Klingt ja wie neu - alles zur Oktavreinheit!
Oktavreinheit einstellen – nicht immer leicht! Unsere Lieblingsmusikinstrumente sind ständig Umwelteinflüssen ausgesetzt, die ihre Stimmung und Tonqualität beeinflussen können. Eine der häufigsten Herausforderungen ist die Oktavreinheit – wenn die Saiten nicht perfekt über dem Griffbrett ausgerichtet sind, können Akkorde und Voicings schräg und dissonant klingen. In diesem ausführlichen Workshop erfahren Sie, wie Sie die Oktavreinheit Ihrer E-Gitarre oder Ihres E-Basses schnell und präzise einstellen können, um den Klang Ihres Instruments zu optimieren.
Inhaltsverzeichnis
Vorbereitung für eine perfekte Oktavreinheit
Unser aller Lieblingsinstrument besteht überwiegend aus Holz und somit aus einem Werkstoff, der 24 Stunden am Tag und 365 Tagen im Jahr Umwelteinflüssen ausgesetzt ist. Kälte, Wärme, Zugluft, Feuchtigkeit und dann und wann auch mal einen Stoß aus Unachtsamkeit muss die Konstruktion verkraften – und tut dies auch in der Regel problemlos. Aber wie wir ja alle wissen, bestätigen Ausnahmen diese Regeln und so kann es sein, dass das Instrument irgendwann mal die „gute Stimmung“ verliert und Akkorde und Voicings auf dem Griffbrett plötzlich schräg und kakophonisch klingen.
Der Grund: Die Oktavreinheit besteht nicht mehr. Jenes Setting, das dafür sorgt, dass die Saiten exakt über dem Griffbrett und somit der Mensur des Instrumentes ausgerichtet sind. Und fast jeder kennt das Problem, dass die Gitarre im unteren Bereich des Halses bei gegriffenen Akkorden und mit einem Tuner exakt gestimmten Saiten noch gut klingt. Aber je weiter man am Hals nach oben rückt, wandelt sich das Bild und die Akkorde/Voicings fangen mehr und mehr an, „zu leiern“. Also höchste Zeit, sich diesem Problem zu widmen!
Dieser AMAZONA.de-Workshop befasst sich im Detail primär mit den Einstellungen der Bundreinheit an elektrischen Gitarren, allerdings kann man die nötigen Arbeitsschritte und Tipps auch an allen E-Bässen verwenden, da das Prinzip mit den über Saitenreitern geführten Saiten und deren Einstellmechanismus nahezu identisch ist
Workshop E-Gitarre: Oktavreinheit einstellen
Neue Saiten als Grundlage
Zu Beginn der Prozedur zum Einstellen der Oktavreinheit ist zu empfehlen, dass man möglichst neuwertige Saiten verwendet. Denn sollten die Drähte auch schon mehrere Monate auf der Gitarre gespannt sein, könnte dies die Einstellarbeiten erschweren. Wie wir alle wissen, besitzen auch die Saiten eine nur begrenzte Haltbarkeit und werden jeden Tag aufs Neue mit Ziehen und Drücken, Kälte und Wärme, durch Handschweiß und vielleicht sogar noch mit extremen Bendings durch ein Vibrato-System belastet. Dies alles wirkt sich auf die „Drähte“ aus und sorgt für seinen Teil ebenfalls dafür, dass das Instrument nach einer gewissen Zeit ganz schön schaurig klingen kann. Wer’s also beim Einstellen der Oktavreinheit genau und gut machen will, besorgt sich einen Satz neuer Saiten!
Ein genaues Stimmgerät ist ein Muss
Und auch ein gutes, möglichst genau arbeitendes Stimmgerät sollte auf jeden Fall für unser Vorhaben vorhanden sein, denn schon 1-2 Cent Abweichung auf der Skala des Tuners wirken sich auf die Bundreinheit aus. Auch wenn eine Menge Effektgeräte und Verstärker heutzutage über einen in der Praxis ausreichenden, eingebauten Tuner verfügen, reicht dieser in der Regel nicht aus, um so detaillierte und feine Unsauberkeiten in der Stimmung auszumachen. Und sicherheitshalber sollte man vorher noch mal überprüfen, ob der Tuner auch wirklich mit 440 Hz (Kammerton A) kalibriert ist – sonst wird die Oktavreinheit einzustellen mühselig!
Schritt-für-Schritt-Anleitung zum Oktavreinheit einstellen
Justierung der tiefen E-Saite
Beginnend mit der tiefen E-Saite wird diese penibelst sauber gestimmt und dann im 12. Bund niedergedrückt. Zeigt die Nadel des Tuners nun nach links (also in den Minus-Bereich), ist die Saite zu lang über dem Griffbrett tariert und muss durch Verschieben des Saitenreiters in Richtung Sattel korrigiert bzw. verkürzt werden. Dies geschieht bei Gitarren bzw. Bässen mit fester Brücken-Konstruktion durch Drehen der Schraube am Saitenreiter nach links, bei Instrumenten mit einem montierten Vibrato-System (i.d.R. auf Basis des Floyd Rose-Systems), geschieht dies durch Lösen der Inbusschraube, die den Saitenreiter auf dem Vibratoblock fixiert. Der Saitenreiter wird bei diesem System dann in Richtung Sattel verschoben. Um wie viel, ist reine Erfahrungssache und man muss sich vorsichtig und gefühlvoll an den gewünschten Wert herantasten.
Korrekturen für die übrigen Saiten
Ebenso gefühlvoll sollte man aber auch mit der Inbusschraube des Saitenreiters hantieren, denn oftmals sind diese winzigen Schrauben (gerade bei günstigeren Instrumenten) sehr weich und dann passiert es schnell, dass die Schraube „rundgedreht“ ist und sich so weder ein- noch ausschrauben lässt. Also bitte ganz genau auf festen Sitz des Inbusschlüssels achten und wenn möglich nur hochwertige Schlüssel für diese filigrane Arbeit verwenden!
Mehrmaliges Überprüfen für optimales Ergebnis
Sollte nach korrektem Stimmen der Saite und Niederdrücken am 12. Bund die Nadel des Stimmgerätes in den Plus-Bereich (also nach rechts) wandern, muss der schwingende Teil der Saite über dem Griffbrett verlängert werden. Somit wird der Saitenreiter in Richtung Gurtpin des Instrumentes durch Rechtsdrehen justiert. Auch wenn es mehr Arbeit macht, ist zu empfehlen, die Saite vorher wieder etwas zu lockern: Das schont das Material der Schraube beim Festziehen und sorgt nebenbei für ein besseres Gefühl beim genauen Justieren. Besonders wichtig ist dieser Tipp für Floyd Rose-Benutzer, da sich die Saite ja beim Verschieben des Saitenreiters nach hinten spannt und somit die Gefahr besteht, beim Drücken des Reiters abzurutschen und dem Instrument (oder auch sich selbst) an den scharfen Kanten des Vibratoblocks Blessuren zuzufügen.
Besonderheiten bei Gitarren mit Vibratosystemen
Einfluss des Vibratoblock-Winkels
Auch hier geht probieren über studieren, was den gewünschten Erfolg beim Oktavreinheit einstellen betrifft. Gerade bei den Vibrato-bestückten Instrumenten kann das zu einer wahren Geduldsprobe werden, da sich die winzige Madenschraube zur Fixierung des Saitenreiters nur mit viel Gefühl und gutem Augenmaß im benötigten Millimeterbereich justieren lässt. Hier sticht das konventionelle Vibrato bzw. der feste Steg mit seinen hinter den Reitern angebrachten Schrauben und der dadurch gegebenen Möglichkeit deren Gewindegänge zum Einstellen zu benutzen, das Floyd Rose-System ganz klar aus.
Und noch etwas gibt es beim Floyd Rose-System zu beachten: Durch die Korrektur der Saitenlängen jeder einzelnen Saite besteht die Gefahr, dass sich der Vibratoblock nach der Prozedur (je nachdem, ob man die Saiten mehr „verkürzt“ oder „verlängert“ hat) nach vorne bzw. nach hinten neigt und somit erneut für Unstimmigkeiten in der Oktavreinheit sorgen könnte. Dann hilft nur das Nachkorrigieren der Federspannung des Vibratos. Wie das geht, haben wir bereits in einem weiteren AMAZONA.de-Workshop beschrieben. Die Links hierfür finden sich am Ende dieses Workshops.
Abschluss und Ergebniskontrolle
Um sicherzustellen, dass das Oktavreinheit einstellen gut gelaufen ist, sollten alle Saiten nach dem ersten Durchgang nochmal überprüft werden. Gerade bei Instrumenten mit Vibrato-Systemen kann es mehrere Anläufe brauchen, bis alle Saiten optimal ausgerichtet sind. Ist die Oktavreinheit erst einmal korrekt eingestellt, wird das Instrument mit einer sauberen und klaren Stimmung belohnt. Mehrstimmige Akkorde klingen dann auch jenseits des siebten Bundes präzise und ausgewogen.
Tipps für den Erhalt der Oktavreinheit
Die präzise Einstellung der Oktavreinheit ist ein wichtiger Schritt, aber der Erhalt der Einstellung ist ebenso entscheidend. Regelmäßiges Nachtrimmen der Saitenlängen, vor allem nach Saitenwechseln oder größeren Spielsessions, hilft dabei, die perfekte Ausrichtung langfristig beizubehalten. Auch ein gut eingestelltes Vibrato-System, dessen Federspannung hin und wieder überprüft wird, trägt dazu bei, dass die Stimmung und Oktavreinheit stabil bleiben.
Weitere Workshops auf einem Blick:
- Workshop E-Gitarre: Tonabnehmer, Humbucker, Singlecoils
- Tutorial E-Gitarre: Vibrato, Floyd Rose, Tremolo
- Workshop E-Gitarre: Oktavreinheit
- Workshop E-Gitarre: Saitenwechsel
- Ratgeber E-Gitarre: Rund ums Plektrum
- Tutorial E-Gitarre: Humbucker und Coil-Tapping
- Workshop E-Gitarre: Effektpedale richtig verkabeln
- Workshop E-Gitarre: Mikrofonierung von Amps
- Tutorial E-Gitarre: Rund ums Delay
- Workshop E-Gitarre: MIDI Für Gitarristen
- Tutorial E-Gitarre: Gitarrenpflege
- Workshop E-Gitarre: True Bypass oder Buffer
- Tutorial E-Gitarre: Overdrive, Fuzz und Distortion
- Workshop E-Gitarre: DIY Workshops
- Ratgeber E-Gitarre: Survival Guide für Bands
Bb bei 440 Hz oder 430 Hz ist egal – die Saite wird beim greifen ein bisschen gedehnt und das unabhängig von der Bezugstonhöhe. Beim Einstellen der Oktavreinheit (nicht Bundreinheit) wird diese Tonerhöhung durch die Dehnung kompensiert.
Das allerwichtigste beim richtigen justieren der Oktavreinheit ist die Betrachtung des Saitenverlaufs am Steg. Von der Seite betrachtet bildet die Saite keinen schrfen Knick am Stegauflagepunkt sondern einen Bogen.
Und damit kann die Einstellung zum Geduldsspiel werden. Wenn man der Saite etwas auf die Sprünge oder eher in die Form helfen will, drückt man nach Erreichen der Stimmstabilität sie zwischen Steg und Stegtonabnehmer etwas herunter, damit sie einen scharfen Winkel bildet.