Alternate Picking - das Geheimnis hinter der Spieltechnik!
Wenn du deine Spieltechniken auf der E-Gitarre gezielt verbessern willst, führt kein Weg an Alternate Picking und Pickslanting vorbei. Diese beiden Spieltechniken sind essenziell, wenn es darum geht, präzise, schnell und sauber zu spielen – sei es bei schnellen Soli, komplexen Riffs oder technischen Passagen. In diesem Artikel erfährst du, was hinter diesen Begriffen steckt, wie sie zusammenhängen und wie du sie in dein tägliches Üben an der E-Gitarre integrieren kannst. Egal ob Anfänger oder Fortgeschrittener: Mit dem richtigen Ansatz beim Alternate Picking und einem Verständnis für Pickslanting wirst du dein Gitarrenspiel auf ein neues Level heben.
Inhaltsverzeichnis
- Die Geschichte des Alternate Pickings / Wechselschlags
- Die Spieltechnik des Alternate Picking
- Pickslanting – eine Version des Alternate Picking
- Tipps & Tricks für Alternate Picking als Spieltechnik
- Die Spieltechnik des Two Way Pickslanting an der E-Gitarre
- Die Spieltechnik des Alternate Picking – üben, üben, üben!
Die Geschichte des Alternate Pickings / Wechselschlags
Alternate Picking – oder Wechselschlag, auf deutsch – wurde maßgeblich von Gitarristen wie Al Di Meola und John McLaughlin geprägt, die in den 70ern mit beeindruckender Präzision und Geschwindigkeit neue Maßstäbe setzten. In den 80ern brachte Yngwie Malmsteen die Technik mit seinem neoklassischen Stil in die Metal-Welt und kombinierte sie mit schnellen Skalenläufen. Paul Gilbert machte Alternate Picking an der E-Gitarre durch seine Lehrvideos einem breiten Publikum zugänglich, während Michael Angelo Batio mit extremer Geschwindigkeit und Technik das Shred-Level neu definierte. Diese Spieler legten den Grundstein für modernes, effizientes Gitarrenspiel – und prägten eine Technik, die vielen als der heilige Gral für ein effizientes, technisch ausgereiftes Spiel gilt.
Die Spieltechnik des Alternate Picking
Fangen an den Basics an: Beim „Alternate Picking“ wechseln sich die Anschläge, wie der Name schon sagt, immer zwischen Down- und Upstroke ab. Das bietet den Vorteil, dass eine konstante Bewegung ausgeführt werden kann und beim Picken auf ein und derselben Saite keine Bewegung an der Saite vorbei „umsonst“ gemacht wird.


Spielt man beispielsweise bei E-Gitarre Rhythm Guitar Parts à la Metallica alle Töne mit Downstrokes, ist jede Bewegung, die das Plektrum wieder „über“ die Saite bringt nach einem ausgeführten Downstroke „umsonst“. Vorteil der reinen Downstrokes ist ein sehr massiver Sound (man denke an „Master Of Puppets“). Technisch effizient ist das aber nicht. Der Wechselschlag bietet also eine gewisse Effizienz im Vergleich zum Spiel mit ausschließlich Down- oder ausschließlich Upstrokes. Hier eine kurze Übersicht zur Herangehensweise:
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Plektrumhaltung prüfen:
Halte das Plektrum fest, aber entspannt.
Zeigefinger und Daumen sollten das Plektrum im rechten Winkel zur Saite führen. -
Schlagrichtung abwechseln:
Beginne mit einem Abschlag (Downstroke).
Danach folgt ein Aufschlag (Upstroke) – und so weiter, immer im Wechsel. -
Kleine, effiziente Bewegungen:
Vermeide große Armbewegungen.
Die Bewegung sollte hauptsächlich aus dem Handgelenk kommen, nicht aus dem Ellbogen. -
Gleichmäßiger Rhythmus:
Übe langsam mit Metronom.
Ziel: gleichmäßiger Abstand zwischen den Schlägen – keine Betonung auf Downstrokes. -
Auf Saitenwechsel achten:
ANZEIGEBeim Wechseln der Saite Position leicht anpassen.
Hier kommt Pickslanting ins Spiel (z. B. Downward Slant für effizientes Abwärtswechseln). -
Täglich üben – am besten mit Skalen oder einfachen Licks.
Pickslanting – eine Version des Alternate Picking
Gucken wir uns das mal genauer an: Man kann beim Alternate Picking auf der E-Gitarre nämlich nochmal genauer unterscheiden. Einige Player schlagen die Saiten mit einem leichten (bis zu 45°) Winkel nach „unten“ an. Der Downstroke geht also etwas in Richtung Korpus. Das nennt man „Downward Pickslanting“.
Andere Gitarristen schlagen primär in der anderen Richtung an. Das Plektrum schlägt also beim Upstoke Richtung Korpus an, sprich beim Downstroke vom Korpus weg. Hierbei handelt es sich entsprechend um „Upward Pickslanting“.
In beiden Fällen ändert sich der Anschlagswinkel bei mehreren Anschlägen hintereinander nicht. Der Vorteil davon ist wieder die Kontiunität der Bewegung und damit eine relativ einfache Automatisierung des Anschlags in der Hand. Klar, das klingt erstmal ein bisschen sperrig und theoretisch, daher gilt: Plektrum in die Hand nehmen, erfühlen und rausfinden, was sich für einen richtig anfühlt. Wenn ihr euch vertraut gemacht habt, lohnt ein genauer Blick auf die Technik. Denn wer Alternate Picking von Anfang „richtig“ lernt, erspart sich eine Menge Frust „down the line“.
Downward Pickslanting
Spielt man mit „Downward Pickslanting“ einen Downstroke, ist das Plektrum nach dem ausgeführten Anschlag quasi „unter“ der Saite und kommt erst nach einem Upstroke wieder „über“ die Saite.
Upward Pickslanting
Spielt man konstantes „Upward Pickslanting“ so drehen sich die Vorzeichen einfach um. Nach dem Downstroke ist das Plektrum „über“ der Saite und nach einem Upstroke ist es „unter“ der Saite.
Tipps & Tricks für Alternate Picking als Spieltechnik
Jetzt ergibt sich daraus ein Problem. Jeder, der den Alternate Picking Anschlag mit seiner rechten Hand übt, wird merken: Immer wieder mal bleibt das Plektrum irgendwie … hängen. Warum das bei der E-Gitarre so ist, lässt sich am besten an einer Reihe von Spieltechniken demonstrieren.
Exercise 1: Spiele mit Downward Pickslanting und einem Downstroke, beginnend den ersten Fingersatz der Mollpentatonik aufsteigend von der sechsten zur ersten Saite. Das klappt ganz gut, oder?
Exercise 2: Spiele nun das Gleiche mit Upward Pickslanting und einem Upstroke beginnend!
Auch das sollte ohne Probleme funktionieren. Wo ist denn nun das Problem?
Exercise 3: Spiele eine Dur-Tonleiter als Three Notes per String Fingersatz mit konsequentem Downward Pickslanting und einem Downstroke beginnend.
Das funktioniert bis inkl. dem dritten Ton sehr gut. Beim Saitenwechsel werdet ihr aber Probleme bekommen. Das Plektrum hängt irgendwie „fest“.
Gleiches passiert beim Spiel (Exercise 4) der gleichen Tonleiter mit Upward Pickslanting und einem Downstroke beginnend, allerdings erst nach dem sechsten Ton beim zweiten Saitenwechsel.
Warum ist das so? Nun, wir erinnern uns an den Anfang der Pickslanting Erklärung. Beim Downward Pickslanting ist das Plektrum „nach“ einem Downstroke „unter“ der Saite und muss erst wieder einem Upstroke ausführen, um „über“ der Saite zu sein. Für einen Saitenwechsel muss das Plektrum aber „über“ der Saite sein, da es sonst quasi „unter“ der Saite festhängt.
Bei der Mollpentatonik hat es aber geklappt. Warum? Die Mollpentatonik besteht im „normalen“ Fingersatz aus immer zwei Tönen pro Saite. Daraus folgt, dass immer ein vollständig ausgeführter Wechselschlag (Downstroke und Upstroke) pro Saite ausgeführt wird. Das wiederum bedeutet, dass bei Downward Pickslanting mit beginnendem Downstroke und Upward Pickslanting mit beginnendem Upstroke nach zwei Anschlägen das Plektrum immer „über“ der Saite ist. Deshalb funktioniert der Saitenwechsel hier problemlos.
Schlussfolgerung:
Die Effektivität des Alternate Picking hängt stark von der Anzahl der gespielten Töne pro Saite in Kombination mit der verwendeten Pickslanting-Technik ab. Wird pro Saite eine gerade Anzahl von Tönen gespielt (z. B. zwei Töne bei der Mollpentatonik), lässt sich ein konstantes Pickslanting problemlos umsetzen, da das Plektrum beim Saitenwechsel automatisch in der richtigen Position ist. Bei ungeraden Tonzahlen pro Saite (z. B. drei Töne pro Saite bei Three Notes per String) führt konstantes Pickslanting hingegen zu Schwierigkeiten beim Saitenwechsel, da das Plektrum in der falschen Ausgangsposition „hängen bleibt“. Um flüssiges Spielen zu gewährleisten, muss in solchen Fällen entweder das Pickslanting dynamisch angepasst oder eine andere technische Lösung gefunden werden.
Die Spieltechnik des Two Way Pickslanting an der E-Gitarre
Um diesem Problem zu begegnen, kommt die 80s Shred Style Methode „Two Way Pickslanting” zum Einsatz an der E-Gitarre.
Beim Two Way Pickslanting, wie es beispielsweise Shred Legende Michael Angelo Batio, verwendet (gut zu sehen in den hervorragenden Videos von Troy Gray / Cracking The Code) wechselt das Plektrum bei einer ungerade Anzahl an Tönen auf derselben Saite, immer während des letzten Anschlags vor dem Saitenwechsel die Pickslanting Richtung. Sprich von Downward zu Upward oder von Upward zu Downward. Dieser Wechsel ermöglicht, dass das Plektrum nach dem letzten Anschlag auch bei einer ungeraden Anzahl an Anschlägen „über“ der Saite und damit in Position für einen Saitenwechsel ist (Exercise 5).

Exercise 5 Two Way Pickslanting („+“ markiert den Wechsel von Downward zu Upward oder Upward zu Downward Pickslanting)
Klingt verrückt? Ja, ist es auch. Diese Technik erfordert etwas Übung, bis sich der Kopf, die Gelenke und v. a. die Automatismen an die neuen Bewegungsabläufe gewöhnt haben. Dann steht sauberem Picking, aber wenig im Weg.
Ausnahme: Was passiert bei One Note Per String Arpeggios à la Steve Morse? Hier müsste das Plektrum beim jedem einzelnen Anschlag die Picking-Richtung wechseln. Jetzt kommen wir zur Ausnahmeregel: Cross Picking. Das Plektrum kommt durch eine Halbkreisbewegung bei jedem einzelnen Anschlag „über“ der Saite heraus (Exercise 6).
Gibt es Alternativen, um auch ohne Two Way Pickslanting Three Note Per String Fignersatz sauber zu picken? Klar! Vernachlässigt man einmal Legato Techniken oder Kombinationen aus z. B. zwei Tönen picken plus einen Hammer-on bzw. Pull-off (Exercise 7), so kommt man auf eine weitere Variante.
Frank Gambale verwendet beispielsweise das sogenannte „Economy Picking“ (Exercise 8). Hierbei wird die Problematik des Saitenwechsels dadurch gelöst, dass kein konstantes Alternate Picking ausgeführt wird, sondern an bestimmten Stellen zwei Downstrokes bzw. zwei Upstrokes hintereinander ausgeführt werden. So wird umgangen, dass das Pick „unter“ der Saite festhängt, dann man einfach einen kurzen Sweep – wenn man so will – ausführt und dann auf der nächsten Saite mit Alternate Picking weiterspielt.
Die Spieltechnik des Alternate Picking – üben, üben, üben!
Egal welche Pickingart und Spieltechnik man an der E-Gitarre wählt, übt und meistern möchte, die oberste Priorität beim Üben gilt neben der akkuraten Ausführung der Lockerheit des Handgelenks, der Hand allgemein, des Unter-/Oberarms bis in die Schulter hinein. Das Tempo und die Länge der gespielten Phrase bestimmt sich daraus, ob man noch locker bleiben kann. Merkt man eine leichte Anspannung oder Verkrampfung, sollte man eine kürzere Phrase und/oder ein langsameres Tempo wählen, bis dieses „locker“ läuft.
Routine ist auch ein überaus wichtiger Punkt. Wer einmal im Monat einen ganzen Tag Technik übt, der wird geringere Fortschritte vermerken als jemand, der täglich dreißig Minuten daran arbeitet und zwischendurch „Rest days“ einlegt, um dem Kopf Zeit zur Verarbeitung des erlernten zu geben. Auch eine Art Intervalltraining ist sehr sinnvoll. Spiele ein kurzes Patterns, dreimal langsam (z. B. in Achteln) und einmal schnell (z. B. in Sechszehnteln). So muss der Kopf und die Hände, nicht direkt ein ganztaktiges Lick abfeuern, sondern trainiert eine kleine, überschaubare Einheit. Diese lässt sich dann erweitern und ergänzen zu immer längeren Phrasen/Runs.
Ich hoffe, diese Ideen zum Alternate Picking haben euch etwas geholfen. Wie immer gilt auch hier, dass es nicht DEN einen Weg gibt. Viele Player beweisen das Gegenteil, dass auch sehr spezielle eigene Wege funktionieren können. Mir persönlich hat die Betrachtungsweise der verschiedenen Pickingarten anhand von Videos sehr geholfen, um mir über gewisse Bewegungsabläufe im Klaren zu werden und hoffe, dass euch die Ideen auch etwas inspirieren konnten. Viel Spaß beim Üben!
Hallo Simon,
danke für den schönen Artikel!
Das gibt mir auf jeden Fall Stoff zum Nachdenken und ich werden schauen, dass ich mir einige Ansätze draufschaffe.
Etwas unklar ist mir allerdings, ob das Slanting nicht etwas unökonomisch ist. Ich habe noch gelernt, dass das Plektrum im Wesentlichen senkrecht zur Korpusoberfläche stehen soll und parallel zur Saite (wenn man mal von Spezialeffekten wie Chicken Picking mit forcierten Obertönen absieht). Dann ist beim Wechselschlag relativ wenig Bewegung des Plektrums relativ zur Korpusebene.
Beim Slant Picking müsstest Du immer wieder hin- und herkippen, das ist eine relativ komplexe Bewegung.
Ich weiß, dass jeder E-Gitarrist sowieso sein Ding macht (das ist bei den klassischen Gitarristen auch oft so), aber hast Du da Erfahrungen aus Ergonomiesicht?
Gruß
Fredi
@Fredi Hi Fredi,
ja, anfangs fühlt sich das etwas strange an. Ich arbeite aktuell auch wieder intensiver an der Technik und empfinde sie aber mittlerweile als sehr angenehm und effizient. Das Pickslanting ist an sich ein sehr effizienter Weg des Saitenwechselns. Wenn Du das Pick 90° zum Korpus hälst und quasi parallel anschlägst hast bei jedem Saitenwechsel eine Bewegung die aus Deinem gewohnten Anschlag rausgeht, weil das Plektrum „über“ die Saiten muss und ja dann immer „zwischen“ den Saiten anschlägst. Das geht auch und wie schon gesagt, jeder muss (allein schon wegen unterschiedlicher Anatomie) seinen eigenen Weg finden. Der Artikel soll auf keinen Fall sagen „so geht das“ (wer bin ich das ich das könnte), aber er soll einfach etwas Inspiration geben, um ggf. neue Wege zu entdecken. Man findet sehr spannende Sachen, wenn man Troy Grady im Zusammenhang mit Martin Miller oder Michael Angelo Batio recherchiert ;-)
Liebe Grüße und viel Spaß beim Üben,
Simon
@Simon S Hallo Simon,
Du schreibst:
> [beim Saitenwechsel mit klassischer Technik und Wechselschlag muss man das Plektrum anheben]
Prinzipiell nachvollziehbar, aber ich sehe nicht, wie das Slanting das Problem löst. Da greift das Economy Picking, wie Du schon beschrieben hast.
Mich würde mal interessieren, wie solche Wechselschlaggurus wie Al DiMeola oder Steve Morse das angehen, ob die auch „slanten“.
Auf jeden Fall Dankeschön für die Inspiration!
Gruß
Fredi
@Fredi Spannende Sache… werde ich mal etwas recherchieren wie die beiden von Dir genannten Klampfer Skalen picken :) Steve Morse ist in jedem Fall einer der Kings im „Cross Picking“. Dabei geht es aber eher um One Note Per String Arpeggios als um Skalen. Two Way Pick Slanting löst auf jeden Fall Probleme im Hinblick auf Skalenspiel. Aber auch hier: Wer eigene Wege geht und damit ans Ziel kommt: Go for it, there is always more than one way!