Keyboarder im Schatten der Stars
Bruce Springsteen nennt ihn Professor: Die Rede ist von Roy Bittan, dem langjährigen Pianisten und Keyboarder des US-Superstars. Roy Bittan prägte über Jahrzehnte gemeinsam mit dem 2008 verstorbenen Organisten und Keyboarder Danny Federici den Keyboard-Sound von Bruce Springsteens legendärer E Street Band. Doch Roy Bittan lediglich darauf zu reduzieren, würde seinem Schaffen nicht gerecht.
Roy Bittan – der Mann am Klavier
Geboren wurde Roy Bittan 1949 im New Yorker Stadtbezirk Queens. Seine professionelle Laufbahn begann er im Jahr 1972, kurz vor seinem Einstieg in Bruce Springsteens E Street Band, mit der Band The Tracks, die einen Plattenvertrag mit Capitol Records hatte. Zugleich versuchte Bittan, sich eine Karriere als Live- und Studio-Session-Musiker aufzubauen.
Bruce Springsteen arbeitete zu dieser Zeit mit David Sancious, der auf dem Debütalbum Greetings from Asbury Park und dem Nachfolger The Wild, the Innocent & the E Street Shuffle das Piano spielte. Sancious verließ die Band nach diesen beiden Alben und arbeitete später mit Künstlern wie Sting, Peter Gabriel und Eric Clapton zusammen.
Wie es damals üblich war, wurden neue Musiker über Zeitungsanzeigen gesucht. Roy Bittan entdeckte 1974 eine Anzeige im Lokalblatt The Village Voice. Dort hieß es, Bruce Springsteen suche einen Pianisten, der alles von Klassik bis Jerry Lee Lewis spielen könne. Bittan, der eine klassische Klavierausbildung absolviert hatte und – ähnlich wie der zur gleichen Zeit zur Band stoßende Drummer Max Weinberg – seinen Lebensunterhalt unter anderem am Broadway verdiente, ging zum Vorspiel, spielte einen Song von Jerry Lee Lewis und bekam den Job, der sein Leben für immer verändern sollte.
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Unsterblich vom ersten Album an: Born to Run bis The River
Gleich mit dem ersten Album mit Bruce Springsteen, das diesem sogar den Sprung über den Atlantik ermöglichte, spielte sich Roy Bittan nicht nur in die Herzen der Fans, sondern schrieb auch Musikgeschichte:
Songs wie
- „Jungleland“
- „Backstreets“
- „Thunder Road“
- das auf Piano und Trompete reduzierte „Meeting Across the River“
zeigen Bittans kreative Bandbreite: von klassisch anmutenden Begleitungen über schnelle Oktavläufe, Arpeggien und vollgriffige Akkorde bis hin zu perfekten Einbettungen in den Gitarren- und Hammond-B3-Mix. Bittan weiß genau, was seine Rolle in der E Street Band ist.
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Springsteen, der viele seiner Songs am Klavier komponiert hat, erkannte früh, welches Glück er mit Bittan hatte. Kein Wunder also, dass das Klavier auf den meisten Pre-Synthesizer-Alben der E Street Band eine zentrale Rolle spielt.
Die Beziehung zwischen Springsteen und Bittan ist bis heute von großem gegenseitigem Vertrauen geprägt. Wie alle Musiker der E Street Band sah auch Bittan in Springsteen früh etwas Außergewöhnliches – allen war klar: eine große Karriere war nur eine Frage der Zeit.
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Doch trotz des Erfolgs von Born to Run blieb der große Durchbruch zunächst aus. Grund war ein jahrelanger Rechtsstreit mit Springsteens damaligem Manager Mike Appel, der neue Studioaufnahmen blockierte. Trotzdem:
Die Band tourte unermüdlich, spielte für geringe Gagen, die Fangemeinde wuchs stetig, neue Songs entstanden und zirkulierten schnell als Bootlegs unter den Fans.
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Am 2. Juni 1978, drei Jahre nach Born to Run, erschien endlich Darkness on the Edge of Town. Auch hier prägt Bittan den Sound maßgeblich. Besonders bei Songs wie
- „Racing in the Street“
- „Badlands“
- „Something in the Night“
zeigt sich seine Fähigkeit, sich in einen Song hineinzudenken und ihm – mal dezent, mal präsent – seinen Stempel aufzudrücken.
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Die anschließende Darkness-Tour gilt unter Fans als eine der besten. Springsteen räumt dem Klavier live noch mehr Raum ein, verlängert etwa „Racing in the Street“ deutlich und zeigt Bittans Vielseitigkeit in zahlreichen Cover-Versionen, darunter: „Raise Your Hand“ von Eddie Floyd oder der Beatles-Klassiker „Twist and Shout“.
Auch Springsteen Outtakes wie „Because the Night“ und „Fire“ – von Springsteen an Patti Smith und die Pointer Sisters abgetreten – fanden live regelmäßig ihren Platz. Bittan arbeitete 1987 sogar als Co-Produzent mit den Pointer Sisters an „Santa Claus Is Coming to Town“ (A Very Special Christmas), das ebenfalls zum festen Bestandteil von Springsteens Weihnachtstouren wurde.
Nach der Darkness-Tour ging es zurück ins Studio. Das zunächst fertiggestellte Album The Ties That Bind wurde von Springsteen zurückgezogen – er war unzufrieden. Stattdessen entstand das Doppelalbum The River, das ihm endgültig den Weg nach Europa ebnete.
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Erneut steht Roy Bittans Klavierspiel im Zentrum, etwa in:
- „The River“
- „Sherry Darling“
- „Out in the Street“
- „Point Blank“
Die anschließende Welttournee zu Beginn der 1980er-Jahre wurde ein riesiger Erfolg – und Roy Bittan entdeckte dabei ein neues Instrument für sich: den Synthesizer.
Vom Piano zum Synthesizer: The River Tour und Born in The USA
Bereits während der River-Welttournee war Roy Bittan an einem für die E Street Band bis dahin ungewohnten Instrument zu sehen: einem Yamaha CS80-Synthesizer. Gemeinsam mit Springsteen suchte er nach neuen Klangmöglichkeiten.
Anstatt wie viele Bands der 1970er-Jahre auf den Minimoog zu setzen – ein Instrument, das Bittan bereits in Studio-Sessions mit anderen Künstlern genutzt hatte – fiel die Wahl Anfang der 1980er-Jahre auf den CS80, den Springsteen selbst angeschafft hatte.
Live ist der Synthesizer beispielsweise im Jimmy-Cliff-Cover „Trapped“ zu hören. Dort entfaltet sich bereits einer von Bittans charakteristischen Sounds auf dem CS80 – ein Klangbild, das zahlreiche spätere Songs prägen sollte und bis heute im Repertoire der E Street Band präsent ist.
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Besonders eindrucksvoll ist zu hören, wie Roy Bittan allein durch seinen Anschlag das Filter des Yamaha CS80 öffnet und schließt – und so aus einem simplen, dunklen Pad-Sound einen dynamischen Klang formt.
Während der River-Tour wurde der CS80 noch zurückhaltend eingesetzt, vor allem bei Cover-Songs. Doch bei der anschließenden Studioarbeit prägte er maßgeblich den neuen, poppigeren Sound der E Street Band.
Springsteen hatte ursprünglich eine voll instrumentierte Albumversion von Nebraska mit der Band aufgenommen. Doch er entschied sich letztlich für die Veröffentlichung seiner auf einem Tascam-4-Spur-Kassettenrekorder aufgenommenen Demos. Damit kam der Yamaha CS80 erst auf dem Folgealbum Born in the U.S.A. zum vollen Einsatz – dort allerdings mit voller Wucht:
Der Titelsong beginnt mit Roy Bittans prägnantem Keyboard-Riff, gespielt auf dem CS80. Bittan hatte das ursprüngliche Akustikdemo gehört und in der Gesangsmelodie ein Riff erkannt, das er Springsteen dann im Studio auf dem CS80 vorspielte. Es wurde dann in der endgültigen Fassung von Danny Federici auf dem Piano gedoppelt.
Auch in anderen Songs des Albums prägen düstere Flächen-Sounds und melodische Synthesizer-Linien die Stimmung. Besonders hörenswert:
- „I’m on Fire“
- „My Hometown“
- „Dancing in the Dark“
- „Downbound Train“
Auf der Born in the U.S.A.-Welttournee gehörte der CS80 zur festen Live-Ausstattung – er stand direkt neben Roy Bittans weißem Flügel, auf dem zudem ein Yamaha DX7 positioniert war. Hier hört man Roy Bittan am Yamaha CS80 beim Song „My Hometown“ während der Born in The USA Tour:
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In einem Interview im Rolling Stone Magazine berichtete Bittan später über die Tücken des Yamaha-CS80-Schlachtschiffs im Live-Einsatz. Ein adäquater Ersatz war jedoch bald gefunden: digitale Synthesizer wie Yamaha DX7 und etwas später die Korg M1 sowie Sampler, die deutlich zuverlässiger waren – und Roy Bittans Setup nachhaltig veränderten.
Aus analog wird digital
Nach der Born in the U.S.A.-Tour zog Bruce Springsteen von New Jersey nach Los Angeles und begann dort die Arbeit an einem neuen Album: Tunnel of Love. Es war das erste Album, das er fast vollständig allein und nur mit minimaler Unterstützung der E Street Band einspielte. Roy Bittan ist nur auf zwei Songs des Albums zu hören (Tunnel of Love, Brilliant Disguise).
Fasziniert von den Möglichkeiten früher digitaler Synthesizer der 1980er-Jahre, setzte Springsteen vor allem auf die Sounds von Kurzweil K250 und des Yamaha DX7, die den Klangcharakter des Albums entscheidend prägten und teilweise von seinem Studiotontechniker Toby Scott gespielt wurden. Düstere Pad-Sounds, die bald zu einem seiner Markenzeichen werden sollten, sind ebenso zu hören wie Sample-Effekte – etwa Jahrmarktgeräusche im Titelsong „Tunnel of Love“.
Glockige FM-Klänge, tiefe Synth-Bässe und digitale Texturen ergänzen das Klangspektrum. Auch live standen die Zeichen nun endgültig auf Digitaltechnik:
Auf der anschließenden Tour spielten Roy Bittan und Danny Federici überwiegend auf Yamaha DX7-Keyboards. Bittan kombinierte sein Klavierspiel des MIDI-fizierten Yamaha Flügels geschickt mit FM-Sounds und setzte auch die markanten Synthesizer-Passagen aus dem Born in the U.S.A.-Album live auf dem DX7 um – etwa die einst mit dem Yamaha CS80 erzeugten Signature-Sounds, die er selbst auf dem DX7 nachprogrammierte: „I realized at once that [the DX7] was going to be very valuable in the future. … [T]he CS-80 is harder to control, and the sound is not as clean.“
Hier ist seine Rekreation eines der Yamaha CS80 Signature-Sounds des Born in The USA-Albums auf einem Yamaha DX7 zu hören, den er auf der Tunnel of Love Tour gespielt hat:
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Die vorerst letzte Tour mit der E Street Band war die Amnesty-International-Tour gemeinsam mit Sting, Peter Gabriel, Tracy Chapman und Youssou N’Dour. Für Springsteen und Bittan schloss sich hier ein Kreis, denn mit David Sancious stand ausgerechnet Bittans Vorgänger mit auf der Bühne – zu jener Zeit arbeitete Sancious mit Sting und Peter Gabriel zusammen.
Nach dem Ende der Amnesty-Tour trennte sich Springsteen offiziell von der E Street Band. Roy Bittan blieb jedoch an seiner Seite – als einziges Bandmitglied war er auf den beiden 1992 erschienenen Alben Human Touch und Lucky Town zu hören und hat diese auch mit produziert. Zudem begleitete er die anschließende Tour mit der von Fans als „The Other Band“ bezeichneten neuen Besetzung als musikalischer Leiter. In dieser Phase erhielt er auch als einziges ehemaliges Bandmitglied Song-Credits: Springsteen verwendete Instrumentaldemos Bittans als Basis für die Songs „Roll of the Dice“ und „Real World“.
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Berichten zur Folge spielte er Springsteen in seinem LA Studio, das er sich nach der Born in The USA-Tour aufgebaut hatte, Demos der Songs vor, als er Springsteen sein neues Keyboard-Setup präsentierte, mit dem er über mehrere per MIDI vernetzte Synthesizer den E Street Sound ganz allein reproduzieren konnte. Zu diesen Demos schrieb Springsteen dann die Texte. Auch viele weitere Songs der beiden Alben sollen aus Heimstudio-Demos von Roy Bittan und Springsteen entstanden sein, über die dann die LA-Session-Musiker wie Randy Jackson oder Jeff Porcaro ihre Parts gespielt haben.
Der Sound von Human Touch und Lucky Town wird durch die Synthesizer der späten 1980er- und frühen 1990er-Jahre maßgeblich geprägt. Neben dem Yamaha DX7 kamen nun auch Geräte wie der Roland D-50 und die Korg M1 zum Einsatz – Klassiker der digitalen Ära. Ergänzt wurde das Setup durch Sampler, vor allem Modelle von AKAI (S1000, S1100) sowie später der E-mu E4XT.
Auf der anschließenden Welttournee war Bittan mit einem umfangreichen Keyboard-Rig zu sehen, das neben einem Hammond-Keyboard und einem Stagepiano auch einen Korg M1 sowie den Yamaha DX7II FD umfasste. Besonders eindrucksvoll ist sein Spiel im Live-Mitschnitt MTV (Un)plugged, wo sich die geschichteten Klänge aus verschiedenen Synthesizern zu dynamischen, modulierenden Flächen verbinden. Sehr gut zu hören sind hier der digital umgesetzte „Signature“ Pad-Sound vom Yamaha CS80, den Roy Bittan hier auf einem DX7 spielt, gepaart mit einigen weiteren nach und nach eingeblendeten Sounds.
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Oder auch in diesem Video, ebenfalls vom MTV (Un)plugged Konzert, bei dem Roy Bittan denselben Sound auf seinem DX7II spielt, überlagert vom B3-Sound des per MIDI angesteuerten Hammond Keyboards und erneut moduliert per Anschlagdynamik und Aftertouch.
Bei den wenigen Songs der früheren E Street Band-Ära, die Springsteen während dieser Tour spielte, musste Roy Bittan zudem die Parts von Danny Federici gleichzeitig zu seinen Klavier-Parts spielen.
Was sich über all die Jahre nicht verändert hat, ist Roy Bittans Spielweise: stets songdienlich, nie aufdringlich – es sei denn, der Boss fordert ihn ausdrücklich dazu auf. Im Studio-Video zur Reunion der E Street Band anlässlich des ersten Greatest Hits-Albums lobt Star-Toningenieur Bob Clearmountain genau dieses Konzept. Die Mischung des Albums, so erzählt er, sei fast von selbst gelungen, weil Bittan und Federici sich stets perfekt arrangierten, Lücken im Arrangement suchten – und sich dann nahtlos mit dem Bandgefüge verschmolzen.
Besonders eindrucksvoll zeigt sich diese Qualität auf den Songs „Blood Brothers“ und „Secret Garden“ vom Greatest Hits-Album.
Mehr als Springsteen: Im Schatten der großen Stars
Gerade Roy Bittans Fähigkeit, sich dezent, aber wirkungsvoll in Songs einzufügen, machte ihn früh zur ersten Wahl vieler Produzenten und Toningenieure – darunter Bob Clearmountain und Jimmy Iovine, die beide an Bruce Springsteens The River-Album beteiligt waren und zahlreiche Alben anderer Weltstars mischten. Wenn einem Song das gewisse Etwas fehlte, war es oft Bittan, der es lieferte.
Diese Empfehlungen führten dazu, dass er an mehreren bedeutenden Produktionen beteiligt war – oft im Hintergrund, aber mit klarem Einfluss auf den Sound:
- Bon Jovi: Synthesizer auf dem Debütalbum Bon Jovi, darunter die Hit-Single „Runaway“.
- Dire Straits: Piano- und Hammond-Parts auf Making Movies, insbesondere in „Tunnel of Love“, „Romeo and Juliet“ und „Expresso Love“.
- Meat Loaf: Das Album Bat Out of Hell und auch der Nachfolger tragen Bittans Handschrift am Piano und an den Keyboards maßgeblich mit – gemeinsam mit E Street-Drummer Max Weinberg.
- David Bowie: TVC 15 Album – alle Songs bis auf „Wild is The Wind“
- Peter Gabriel: Peter Gabriel 2
- Bonnie Tyler: Album Faster Than the Speed of Night
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Seine Diskografie liest sich wie ein Who’s who der Musikgeschichte. Roy Bittan spielte auf Alben von Künstlern wie:
David Bowie, Bonnie Tyler, Jim Steinman, Barbra Streisand, Stevie Nicks, Donna Summer, Chris Mancini, Tracy Chapman, Peter Gabriel, Patty Smyth, Celine Dion, Bob Dylan, Lou Reed, Lucinda Williams, Bob Seger – um nur einige zu nennen.
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Das berühmte Piano-Intro von Meat Loafs Hit „I’d Do Anything for Love (But I Won’t Do That)“ stammt ebenso von Bittan wie die dramatischen Keyboard-Passagen in „Total Eclipse of the Heart“ – einem Song, den Komponist und Produzent Jim Steinman später auch für das Roman-Polanski-Musical Tanz der Vampire adaptierte.
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Zurück in die Zukunft
E Street Band Reunion und Technik Upgrade
Mit der Reunion der E Street Band im ausklingenden 20. Jahrhundert widmete sich Roy Bittan wieder ganz dem Boss, dessen Sound in der Folge noch vielfältiger werden sollte. Mit Alben wie The Rising und Magic hielten immer wieder Streicher-Arrangements Einzug in die Songs, die Roy Bittan live mithilfe von Samplern authentisch umsetzte.
Da Springsteen auf seinen immer noch mehr als dreistündigen Konzerten mittlerweile aus einem Repertoire von hunderten Songs plus spontanen Cover-Songs fremder Künstler (gerne auf Zuruf des Publikums) zurückgriff, wurde das Equipment komplexer. Racks mit den Synthesizern der 80er und 90er wurden über einen MIDI-fizierten Yamaha-Flügel und Instrumente der Kurzweil PC-Serien angesteuert. Da es zunehmend schwerer wurde, das Vintage-Equipment auf Tour lauffähig zu halten, gelang in den 2000er Jahren schließlich der Übergang zu Plug-ins auf Basis eines Muse Receptors.
Hunderte Hits in vier Stunden – Modernisierung der Technik
Den Auftakt zur umfassenden technischen Erneuerung bildete die The Rising-Tour 2002/2003. Erstmals wurde dabei systematisch mit gesampelten Versionen klassischer Instrumente gearbeitet. Für die technische Umsetzung wurde Billy Joel-Keyboarder David Rosenthal engagiert – bekannt für seine durchdachten und hochkomplexen Keyboard-Rigs.
Mit dem Studioalbum Wrecking Ball, auf dem zahlreiche virtuelle Instrumente zum Einsatz kamen, wuchs die Herausforderung: Auch diese Sounds mussten auf der Bühne authentisch verfügbar gemacht werden. In akribischer Detailarbeit rekonstruierte Rosenthal die Studioklänge – darunter Emulationen des Yamaha CS80, DX7, Korg M1, Roland D-50 sowie sämtliche neuen Sample-basierenden Sounds – als Software-Instrumente und -Sampler wie Omnisphere und NI Kontakt.
„Part two was to take some of the sounds that reside in their older equipment, like sounds from DX7s, Kurzweil K2600s, Korg M1s, as well as a bunch of Emulator IV samples, and incorporate them into the RECEPTORs to streamline the rigs. A lot of sounds coming from this old gear weren’t very efficient to use live. By redesigning and streamlining both keyboard rigs we were able to bring them into the modern era and make everything more efficient. So there was a fair amount of time spent porting over their old sounds such that they still sound the same, but are now facilitated on newer equipment“ (David Rosenthal, Quelle: https://www.davidrosenthal.com/images/Muse.pdf)
Diese Sounds wurden anschließend über den Muse Receptor wiedergegeben – eine robuste Hardware-Plattform auf PC-Basis zur Nutzung von Plug-ins im Bühnenkontext. Hier nun noch einmal der Song „I’m on fire“ mit dem Sound des Yamaha CS80, jetzt erzeugt über den Muse Receptor und gespielt auf einem Kurzweil PC3 LE8 Keyboard, das Roy Bittan lange Zeit als Masterkeyboard zum Ansteuern der Racks einsetzte. Vergleicht man den Sound mit dem oben verlinkten Video der 1988er Tunnel of Love Tour und seiner DX7-Rekreation, fällt die sehr große Ähnlichkeit auf. Es ist zu vermuten, dass der von Roy Bittan für die Tunnel of Love Tour nachprogrammierte DX7-Sound als Grundlage genommen wurde und hier mit einem DX7 Plug-in auf dem Muse Receptor abgespielt wird.
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In der Übergangszeit führten sowohl Roy Bittan als auch Danny Federici weiterhin ihre Vintage-Racks aus den 1980er- und 1990er-Jahren mit – als Backup, für den Fall eines technischen Ausfalls der noch jungen Computer-Technologie. Auch Bittans Konzertflügel diente nun vor allem dem persönlichen Monitoring; die Klangerzeugung für die PA übernahm das virtuelle Plug-in Ivory von Synthogy, das hochwertige gesampelte Flügelklänge lieferte, das auf einem eigenen Muse Receptor II lief.
Seit dem Konkurs und der Einstellung des Muse Receptors war eine Umstellung aufgrund der genutzten Plug-ins nicht allzu schwer: die Tour Rigs beider E Street Band-Keyboarder laufen nun innerhalb von Mainstage auf Apple MacBooks.
Auf Tour bis ins hohe Alter
Der mittlerweile 76-jährige Roy Bittan wird nicht müde, weiterhin gemeinsam mit der E Street Band und ihrem „Boss“ die Welt zu bereisen. Aktuell befinden sie sich auf der Land of Hope and Dreams-Tour, die im Juni auch Station in Deutschland macht.
Für Schlagzeilen sorgte Bruce Springsteen zuletzt bei seinen drei Konzerten in Manchester, bei denen er in mehreren Ansprachen die Regierung Trump scharf kritisierte. Schonungslos benannte er Missstände und politische Fehlentwicklungen – was prompt den Zorn des ehemaligen Präsidenten auf sich zog. Als Reaktion veröffentlichte Springsteen eine Live-EP mit den vollständigen Reden, die auf Apple Music und Spotify gestreamt werden kann. Trumps Antwort: weitere öffentliche Hasstiraden.
Roy Bittan ist in solchen Momenten weit mehr als nur der Pianist: Mit seinen einfühlsamen Akkorden begleitet er Springsteens Reden, schafft emotionale Übergänge und führt die Band musikalisch von einem Song zum nächsten – oft über komplexe Modulationen, die er scheinbar mühelos auf dem Klavier vorbereitet.
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Bei spontanen Cover-Versionen, die die Band vorher nie geprobt hat, ist es Bittan, auf den sich Springsteen verlässt. Er ist meist der Erste, der einsteigt, und gibt der Band Sicherheit. Auch viele Streicher- und Bläserarrangements auf E Street Band-Alben und bei Live-Shows stammen aus seiner Feder. Die meisten Musiker der E Street Band haben die 70 mittlerweile deutlich überschritten. Die Haare mögen grau geworden sein und niemand macht mehr mit der Gitarre beim Solospiel einen Salto oder springt auf dem Flügel herum. Geblieben ist die Spielfreude, mit der die Band in den 70er Jahren angetreten ist und der Glaube an ein Amerika, das momentan so unvorstellbar weit weg scheint.
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Bruce Springsteen nannte ihn – gemeinsam mit dem verstorbenen Danny Federici – eine der tragenden Säulen des E Street-Sounds. Und seit vielen Jahren heißt es bei der Bandvorstellung am Ende jeder Show:
„The only member of the E Street Band with a high school diploma. He’s the secretary of intelligence, he’s the dean of the university of musical perversity.
Ladies and gentlemen, I’m proudly presenting… Professor Roy Bittan.“
Also Danke für diesen beeindruckenden Beitrag!
Wenn ein Mensch es so lange schafft sich so zu beherrschen und seine Spielfreude trotz Stress, schnellem Anforderungswechsel beim Spielen und dabei sozial kompatibel ist, dass ist Weltklasse! Amazona hat hier einen Artikel veröffentlicht, der die Fragilität des Keyboarder-Business näher bringt.
Hut ab vor soviel Begeisterung zum perfektem Wirken am Keyboard.
@CDRowell Das ist es auch, was mich an ihm begeistert: das bescheidene Wirken im Hintergrund. Erfolg muss nicht laut und im Rampenlicht sein. Hier arbeitet jemand nicht für den Star, sondern dessen Musik, ohne als Person groß hervorzutreten. Die meisten Dire Straits Fans werden noch nicht einmal wissen, dass die Klavierparts der Songs, die sie so lieben, von Roy Bittan sind und er der Grund ist, dass Dire Straits überhaupt später Keyboarder hatte.
@Markus Galla Bewundernswerte Leistung mit starkem Charakter!
Wenn man bedenkt, was alles dazu gehört, um so performen zu können… Ein Wunder!
Wahnsinn! Vielen Dank für die Story!
Roy Bittan, einer meiner absoluten Favoriten!
Als Keyboarder einer Band die sehr viele Springsteen Songs im Repertoire hat (wobei ich hier nur die Hammond und ein Teil der Synthparts abdecke…) muss ich immer wieder feststellen wie grossartig diese E-Streetband agiert. Vorallem und wegen dem „Prof“ an den Keys!
Letztes Jahr hatte ich endlich das Vergnügen den „Boss“ mit E-Streetband live zu sehen!
Ein absolutes Highlight !
Dazu ein klare Haltung!
Wo Roy Bittan noch so seine Finger im Spiel hatte…. Hammer !
@maga Gern geschehen. Ich bin beim Konzert in Gelsenkirchen wieder dabei. Ich habe die Band schon mehrfach live gesehen und war auch bei der Tour der „The Other Band“ dabei. Auch da war Roy Bittan als einzig verbliebenes Mitglied der E Street Band eine tragende Säule.
Neben Roy Bittan war auch Schlagzeuger Max Weinberg an vielen Produktionen mit ihm zusammen beteiligt. Und der leider schon verstorbene Saxofonist Clarence Clemons hat u. a. das berühmte Sax-Solo in Joe Cockers Hit „Unchain My Heart“ gespielt und kurz vor seinem Tod noch auf zwei Hits von Lady Gaga. Die Musiker der E Street Band waren schon immer sehr umtriebig. Nils Lofgren war schon als Jugendlicher Teil von Neil Youngs Crazy Horse und Bassist Gary Tallent hat auf vielen Aufnahmen in Nashville gespielt oder Künstler produziert. Steve van Zandt aka Little Steven kennt wohl jeder: Ob als Produzent, Musiker oder Schauspieler (Sopranos, Lilyhammer), er ist bekannt wie ein bunter Hund.
Ich war letzte Woche im Olympiastadion, weil ich kurzfristig noch Karten bekommen konnte und habe ein Konzert erlebt, das für mich absolut einzigartig war. Springsteen und die Band wirkten nie wie ihre eigene Tribute-Show (wie man es bei vielen Acts dieser Größenordnung kennt), sondern wie eine musikalische Einheit, die wirklich Lust auf den Abend hatte. Man spürte, dass ihnen die Musik genauso wichtig war wie die Botschaften zwischen den Songs.
Beeindruckt hat mich auch, dass die Bühnenshow genauso gut im Huxleys oder in der Columbiahalle hätte stattfinden können, weil das übertriebene Spektakel (im positiven) gefehlt hat.
Was ich vorher gar nicht auf dem Schirm hatte (weil ich mit der Musik nicht so vertraut bin): welche Legenden da eigentlich auf der Bühne stehen. Max Weinberg, Little Steven, Nils Lofgren, und dann der Keyboarder, der eine wahnsinnige präsenz hatte. Ich dachte kurz, es sei Paul Shaffer.
Insofern: Danke für das Portrait. Ein großartiger Musiker!
@Izakaya War es nicht der Wahnsinn, mit welcher Energie Max Weinberg über drei Stunden die Drums gespielt hat? Er ist der einzige Musiker, der kaum eine Pause hat, weil es keine Pausen zwischen den Songs gibt und er immer, oft gemeinsam mit Roy Bittan, die Überleitungen von einem Song in den nächsten gestaltet.
Bei dieser Tour war die Setlist bis auf kleine Ausnahmen festgelegt, bis zur Pandemie gab es das bei keinem Konzert. Die Musiker wussten nach dem ersten Song schon nicht mehr, was Springsteen als nächstes fordert. Oft dreht er sich dabei zum Schlagzeug und ruft Max Weinberg den nächsten Song zu, während dieser noch die Becken bearbeitet. Roy Bittan findet dann in Windeseile die passende Modulation von der Tonart des alten Songs in die des neuen Songs und führt die Band durch diese hindurch, während die Techniker den Song aus einer Datenbank von hunderten von Songs fischen und dann auf die Teleprompter spielen.
Ich habe mal ein Interview gelesen, das muss auch aus der Zeit direkt vor der Pandemie gewesen sein, dass die Techniker bei den Cover-Versionen, die Springsteen spontan spielt, die Texte schnell aus dem Internet besorgen und in Echtzeit editieren, während der Teleprompter schon läuft. Das alles innerhalb von Sekunden.
Fun Fact: Gestern habe ich noch gelesen, dass zwischen Robbie Williams und Springsteen auf Schalke nur zwei Tage lagen. Beide haben sich deshalb eine Bühne geteilt und es gab nur kleinere Umbauten.