ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Special: The Story behind Vermona (HDB Electronic)

Die Story der ehemaligen DDR Marke

22. April 2017

Traummarke Traumsynthesizer: VERMONA

Vorwort der Redaktion:

Bereits 2001 haben wir HDB-Electronics einen ausführlichen Artikel gewidmet und bereits damals Thomas Haller zum Interview gebeten. Vielen unserer Leser war zu dieser Zeit der Begriff „Zonen-Moog“ noch geläufig, womit man die Vermona-Synthesizer der ehemaligen DDR bezeichnete. 

ANZEIGE

Thomas Haller 2001

Bereits in unserem ersten Interview mit Thomas Haller, der Sohn von einem der Gründer der der Firma HDB-Electronics, wurde deutlich, mit welchem Enthusiasmus Vater und Sohn die Marke am Leben hielt und welche großen Ziele sie verfolgte. Gerade aus diesem Aspekt empfehle ich Ihnen, beide Artikel zu lesen, denn wie wir nun wissen, hat sich VERMONA weltweit am Synthesizer-Markt etablieren können und gilt heute als Hersteller hochwertiger elektronischen Musikequipments. Leider ist Bernd Haller 2015 verstorben. Wir möchten diesen Artikel deshalb diesem Elektronik-Pionier widmen, der mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln während DDR-Zeiten Enormes geleistet hat und in einem Atemzug mit einem Bob Moog genannt werden sollte.

Auf die Reise zu den Ursprüngen von Vermona begab sich für uns Siegfried Schöbel, der auf AMAZONA.de besser bekannt ist unter seinem Spitznamen „Onkel Sigi“.

Viel Spaß mit dem Special wünscht Ihnen
Peter Grandl


Bestseller seit Jahren: Der Vermona PerFORmer

Tagesziel: Vermona! Nein, schon richtig gelesen, nicht Verona. An einem schönen Frühlingstag, an dem Wettergott Petrus besonders gute Laune hatte, führte mich mein Weg aus Bayern eine gute Ecke weg Richtung Sachsen, genauer in das Städtchen Markneukirchen und noch genauer zum Ortsteil Erlbach und dort zu HDB Electronic. Selbiges Städtchen liegt idyllisch gelegen im sächsischen Vogtland und liegt in einer Region, welche sich seit schon sehr langer Zeit sowohl dem Instrumentenbau als auch der Herstellung von allem erdenklichen Zubehör zu allen erdenklichen Musikinstrumenten verschrieben hat.

In diesem schönen Städtchen also empfing mich bei herrlichstem Sonnenschein Thomas Haller, seines Zeichens Geschäftsführer der HDB Electronic, auf deren Firmengelände, welches sich etwas abseits vom Stadtzentrum quasi auf der „grünen Wiese“ befindet.

Thomas Haller 2017

„HDB Electronic? Wer is’n das?“ wird sich manch einer der Leser fragen. Schon eher klingeln die Glöckchen wahrscheinlich bei der Nennung des Namens „Vermona“, denn dieser hat ja – gerade bei der Garde der Elektromusiker und auch DJs – seit einigen Jahren einen besonders guten Ruf gewonnen. Nun stehe ich also auf dem Hof dieser Firma und darf mir den ganzen Laden einmal in Ruhe ansehen.

Das erste was auffällt: Die HDB Electronic respektive Vermona ist alles andere als eine nüchtern geführte Massenproduktionsfabrik, wo Dutzende von Arbeitern und Arbeiterinnen in weißen Kitteln und Staubschutzhauben an ellenlangen Fließbändern stundenlang die gleichen Handgriffe ausführen müssen. Hier sieht man die Mitarbeiter über die Stunden eher gut durchgemischt in den verschiedenen Räumlichkeiten und man bekommt schnell den Eindruck, dass hier jeder von allen nötigen Arbeitsschritten eine gute Portion Ahnung hat und so auch universell einsetzbar ist. Dieser Eindruck hat sich bei mir während des 8-stündigen Aufenthalts auch gefestigt, da bei Vermona bei jedem Mitarbeiter ein sehr fundiertes Wissen über Musikelektronik und dessen ganzes Drumherum festzustellen war. Auch machen einige der Mitarbeiter außerhalb ihrer Tätigkeit bei Vermona aktiv Musik oder Tonaufnahmen. Auffällig auch der freundliche Umgangston miteinander und die nicht offen zur Schau getragene Hierarchie.

Gutes Betriebsklima bei Vermona (HDB Electronic)

Im Gebäude selbst findet man vom Brotzeitstüberl bis hin zur Metallwerkstatt mit fetten Schraubstöcken viele Dinge und Räume, die man nicht unbedingt mit Elektronik in Verbindung bringt. Da HDB Electronic aber stets die Möglichkeit haben möchte, einen Prototypen zu bauen oder eine mal nicht ganz einwandfreie Ware eines Zulieferers nachbessern zu können, gibt es hier einiges an gutem Werkzeug.

ANZEIGE

Und noch eine Randnotiz: Mit Thomas Haller war ich Mittagessen im „Erlbacher Brauhaus“ und wer von euch in der Gegend sein sollte: Unbedingt dort Essen gehen und ein exzellentes Bier trinken, welches in den wunderschönen Sudkesseln hinter der Theke frisch gebraut wird!

Das Interview habe ich mit 3 Leuten geführt: Thomas Haller (Geschäftsführer), Thomas Buchheim (Geschäftsführer und Mitbegründer HDB Electronic) sowie Swen Strobel (Entwickler).

Von links nach rechts: Thomas Haller (Geschäftsführer), Thomas Buchheim (Geschäftsführer und Mitbegründer), Swen Strobel (Entwickler), Onkel Sigi

Onkel Sigi:
Wann habt ihr die Firma HDB Electronic gegründet?

Thomas Haller:
Das war gleich nach der Wende im Jahre 1990/91. Lothar Dietrich, Thomas Buchheim und Bernd Haller arbeiteten zu DDR-Zeiten in der Entwicklungsabteilung der Klingenthaler Harmonikawerke und wollten sich schon damals gerne selbständig machen, was aber nicht möglich war. Diesen Wunsch haben die drei dann unmittelbar nach Auflösung der DDR umgesetzt. Der Firmenname HDB Electronic ist aus den Anfangsbuchstaben der Gründer zusammengesetzt: Haller, Dietrich, Buchheim.

Onkel Sigi:
Was war das erste Produkt, was die Firma HDB gefertigt hat?

Thomas Haller:
Bevor überhaupt ein musikalisches Produkt auf den Markt kam, wurden zuerst Telefonanlagen in Gewerberäumen und Privathaushalte verkauft und eingebaut, ebenso Autotelefone, da für Telekommunikations-Einrichtungen ein großer Bedarf bestand. Es war zwar von Anfang an der Wunsch vorhanden, Musikelektronik zu bauen, aber es war nicht absehbar, ob sich das realisieren lässt. So wurden zuerst neben der Telefongeschichte auch elektronische Entwicklungen außerhalb der Musikbranche für andere Firmen getätigt. Den richtigen Zugang zur Musikelektronik kam mit der Firma Warwick, für die wir Verstärker entwickelt und auch gebaut haben.

Onkel Sigi:
Woher kommt der Name „Vermona“ und was wurde zu DDR-Zeiten eigentlich alles dort gebaut?

Thomas Buchheim:
Die „Dachfirma“ hieß damals „VEB Klingenthaler Harmonikawerke“ und unter dem Namen „Vermona“ wurde das gesamte elektronische Musikequipment vertrieben bzw. verkauft. Das waren also Orgeln, E-Pianos, Verstärker und eben auch ein Synthesizer.

Onkel Sigi:
Wie hieß der denn?

Thomas Haller:
„Synthesizer“! (alle lachen)

Onkel Sigi:
Wieviel Stück wurden von dem in etwa verkauft?

Thomas Haller:
Ich meine, so um die 1500 Stück.

Thomas Buchheim:
Das reicht nicht, glaube ich. Das Ganze war ja in der DDR recht eigentümlich. Die Firma, wo wir arbeiteten, hatte keinen Einfluss darauf, wohin die fertigen Produkte verkauft wurden. Das ist alles über den Außenhandel abgewickelt worden und wir wussten eigentlich nie, wer nun die Produkte verwendet und in welchen Stückzahlen was in welches Land geht. Was wir wissen: Es ging viel in die damalige Sowietunion, das war aber meist eine Komplettausstattung für Clubs, Kulturhäuser, Bands etc. Da war dann alles vom Mikrofonkabel über die Instrumente bis zur PA dabei. Diese Gesamtpakete wurden zu Tausenden geliefert und wir wussten aber nie, wo nun genau etwas steht und was damit gemacht wird. Die Rückmeldungen hierüber waren sehr dürftig.

Von dem Synthesizer sind auch ein paar Exemplare in die USA gelangt, wie wir erst später erfahren haben und dort war der Name „Vermona“ dann sogar einigen geläufig. Interessanterweise waren bei den DDR-Musikern DDR-Geräte etwas verpönt und wer die Möglichkeit hatte, besorgte sich Geräte aus dem Westen. Das war auch der Grund, dass 1989/90 der komplette Markt wegbrach und wir hätten uns zum damaligen Zeitpunkt nicht getraut, mit „Vermona“ weiterzumachen.

Vermona Retroverb & Filter

Onkel Sigi:
Was geschah eigentlich in der Folge mit dem VEB Klingenthaler Harmonikawerke?

Thomas Buchheim:
Nach der Wende ist das VEB in etliche Teile auseinandergeflogen und es versuchten sich einige Firmen dort, unter anderem Hohner und Wersi. Durchgesetzt hat sich schlussendlich TechniSat, die dort erfolgreich produzieren.

Onkel Sigi:
Eure neugegründete Firma hieß ja dann „HDB Electronic“. Habt ihr unter diesem Namen auch Geräte produziert?

Thomas Buchheim:
Ja, das haben wir: Powermischer, Endstufen, kleine Mischpulte, Effektgeräte, Röhren-Vorverstärker.

Thomas Haller:
Und ein Digitalpiano, das sollten wir nicht vergessen. Es waren aber nicht mehr als 10 verkaufte Stück.

Thomas Buchheim:
Wir fanden damals für das Digitalpiano keinen vernünftigen Vertriebsweg. Und wir bauten zur damaligen Zeit unter einem anderen Markennamen sogar einen über MIDI programmierbaren Mixer, zwei Jahre, bevor Yamaha mit seinem ersten ProMix auf den Markt kam. Davon haben wir ca. 300 Stück gebaut. Interessanterweise hieß der unsrige ebenfalls Promix und ich denke, dass Yamaha wegen des gleichen Namens rechtliche Streitigkeiten mit unserem damaligen Vertrieb hatte. Wir waren diesbezüglich als Hersteller außen vor und haben davon nichts mitbekommen. Auf alle Fälle waren und sind wir recht breit aufgestellt mit unseren Möglichkeiten.

Thomas Haller:
Für Stanton haben wir auch einige Zeit lang Club-Mixer gebaut.

Platinenbestückung

Sorgfältiges Arbeiten überall

Onkel Sigi:
Ihr habt also auch einiges an OEM-Sachen gemacht?

Thomas Buchheim:
Ja, unter anderem fast 15 Jahre lang Verstärker für Warwick. Und durch diese OEM-Sachen ist dann auch der Kontakt zu anderen Vertriebsfirmen entstanden, die sich mit dem Thema analoge Klangerzeuger beschäftigt haben. So haben wir dann auch Geräte für die Firma MAM aus Erlangen gebaut. Der erste DRM wie auch der erste VSR lief ja unter „MAM“.

Thomas Haller:
Durch interne Querelen bei MAM ging die Zusammenarbeit schlussendlich zu Ende und wir suchten nach einem geeigneten Namen für die Klangerzeuger, welche wir nun unter eigenem Namen auf den Markt bringen wollten.

Thomas Buchheim:
Ich erkundigte mich dann, was denn mit dem Namen „Vermona“ sei und erfuhr, dass die Markenrechte zu erwerben waren. Ich habe mir dann den Patentanwalt geschnappt, der früher für das Kombinat zuständig war und wir haben den Namen angemeldet. Das Problem, dass niemand ein Musikinstrument mit dem Namen „Vermona“ kaufen würde, hatten wir meiner Ansicht nach im Jahre 2000 nicht mehr.

Thomas Haller:
Ich erinnere mich allerdings, dass wir damals schon Diskussionen hatten, ob der Name „Vermona“ nun die richtige Entscheidung war, da dieser Name für die DDR-Musiker – wie schon erwähnt – für etwas stand, was sie nicht haben wollten, sondern für das, was sie nehmen mussten. Wir stellten aber dann im Nachhinein fest, dass es doch einige Sachen gab – so z.B. den Vermona Drumcomputer -, der durchaus einen gewissen Kultstatus hatte, das galt ebenso für das eine oder andere Musikinstrument.

Onkel Sigi:
Ich mache jetzt einen großen Sprung in die Gegenwart. Nachdem sowohl euer Drum-Synthesizer „DRM“ als auch der „Perfourmer“ sowie die „Lancet“-Serie schon so etwas wie eine feste Größe am Markt geworden sind, ist der kürzlich vorgestellte 14-Synthesizer euer erster Klangerzeuger mit Tastatur. Nachdem der sagenumwobene „Mephisto“ ja leider nie als Serienprodukt realisiert wurde, würde mich interessieren, was die Initialzündung für das neue Synthesizer-Projekt war?

Thomas Haller:
Die ursprüngliche Idee für den 14 stammte größtenteils von meinem verstorbenen Vater Bernd Haller, der ja selbst auch aus der Musikerecke gekommen ist und sich sehr für Synthesizer interessiert hat. Der Wunsch, ein Instrument mit Tastatur zu bauen, war bei ihm wie uns auch schon länger vorhanden, so dass es dann schlussendlich den Startschuss gab mit dem Ziel, das Instrument 2014 auf den Markt zu bringen. Durch den Tod meines Vaters hat sich das 14 Projekt dann gezwungenermaßen verzögert, da andere Dinge zuerst erledigt werden mussten.

Montage des 14 Synthesizers

Sorgfalt ist hier Tagesgeschäft

Diverse Platinen für den 14

Bereit zum nächsten Montageschritt

Und immer wieder Qualitätskontrolle

Anmerkung: Der Vermona 14 wurde von mir in einem ausführlichen Test hier auf Amazona besprochen.

Onkel Sigi:
Ist es denkbar, dass Vermona die nächsten Jahre das Angebot an Tastaturmodellen erweitert, evtl. sogar etwas Polyphones?

Thomas Haller:
Wer weiß das schon….. (schmunzelt). Der 14 war für uns der erste Versuch, wie und ob wir so ein Tastaturmodell als Seriengerät umsetzen können und es hat sich gezeigt, dass wir das gut können. So ist also nicht auszuschließen, dass es in Zukunft diesbezüglich mehr gibt.

Onkel Sigi:
Vielleicht auch etwas Speicherbares? Ihr habt ja Erfahrung darin, euer „Mars“ war ja mit Speicherplätzen versehen.

Thomas Haller:
Also rein technisch sehen wir uns diesbezüglich durchaus in der Lage, so etwas zu realisieren.

Swen Strobel:
Es ist so, dass bei einer rein analogen Bauweise die Bauteile selbst durch z.B. Drehen der Potentiometer eine Interaktion bewirken. Will man das digital lösen, muss man die Potentiometer durch fein aufgelöste digitale Bedienelemente ersetzen, welche dann eine analoge Schaltung ansteuern. Das macht die Sache kostenintensiv, besonders bei kleinen Stückzahlen. Zudem kommt noch die Problematik, dass viele analoge Bauelemente, welche man jahrzehntelang problemlos erhalten konnte, von den Herstellern eingestellt wurden und man Schwierigkeiten hat, Adäquates (auch hinsichtlich der Qualität) auf dem Weltmarkt zu finden.

Hin und wieder werden auch „Nicht-Musik-Produkte“ entwickelt und gefertigt. Hier: Schwimmbadsteuerungen!

Onkel Sigi:
Ihr habt ja einige Federhallgeräte im Programm und auch durchaus teure Exemplare. Und es gibt ja von vielen Herstellern solche Geräte, für mich eine mutige Entscheidung. Wer hat sich getraut, das bei euch einzuführen? Wieviel Bier hattet ihr?

Thomas Haller:
(lacht) Das erste Federhallgerät war besonders für die Synthie- und Soundbastler-Fraktion angedacht und selbige zeigten auch Interesse. Die wirklich guten Stückzahlen kamen dann mit dem Retroverb Lancet, welches sich für ein Federhallgerät einer regen Nachfrage erfreut. Und der DSR-3 richtet sich dann besonders an die Studioleute.

Swen Strobel:
Speziell beim DSR-3 ist zu bemerken, dass hier durch uns ein besonders sorgfältiger Abgleich bezüglich der Hallstrecken stattfindet. Man kann nicht einfach in den rechten Kanal eine Hallspirale einbauen, die eine halbe Sekunde länger ausklingt als die linke. Wir legen hier großen Wert auf eine möglichst identische Paarung der Spiralen. Und es ist interessant, wenn man das DSR-3 im Vergleich zu einem beispielsweise Lexicon oder Quantec hört, dass es dann oft ein verblüffendes Aha-Erlebnis gibt, wie gut, organisch und eigenständig dieser Stereohall auf Federbasis klingt.

Onkel Sigi:
Verkauft ihr eure Geräte eigentlich weltweit?

Swen Strobel:
Ja. Entweder haben unsere Geräte ein eingebautes Universalnetzteil oder wir packen ein länderspezifisches bei.

Onkel Sigi:
Euer langjähriger Renner im DJ-Bereich, das „Action Filter“, ist mittlerweile in der vierten Generation erhältlich. Weshalb diese relativ häufigen Anpassungen an einem doch bereits in der ersten Generation sehr stimmigen Produkt?

Vermona 14 – ein Edelsynthesizer

Thomas Haller:
Das erste Action Filter hatte sehr spezielle Potis eingebaut, das waren richtig große „Klopfer“ und nicht tot zu bekommen. Aber die Bauform war sehr speziell und wir suchten nach einer für uns besser umzusetzenden Lösung. Bei Version zwei verwendeten wir dann andere Potis, welche im Langzeitbetrieb aber nicht unsere Erwartungen an dauerhafte Stabilität erfüllt haben. So kam es dann zur nächsten Version und die momentan Aktuelle besitzt nun sogar einen Bypass-Schalter, der eigentlich kein Schalter mehr ist, da er optisch abgetastet wird und mechanisch nichts mehr auslöst.

Swen Strobel:
Diese Lösung ist vandalismussicher! (alle lachen).

Onkel Sigi:
Es ist offensichtlich, dass ihr Geräte auf Langlebigkeit baut, was ja heutzutage nicht selbstverständlich ist. Setzt ihr Hinweise eurer Anwender bezüglich Problemstellen eigentlich kurzfristig in eurer Produktion um?

Swen Strobel:
Das ist ja eben der Vorteil, wenn eine Firma als Manufaktur organisiert wird und im Prinzip bis zur letzten Schraube alles in einer Hand ist. Lässt man die Produkte irgendwo in China bauen und hat dann einen Container voll Ware, welche einen bestimmten Fehler hat, ist dieser kaum zu beseitigen. Wenn wir so fernab produzieren lassen würden, hätten wir praktisch keine realistische Reaktionszeit mehr, wenn während der Produktion etwas auffällig werden sollte. Wir wollen aber lieber schnell auf unsere Kunden reagieren können und verzichten bewusst auf Massenfertigung in Asien. Es mag schon gehen, dass man in kleiner Serie und hoher Qualität auch in Asien produzieren lässt, das ist aber dann wirtschaftlich uninteressant. Wir machen es dann lieber hier vor Ort gleich richtig.

Endmontage eines DRM 1 Mk 3……

….und dessen Endkontrolle

Onkel Sigi:
Zudem eure Geräte teilweise erstaunlich preiswert sind, z.B. die Lancet-Serie: bombenstabil gebaut, top Audiowerte und „ready for stage and studio“. Umso bemerkenswerter, da es sich bei euch ja tatsächlich um eine Manufaktur handelt, Kollege Roboter findet bei euch keine Anstellung. Und wenn mal etwas kaputt geht, ist ein Vermona-Gerät kein Fall für den Wertstoffhof.

Thomas Haller:
Richtig. Unsere Geräte sind zwar nicht billig, aber auch keinesfalls teuer. Wir sehen sie im Wortsinn als preiswert an. Wir wollen aber auch nichts mit Gewalt bauen, was es bereits von einem anderen Hersteller schon in guter Qualität zu einem geringen Preis gibt. Wir versuchen immer, etwas möglichst Eigenständiges zu machen, was dann aber auch unserem Qualitätsanspruch gerecht wird.

Ruhige Hände sind gefragt….

….für kleinste Bauteile

Onkel Sigi:
Mir fällt da eben eure Kick-Lancet ein.

Thomas Haller:
Diese entstand unter anderem auch dadurch, dass manche Kunden gesagt haben, sie wollten etwas haben, das ordentlich Druck macht.

Onkel Sigi:
Ihr entwickelt eure Geräte konsequent auf ihren Einsatzzweck hin, so sieht es für mich aus. Bei der Lancet-Serie z.B. gibt es ja wenig Überschneidungen, eigentlich kann man alle brauchen. Ist das eure Strategie?

Thomas Haller:
Wir versuchen schon, dass es bei den Geräten wenig Dopplungen gibt. Eine Ausnahme ist hier Filter Lancet und Retroverb Lancet, welche bis auf die Hallspirale ja weitgehend identisch sind. Wir wollten aber jemandem, der schon einen Federhall besitzt oder keinen will und eben nur ein Filter braucht, auch ein für ihn passendes Werkzeug anbieten können. Das Filter Lancet ist dann auch einen guten Ticken günstiger als das Retroverb Lancet.

Onkel Sigi:
Eure Geräte sind ja auch bestens für das Sounddesign geeignet. War das eure Intention, diese Klientel zu bedienen?

Thomas Haller:
Das hat sich so ergeben. Oftmals ist ja die ursprüngliche Idee etwas anderes als das, was hinten rauskommt. Oftmals ergibt sich eine Anwenderklientel, an die man zuerst gar nicht gedacht hat. Allerdings war schon unser erstes Produkt unter dem wiederbelebten Namen Vermona, die DRM, aufgrund ihrer vielfältigen Möglichkeiten sehr gut für das Sounddesign geeignet. Dadurch, dass wir von Anfang an sehr viele Eingriffsmöglichkeiten zugelassen haben, sind unsere Geräte irgendwie automatisch Richtung Sounddesign gegangen.

Chef und Musiker: Thomas Haller

Onkel Sigi:
Aber was man wohl durchaus sagen kann: Ihr seid durch und durch auf der analogen Schiene! Oder?

Thomas Haller:
Ach nein, ich würde das Digitale mal nicht komplett für die Zukunft ausschließen wollen.

Swen Strobel:
Wir haben elektronisch betrachtet ja auch Erfahrung Richtung DSP und Richtung Digitaltechnik und evtl. kann man in späteren Geräten die essentiellen Klangbauteile analog ausführen und weniger auf den Klang bezogene mit digitaler Technik aufbauen. Hier wird sich evtl. die nächsten Jahre die eine oder andere Mischlösung ergeben.

Onkel Sigi:
So ganz auszuschließen ist es also nicht, dass es einmal eine „Digi-Lancet“ geben könnte?

Swen Strobel:
Nein.

Thomas Haller:
Unser fourMulator aus der Eurorack-Serie ist z.B. komplett digital aufgebaut. Die LFOs werden hier digital erzeugt und es hat sich bisher niemand gefunden, der das als Nachteil empfunden hätte. Das Gerät erzeugt ja lediglich eine Steuerspannung und klingt selbst nicht.

Swen Strobel:
Wir lehnen die Digitaltechnik nicht ab, auch nicht als Klangerzeugung. Grundsätzlich können wir das und wenn sich damit ein Produkt findet, was andere so nicht anbieten, dann ist es durchaus im Bereich des Möglichen.

Onkel Sigi:
Ihr habt ja seit einiger Zeit auch Eurorack-Module im Angebot.

Thomas Haller:
Ja, und das Angebot wird permanent erweitert. Dennoch möchte ich aber gleichzeitig feststellen, dass wir deshalb unsere Desktop-Produkte keinesfalls vernachlässigen werden.

Eurorack-Modul in der Testphase

Swen Strobel:
Wir lassen uns bei den Modulen auch durchaus von unseren Kunden bzw. Anwendern inspirieren. Manchmal wird uns ein Wunsch oder eine Idee zugetragen, wo wir uns dann überlegen, wie sich dies sinnvoll in einem neuen Modul einsetzen lässt. Manchmal entsteht dann so ein Prototyp in einer Woche, manchmal dauert es auch ein halbes Jahr, bis es umgesetzt ist. Mit so einem Prototypen geht man dann schon auch einmal bei dem einen oder anderen „hausieren“, um dessen Meinung einzuholen. Manchmal bleibt dann alles so, wie der Prototyp gemacht ist und manchmal strickt man dann wieder etliches um. Wir wollen auf keinen Fall etwas produzieren, was dann schlussendlich keiner braucht.

Die „Spielwiese“…..

…..für diese beiden Tüftler

Onkel Sigi:
Wie sieht es denn mit den 500er Modulen aus, wollt ihr da auch einmal einsteigen?

Swen Strobel:
Ich sag einmal so: Ausschließen will ich es nicht. Privat habe ich mich schon länger mit der Thematik beschäftigt, stelle aber fest, dass es mittlerweile Module „von bis“ gibt, manche erstklassig, manche funktionieren vielleicht in der Brotdose, das war es dann aber auch schon. Was ich hierbei für Vermona sehe, wären Schaltungen aus der klassischen Studiotechnik, zum Beispiel PreAmps. Diese gibt es zwar wie Sand am Meer, aber richtig gute umso weniger. Oder in der Filtertechnik, wo wir ja viel Erfahrung die letzten Jahre gesammelt haben.

Onkel Sigi:
Ich möchte mich bei euch herzlich für die freundliche Aufnahme hier und die vielen interessanten Auskünfte bedanken und wünsche eurer sympathischen Audio-Manufaktur ein weiterhin glückliches Gelingen all eurer Projekte.

Vermona Eurorack Modulrahmen

ANZEIGE
ANZEIGE
Forum
  1. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Vielen Dank, das ist eine sympathische Firma, ein Beispiel deutscher „Ingineurskunst“, auch solche „kleineren“ Firma sind wichtig für den Wirtschaftstandort Deutschland.

  2. Profilbild
    Joghurt AHU

    Sehr schönes Interview über eine grossartige Firma. Ich freue mich immer wieder, von einem solchen echten Enthusiasmus zu lesen. Hoffentlich finden Sie auch in Zukunft genügend Musiker, welche eine solche Qualität und Hingabe zu schätzen wissen.

  3. Profilbild
    Stue

    Habe das Interview ebenfalls sehr gerne gelesen – Vermona hat tolle Produkte mit hoher Wertigkeit und super Sound. Liebe die Haptik der Potis und Kippschalter und auch das Layout der Desktop- und Eurorack-Produkte. Habe noch einen älteren Phaser (PH-16) im Rack und nutze den für meine Synths (z.B. Roland Juno-60). Klingt super und kann neben klassischen Phaser-Effekten (sehr langsame Schwebungen als „Stereo-Effekt“!) die Synth-Sounds auch schön verbiegen… Kann man nicht eine abgespeckte Variante für Eurorack bringen inkl. Nutzung des LFO? Weiterhin viel Erfolg für diese sympathische Elektronik-Manufaktur!!

  4. Profilbild
    costello RED

    Halloren-Schokolade, Rotkäppchen-Sekt und Synthesizer von Vermona – ist doch schön, dass es das eine oder andere Qualitätserzeugnis der DDR in die heutige Zeit geschafft hat. Tolle Firma, Qualität Made in Germany, Top-Design! Und ein sehr schönes Interview, Onkel Sigi!

    • Profilbild
      Synthfreak AHU

      @costello Die Wikana-Kekse (Othello z.B.) nicht zu vergessen. Aber du hast schon recht, viele Betriebe sind nach der Wende kaputt gegangen, umso schöner, dass es diesen noch gibt. Und wenn jetzt der MEPHISTO doch noch reanimiert würde…

  5. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    German Bodenständigkeit und unaufgeregte Step by Step Entwicklung. Bewusstsein für Qualität steht vor dem Drang, „Innovationsweltmeister“ werden zu wollen. Guter Weg, weiter so!

  6. Profilbild
    Gammalicht

    Lesenswerter Bericht über eine großartige Firma. Vermona Geräte sind bei mir ins Studio gekommen um zu bleiben. Tolle Haptik und überzeugender Sound. Empfinde die Kleinserienproduktion als wohltuend anders. Wünsche Euch weiterhin viel Erfolg!

  7. Profilbild
    ukm

    Den „Synthesizer“ hatte ich mal in den 80ern. Soweit ich mich erinnere, war der insbesondere für Synthbässe prima geeignet. Diese Geräte hatten auch die Eigenschaft, dass fast alle Parameteränderungen zu interessanten Ergebnissen führten. Deshalb habe ich später auch nie verstanden, wieso ein Gerät 2^n Presets braucht, wenn 90% davon sowieso nicht zu gebrauchen sind.
    Später war dann mal ein „Mephisto“ im Gespräch, der vermutlich aus betriebsswirtschaftlichen Gründen dann nicht umgesetzt wurde – ich hätte ihn gekauft.

  8. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Die Vermona Sachen klingen toll und die sind wirklich nicht nur symphatisch, sondern auch supernett. Mein Retroverb Lancet gab plötzlich kein Ton mehr von sich und Garantie war auch nicht mehr. Also flink bei Vermona angerufen und das Problem geschildert, super nettes Gespräch und ich soll es doch einschicken. Gesagt, getan, ein paar Wochen später war es wieder da und die Kosten der Reperatur betrugen 0,00 Euro, weil es nur eine Kleinigkeit war. Auch ein Beitrag zur Kaffeekasse wollte man nicht. Wenn alle so nett und zuvorkommend mit ihren Kunden am Telefon und per Email umgehen, sehe ich nicht nur für Vermona eine grosse Zukunft. Und damir meine ich wirklich der umgang mit dem Kunden, die Repertatur hätte ich ohne mit den Augen zu zwinkern gezahlt. Spätestens seit diesem Erlebnis verfolge ich jede News von Vermona.

  9. Profilbild
    NicGrey

    Kann mich Sven nur anschliessen. Support, Kundendienst und das ganze Vermona Team sind erstklassig. Die Produkte sowieso.

  10. Profilbild
    liquid orange AHU

    Habe gerade einen Vermona randomRHYTHM erworben. Geniale Idee, hervorragend umgesetzt, sauber verarbeitet, einfach zu bedienen, top Beschreibung. Bei dieser Firma werde ich jetzt immer zuerst suchen wenn ich was Neues – gerne auch mal was ganz schrääääges – einbauen möchte!

Kommentar erstellen

Die AMAZONA.de-Kommentarfunktion ist Ihr Forum, um sich persönlich zu den Inhalten der Artikel auszutauschen. Sich daraus ergebende Diskussionen sollten höflich und sachlich geführt werden. Politische Inhalte und Statements werden durch die Redaktion gelöscht.

Haben Sie eigene Erfahrungen mit einem Produkt gemacht, stellen Sie diese bitte über die Funktion Leser-Story erstellen ein. Für persönliche Nachrichten verwenden Sie bitte die Nachrichtenfunktion im Profil.

X
ANZEIGE X