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Exot: Kawai K5000 DUAL mit zwei Manualen

Die Symbiose aus K5000S und K5000W

5. September 2009

In diesem Report geht es diesmal um einen absoluten Exoten, einem Zwitterinstrument – oder einfach gesat um den kawai K5000 Dual. Es ist zunächst ein waschechter Synthesizer, der aber das Spiel einer Orgel mit zwei Manualen und Pedalen bietet. Da diese Spielweise bei den heutigen Mainstream-„Tischhupen“ völlig abhanden gekommen ist, möchte ich dieses Instrument und meine Begeisterung dafür heute vorstellen.

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Bevor Ihr Euch auf dem Markt auf die Suche nach diesem Kawai Sondermodell macht, zunächst die schlechte Nachricht: Es handelt sich hier leider um ein Einzelstück. Wer hingegen mehr über die Serienmodelle K5000S, K5000W und K5000R wissen möchte, der findet hier unseren ausführlichen Testbericht.

Das Vorbild des KAWAI K5000 Dual, der Prophet 10

Es gab es selten den Versuch, einen Synthesizer mit zwei Manualen auf den Markt zu bringen. Auf Fotos von großen sonderangefertigten Modularsystemen waren schon mal zwei Keyboards zu sehen. Aber sonst ist mir nur der Sequential Circuits Prophet10 bekannt, der in Serie ging. Intern aus zwei Prophet5 verschaltet, die einzeln oder verkoppelt zu spielen waren. Verschiedene Keyboard-Betriebsarten gaben eine große Flexibilität wie:

  • verschiedene Patches auf zwei Keyboards zu spielen
  • zwei Sounds „stacken“, womit beide Keyboards den selben Sound produzieren
  • ein KB arbeitet unisono/monofon, das andere polyphon
  • ein KB ist 10-stimmig.

Obwohl er überall ehrfürchtig bewundert und natürlich von vielen Synthesizer-Altmeistern genutzt wurde, der hohe Preis von 12.000$ ließ dieses Modell nicht in Massen verkaufen.

Es gab natürlich Versuche der Orgelhersteller, den langsam aus der Mode kommenden Heimorgeln Synthesizersounds einzupflanzen. Die in Europa aussterbende Spezies der Orgelspieler interessierte sich dann auch mehr für Nachahmungen von schönen Instrumenten wie Akkordeons und Panflöten oder gar ganzen Symphonieorchestern. Sie sind also mit einem General MIDI Soundangebot ganz zufrieden. Die hohen Preise und das Gewicht waren schließlich Gründe, die Masse der Käufer an den Markt der einmanualigen Keyboards zu verlieren.

Ergonomie des Kawai K5000 DUAL

Was macht denn nun derjenige, der es vorzieht, an Sounds von echten Synthesizern herum zu schrauben und zudem gerne an mehreren Klangerzeugern gleichzeitig spielt? Er oder sie kauft sich diverse Keyboardständer und stapelt mehrere Keyboards über- und nebeneinander. Auf Dauer ist das anstrengend, die Tastaturen sind einfach zu weit voneinander entfernt. Um außerdem auf dem oberen Gerät etwas editieren zu können, wird am besten aufgestanden, dann kann auch das Display und die Tastenbeschriftung gelesen werden.

Demgegenüber sind zwei Tastaturen im Abstand von 4 cm direkt übereinander wirklich optimal (und seit Jahrhunderten erprobt). Und warum dann nicht gleich noch ein Pedal für Bassläufe, One-Shot-Sequenzen oder Sequenzersteuerung? Außerdem hat ein moderner Synthesizer Multimode-Möglichkeiten, die damit live so richtig zur Geltung kommen. Der Kompromiss, eine Tastatur in mehrere Splitzonen zu unterteilen, hat mich eigentlich nie so interessiert.

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Da hilft dann nur noch der

Selbstbau 

Mir war eines Tages mein geliebter K5000S vom Tisch gefallen. Die Plastikseitenteile sind so spröde, dass sie wie Sicherheitsglas in hundert Teile zersprungen sind. Totalschaden. Da blieb eigentlich nur, sich auf dem Gebrauchtmarkt nach einem neuen umzusehen. Ich hatte außerdem einmal eine alte Top-Sound Böhmorgel für 1 Euro ersteigert und ausgeschlachtet. Sitz, Ständer und die Grundplatte waren noch übrig. So war die Idee geboren, nach Vorbild des Prophet10 einen Kawai K5000 DUAL zusammenzuschrauben.

Also noch einen zweiten K5000W, ein MIDI-Pedal mit 13 Tasten und einen Fußschweller besorgen. Einige Holzbretter lässt man sich vom Baumarkt zuschneiden, und Kunstleder zum Beziehen gibt es im Internet. Die Tastatur lässt sich leicht vom Chassis das K5000S abschrauben und auf der Grundplatte befestigen. Eine Etage höher wird der zweite K5000W in einem Stück platziert, und nachdem die Bodenplatte entfernt wurde, wird er sauber auf Holzklötzchen verschraubt.

Eine weitere Etage höher kommt das verbleibende Oberteil des S. Die zwei Flachbandkabel zur Verbindung der abmontierten Tastatur müssen durch längere ersetzt werden. Die Kabel und vor allem passenden Stecker gibt es zum Glück noch im Elektronikladen. Das MIDI-Pedal wird mit einem MIDI-Eingang verbunden. Das Kabel des Fußschwellers wird noch umgelötet, damit er beide Schwellereingänge gleichzeitig versorgt. Schließlich sollen ja beide Manuale darauf reagieren. Im zerbrochenen Seitenteil waren noch das Diskettenlaufwerk und Modulation Wheels, die wären jetzt doppelt und können ganz wegfallen.

Spezialitäten der K5000S und K5000W

Über die additive Klangerzeugung des K5000 ist bereits Vieles geschrieben worden. Es sind sich alle einig, dass es sich um einen außergewöhnlichen Synthesizer handelt, der leider nicht so erfolgreich war, wie er es vielleicht verdient hätte. Meiner Meinung nach lag das an der mühevollen Programmierung der additiven Klangparameter. Wer hat schon Lust, an rund 400 Parametern zu schrauben, um dann mit einem Sound Musik zu machen? Bei 6 Layern und 4-fachem Multimode kommt mein Taschenrechner sogar auf über 9600 Parameter!

Selbst mit dem kostenlosen Emagic SoundDiver K5000 Editor konnte man nicht das volle Potenzial ausschöpfen. Zum Beispiel gab es keine Möglichkeit, damit die Hüllkurven-Loops der Obertone einzeln zu kontrollieren. Oder die einzelnen Obertöne mit der Maus in einem 10mm-Fensterchen zu malen ist nett, erzeugt aber auf Dauer stereotype Klänge. Die FFT-Klanganalyse aus realen Wave-Files war dagegen schon ein guter Ansatz, aber auch den meisten zu umständlich. Ich hätte da schon ein paar Ideen, wie nach bestimmten mathematischen Mustern Makroregler für Amplituden und Hüllkurven definiert werden könnten, um ganz neue Klänge zu kreieren. Wie bei vielen anderen, wurden solche Editor-Programmierprojekte aus Zeitgründen nie realisiert.
Die meisten dürften sich daher nur der Presets bedienen, auch gibt es im Internet etliche K5000-Sounds. Immerhin können schon einige gute Sounds, wenn deren Controller-Steuerungen sauber programmiert sind, für stundenlangen Spaß sorgen.

Nochmal zurück zu der internen Klangerzeugung in Kurzform. 64 oder 128 Obertöne sind also einzeln in der Hüllkurve änderbar, deren Amplituden können durch das sogenannte Formantfilter und Controller-Makros (Fachwort: schnelle Faltung im Frequenzraum) interaktiv dramatische Klangänderungen herbeiführen. Die additive Synthese lässt sich abschalten und durch einen Rompler ersetzen. Die Auswahl der ROM-Sounds ist recht gering gehalten und enthält hauptsächlich kurze Attack-Geräusche, um den Gesamtklang etwas zu würzen.
Anschließend wird durch eine konventionelle VCF/VCA-Architektur, einem LFO und vierfacher Effektabteilung plus Hall und EQ der Klang noch abgerundet. Erwähnenswert ist die brachiale unkomprimierte Filterresonanz, die schnell in die digitale Verzerrung geht. Zwei bis sechs dieser Klangerzeuger lassen sich zu einem Sound übereinanderschichten. Im Multi-Modus lassen sich wiederum 4 Sounds verbinden, ergibt also maximal 24 Einzelsounds übereinander. Er ist dann aber auch nur noch monofon spielbar.

Unterschiede K5000S / K5000W

Marketingabteilungen treffen manchmal wundersame Produktentscheidungen, und so ist es offensichtlich auch bei der merkwürdigen Merkmalstrennung der W- und S-Modelle geschehen.
Das S-Modell erhielt einen außergewöhnlichen, programmierbaren Argeggiator und einen Macro-Controller mit 20 griffigen Drehreglern.

Das W-Modell dagegen bekam den 40-spurigen Sequencer zugeteilt. Dieser hat auch noch eine „Auto-Phrase-Generation“-Funktion, welche Harmonien einer Aufnahmespur nachträglich analysiert und automatisch eine 10-spurige Begleitung mit etlichen wählbaren Stilrichtungen generiert. Darüber hinaus gibt es bei dem W eine zusätzliche 32-stimmige Rompler-Klangerzeugung, dem auch eine General-MIDI-Klangpalette und etliche Drums-Kits mit auf den Weg gegeben wurde. Die Samples, beispielsweise das Piano, klingen zuweilen auch für heutige Verhältnisse recht gut.
Mir unverständlich, dass der Multimode des K5000W nur auf einem MIDI-Kanal spielbar ist, den kann man dadurch leider nicht durch weitere Keyboards steuern. Man kann mehrere Kanäle nur im Sequenzer-Modus ansprechen, und diese Einstellungen gehen beim Ausschalten des Geräts verloren.

Der K5000 ist auch bekannt für seine außerordentlich angenehm spielbare, halbgewichtete Tastatur. Dieses satte Nachfedern der Tasten nach dem Loslassen – einfach Klasse. Ein Gerät mit der Summe dieser Merkmale wäre es eigentlich gewesen. Mit dem Dual K5000 sind sie jedenfalls vereint.

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Fazit

Wem es nicht ausreicht, im PC-Sequenzer und mit einem einzigen Keyboard aus zu arrangieren, sondern live mit mehren Sounds gleichzeitig spielen möchte, für den ist die Orgelergonomie einfach unschlagbar. Die orgeltypischen Sounds auf dem Kawai K5000 Dual klingen auch überzeugend, sie erscheinen aber nebensächlich – dazu sind die Klangmöglichkeiten viel zu eigenständig.
Selbstbau hin oder her, es wäre natürlich schön, wenn der westliche Markt in Zukunft wieder mal etwas in dieser Richtung brächte. Vielleicht etwas wie einen Dual-A6 oder Double-Phantom zum unwesentlich höheren Preis?

Zu den Klangbeispielen: Man möge mir verzeihen, es ist alles improvisiert, ohne Quantisierung und vielleicht etwas lang geraten. Es zeigt aber vielleicht etwas von der Spontaneität und der puren Lust am Improvisieren mit diesem Instrument.

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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    Tischhupe

    Schöner Artikel. Schade nur, dass Kawai so gar nichts essentielles zum Thema Synthesizer mehr produziert.

  2. Profilbild
    nativeVS AHU

    Der monströse Synthi 100 von EMS hatte serienmässig zwei Keyboards, die orgeltypisch in ein gehäuse gebaut worden.

  3. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Hallo,

    die Beschreibung des Multimodes vom K5000W aus dem Artikel, ist so nicht zutreffend bzw. missverständlich. Man muss hier den sogenannten Combimode vom Multimode unterscheiden. Im Combimodus sind zwar bis zu 4 gelayerte Sounds kombinierbar aber das ist kein klassischer Multimodebetrieb und war vom Hersteller auch nicht als solcher gedacht. Das der Combimode über nur einen Midikanal gespielt werden kann ist durchaus sinnig, denn ein Layersound wird immer nur über einen Kanal getriggert. Der Combimode ist für Livemusiker natürlich schon irgendwie eine Brücke um ein klassisches Performance-setting zu realisieren. Die 4 Layer lassen sich dafür auf verschiedene Keyboardzonen splitten und entsprechend der Oktavlage anpassen. Also wäre es hier schon möglich die 4 Layersound von 4 unterschiedlichen Keyboards spielen zu lassen. Hierzu müsste man lediglich 4 Boards in Reihe hängen (Midi IN und True) und jedes auf Kanal 1 senden lassen. Mann muss beim spielen eben nur die Splittzonen einhalten. Der tatsächliche 32fach Multimode des K5000W ist nur im SONG Modus verfügbar. Da der Songspeicher flüchtig ist, muss man das Multiset auf Disk sichern und für jeden Song neu einladen. Fürs Studio ist das zu verschmerzen und für den Livebetrieb sollte man per Midi auch eine Autoload Funktion hinbekommen oder sich einfach einen zweiten K5000 anschaffen. Ich erinnere hier nur an abenteuerliche Bühnenaktionen mit dem Nachladen von Samples für EMU, AKAI und Co. das ging ja auch zu machen :-)

  4. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Tolle Demos, endlich mal einer der selbst spielt. Tolle Ideen!

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