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Test: Line6 Spider V 120 MkII, Gitarrencombo

Großer Übungsamp mit hohen Leistungsreserven

27. Oktober 2019
Line6 Spider V 120 MkII

Line6 Spider V 120 MkII

Mit der Firma Line6 war es immer so eine Sache. 50 % aller Nutzer lieben die Produkte, 50 % haben nichts für sie übrig, aber 100 % kennen den Namen. Als der wohl bekannteste Name im Modeling-Bereich steht die Firma für so legendäre Produkte wie den ersten POD Modeler, der in Bedienung und Handhabung neue Maßstäbe setzte, gleichzeitig aber auch klanglich insbesondere im verzerrten Bereich nicht ernsthaft mit den damals „amtlichen“ Amps in Konkurrenz treten konnte. Nun, die Zeiten ändern sich und spätestens mit der Helix-Serie ist Line6 nach Kemper und Axe Fx auf Platz 3 der „Verstärkerimitatoren“ aufgestiegen. Um das Paket abzurunden, hat ebenfalls die Spider-Serie ein Update in Form der MkII Ausführung bekommen, so dass uns der Line6 Spider V 120 MkII zum Test vorliegt – viele Jahre, nachdem wir uns den alten Spider Valve und Spider II 30 angesehen haben.

Die Konstruktion des Line6 Spider V 120 MkII

Dank Class-D Technik sind Endstufen mit vergleichsweise hohen Leistungen kein Thema mehr, so verfügt der Line6 Spider V 120 MkII erwartungsgemäß über 120 Watt, was weit über die Leistung eines Übungsverstärkers hinausgeht. Der vergleichsweise geringe Ladenpreis von 359,- Euro hingegen lässt die Vermutung aufkommen, dass es sich bei der erwachsenen Leistung um einen Live-Bonuspunkt handelt, während die Ausrichtung deutlich mehr in Richtung flexibles Arbeiten im Rahmen des persönlichen Übens geht.

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Wem die Abmessungen (271 x 510 x 490 mm) oder auch das Gewicht mit knapp 14 kg der 120 Watt Version zu groß/hoch sind, findet in den Versionen Spider 60 und 30 entsprechend kleinere Versionen des Verstärkers, wobei nur die 120 Watt Versionen aufwärts über einen 12 Zoll Lautsprecher verfügen, der auch ein bühnentaugliches Volume bereitstellt. Wem die 120 Watt Version zu klein ist, kann noch auf 240 Watt als Combo oder als Head zurück greifen. Wer 240 Watt Gitarren-Power auf der Bühne braucht? Keine Ahnung, er bekommt auf jeden Fall die rote Karte vom FOH und den Kollegen.

Line6 Spider V 120 MkII Vorderseite

Line6 Spider V 120 MkII Vorderseite

Um die unterschiedlichen Emulationen möglichst neutral wiederzugeben, hat Line6 einen eigenen Lautsprecher am Start, dem das schwere Unterfangen zuteil wird, eine ganze Armada von Celestion, Electrovoice, Fane, JBL und wer weiß was alles noch an Lautsprechern zu emulieren. Gerne wird im ganzen Wust von Instrument, Effekte und Verstärkern vergessen, welch großen Anteil der Lautsprecher am endgültigen Sound des Gitarrensignals hat. Um auch im akustischen Bereich zu punkten, handelt es sich bei dem intern verbauten Speaker um einen Fullrange-Speaker, der auch über einen zusätzlichen Hochtöner verfügt.

Die Verarbeitung des Line6 Spider V 120 MkII ist tadellos, kommt aber zuweilen ein wenig kunststoffmäßig rüber. So bieten z. B. die geradezu lächerlich kleinen Standfüße aufgrund ihrer Hartplastikausführung keinerlei Haftung auf glattem Untergrund. Könnte man besser machen.

Line6 Spider V 120 MkII – die Emulationen

Bekanntermaßen zeichnet sich ein Modeler dadurch aus, dass er versucht, einen bekannten Gitarrensound möglichst gut in Sachen Klang, Dynamik und Ansprechverhalten nachzubilden. Dass man gerade bei High-End-Verstärkern deren komplexe Wechselwirkung ihrer analogen Bauelemente immer einen Kompromiss voraussetzen muss, dürften jedem klar sein. Ein guter Modeler zeichnet sich also dadurch aus, dass er klanglich in die Nähe des Originals kommt und möglichst keinerlei Eigenleben entwickelt. Im Gegenzug gewährleistet er möglichst viele verschiedene Grundsounds, um mit nur einem Verstärker ein möglichst umfangreiches Repertoire an Stilistiken umsetzen zu können.

Hier beim Line6 Spider V 120 MkII schöpft die Firma aus dem Vollen und liefert laut Bedienungsanleitung 78 Verstärker-, 24 Boxen-, 4 Mikrofonmodelle, 101 Effekte, davon bis zu 8 Stück gleichzeitig abrufbar. Praktisch ist zudem die Integration eines internen Funkempfängers, um in Zusammenarbeit mit dem Line6 Relay Funksystem ein Kabel einzusparen.

Line6 Spider V 120 MkII

Line6 Spider V 120 MkII

Die Verwaltung des Line6 Spider V 120 MkII

Wie es sich für einen modernen Übungsverstärker gehört, verfügt auch der Line6 Spider V 120 MkII über ein umfangreiches Sammelsurium an Anschlüssen, um den Verstärker mit nahezu jeder Art von Device zu verwalten. Neben 2 XLR-Ausgängen, die eine direkte Einspeisung des Signals in Mischpulte oder Interfaces gewährleistet, bietet die Rückseite zudem 2 USB-Ports, die sowohl mittels USB-B die Mac/PC/Android-Abteilung als auch über USB-A die iPhone/iPad-Devices abdeckt. Entsprechende Software zur Verwaltung des Verstärkers gibt es in den üblichen App-Shops. Um den Verstärker klassisch über einen Fußschalter zu steuern, bietet der Line6 Spider V 120 MkII auch die Möglichkeit, eine FBV-Pedaleinheit über die entsprechende Buchse anzuschließen.

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Um die einzelnen Sounds am Amp zu verwalten, befinden sich 5 Multifunktionsregler zzgl. eines Mastervolume-Reglers auf der Vorderseite. Im Amp-Bereich belegen die Regler die Funktionen Drive, Bass, Mid, Treble und Volume, im FX-Bereich Compressor, FX1, FX2, FX3 und Reverb. Je nach Effekttyp leuchten die Reglerbeschriftungen in unterschiedlichen Farben, wobei Modulation Blau, Delay Grün, Overdrive Orange und Pitch/Synth die Farbe Lila erhalten hat. Drückt man im Amp-Menü den Edit-Regler, kann man die Parameter entsprechend editieren. Für eine schnelle Editierung am Amp geht das kleine Display völlig in Ordnung, zumal die Remote-App eine deutlich angenehmere Oberfläche bietet. Um den Übungsanspruch abzurunden, verfügt der Amp zusätzlich über vorgefertigte Drumloops und einen Looper, der bis zu 60 Sekunden aufnehmen kann.

Line6 Spider V

Line6 Spider V 120 MkII

Der Line6 Spider V 120 MkII in der Praxis

Zunächst einmal muss man dem Line6 Spider V 120 MkII gegenüber früheren Modellen der Spider-Serie einen deutlich besseren Klang attestieren. Im cleanen Bereich konnte die Serie schon immer vergleichsweise ordentlich punkten, während mit zunehmender Verzerrung die Qualitätsschere immer weiter auseinander klaffte. Dies ist bei der MkII Ausführung nicht mehr der Fall, wenngleich man auch jetzt sich immer das Anwendungsgebiet und auch den Preis vor Augen halten sollte.

Wie bereits erwähnt, ein Modeler versucht dem Original möglichst nahezukommen und genau hier liegt das eigentliche Problem. Wie auch schon bei früheren Modellen verwendet Line6 im Bezug auf die Emulation auch jetzt direkte Anspielungen im Display, um dem Nutzer indirekt zu vermitteln, um welchen Sound es sich handeln soll. Zwar werden die geschützten Trademarks geschickt in der Nennung umschifft, aber die Bezeichnungen, was Marshall, Fender, Soldano oder vieles mehr sein soll, sind eindeutig. Zumindesten optisch.

Was klanglich insbesondere bei den verzerrten Sounds aus dem Lautsprecher kommt, muss nicht unbedingt schlecht sein, hat aber mit den Originalen nicht viel gemein. Dies ist nicht weiter schlimm, schürt aber eine latente Enttäuschung in der Erwartungshaltung. Warum nicht einen Sound Crunch 1, 2, 3 oder Fat Crunch oder wie auch immer nennen, warum ein JCM dahinter setzen, nur um dann festzustellen, dass weder Sound noch das entsprechende Spielgefühl an das Original heranreichen. Nicht dass man mich missversteht, diese Aussage soll nicht heißen, dass der Sound schlecht ist, es ist nur kein Marshall, wie man ihn laut der Anzeige erwartet. Ich verstehe natürlich die Marketing-Abteilungen der Hersteller, die zu Recht darauf setzen, dass der Kunde gerne ein vertrautes Trademark liest, bevor er loslegt, aber in meinen Augen schneidet man sich als Modeler-Anbieter dabei ins eigene Fleisch.

Was Line6 in Sachen Amp Bezeichnung in den ersten Presets anfängt, führt die Software leider auch weiter in Sachen Song-Soundbezeichnung weiter fort. Hier werden bekannte Titel als Referenz für den Gitarrensound bemüht, was allerdings auch nicht wirklich zutrifft. Sounds von Songs wie „The Trooper“ oder „Iron Man“ kann ich selbst bei großem Abstraktionsvermögen nicht erkennen. Auch hier kein wirklich schlechter Sound, aber weit entfernt vom Anspruch.

Wie dem auch sein, die Soundpalette des Line6 Spider V 120 MkII ist sehr umfangreich, wobei gerade die cleanen und sehr crispen Sounds überzeugen. Mit zunehmendem Verzerrungsgrad büßt der Verstärker etwas an Überzeugungskraft ein, wobei man sich allerdings immer vor Augen halten sollte, dass es sich bei dem Combo um einen Übungsverstärker handelt. Für diesen Bereich klingt dieser wirklich sehr ordentlich, zumal man mit dieser Leistung auch gerne einmal im Proberaum der restlichen Kapelle Paroli bieten kann.

Die Soundfiles wurden mit einer LP Standard und einem Fame MS57 aufgenommen.

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Fazit

Mit dem Line6 Spider V 120 MkII bietet der bekannteste Modeler-Name der Szene einen guten Übungsamp, der aufgrund der hohen Leistungsreserven auch problemlos im Proberaum einen ordentlichen Rabatz machen kann. Die Soundauswahl ist sehr umfangreich, die Editiermöglichkeiten dank einer sehr guten Remote-App umfassend und der Praxiswert aufgrund von hilfreichen Bonusfunktionen wie Metronom, Drumloops und Looper sehr hoch. Wer mit sehr guten cleanen, guten crunchigen und passablen High-Gain-Sounds leben kann, sollte den Amp auf jeden Fall einmal antesten.

Plus

  • große Leistungsreserven
  • gute Editiermöglichkeiten
  • attraktive Remote-App

Preis

  • 359,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    KRYPTYK

    Vor lauter ausprobieren und das Zusammenstellen von Amp & Cabinets sowie den Effekten, sitzt man Stunden lang vor dem PC und stellt zusammen, editiert etc. Anstatt Gitarre zu spielen. Den Combo ohne PC zu programmieren dauert noch länger. Ich habe meinen Spider V30 wieder verkauft und würde auch Jedem, der Gitarre spielen will und nicht Verstärker einstellen, editieren und programmieren will, vom Kauf abraten.

    • Profilbild
      Fränzken

      @KRYPTYK Moin,

      man muss mal den Preis der Spider V Amps sehen.

      Dafür wird meiner Meinung nach aber einiges geboten.

      Klar kann der gegen Geräte, die 5 mal so viel Kosten nicht anstinken.

      Ich selbst hab hier n Spider V 60 mit dem Shortboard.

      Man muss dazubemerken, dass der unerfahrene Anfänger von den Möglichkeiten dieser Art Amps zuerst erschlagen wird.
      – wer sich da nicht einfuxen will, sollte besser bei nem Ein- o. Zweikanaler mit höchstens einer Tretmine bleiben.

      Die Spider-App ist gut, verständlich und übersichtlich.
      – das ist keinesfalls selbstverständlich.

      Wenn der Groschen aber erst gefallen ist im Soundaufbau, kann der Spider V, insbesondere für die Preiskategorie, wirklich erstaunlich gut klingen.

      Die zum Großteil unbrauchbaren, vorinstallierten Werkspresets halte ich persönlich teilweise schon für geschäftsschädigend.
      Die Presetsounds stellen die Möglichkeiten des Spider V nicht heraus.

      – was hat sich Line 6 da bei einigen Sounds nur gedacht?

      • Profilbild
        KRYPTYK

        @Fränzken Was man geboten bekommt ist erstmal zweitrangig. Auch ein 5x so teures Gerät muss am PC oder über Bluetooth oder Apps programmiert werden und das ist genau das was ICH, nicht gebrauchen kann. Ich muss auch bemerken, das ich KEIN unerfahrener Anfänger bin und mich da auch in das Gerät reingefuchst habe, und genau das war die Zeit, die ich auch (und auch Andere) SINNVOLLER hätten nutzen können. Übersichtlich ist der nur am PC das kleine Display am AMP ist nicht das Wahre……
        Aber natürlich, will ich, IHNEN den Spider nicht madig machen, wenn Sie gerne Stunden am PC, etc verbringen um die Dinger zu programmieren und editieren, dann können sie das gerne tun. Ich widme mich da lieber der Musik, also der Gitarre, meiner Band und meinen Schülern, das ist sinnvoller als auf einem AMP, Sounds zubasteln……Aber Jeder wie er will. lg

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