedienung ihm aber nicht gefiel: „eine der umständlichsten Sachen überhaupt. Er hat kleine Stifte, die man in eine Matrix steckt, und es war schrecklich. Aber das hat mich nicht entmutigt, denn ich wusste, dass es etwas Einfacheres geben würde“. (zawinulonline)

Joe Zawinul schätzte den ARP 2600 sehr. Er besaß gleich zwei Exemplare.

Mehr nach seinem Geschmack war der ARP 2600.  Joe Zawinul leistete sich sogar zwei 2600er, die jeweils ihren eigenen Sweetspot hatten. „Ich will orchestrale Klänge von einem Synthesizer, die Art von Realismus, die nicht zu imitieren ist. Ich kann den 2600 wie Coltrane klingen lassen, oder ihn in sanfte, eindringliche Flöten verwandeln. Mein erster 2600er, ‚ Nummer Eins‘, ist mein Soft-Synthesizer mit einem klaren, sauberen Klang, den ich noch bei keinem anderen gehört habe. ‚Nummer Zwei‘, mein zweiter 2600, gibt mir eine härtere Kante, sie ergänzen sich also.“ (zawinulonline) Bei den Synthesizer-Spielern gibt es bekanntlich Moog- und ARP-Liebhaber.

Jo Zawinul: Lieber ARP als Moog

Und Zawinul gehört – wie zum Beispiel auch Genesis-Keyboarder Tony Banks – eindeutig zur ARP-Fraktion und zog den 2600 dem Minimoog vor: „Wenn ich den Moog höre, ist es sofort der Moog. Mit dem ARP kann ich Dinge tun, die einen völlig verblüffen. Ich kann mich zwischen den Stimmen verstecken, ich kann alle möglichen Dinge tun. Für mich ist das ein viel natürlicherer Sound. Auch die Vielfalt der Farben ist größer. Holzbläserklänge… wenn man das richtige Gehör hat, kann man sie wirklich erreichen. Aber es braucht Zeit und Arbeit.“ Zawinul nahm seine geliebten 2600er mit auf Tour und setzte sie extensiv auf den Weather Report-Alben bei Mysterious Traveller, Tale Spinnin‘, Black Market und Heavy Weather ein. (zawinulonline)

Der Oberheim Four Voice erlaubte es Joe Zawinul erstmalig auf einem Synthesizer auch Akkorde zu spielen.

Zawinuls Polysynths: Von Oberheim bis Prophet

Der ARP 2600 erlaubt zweistimmiges Spiel, aber mit dem Oberheim Four Voice konnte Zawinul auch Akkorde spielen. Den Synthesizer setzte Joe Zawinul zuerst auf Birdland ein und erntete Lob von Tom Oberheim persönlich: „Er holt unglaubliche Sounds aus seinem 2600, und er weiß, wie man den Oberheim 4-Voice sehr gut einsetzt. Er holt einige der besten Sounds heraus, die ich je gehört habe, obwohl er keinen elektronischen Hintergrund hat.“ (zawinulonline) Joe Zawinul legte sich auch noch den Oberheim 8-Voice zu – ein wahres Monster.

Doch bald schon stand Mehrstimmigkeit plus Speicherbarkeit in einem wesentlich schlankeren Polysynthesizer zur Verfügung – dem Prophet-5. Dieser wurde schnell für Zawinul das „essentielle“ Tasteninstrument: „Dieses Prophet-Keyboard ist eine unglaubliche Maschine; es hat alles, was ich immer gebraucht habe, um die Musik zum Klingen zu bringen. Ich habe vierundvierzig verschiedene Programme, darunter einen Streichersound, bei dem man nicht merkt, dass es sich nicht um ein Sinfonieorchester handelt.“ (zawinulonline)

SequentialCircuits_Prophet-T8_12

Prophet-5 und Prophet T8 – Joe Zawinul hat sie beide gespielt. Am Schlachtschiff T8 schätzte er die Anschlagdynamik, mit der er die Klänge noch präziser steuern konnte.

Übertroffen werden konnte das nur noch durch eine verbesserte anschlagdynamische Tastatur, wie sie der Prophet T8 bot. Joe Zawinul nahm den T8 1984 in sein Set auf und schloss ihn sofort in sein Herz:. „Ich habe zum Beispiel auf dem T8 einen Geigensound entwickelt, der jeden umhaut. Punkt. Es geht nur um die Anschlagsempfindlichkeit. Aber man muss es wie eine Geige spielen, nicht wie auf einem Keyboard. Man muss es fühlen. Du musst jeden Ton fühlen und jeden Ton üben, denn jeder Ton muss anders gespielt werden.“ (Music Technology, Januar 1992)

Hier ein Konzert in Tokio von 1984 mit einigen von Joe Zawinuls Lieblingssynthesizern wie dem Prophet T8, dem Oberheim Xpander und dem ARP Quadra. Letzteren kann man bei ca. 21:45 sehr gut sehen und hören. Hier lässt sich auch der Einfluss mittel- und osteuropäischer Musik auf Zawinuls Stil gut nachvollziehen.

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Auf der Suche nach eigenen Klängen

Bei der Suche nach speziellen Klangfarben ließ sich Joe Zawinul vor allem von seinem Instinkt leiten: „Wenn ich einen Sound höre, mit dem ich gerne spiele, wie sich die Tonart anfühlt, wie sich der Sound anfühlt, dann moduliere ich diesen Sound bis zu dem Punkt, an dem er wirklich klingt, als wäre es meine Stimme, als wäre es meine Sprache. Wenn ich das schaffe, weiß ich, dass ich Musik machen kann. Ich könnte nicht mit Klängen spielen, die nicht mein Klang sind.“ (Music Technology, Januar 1992)

Aber wir müssen noch einmal auf die Firma ARP zurückkommen. Joe Zawinul gehörte – wie der bereits erwähnte Tony Banks – zu den großen Fans des ARP Quadras, dem Zawinul einen „exzellenten Bass-Sound“ bescheinigte. Auch von dem zweistimmigen Leadsynthesizer und der Arpeggio-Funktion machte er dankbar Gebrauch.

Report Tony Banks, ARP Quadra

Joe Zawinul setzte den ARP Quadra gerne live ein. (Foto: Costello)

Später schaffte sich Zawinul eine der letzten Entwicklungen aus dem Hause ARP an: den Rhodes Chroma, der bereits von CBS Musical Instruments hergestellt und vertrieben wurde. „Anfang ’83 habe ich das Rhodes E-Piano durch das Chroma ersetzt, das ich jetzt für Solospiel benutze. Ich habe einige wirklich angesagte Solosounds darauf, die keine Gitarrensounds sind, sondern die Kraft oder die Macht einer Rock’n’Roll-Gitarre haben, nur mit mehr Möglichkeiten für Flexibilität im Sound selbst. Es ist ein gutes Instrument.“ (Keyboards)

Der Rhodes Chroma ersetze bei Joe Zawinul das Fender Rhodes. Zawinul besaß auch den kleinen Bruder: den Rhodes Chroma Polaris

Auch ein E-Mu Emulator wurde dem Rig zugefügt, der vermutlich Zawinuls frühere Euphorie über den Realismus der Prophet-5 Strings etwas relativiert haben dürfte.

Joe Zawinul: Ein Synthesizer ist kein Klavier

Bei all dem war es für Joe Zawinul immer extrem wichtig, den Synthesizer als eigenes Instrument zu sehen – und nicht als Klavierersatz: „Genau das ist der Fehler vieler Synthesizerspieler: Sie benutzen den Synthesizer nur wegen des neuartigen Klangs, aber sie phrasieren nicht entsprechend, sondern immer noch so, als ob sie ein akustisches Klavier spielen würden. Und deshalb klingen sie so komisch. Sogar die guten Synthesizer-Spieler, sogar die berühmten, klingen oft steif bei verschiedenen Klängen, weil sie auf die Tasten schauen und mehr wie ein Keyboarder spielen, aber das geht nicht, weil sich das Werkzeug in dem Moment ändert, in dem sich der Klang ändert. Man muss von einem Hammer vielleicht zu einer Zange wechseln.“ (Music Technology, Januar 1992)

Oberheim Xpander

Etwas handlicher als die frühen polyphonen Oberheim-Synthesizer: Der Xpander

Wilde Rhythmen mit Xpander und ARP 1601

Den Oberheim Xpander koppelte Joe Zawinul gerne mit dem ARP 1601, einem Sequenzer aus der Prä-MIDI-Zeit. „Ich benutze manchmal einen alten ARP-Sequenzer, den ich habe. Ich schließe den Oberheim Xpander daran an und habe einige verrückte Programme, bei denen die sechs Oszillatoren verschiedene Sounds spielen. Ich löse sie nach dem Zufallsprinzip aus oder betone die erste und die dritte Note in einem achtstimmigen 16tel-Pattern und nehme die mittlere Note heraus. Es ist wirklich wie bei einer afrikanischen Band, wo all die verschiedenen Klangfarben kleine Rhythmusmuster bilden…Dann lege ich eine Basslinie darüber, eine Melodielinie und eine Begleitung und fertig ist das Stück.“ (Music Technology, Januar 1992)

Auch Korgs vielverkaufte Workstation M1 gehörte zu Joe Zawinuls Keyboard-Fuhrpark. Er besaß zusätzlich auch das Expandermodell.

Joe Zawinuls Korg-Synthesizer

Wie auch Rick Wakeman war Joe Zawinul Korg-Endorser und es gibt kaum ein Instrument der japanischen Firma, das er nicht unter seinen Fingern hatte: Vom Trident über den  Vocoder, den hybriden DW-8000, die Sampler DSS-1 und DSM-1 bis zur Workstation M-1.

Korg stellte sogar eigens für Zawinul einen MIDI-Controller namens Pepe her. „Pepe“ war Zawinuls Spitzname als Kind. Der Controller verfügte über 13 Tasten, ein Mundstück und akkordeonähnliche Tasten: „Ursprünglich war ich Akkordeonspieler und es war immer mein Traum, ein Instrument wie das Akkordeon zu haben“, vertraute Joe Zawinul im April 1988 dem Downbeat Magazin an. „Es sieht aus wie ein Fagott-Mundstück, aber ich habe ein Mundstück von einer Melodica verwendet. Auf der rechten Seite ist es ein Akkordeon mit Knöpfen. Es ist sehr schwierig, das Akkordeon mit zwei Noten auf jeder Taste zu erlernen, aber mit Pepe’s sechs Noten wird es zu einem echten Kopfkino.“ (zawinulonline)

Später kamen von Korg noch die Wavestation, der Physical-Modeling-Synthesizer Prophecy und die Workstations 01R/W und Triton dazu, ein Nord Lead, ein Chroma Polaris und weitere Instrumente. (Sound on Sound.)

Zawinul verwendete die Linn LM-1 im Titeltrack von Domino Theory (1984)  sowie auf dem Track „Can It Be Done“ vom gleichen Album

Wie man eine Linn Drum zum Grooven bringt

Joe Zawinul benutzte sehr gerne auch Drum Machines wie die Oberheim DX, die Korg DDD-1 und die Linn LM-1. Die LM-1 ist zum Beispiel auf dem 12. Weather Report-Album Domino Theory (1984)  zu hören. „Ich habe ein ganzes Stück mit der Linn LM-1 Drum-Machine gemacht. Es macht Spaß; ich kann alles spielen, was ich spielen will, direkt hier zu Hause. Außerdem kann man den Sound verändern und ihn so einstellen, wie man ihn haben will. Der Titeltrack auf Domino Theory ist eigentlich die LM-1 mit Omar (Hakim) als Overdub.“ (weatherreportdiscography)

Joe Zawinul pochte beim Einsatz der Klopfgeister stets darauf, meilenweit vom Klischeesound der 80er entfernt zu sein: „Ich kann mit einer Drum-Machine spielen, und ich kann eine Drum-Machine wie einen echten Schlagzeuger klingen lassen, weil ich mit ihr spiele. Das ist eine Kunst. Man kann nicht Sklave von so etwas sein. Man muss das Mastermind sein, und man kann dieses statische Ding flexibel und beweglich machen. So, dass es nicht darum geht, was sie spielt, sondern darum, was ich spiele.“ (Sound on Sound)

Report: Joe Zawinul und Friedrich Gulda

Joe Zawinul hatte kein besonderes Faible für klassische Musik. Für Friedrich Gulda machte er eine Ausnahme, auch weil das Honorar stimmte.

Joe Zawinul macht Klassik mit Friedrich Gulda

Mitte der 80er Jahre trennten sich schließlich auch die Wege von Joe Zawinul und Wayne Shorter. Gut 15 gemeinsame Jahre, es war Zeit für etwas Neues: „Außerdem hat der Name Weather Report mich und Wayne erdrückt. Weather Report war bekannter als wir selbst. Weather Report tourte und nahm jedes Jahr eine Platte auf, und ich hatte keine Zeit, etwas anderes zu machen. Ich hatte Angebote, klassische Musik und andere Dinge zu spielen, und das sind Erfahrungen, die man machen muss.“ (Anil Prasad)

Tatsächlich bekam Joe Zawinul damals die Einladung von Friedrich Gulda, mit ihm gemeinsam Klassikkonzerte zu geben. Und das war für ihn okay, solange es nicht gerade Mozart war. „Ich bin kein Mozart-Spieler. Ich mag Mozart nicht wirklich. Für mich hat das keine Bedeutung. Aber ich mag Brahms, und wir beschlossen, die „Haydn-Variationen“ für zwei Klaviere zu spielen – das beste Stück, das je für ein Klavierduo geschrieben wurde. Es ist sehr schwierig zu spielen und es war eine Herausforderung für mich, und das habe ich direkt nach Weather Report gemacht.“ (Anil Prasad)

Zawinul und Gulda haben aber nicht nur Klassik zusammen gespielt, sondern auch ordentlich gegroovt.

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Schummelt der? Zawinul hat ein Problem bei Soloauftritten

Das Jahr 1994 brachte für Joe Zawinul eine Veränderung. Lange hatte er in Malibu, Kalifornien gewohnt. Doch in diesem Jahr gab es verheerende Brände und Joe Zawinul nahm das zum Anlass um nach New York umzuziehen – vielleicht auch, um Europa ein Stück näher zu sein?

Zawinul trat nach seiner Zeit mit Weather Report auch als Solokünstler auf und ging auf Tour mit einem ganzen Arsenal von Keyboards und Rhythmus-Maschinen. Aber es gab Probleme mit den Fans, die dachten, er würde mit Playback spielen. Was Joe Zawinul vehement bestritten hat: „In einigen Konzertkritiken hieß es: ‚Zawinul schummelt. Alles, was er tut, ist, den Sound zu mischen.‘ Und in Wirklichkeit habe ich alles selbst gemacht. Ich habe nicht einmal Sequenzer benutzt. Ich habe die ganze Musik live gespielt – ich hatte zwei Drumcomputer, weil ich die Rhythmen brauchte, aber das war alles.“ (Anil Prasad)

Joe Zawinul: Legendäre Keyboarder

Das erste Album des Zawinul Syndicate aus dem Jahr 1988 hat ein Thema, das gerade wieder hoch aktuell ist: Immigration.

Das Zawinul Syndicate: eine erste Adresse für Weltmusik

Es gab noch ein kurzzeitiges Wiederaufleben von Weather Report unter dem Namen Weather Update, aus dem sich schließlich das Zawinul Syndicate entwickeln sollte. Diese Gruppe bestand aus einer ständig wechselnden Besetzung hochkarätiger Musiker aus aller Welt. Joe Zawinul sollte das Syndicate von 1988 bis zu seinem Tod im Jahr 2007 leiten. Das war ein weiterer Schritt in seiner musikalischen Entwicklung – dieses Mal Richtung Weltmusik.

Wer eine Idee davon bekommen möchte, sollte in das Album My People von 1996 einmal reinhören, auf dem 35 Musiker aus 16 Ländern vertreten sind – darunter die Kärntner Jodler-Gruppe Broadlahn und der Afro-Pop-Sänger Salif Keita aus Mali. Es gelang Zawinul in einer einzigartigen Melange Einflüsse aus Afrika, der Karibik, Südamerika, dem Nahen Osten und den USA zu verschmelzen.

Report: Joe Zawinul - sein Donau-Album

Zawinuls Geburtsstadt Wien liegt an der Donau. Dem Fluss und seiner bewegten Geschichte hat er ein eigenes Album gewidmet.

Zawinuls 1. Symphonie: Stories of the Danube

1996 veröffentlichte Joe Zawinul gar eine Symphonie: Stories of the Danube. Nicht nur der geographische Flussverlauf wird von Zawinul musikalisch interpretiert, sondern auch die wechselvolle Geschichte der Donau: Empire ist eine Reminiszenz an die Zeiten von Kaiser Franz Joseph, Gypsy erzählt die Geschichte eines freien Volkes ohne Heimat, Unknown Soldier setzt sich mit dem 2. Weltkrieg auseinander und Sultan mit der Zeit des ottomanischen Reiches.

Joe Zawinul war von der Qualität seiner Symphonie absolut überzeugt: „Meine Musik ist viel schwieriger als die von Beethoven oder Mahler, weil die rhythmische Struktur meiner Musik aus dem Boden kommt. Und sie ist nicht wie Mozarts Musik, bei der der Rhythmus immer von den Geigen und Holzbläsern vorgegeben wird, die sich in einem 16tel-Muster bewegen. In meiner Musik ist das nicht der Fall. Ein Teil der Geigen bricht vielleicht in Up-Beats aus und andere kommen dazu.“ (Anil Prasad)

Das Brno Philharmonic Orchestra unter Leitung von Caspar Richter gibt sich alle Mühe, die Partitur leuchten zu lassen. Aber die Symphonie dauert über eine Stunde, was bei manchen Kritikern doch leichte Ermüdungserscheinungen aufkommen ließ. „Zawinul hat es mit Brucknerschen Ausmaßen zu tun – und obwohl er ein geschickter Orchestrator, Komponist und grenzenloser Eklektiker ist, gelingt es ihm nicht ganz, diesen riesigen Wandteppich konsequent auszufüllen. Doch bei wiederholtem Hören zeigt sich eine kohärente, wenn auch lockere Gesamtstruktur und eine gewisse emotionale Tiefe; wer daran arbeitet, wird belohnt.“ (all music)

Report: Joe Zawinuls Mauthausen-Album

Joe Zawinul setzte sich musikalisch mit dem Nationalsozialismus und dem Schrecken der Konzentrationslager auf dem Album Mauthausen auseinander.

Mauthausen – Vom großen Sterben hören

Noch ambitionierter ist Joe Zawinuls Album Mauthausen – Vom großen Sterben hören, in dem er das Grauen des Konzentrationslagers in Töne zu bannen versucht. Aufgeführt wurde es am 8. August 1998 in den Steinbrüchen, in denen die KZ-Häftlinge Zwangsarbeit leisten mussten. Die Tonsprache ist der seiner Syndicate-Weltmusik nicht unähnlich, aber düsterer, wie gefiltert, vereinzelt sind Realgeräusche wie Marschschritte oder schneidende Kommandostimmen zu hören, ein Schauspieler liest einige Erinnerungstexte. „Joe Zawinul gibt keine Antworten, und er unternimmt auch keinen Versuch, das Entsetzliche rational zu erklären. Sein Werk stemmt sich dem Vergessen entgegen. Das fast sakrale, von langsamen Melodien durchwehte Finale gibt dem Hörer Zeit zum Nachdenken“ schreibt Werner Stiefele 2007 in einer Rezension für das Rondomagazin.

Joe Zawinul: Live ist am besten!

Als echter Jazz-Musiker ging Joe Zawinul immer wieder live auf die Bühne: „Ich liebe es, Mann. Für mich ist es das ganze Spiel. Natürlich arbeite ich auch gerne zu Hause im Studio, aber im Allgemeinen mag ich es, da draußen für die Leute zu spielen, denn das ist das wahre Gefühl, wo deine Musikalität… Ich denke, der größte Nervenkitzel für jeden guten Musiker ist es, vor Leuten zu spielen, live. Kein Scheiß, alles ist wie es ist, kein Verstecken, kein Weglaufen. Du bist da, nackt, und das mag ich.“ (Music Technology, Januar 1992)

Nach einer sechswöchigen Europa-Tournee musste Joe Zawinul ins Wiener Krankenhaus – mit der Diagnose Hautkrebs. Am 11. September 2007 starb er, wohl auch, weil ihn der Wille zu kämpfen verlassen hatte. Kurz zuvor war bereits seine geliebte Frau Maxine, mit der er drei Kinder hat, gestorben. Zawinul und seine Frau haben ein Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof bekommen.

Joe Zawinul: Legendäre Keyboarder

Ist das Weather Report-Album Streetnighters die Geburtsstunde des Hip-Hop-Beats? Joe Zawinul wenigstens sah das so.

Joe Zawinul – Das musikalische Vermächtnis

Joe Zawinuls Bedeutung für die Musik kann nicht hoch genug bewertet werden. Fusion war eine Frischzellenkur für den Jazz, Zawinuls Einsatz elektronischer Musikinstrumente stilbildend. Allerdings hat Fusion den traditionellen Jazz nicht verdrängt oder gar abgelöst. Die Jazzmusik hat sich vielmehr inzwischen wieder in eine andere Richtung – eine mehr akustischere – entwickelt. Die unglaublich tiefen Grooves von Weather Report aber faszinieren bis heute.

Ein bisschen stolz hat Zawinul auch einmal angemerkt, dass er eigentlich der Vater des HipHop-Beats sei.: „1970 habe ich den Hip-Hop-Beat erfunden und kein Schlagzeuger konnte ihn spielen. Auf dem Weather Report-Album Sweetnighter ist ein Titel 125th Street Congress mit dem Original Hip-Hop-Beat. Ich besitze 50 Rap- und Hip-Hop-Platten, die ein Sample von genau diesem Song verwenden.“ (Anil Prasad)

Report: Joe Zawinul - Legendäre Keyboarder

My People bringt Joe Zawinuls Bekenntnis zur Weltmusik auf den Punkt.

Zawinul: Wir Menschen stammen alle aus einem Topf

Joe Zawinuls Vision einer wirklich globalen Musik, die unterschiedlichste Einflüsse assimiliert, ist in der modernen Musikproduktion allgegenwärtig. Besonders sympathisch berührt mich bei Zawinul aber seine tiefe Menschlichkeit und seine positive Lebenseinstellung, trotz der schlimmen Erlebnisse in seiner Jugend während des 2. Weltkriegs.

Im Interview mit Anil Prasad schildert Joe Zawinul seine Philosophie, mit der er die Musiker für das Album My People zusammenstellte. Und diese Überzeugung berührt bis heute: „Meine Leute sind die Menschen. Sie sind überall auf dem Planeten. Meine Leute sind nicht nur Österreicher oder weiße Menschen. Ich habe den Eindruck, wenn jemand von ‚meinem Volk‘ spricht, meint er damit Menschen seiner Ethnie oder Nationalität. Ich wünschte, die Menschen könnten sich von diesem Konzept lösen, damit wir uns alle als aus einem Topf stammend betrachten können.“

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Forum
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    Flowwater AHU

    Boa, vielen lieben Dank für den Bericht. Ich bin ja echt Fan Joe Zawinul, ohne dass ich die Musik von »Wheather Report« nun genießen kann. Aber seinen Einsatz an Synthesizern – auch meine geliebte Korg »M1« – und seine, ich sage mal, völlig unverkrampfte Einstellung dazu … großartig. Das ist unter Jazzern ja eher verpönt, vor allem auch unter den Jazz-Hörern (die ollen Snobs, echt, wird ja auch im Beitrag thematisiert), solange man nicht in die experimentelle Schiene hinein schaut. Großartiger Mann!

    PS: Das mit Moog, dessen Klang, ist auch etwas, was mich immer von Moog abschreckt. Zumindest bis zum »Muse«.

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      Ashatur AHU

      @Flowwater Er war ein echt beeindruckender Mensch.
      Einer der ersten der die Mauer zwischen Schwarz und Weiß brach und allein dafür sollte sein Name in die Geschichtsbücher eingehen.

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      Numitron AHU

      @Flowwater kruder und Dorfmeister haben Mal gemeint „er hat so tolle Synths verwendet und dann die m1“.. 😃
      die 2 haben wieder eine Tour mit den alten Schlagern sorry Hits.. wie den Madonna Remix. dazu haben sie sogar einen alten Atari ST gezeigt mit dem Originalen cubasefile und gesagt „everybody Had a Cracked cubase Back then“ stimmt 😃 bin der einzige mit einer originalen Version Spaß 😃 aber das der Atari ST zum spielen wrudnek wurde hab ich nicht mitbekommen.. viele haben damit gearbeitet.. LG aus Wien 😉

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        Ashatur AHU

        @Numitron Ich vermisse meine alten Ataris und Cubase kam wohl kopiert aber mit orginal Dongle. Diesen habe ich erst wieder gefunden und nun beglückt er einen anderen Atari Besitzer.

        Über Joe habe ich auch eine kleine Geschichte da ich ihn vor seinem Tode mal kurz kennen lernen durfte. Er war ein beeindruckender Mensch und sehr freundlich und alles andere als abgehoben was des öfteren von ihm behauptet wird.

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          costello RED

          @Ashatur Um diese Begegnung beneide ich Dich aufrichtig! 🙂Ich denke auch nicht, dass er abgehoben war. Aber Joe hatte ein gesundes Selbstbewusstsein, wusste sich und sein überragendes Können schon gut einzuschätzen und hat auch überhaupt kein Blatt vor den Mund genommen, wenn er etwas nicht so toll oder überzeugend fand. Und da ist er einigen anderen (Jazz)-Musikern wohl auch mal auf die Zehen getreten.

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            Ashatur AHU

            @costello Ohja für mich war das wohl das Highlight meines Lebens. Wie die 3 Touchdowns von Al Bundy 😀
            Er besuchte eine Musikschule um einen Vortrag zu halten und ein Freund brachte mich da rein. Mein Gott war ich aufgeregt und hatte meinen Microkorg unter dem Arm und diesen begutachtete er genau und ich sollte ihm erklären was er alles kann. Der Micro bekam auch eine persönliche Widmung und ist seit dem mein größer Schatz.
            Das intressante an dieser Geschichte ist das kurz darauf in einem berühmten Fachblatt 3 von Zawinul signierte Microkorgs für einen guten Zweck versteigert wurden.

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              costello RED

              @Ashatur Wow, das ist ist ja wirklich eine tolle Begegnung gewesen – verbunden mit einem bleibenden Andenken! 👍🙂

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          Numitron AHU

          @Ashatur nice.
          ich werde die ataris nie hergeben..
          hab einen neuen Künstlernamen mit Atari drinnen.
          😜🕹️🔥

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        Flowwater AHU

        @Numitron
        >[…] er hat so tolle Synths verwendet und dann die m1 […]

        Hehe! Ich finde die Korg »M1« immer noch toll. Wenn man mal anfängt die zu programmieren (was zugegeben etwas fummelig ist), dann bekommt man aus der überraschende Sachen heraus.

        >[…] viele haben damit gearbeitet.

        Atari hat – vermutlich eher zufällig – die großartige Idee gehabt, den »Atari ST« mit einer MIDI-Schnittstelle auszustatten. Dazu der damals großartige schwarzweiße hochauflösende Modus mit dem tollen Monitor (auch »DTP« hat von letzterem profitiert); das war schon toll. Commodore war nicht so schlau, weswegen der große Konkurrent »Amiga 1000/500/2000« so gut wie nie für professionelle Musikproduktionen verwendet wurde.

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          Tomtom AHU

          @Flowwater Stimmt. Der Amiga (gerade der 500) hat aber etwas anderes gemacht. Er hat den Kids die Möglichkeiten des Samplings nähergebracht. Die ganze Tracker Musikszene hatte mit dem Amiga seinen Durchbruch und hat auch eine Rolle im 80er/90er Rave/Dance Underground gespielt. Aus heutiger Sicht war der Atari aber natürlich das „professionellere“ System.

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            Numitron AHU

            @Tomtom ja ,beide extrem wichtig….
            sogar Fettes Brot und andere haben mit dem amiga und den trackern angefangen.
            heute noch gibt’s eine Szene..
            sogar ein Plugin namens Amigo für den Lofi 8 Bit 22.05nkhz Sound
            vor allem. gut für oldschool Jungle mit Amen Breaks

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        Ashatur AHU

        @Numitron Moog ist schon gut aber so war das früher die ARPs für die Jazzer und die Moogs für die Rocker. Ist aber auch verständlich ein Moog ist einfach direkt ins Gesicht, roh und charismatisch ein ARP dagegen ein kleines Chamäleon und feiner im Klang.
        Ich würde auf meine Moogs nie verzichten wollen aber es war ein Fehler den Odyssee zu verkaufen.

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          costello RED

          @Ashatur Eigentlich braucht man beide Klangfarben und „Ausdrucksästhetiken“ – Moog und ARP. 😎

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            Ashatur AHU

            @costello Ich hatte mal einen ARP Odyssee, den vermisse ich schon sehr ein sehr Ausdrucksstarke Kiste. Aber In der Zeit hatte ich genug monophone Synths und er einfach zu sperrig. Aber du hast wohl Recht zusammen sind sie in Traumpaar.
            Der mächtige Moog und der filigrane Arp.
            Soll aber nicht heißen das der Arp nicht mächtig sein kann. Ich mochte ihn zb sehr
            Für trockne Psy Bässe.

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          Numitron AHU

          @Ashatur habs eh schon Mal geschrieben.
          hatte den blue Marvin und geliebt.
          leider nur kurz gelebt.
          tolles Ding
          am Anfang kein Sound.
          zum Glück die Tutorials von Ralph Baumgartl!

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      costello RED

      @Flowwater Danke Flowwater für Dein nettes Feedback. 🙂Ich habe übrigens auch eine M1, die aber dringend mal eine frische Batterie braucht. Ich finde die immer noch genial.

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        TobyB RED

        @costello , lass da mal einen Profi ran. 😉 Korg hat da ein paar Gemeinheiten verbaut. Erst mal schön einen MIDI Dump der eigenen Sounds machen. Dann bricht gerne mal der Joystick beim umlegen und aufschrauben, der gefühlt 50 Schrauben vom Bodendeckel. Und jetzt kommt eine Weissblechdose zum Vorschein. Diese ist sehr scharfkantig. Korg ist auf die Idee gekommen, die mit Nylonklemmnieten zu verschliessen. Und nun die Batteriehaltung, die ist wie man sie damals für Knopfzellen eben so machte auch aus PE Nylon, wenn man nicht möchte das die bricht, vorsichtig mit heisser Luft leicht erwärmen. Und anschliessend die CR2032 austauschen. Und nun wieder alles verschliessen. Safety Moment: Schutzhandschuhe tragen, Gerät vom Strom trennen, passende Schraubendreher verwenden. 😇 Dauer ca. 60 Minuten. Richtig gemein sind die Rackvarianten. Insbesondere die M3R.

        • Profilbild
          costello RED

          @TobyB Hi TobyB, sehr schön alle Fallstricke beschrieben. Das mache ich garantiert nicht selbst mit meinen beiden linken Händen! 😉

  2. Profilbild
    Numitron AHU

    ein ganz großer!
    finde ihn ziemlich unterschätzt!
    wer Mal in Wien ist, beim riesigen Zentralfriedhof liegt er begraben.
    hat ein schönes ehrengrab nicht weit von Udo Jürgens.
    Falco ist auch etwas weiter.
    nicht weit ist auch die klangfarbe (Österreichs größtes Musikhaus) vielen auch international ein Begriff Dank
    Mr. Bad Gear.! 😃

    LG aus Wien 🤘☺️❤️

      • Profilbild
        Numitron AHU

        @Flowwater cheers Herr flowwater! 🔥🤘🍾🥂🍻
        schönen Sonntag auch an alle anderen hier!🤘❤️🔥😎

    • Profilbild
      costello RED

      @Numitron Hi Numitron, geht mir auch so mit Joe Zawinul. Für das, was er auf die Beine gestellt und musikalisch bewegt hat, ist er außerhalb der Jazz- und Jazzrockszene gar nicht so bekannt. Wäre Jan Hammer vielleicht auch so gegangen, wenn er neben Mahavishnu etc. nicht auch noch Miami Vice gemacht hätte.

  3. Profilbild
    PaulusS

    Joe Zawinuls Musik habe ich durch einen sehr guten Freund kennengelernt.
    Wir kennen uns jetzt schon seit fast 30 Jahren und ich war damals gerade Volljährig.
    Zu Beginn war das erstmal etwas befremdlich, da ich auch ganz andere Musik gehört habe.
    Als er mich jedoch zu zwei Konzerten mitgenommen hat, erkannte selbst ich als klassicher Synthi- und Sequenzer-Drücker die Professionalität der Live-Musiker die dort am Werk waren. Ich habe das sehr genossen!

    • Profilbild
      costello RED

      @PaulusS Hi PaulusS, gerade Jazz und Fusion kommt live einfach noch mal viel besser. Ich habe bei mir um die Ecke in Berlin-Friedenau einen Super-Jazzclub, das „ZigZag“, wo auch mal die Yellowjackets oder Al Di Meola auftreten, aber auch ganz viele weniger bekannte Jazzgruppen. Die Konzerte sind immer toll. 🙂

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    Tomtom AHU

    Wow! Herzlichen Dank für diesen kurzweiligen Artikel! Super Typ, der Joe! Solche Ausnahmeerscheinungen wird es hoffentlich in Zukunft auch noch geben, trotz KI Overkill. Es ist immer pures Vergnügen deine Artikel zu lesen, Costello! 👍

  5. Profilbild
    TobyB RED

    , sehr genial. Ich hab gestern zum Frühstück The Zawinul Syndicate live in Montreux 1998 angehört. Kann ich mir immer wieder anhören. ebenso wie seine Arbeiten mit Dinah Washington, Cannonball Adderley und Miles Davis. Tipp Circle in the Round. Auch sehr genial Zawinul begleitet Aretha Franklin auf Soul 69. 🤟🏻😍🤟🏻

    • Profilbild
      costello RED

      @TobyB Hi TobyB, ich dachte auch beim Queerbeethören beim Schreiben des Artikels – das kann man sich tatsächlich (fast alles) noch gut anhören. Einfach, weil es auch musikalisch auf so hohem Niveau ist. Und bei Joe wurde die Musik bei aller Virtuosität nie zur Pose oder zur Jazz-Frickelei.

    • Profilbild
      TobyB RED

      @TobyB , Korrektur das Album heisst „In a Silent Way“. Bevor mich hier die Jazzgemeinde Rhein Main einmal um den Taunus jagt… Es gibt Musik die ist einfach gut gealtert und zeitlos. Und Zawinul hatte da ein Händchen für. Sowohl songdienliche Kompositionen, Arrangements oder auch Darbietungen. Ich glaube das er sich dieses Talent bei seiner Zeit als Pianist von Dinah Washington hart erarbeitet hat. Und dann nachfolgend in seiner Zeit als Studiomusiker. Und damit die Grundlage bildete für seine eigene Solo und Bandkarriere.

  6. Profilbild
    Martin Andersson RED

    Danke für den interessanten und gut geschriebenen Artikel. Joe Zawinul war einer der ganz Großen und stand dennoch leicht im Schatten von Leuten wie Hancock, Corea oder Jarrett. (Zumindest in meiner Wahrnehmung.)

    Sehr sympathisch an Zawinul war auch sein leicht kruder Humor, der sich auch in der Musik widerspiegelt, z.B. in seinem Erdäpfelblues, zu hören auf einer Live-Aufnahme vom Jazz Open Stuttgart, bei Minute 10:30.

    • Profilbild
      costello RED

      @Martin Andersson Danke lieber Martin! Und Du nennst gleich drei weitere Namen für die Legendären Keyboarder.😉 Speziell Chick Coreas Rhodes-Spiel auf der ersten Version von Crystal Silence (Return to forever) hat mich immer umgehauen.

  7. Profilbild
    MadMac AHU

    Joe Zawinul hatte auch eine kulinarische Seite. Er war bekannt für sein Rezept des Wiener Paprikahendl.

    „In Vorbereitung der Eröffnung von Joe Zawinul’s Birdland am 25. Mai 2004 wurde Hilton-Chefkoch Christian Haller von Meister Joe Zawinul persönlich in die Geheimnisse des Paprikahuhns eingeweiht“
    „Ein Paprikahuhn muss einfach sein“, sagt Joe Zawinul. „Die
    internationale Küche ist mir zu viel Finkelfankel“

    Ein Jahr zuvor war er zu Gast in Alfred Bioleks Kochsendung Alfredissimo und kochte mit ihm zusammen sein legendäres Paprikahendl.👌

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      costello RED

      @MadMac Hi MadMac, mir läuft schon das Wasser im Munde zusammen! 🙂Joes Wiener Hommage ans Birdland konnte sich leider nicht dauerhaft etablieren. Es hat ein Jahr nachdem er gestorben war, dann auch schon wieder seine Pforten geschlossen. Deshalb habe ich es im Artikel auch nicht erwähnt. Aber ein Biolek-Zitat zum Paprikahendl wäre natürlich noch schön gewesen.👌

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        vco5

        @costello Ich hatte die große Freude und das Glück Zawinul 2x live zu erleben, einmal mit dem Syndicate (Erdäpfel…) und einmal mit Orchester und seiner Donau Sinfonie plus noch ein paar Titeln mit Band. Unvergessen.
        Die Biolek Sendung habe ich damals mehr zufällig gesehen und seit dem kommt sein Rezept bei mir immer mal wieder vor. (Die Sendung sollte es auch noch bei Youtube geben.)
        Wenn das Gericht klappt ist es super, super, manchmal wird es aber aus welchen Grund auch immer, nicht ganz so gut (scheckt aber trotzdem).
        Dann könnte ich auch noch das Buch „Ein Leben aus Jazz“ empfehlen, ein toller Musiker, ein echter Typ und unvergessen, einfach nur Danke für seine Musik.

        • Profilbild
          costello RED

          @vco5 Hi vco5, das sind tolle persönliche Erinnerungen an den großen Meister.🙂Ich merke aber, dass dieser Artikel nicht vollständig ist, ohne das Rezept zu Zawinuls berühmten Paprikahendl. Zutaten: 1 Brathuhn mit Haut
          Salz
          2 mittelgroße, saftige Zwiebeln
          2 – 3 EL Pflanzenöl
          1 TL scharfes ungarisches Paprikapulver
          4 TL süßes ungarisches Paprikapulver
          3 EL Weißwein-Essig
          1 TL Mehl
          200 g Crème fraîche
          Saft 1 Zitrone
          Zubereitung: Das Brathuhn in 8 Teile zerlegen und leicht salzen. Zwiebeln schälen und klein hacken. In einer Schmorpfanne die klein gehackten Zwiebeln in dem Pflanzenöl anschwitzen. Die gesalzenen Hühnerstücke dazugeben und mit den beiden Paprikasorten würzen. Die Hühnerstücke mehrmals wenden, so dass sie von allen Seiten angebraten werden und eine rot-braune Farbe annehmen. Mit dem Weißwein-Essig ablöschen, eventuell etwas Wasser hinzugießen. Nun den Deckel auflegen und bei kleiner Flamme etwa 30 Minuten garen.
          Wenn die Hühnerteile gar sind, Mehl mit etwas Bratensaft glatt rühren, Crème fraîche unterrühren und zurück zu dem Hühnchen in den Topf geben. Das Ganze aufkochen lassen und mit Zitronensaft und Salz abschmecken. Hühnchen mit der Paprika-Sauce auf Tellern anrichten. Mit Basmati-Reis servieren.

          • Profilbild
            MadMac AHU

            @costello Eine Anekdote habe ich noch. Als wir bei Freunden zu Besuch waren, die im Weinviertel bei Wien wohnen, kamen wir Abends in einem Heurigen nach ein paar Gläser Wein auf das Thema Joe Zawinul und sein Paprikahendl zu sprechen. Am nächsten Abend verschwand der Gastgeber in der Küche und überraschte uns mit eben diesem Paprikahendl. Es war ein fantastisches Geschmackserlebnis und wird mich immer an diesen Ausnahmemusiker erinnern.

  8. Profilbild
    calvato

    Zawinul war ein echt großer Einfluss für mich Klar, Weather Report im allgemeinen, aber gerade Zawinul mit seinem ungewöhnlichem Solospiel und vor allem seine SOUNDS…! Ich liebe seine Solo- und Melodiesounds. Leider heutzutage schwer im Rock/Pop-Kontext einzusetzen, aber für meine eigenen Sachen … eine heftige Inspiration.
    Danke für den tollen Artikel!

    • Profilbild
      costello RED

      @calvato Ja, ein Soundmagier! In Zawinuls Worten: „Klänge modulieren, bis sie zu meiner eigenen Stimme werden“. Und dazu gehört auch sein Credo: den Synthesizer nicht wie ein Klavier benutzen. Das muss ich mir selbst auch immer wieder sagen. 😉

  9. Profilbild
    vco5

    Ich hatte die große Freude und das Glück Zawinul 2x live zu erleben, einmal mit dem Syndicate (Erdäpfel…) und einmal mit Orchester und seiner Donau Sinfonie plus noch ein paar Titeln mit Band. Unvergessen.
    Die Biolek Sendung habe ich damals mehr zufällig gesehen und seit dem kommt sein Rezept bei mir immer mal wieder vor. (Die Sendung sollte es auch noch bei Youtube geben.)
    Wenn das Gericht klappt ist es super, super, manchmal wird es aber aus welchen Grund auch immer, nicht ganz so gut (scheckt aber trotzdem).
    Dann könnte ich auch noch das Buch „Ein Leben aus Jazz“ empfehlen, ein toller Musiker, ein echter Typ und unvergessen, einfach nur Danke für seine Musik.

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    Kraut Control

    Vielen Dank für diese umfangreiche Würdigung eines meiner größten Idole. Bei seinem Solo in „Herandnu“ auf der „Black Market“ von Weather Report kann ich verlässlich abheben. Das invertierte Keyboard am ARP2600 verwende ich auch gerne mal, klingt bei mir jedoch eher bescheiden.
    Und die Alfredissimo-Folge mit Joe ist leider eine der wenigen, die sich nicht in den gängigen Video-Portalen findet.

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      costello RED

      @Kraut Control Hi Kraut Control, klasse, dass Du das invertierte Keyboard erwähnst. Eine etwas verkopfte Geschichte, wie Zawinul selbst zugegeben hat: „playing upside down with my right hand, while I play rightside up chords with my left hand. It’s a real head trip.“ Und an anderer Stelle: „The ARP was great. I still play it today. It was the first keyboard that could be inverted, in other words, when your hands go up, you’re sounding down. It’s a mirror system where C remains C, D flat becomes B, D becomes B flat, and so on. When you play chords with this, you have to have a good brain. What’s good about it is that you get different ideas. Weather Report’s ‚Black Market‘ was played on an inverted keyboard. Check it out.“

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    t.goldschmitz RED

    Ich weiß noch, wie ich Bitches Brew das erste mal als Teenager gehört hatte und mein armes kleines Hirn es einfach nicht verarbeiten konnte 😅 (Es war die Zeit wo bei mir eigentlich Hendrix und Konsorten angesagt waren).
     
    In der Erinnerung nur zusammenhanglose Töne und Geräusche. Erst einige Jahre später habe ich es „verstanden“. Ich denke gerade die Weather Report-Alben haben mich dann dazu gebracht, auch die Geburtsstunde zu begreifen, an der JZ ja wie geschildert maßgeblich beteiligt war.
     
    Konnte ihn drei mal Live erleben. Zwei mal mit der World-Music-Besetzung in Leverkusen und einmal ganz hautnah in einem Club mit Syndicate, als Victor Bayley noch unter uns weilte. Er war auf jeden Fall ein lustiger Zeitgenosse und hatte damals einen teuflischen Spass daran, den Pitch-Bend bei einem M1-Piano-Solo einzusetzen – die ganze Menge stöhnte auf in echt empfundener Agonie – ich hab herzlich gelacht 😂.

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      costello RED

      @t.goldschmitz M1-Piano mit Pitchbend – wunderbare Geschichte!😄Und ja – in diese Art von Musik musste man sich damals erstmal reinhören. Es hat Dich ja dann noch nachhaltig gepackt, wenn Du Zawinul mehrmals live gesehen hast👍.

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    defrigge AHU

    Wunderbar ausführlicher Überblick, vielen Dank Costello!

    Als Keyboarder hab ich am liebsten in Bands gespielt, die von Jazzrock und Funk geprägt waren und in denen wir auch einige Weather Report Stücke gespielt haben (Palladium, Barbary Coast, Elegant People). Den Begriff „Fusion“ mochte ich nie, weil er sich a) anhört, als ob es um undefinierten matschigen Eintopf geht und weil er b) in den USA maßgeblich durch den mir schwer erträglichen seichten Jazz-Pop-Kitsch eigentlich sehr guter Musiker wie Dave Grusin, John Klemmer, Earl Klugh, Lee Ritenour etc. geprägt wurde. Und das hat mit Musik wie von Weather Report, Electric Miles, Mahavishnu Orchestra, frühem Jan Hammer und George Duke und Chick Corea’s Return to Forever sowie all der weiteren kreativen Entfaltung neuer Musikformen aus Jazz und Rock und darüber hinaus in BrandX, Gong, Bruford etc überhaupt nichts zu tun.

    Jaco hat sich mal in einem Interview darüber lustig gemacht, dass er gefragt wurde, ob Weather Report wegen der elektrischen Instrumente und der Lautstärke nun von Jazzmusikern gespielter Rock sei und kopfschütteld darauf verwiesen, dass Musik, die so intensiv swingt wie Weather Report, nicht einfach zu Rock mutiert ist. Die öffentlich diskutierten Misch-Schablonen waren regelmäßig daneben, weil sie eben weiter in Schablonen dachten und nicht, wie Miles sich wünschte, Musik auch Musik ohne Etikett sein durfte.

    Noch mal vielen Dank für den schönen Bericht!

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      costello RED

      @defrigge Hallo defrigge, erstmal ein herzliches Dankeschön für Dein tolles Feedback. Als Keyboarder, der selbst Weather Report-Stücke gespielt hast, kannst Du die Raffinesse und Qualität dieser Musik ja besonders gut einschätzen. Und Du hast völlig recht, was den Sinn und Unsinn von Schablonen betrifft, die der Musik selten gerecht wird. Waren zum Beispiel Chicago und Blood, Sweat & Tears nun einfach Rockbands mit Bläserverstärkung, die für eine Prise Jazzfeeling sorgten, oder teilweise schon Rockjazz? Fusion ist halt so eine Namenskonvention, ganz konnte ich darauf nicht verzichten, weil es ja eine neue Stilrichtung war, die damals entstand. Aber den Gedanken an eine Musik, die keine Etiketten braucht noch nötig hat, finde ich auch schöner. 🙂

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        defrigge AHU

        @costello Hallo Costello,
        ja, die Beispiele BS&D und Chicago zeigen Bands, die ein Rock-Publikum und zugleich Musiker mit Jazz-Skills hatten. Und die kreative Vielfalt war ja noch viel breiter gestreut mit Bands wie If, Soft Machine, Nucleus, Larry Coryell, Tony Williams Lifetime (ich wollte immer schon mal „Fred“ spielen, gibt’s in einer fantastischen neueren Holdsworth-Version mit super Keyboards von Alan Pasqua -> https://youtu.be/Yll1FS-YcT0) etc. etc.

        Dein Bericht hat mich übrigens getriggert, mir für die genannten Weather-Report-Stücke vielleicht Cubase backing tracks zu basteln, nur um die Stücke auch einfach aus Spaß zu Hause im Homestudio spielen zu können.

        Und Deine Geräteliste in einem anderen Bericht hat mich angeregt, mir doch noch mal einen Moog Prodigy zu besorgen, den ich in solchen Projekten gern benutzt habe und dessen Klang ich wirklich mag.

        Du siehst, Schreiben kann anregend sein :)

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        ukm

        @costello Ich habe bis zuletzt in einer Band gespielt, die sich der Musik von BS&T und Chicago verschrieben hatte. Das hat eine Zeit lang richtig Spaß gemacht. Leider ist letztes Jahr der Band- und Bläser-Chef gestorben. Da gibt es wohl nur hin und wieder noch ein Gedenkkonzert.

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    wellenbad

    Vielen Dank für den tollen Artikel! Ich habe Joe Zawinul einige Male live sehen dürfen. In den 80ern in der Brotfabrik in Bonn auf der letzten (?) Weather Report Tour, leider ohne den schon verstorbenen Jaco Pastorius. Und später mehrmals in Berlin im Quasimodo mit dem Zawinul Syndicate. Die Konzerte waren immer ein besonderes Erlebnis mit vielen Gänsehaut-Momenten.

    Für die, die es noch nicht kennen: Auf Youtube gibt es ein sehr schönes Video von Zawinul beim Proben zu Hause: https://www.youtube.com/watch?v=xcqQ1pYWtlM.

  14. Profilbild
    Organist007 AHU

    Vielen Dank für den Artikel !

    Eine Story am Rande: Karl RATZER hätte als Gitarrist bei WR einsteigen sollen.
    Bei der ersten Session sagte Zawinul zu RATZER: Karl, Du weisst aber schon, der Chef bin da ich.
    Ratzer packte seine Gitarre ein und ging. Der Rest ist Geschichte…

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