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Report: 30 Jahre JEM – die Königin der Superstrats

(ID: 196654)

Zu guter Letzt: Der „Monkey Grip“!

Steve ging 1987 nicht davon aus, dass seine Signature-Gitarre ein dermaßen erfolgreiches Serienmodell werden würde. Er wollte der Gitarre daher etwas ganz Außergewöhnliches hinzufügen, um zu verhindern, dass ein anderer Hersteller sein Signature-Modell kopieren würde. Er ließ kurzerhand den Gitarrenbauer von Ibanez USA ein Loch in Form eines Griffes in den Korpus fräsen, etwa oberhalb des Halspickups. Dieses Ausstattungsmerkmal kann man allerdings auch schon bei den Anderson Gitarren auf der Dave Lee Roth Tour erkennen. Nur Form und Position des Loches unterschieden sich von dem endgültigen „Monkey Grip“. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass so gut wie alle Ausstattungsmerkmale und das komplette Design von Steve Vai selbst stammen. Alle Spezifikationen hatte er bereits in den vorherigen Custom-Super-Strats realisieren lassen, bzw. selbst modifiziert.

In den 30 Jahren Geschichte wurde die Ibanez JEM eines der erfolgreichsten Signature-Gitarrenmodelle der Welt. Das etwas vereinfachte Schwestermodell von Ibanez, die RG-Serie, ist nach der Fender Stratocaster die meistverkaufte E-Gitarre weltweit. Und weil die Firma Ibanez dem Herrn Vai bis in alle Zeiten zu tiefem Dank verpflichtet ist, gab es natürlich alle paar Jahre neue Versionen der Ibanez JEM. Nicht zu vergessen, die als eigenständiges Modell geltende 7-satige Version der Gitarre, die Ibanez Universe.

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Ich will daher hier nur die wichtigsten Varianten der Ibanez JEM auflisten und kurz ihre Besonderheiten beschreiben.

Die erste Serie, die mit einem überwältigenden Erfolg auf der Winter NAMM Show 1987 vorgestellt wurde (ich empfehle hierzu die Videos in YouTube, in denen Steve und der Ibanez Präsident das Spektakel beschreiben), nannte sich JEM 777 mit dem angehängten Kürzel für die jeweilige Lackierung (dieses Prinzip gilt für alle Modelle).

Die Ibanez JEM777DY wurde in „Dessert Sun Yellow“ lackiert:

Ibanez JEM JEM777DY

— Ibanez JEM777DY —

Die Ibanez JEM777SK hatte ein Finish in „Shocking Pink“:

Ibanez JEM777SP

— Ibanez JEM777SP —

777 – the Number of the JEM

Aber eine besondere Rolle spielte die Nummer 1 des frischgebackenen Endorsers, die JEM777LG in „Loch Ness Green“. So nannte Steve bereits die Farbe auf seiner „Green Meanie“ und damit schließt sich abermals der Kreis. Dieses Modell, die JEM777LG, wurde im Erscheinungsjahr genau 777 mal gebaut und jedes einzelne Instrument von Steve nummeriert und handsigniert. Die beiden anderen Finishes wurden bis 1996 (Yellow) bzw. 1989 (Pink) weiter produziert. Man kann sich ausmalen, wie begehrt diese 777 Originalmodelle in „Loch Ness Green“ heute sind. Alle drei Modelle gab es 2017 in einer 30th Anniversary Auflage brandneu.

Schon in den Jahren 1988 und 89 wurden Versionen mit Rosewood-Griffbrettern und der aufwendigen, Ibanez eigenen Griffbretteinlage „Tree of Life“ produziert. Die Original 777er-Modelle hatten das sogenannte „Disappearing-Pyramid-Inlay“ als Orientierung auf ihren Ahorngriffbrettern. In diesen Jahren startete bereits die zweite Serie mit der Bezeichnung Ibanez JEM77 in dem Finish „Floral Pattern“ kurz FP. Hier wurde eine Textilie auf den Korpus geleimt und überlackiert. Angeblich hatte der Meister den Stoff für seine Gardinen im Studio verwendet und Ibanez mussten den kompletten Bestand der Textilie aufkaufen. Sehr früh wurden für die weniger extrovertierten Gitarristen auch Modelle in Schwarz produziert. Ab 1994 gab es eine in Korea hergestellte Budget-Version der JEM mit der Bezeichnung 555 in simplem Schwarz (BK) und Weiß (WH) und einigen weiteren „Vereinfachungen“.

Die vielleicht wichtigste Modelländerung fand allerdings bereit 1993, ein Jahr früher statt, mit der Einführung der JEM7VWH. Also wieder eine 7 weniger mit weißem Lack. Das V stand für die „Vine“-Inlays auf dem Ebenholz-Griffbrett (ab 2004 Palisander). Diese Griffbretteinlage bekam beim JEM-Modell zwar die Bezeichnung „Vine“, gleicht aber dem alten Ibanez-Inlay „Tree of Life“, das der Hersteller bereits in den 70er Jahren designte, aufs Haar. Aber dem Herrn Vai wird bei Ibanez aus gutem Grund jede Extrawurst gebraten, die der Meister verlangt.

Ibanez JEM jem7 fretboard

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Warum ist dieses JEM7VWH-Modell so einzigartig? Nun, diese Version wurde die darauf folgenden vierzehn Jahre zur Lieblingsgitarre des Gitarrenvirtuosen. Hauptunterschied zur 777er-Serie ist sicherlich das Korpusholz Erle. Unter uns Gitarristen hatte Linde keinen besonders guten Ruf. Es stand eher für Sparmaßnamen. Ein billiges, leichtes Holz, das den Klang tendenziell weich und im ungünstigsten Fall schwammig macht. Steve Vai entschied sich eigenen Aussagen nach bewusst für dieses Holz wegen seiner gleichbleibenden Qualität. Böse Zungen sagen jetzt: ja, gleichbleibend schlecht! Im Verbund mit dem Floyd-Rose-Lizenz-Vibrato, das den Klang tendenziell dünner macht, und den eher moderat gewickelten DiMarzio PAF-Pro Humbuckern stimmt der Sound möglicherweise wieder. Und wichtig ist, wie wir alle wissen, was hinten raus kommt!

What the F*** is EVO?

Jedenfalls änderte Ibanez die JEM7VWH nicht nur hinsichtlich ihres Korpusholzes. Auch das bevorzugte Griffbrettmaterial war fortan kein Ahorn, sondern Ebenholz. Und zu guter Letzt bekam der Maestro verdientermaßen seine Signature-Pickups von DiMarzio gewickelt, die sich wiederum von den Standard PAF-Pros unterschieden. Ein seriöser Vergleich hinsichtlich des Einflusses von Korpushölzern ist daher nicht wirklich möglich.

Eine bestimmte Gitarre dieser Serie wurde in den kommenden Jahren so eng in Verbindung gebracht mit dem Künstler, dass Ibanez 2012 eine exakte Kopie dieser einen Gitarre in Kleinserie bauten. Steve hatte ihr den Namen EVO gegeben, was wiederum mit seinen Signature-Pickups zu tun hatte. Es begab sich folgendermaßen: DiMarzio schraubte eine Reihe unterschiedlicher Tonabnehmer Prototypen auf fünf JEM7VWH Gitarren. Und Steve schrieb mit einem schwarzen Marker die Abkürzungen von fünf unterschiedlichen Harley-Davidson-Motoren darauf (er ist wohl ein Fan dieser Motorräder), um die Modelle auseinanderhalten zu können. Der seinerzeit modernste Motor der Harleys hieß „Evolution“. Auf dieser Gitarre stand daher „Evo“. Und weil diese Pickup-Prototypen den Ansprüchen des Meisters genügten, bekamen sie ebenfalls den Namen „Evolution“ und die so markierte Gitarre wurde Steve Vais Hauptinstrument.

Ibanez JEM JEM7Evo

Es gab zu runden Geburtstagen Anniversary-Modelle. Zum Zwanzigsten etwa eine Ibanez JEM mit Acrylkorpus. Es wurden JEMs in dem aufwendigen Multicolour-Swirl-Verfahren lackiert, das erstmalig bei der eigenständigen Universe (7-Saiter) Verwendung fand, zu sehen auf dem Cover des Gitarren-instrumental-Albums Passion & Warfare aus dem Jahre 1990.

Ibanez JEM jem2kdna

— Mit Blut lackiert : Die Ibanez JEM2KDNA —

Die spektakulärste Lackierung stellt aber mit Sicherheit die der Ibanez JEM2KDNA dar. „2K“ deutet auf das Erscheinungsjahr 2000 hin und „DNA“ auf ein Swirl-Multicolour-Finish, dessen rote Farbe Tropfen von Steve Vais Blut beinhaltete. In 100 Jahren kann man vielleicht aus einem dieser auf 300 Stück begrenzten Gitarren einen neuen Saitenvirtuosen klonen!

Persönliches Fazit

Steve Vai hat in seiner langen Karriere auf etwa 25 Alben mitgewirkt und seit dem zweiten Dave Lee Roth Album Skyscraper ausschließlich sein Signature-Modell, die Ibanez JEM in einer ihrer vielen Varianten benutzt. Das heißt, der Klang dieser Gitarre ist hinreichend dokumentiert und es steht jedem offen, ihn zu mögen oder eben nicht.

Man könnte ihn in einen warmen, angenehmen, vielleicht sogar „süßlichen“ High-Gain und Medium-Overdrive-Sound einerseits und einen ultracleanen, harfengleich-analytischen Cleansound unterteilen. Wir alle wissen, wie unzureichend es ist, Klang mit Worten zu beschreiben. Und natürlich sind alle Beurteilungen subjektiv. Ich, der Autor, fand Steve Vais Gitarrenklang schon immer zu schmeichlerisch, zu gefallsüchtig. Mir fehlt da der Biss. Aber der Künstler will es so und drückt sich genau mit dieser Ästhetik am besten aus. Steve Vai ist ein einzigartiger Musiker, und auch wenn mir zum Beispiel Yngwie Malmsteens Gitarrensound viel besser gefällt, habe ich noch kein Album des schwedischen Bach-Verehrers bis zum Ende durchhören können. Steve Vais Platte allerdings laufen bei mir seit 30 Jahren rauf und runter. Es ist eben die Musik, die zählt. Glückwunsch zum Jubiläum!

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Forum
  1. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Wer kommt denn bitte auf die Idee, Satriani über die Vai-Gitarren schreiben zu lassen!?
    ;-)
    Aber ein sehr schöner Artikel.
    Eigentllich sollte jede Gitarre einen Affengriff haben.

  2. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Meine Traumklampf! Leider nie geklappt sie zu kaufen. Aber ich lebe noch und das ist das wichtigste. Tolle Erinnerungen werden hier wach, und lang ist es her….

  3. Profilbild
    Stephan Güte RED

    Wir alle waren unfassbar heiß auf sie … auch für mich damals allerdings unbezahlbar … Klasse Artikel vom Kollegen Dr. Ott :)

    • Profilbild
      doktorott

      @Stephan Güte Servus Cheffe. Soll ich dir meine 7VWH mal ausleihen? Vielleicht zerstört das den Mythos, vielleicht willst Du sie mir dann aber auch abkaufen. ;-) Jetzt haste ja jenug Jeld

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