Praxis
Nimmt man das Pedal das erste Mal in Betrieb, so fällt die dezente, aber sehr wirkungsvolle Arbeitsweise des Mutterstolz ins Gewicht. Dabei fällt das Gerät durch ein sehr eigenständiges Klangverhalten auf, das ich noch näher zu erklären versuche. Nehmen wir als erstes mal die Booster-Funktion unter die Lupe. Bei marginalem Destruction-Anteil auf circa 9 Uhr kann man über den Mother-Anteil für einen Amp stufenlos anblasen, wahlweise mit den Klangreglern Dirt und Color auf den persönlichen Geschmack abgegleichen – fertig.
Der Klang bleibt unglaublich weich, ohne dabei in das berüchtigte schlabbrige „Ami-Gain“ abzudriften. Man hört regelrecht die Qualität der Bauteile. Diese Einstellung kann ihre volle Schlagkraft erfahrungsgemäß nur an einem Clean/Crunch eingestellten Vollröhrenamp ausspielen, Transistor-Fans bleibt dieser Effekt leider größtenteils vorbehalten. Strahlendes Obertonverhalten und ein knackiger Crunch sind der Lohn für diese Mühen.
Mit zunehmendem Verzerrungsgrad gelangen wir in den Bluesbereich – einschließlich allen dynamischen Klischees, die das Metier zu bieten hat. Dabei gelingt es dem Palmer Mutterstolz ganz hervorragend, den Ton zu verlängern, ohne dass eine zu starke Kompression die Übermachtstellung bekommt.
Der Attack bleibt dynamisch, die Durchsetzungskraft hoch. Sehr schön auch, dass die Klangregelung keine extremen Dezibelbereiche bezüglich Wirkungsgrad beschreitet, wie es die Konkurrenz sehr gerne tut. Die Parameter bleiben praxisgerecht, kein Kreissägen-Massaker, aber auch kein Wolldeckengemuffel. Der verzerrte Ton erhält dabei eine ganz eigene Note, die etwas härter als ein klassischer Oberdrive ausfällt, jedoch nicht in die zuweilen überladene Kompression eines klassischen Distortion-Pedals zerfällt. Selbst bei voll aufgedrehtem Verzerrungsregler erreicht das Pedal gerade mal die Bereiche des klassischen Hardrocks der Siebziger. Dabei bleibt das Pedal auch bei maximaler Verzerrung immer noch sehr dynamisch, was Attack und Kompression betrifft. Amerikanisch geprägte, gerne auch mal weich ausgelegten Gain-Orgien, sucht man bei diesem Bodenpedal vergebens. Das Gerät bildet die persönliche Spielweise eins zu eins ab und drückt das Individuelle des Künstlers inklusive aller Stärken und Schwächen in den Vordergrund.
Was am Palmer Mutterstolz besonders gut gefällt, ist seine Unaufdringlichkeit, an die sich das Ohr allerdings sehr schnell gewöhnt. Der aufgewertete Sound erscheint urplötzlich als Standard und lässt das eigene Spiel nach Deaktivierung des Portals im direkten Vergleich als deutlich belangloser erscheinen. Dieses Pedal besitzt enormes Suchtpotenzial – aufpassen! Neben dem exzellenten Klangverhalten punktet das Gerät zusätzlich mit einer außergewöhnlichen preislichen Offensive. Mir persönlich scheint es schleierhaft, wie man ein Pedal von einer solchen Güte, komplett in Deutschland gefertigt, für einen Straßenpreis von knapp 100,- Euro profitabel anbieten kann.
Hi Axel,
Deine Testberichte lese ich immer mit besonderem Vergnügen, Du schreibst einerseits witzig und andererseits absolut seriös und fachmännisch.
In meinem Studio habe ich etliche Palmer DI- und ReAmp-Boxen, das ist einfach eine sehr gute Wahl, wenn es problemlos funktionieren soll. Der (das?) „Mutterstolz“ (WAS für ein Name…..) klingt ja dermaßen G..L, dass ich echt gestaunt habe. Sehr smooth, aber doch mit einer ziemlichen „Duftmarke“ im Sound.
Im nächsten Leben werde ich Gitarrist!
(Schon alleine wegen den Mädels……)
Es grüsst Dich
Onkel Sigi
@Onkel Sigi Mir gefällt Palmer bisher auch sehr gut, besitze die Daccapo Box und die PAN 01 passive DI Box.
Das Detail mit den zwei Bohrungen fürs Pedalboard finde ich ziemlich genial, da mich die Klettband-Lösungen bisher auch nicht überzeugt haben und dann das Ganze für 100 € mit Röhre? Wow!
Eigentlich wollte ich mir kein Zerrpedal mehr holen, aber das klingt echt interessant. Direkt mal auf die Merkliste gesetzt.