Neuer Sound durch Slide-Technik
Das Spiel mit dem Slide, auch als Bottleneck bekannt, ist eines der markantesten Stilmittel der Gitarre. Besonders im Blues und Country (etwa auf der Dobro oder Lapsteel) hat sich diese Technik etabliert. Doch auch in anderen Genres sorgt das Glissando des Slides für ausdrucksstarke, fast schon gesangliche Linien.
Inhaltsverzeichnis
Das kleine Röhrchen aus Glas oder auch Metall ermöglicht ein sehr emotionales Spiel. Der so genannte „Bottleneck“ oder auch „Slide“ ist in verschiedenen Größen und Längen für kleines Geld zu erstehen. Er kommt normalerweise nur bei Verwendung von Stahlsaiten in Betracht. Diese dürfen gerne auch etwas dicker sein, da der Ton dann schön fett wird. Je massiver das Bottleneck, desto satter der Ton, auch das Sustain verbessert sich mit Zunahme an Masse. Mein erstes Slide fertigte mir ein Freund aus einem massiven Messingrohr an. Ich setze dieses bis heute noch immer ein, da dessen Ton ultrafett ist.
Was ist ein Bottleneck oder Slide?
Ein Bottleneck ist ein Röhrchen aus Glas, Messing oder Stahl, das auf einen Finger der Greifhand gesteckt wird. Durch das leichte Gleiten über die Saiten entsteht ein unnachahmlicher Klang mit fließenden Tonübergängen und intensiven Vibrato-Effekten. Je massiver das Slide, desto satter klingen die Töne; gleichzeitig verlängert sich das Sustain.
- Material: Glas, Messing oder Stahl
- Größe: Verschiedene Längen und Durchmesser erhältlich
- Vorteil massiver Slides: Fetter Ton und längeres Sustain
Viele Gitarristen stimmen ihre Gitarre für das Slide-Spiel offen (Open Tunings) oder erhöhen die Saitenlage etwas, um Bundschnarren zu vermeiden. Gerade Stahlsaiten sind aufgrund ihrer Stabilität und Klangfülle optimal für Bottleneck-Techniken.
Bekannte Slidespieler sind neben Muddy Waters u.a. Duane Allman, Ry Cooder, Derek Trucks, Chris Rea, George Harrison, Johnny Winter, Joe Bonamassa, Bonnie Raitt, Sonny Landreth, Billy Gibbons, Warren Haynes, Lowell George, und Rory Gallagher. Diese Musiker bzw. deren Werke sollte man sich unbedingt anhören, wenn man tiefer in die Materie eindringen will!
Kreativer Einsatz mit Effekten
Auch wenn Blues-Puristen gern auf Effekte verzichten, lässt sich die Slide-Gitarre durch den Einsatz von Verzerrern, Delays oder Reverbs zu neuen Klangwelten erweitern. Das Ergebnis kann sehr sphärisch oder majestätisch klingen. Grundsätzlich gilt: Keine Regeln, alles ist erlaubt, solange es dem Song dient.
Bottleneck aus Glas oder Messing: Eine Anekdote
Legende Muddy Waters war berüchtigt dafür, regelmäßig Flaschen zu zerschlagen, um daraus den perfekten Glasflaschenhals zu gewinnen. Die Polizei war über diese Methode wenig begeistert und nahm ihn zeitweise in Gewahrsam. Doch der Aufwand lohnte sich für Waters, denn ein passend geformtes Glas-Slide ermöglicht einen singenden, fast schon weichen Ton. Ein massives Messing-Slide dagegen klingt tendenziell brutaler, fetter und voluminöser. Die Wahl hängt also vom persönlichen Geschmack und dem gewünschten Klangbild ab.
Spieltechnik: Intonation und Dämpfung
1. Intonation
Da man beim Slide-Spiel nicht mehr in den Bünden greift, sondern das Slide oberhalb des Bundstäbchens aufsetzt, ist präzises Hören entscheidend. Eine saubere Intonation erinnert an den Ansatz eines Geigers oder Cellisten. Die Bünde dienen nur noch als grobe Orientierung. Verlasse dich auf deine Ohren, nicht auf deine Augen, um den exakten Ton zu treffen.
2. Dämpfung unerwünschter Saiten
Gerade bei Blues-Licks oder mehrsaitigen Slides entstehen leicht Resonanzen und Obertöne, die das Klangbild stören. Mit einem Finger hinter dem Slide oder mittels Palm Muting der Anschlaghand kannst du unerwünschte Schwingungen eindämmen. Ein gefühlvolles Abdämpfen ist Teil des authentischen Slide-Sounds.
3. Fingerwahl
Ob du den Ringfinger, Mittelfinger oder kleinen Finger für das Bottleneck nutzt, ist Geschmackssache. Die meisten Slide-Gitarristen verwenden den kleinen Finger oder Ringfinger, weil die restlichen Finger so für das Greifen herkömmlicher Akkorde frei bleiben. Experimentiere, um die für dich beste Methode zu finden.
4. Anschlagtechnik
Viele Slide-Gitarrist*innen spielen bevorzugt ohne Plektrum. Sie nutzen stattdessen die Finger der Anschlaghand, weil das Abdämpfen einzelner Saiten so leichter fällt und der Ton wärmer klingt. Natürlich funktioniert auch ein Plektrum, doch das Spiel wird etwas perkussiver und härter.
Handhabung des Bottlenecks
- Parallel zu den Saiten: Achte darauf, dass das Slide bei Doppelgriffen oder Akkorden nicht schräg auf den Saiten liegt.
- Leichter Druck: Drückst du zu fest, schnarrt oder klackert das Slide an den Bünden. Übe einen konstanten, minimalen Druck aus, damit die Saiten sauber klingen.
- Saitenlage: Eine höhere Saitenlage erleichtert das Slide-Spiel, da die Bünde nicht so schnell Kontakt mit den Saiten aufnehmen.
Open Tunings mit dem Bottleneck
Der Slide wird gerade im Blues gerne mit offenen Stimmungen eingesetzt. Offene Stimmung bedeutet, dass alle Saiten der Gitarre auf eine Note eines (meist) Dur-Dreiklangs gestimmt werden.
Hier bieten sich zunächst drei Varianten an:
Open G (D G D G H D)
- Ideal für Blues in G
- Praktisch: Nur drei Saiten müssen umgestimmt werden
Sicher habt ihr soeben auch verschiedene Akkorde gehört. Diese werden leer, im 2., 3., 5., 7. und 12. Bund gespielt.
Open D (D A D F# A D)
- Wunderbar für Slide-Fingerstyle und sonnigen Delta-Blues
Guter Ton: Vibrato und Dynamik
Ein wesentliches Stilmittel beim Slide-Spiel ist das Vibrato. Hierbei bewegst du das Bottleneck oberhalb und unterhalb des exakten Ziels. Wichtig ist, das Vibrato rhythmisch zu gestalten und nicht sofort hektisch loszulegen. Lass den Ton kurz stehen, bevor du das Vibrato einsetzt, um einen kontrollierten, souveränen Klang zu erzeugen.
- Nervöses Vibrato vermeiden
- Timing und Tempo im Blick behalten
- Klang gezielt formen, statt planlos zu wackeln
Open E (E B E G# H E)
- Wird oft genutzt, wenn die Songs in E erklingen sollen
- Entspricht Open D, nur einen Ganzton höher
Übungsideen
- Einzelnoten mit cleanem Vibrato
Spiele einzelne Töne auf verschiedenen Saiten und versuche, den Ton sauber zu treffen. Bewege das Slide für ein leichtes Vibrato erst nach kurzer Zeit. - Klassischer Blueslick
Reproduziere einfache Blues-Phrasen in Open G oder E, lege Fokus auf korrekte Intonation und Dämpfung. - Wechsel zwischen Saiten
Spiele eine Figur, bei der du zwei benachbarte Saiten anschlägst, ohne dass sie gleichzeitig klingen. Das schult das Abdämpfen.
Klangbeispiele Slide-Gitarre
Im Folgenden werde ich einige Beispiele demonstrieren. Zunächst spiele ich eine einzelne Note. Diese wird relativ zügig „angefahren“ und nach kurzer Definition des Zieltons mit etwas Vibrato versehen. Dieses wird durch „Umspielen“ etwas oberhalb und unterhalb der exakten Zielnote erreicht. Die restlichen oder unbeteiligten Saiten sollten hier gedämpft werden. Dies geschieht mit dem Handballen der rechten Hand und den Fingern der linken Hand.
Nun folgt der klassische Blueslick:
Jetzt wird es geringfügig komplexer. Der folgende Lick erfordert ein gutes Abdämpfen der Saiten. Da hier zwei benachbarte Saiten verwendet werden, die aber niemals gleichzeitig, sondern möglichst gebunden nacheinander erklingen sollen, muss immer jeweils die gerade nicht benötigte Saite abgedämpft werden. Beherrscht man diese Technik, wird man beim Slide-Spiel grundsätzlich wenig technische Probleme haben, da dieser Lick eher als fortgeschritten zu bezeichnen ist. Hat man einmal die Eagles gehört, ist man dieser oder vergleichbaren Phrasen sicherlich schon einmal begegnet.
Grundsätzlich besteht natürlich immer die Möglichkeit, eine Gitarre, die auf ein Open Tuning gestimmt wurde, auch mit einem Kapo zu versehen, um auch in allen Tonarten spielen zu können. Je länger die Strecke der Saiten (Mensur) ist, desto satter der Ton. Wird der Kapodaster oberhalb des fünften Bundes platziert, verliert der Ton bereits ordentlich an Sustain und Charakter, insbesondere wenn man sich auch in den hohen Lagen bewegt.
Fazit
- Slide-Gitarre bietet enorme klangliche Möglichkeiten und verleiht jeder Performance eine emotionale Tiefe.
- Die richtigen Materialien, ein sauberes Tuning und exakte Dämpf-Technik sind entscheidend für einen professionellen Sound.
- Ob du ein Glas-Slide oder ein Messingrohr bevorzugst, liegt an deinem persönlichen Stil und Klangvorstellungen.
- Höre dir Vorbilder wie Duane Allman, Ry Cooder und Bonnie Raitt an, um Inspiration und Techniken aufzusaugen.
- Experimentiere mit Effekten wie Verzerrung und Delay, um das Slide-Spiel in moderne Soundsphären zu katapultieren.
Super! Das wollte ich immer mal wissen. Danke Dir dafür :-)
Toller, uralter Workshop mit guten Beispielen.
So hat der Keyboarder auch mal ne Chance Gitarre zu spielen und zu phrasieren…