Günstiger Kopfhörer mit Plug-in-Extra
Im Jahr 2018 wagte sich das Berliner Unternehmen ADAM Audio erstmals an einen Kopfhörer und präsentierte den SP-5. Hier unser Testbericht dazu. Mit dem ADAM Audio H200 bringt die Firma nun einen weiteren Studiokopfhörer auf den Markt, der preislich aber deutlich günstiger ist und – so könnte man vermuten – nur im Einsteigerbereich Interesse wecken wird. Doch der Preis ist bei Kopfhörern nicht zwangsläufig aussagekräftig. Viele Nutzer setzen seit Jahren auf altbekannte Standard-Kopfhörer von AKG, Beyerdynamic & Co., wovon die wenigsten aus dem hochpreisigen Segment kommen. Schauen wir einmal, was der ADAM Audio H200 zu bieten hat.
Inhaltsverzeichnis
Der Kopfhörer ADAM Audio H200
Beim H200 handelt es sich zunächst einmal um einen klassischen dynamischen Kopfhörer, der als ohrumschließend und geschlossen konzipiert ist. Ausgeliefert wird der Kopfhörer in einem schlichten, bedruckten Pappkarton, der neben dem Kopfhörer ein gerades Kabel mit 3 m Länge, einen Adapter von 3,5 mm Klinke auf 6,3 mm Klinke sowie einen Stoffbeutel enthält. Sollte es beim Kabel einmal zu einem Defekt kommen, lässt sich dieses also unproblematisch austauschen. Das Kabel kann beidseitig am Kopfhörer angeschlossen werden und sitzt dank einer kleinen Mulde, in der die Anschlussbuchse montiert ist, fest und sicher. Arretieren lässt sich das Kabel allerdings nicht.
ADAM Audio verzichtet bei der Verpackung des H200 komplett auf Plastik, das freut die Umwelt. Und auch für die Tatsache, dass das Kopfbügelband und die Ohrpolster komplett austauschbar sind und so – zumindest in diesen Bereichen – ein möglichst langes Produktleben gewährleistet werden kann, gibt es einen Pluspunkt.
Beim Design des H200 hat sich ADAM Audio nicht allzu weit aus dem Fenster gelehnt, so dass der Kopfhörer komplett in Schwarz gehalten ist. Lediglich das Firmenlogo und die Produktbezeichnung prangen in Weiß auf der Außenseite der Ohrmuscheln. Der Kopfhörer besteht zu großen Teilen aus Kunststoff und ist mit 250 g Gewicht entsprechend leicht. Die Grundkonstruktion des Kopfhörers besteht aus einem Kunstoff-Kopfbügel, der auf der Unterseite mit Kunstleder ausgestattet ist, so dass er weich auf dem Kopf aufsitzt. An den beiden Enden des Kopfbügels verlassen diesen zwei kurze schwarz-gelbe Kabel und führen zu den Ohrmuscheln.
Die Außenseiten der Ohrmuscheln bestehen aus einer Kunststoffschale, auf der Innenseite sind diese, wie auch der Kopfbügel, mit Kunstleder ausgestattet. Optional erhältlich sind auch Velours-Ohrpolster.
Der Kopfhörer sitzt angenehm auf dem Kopf und meine Ohren werden komplett umschlossen. Da es sich beim H200 um ein geschlossenes Modell handelt, werden Außengeräusche gut abgemildert. Auch in die andere Richtung, d. h. Signale, die der Kopfhörer abspielt und nach außen dringen, werden gut abgemildert, so dass man bei Aufnahmen keine Angst haben muss, dass das Playback-Signal von umstehenden, scharfgeschalteten Mikrofonen aufgezeichnet wird.
Tragekomfort und technische Daten des H200
Den Tragekomfort des ADAM Audio H200 empfinde ich als gut. Der Anpressdruck ist gut spürbar und der Kopfhörer sitzt fest auf dem Kopf. Kopf schütteln, mitwippen und nicken – all das ist absolut kein Problem mit dem H200.
Technisch setzt ADAM Audio beim H200auf 40 mm Neodym-Treiber. Den Frequenzgang geben die Berliner mit 2 Hz bis 23.500 Hz (1 kHz, -3 dB) an, der maximale Schalldruck liegt bei 112,5 dB SPL. Die Impedanz liegt mit 32 Ohm vergleichsweise niedrig, was ein Indiz dafür sein könnte, dass der Kopfhörer (auch) gut an mobilen Endgeräten aufspielt. Das werden wir im Praxistest gleich überprüfen.
Wie klingt der ADAM Audio H200?
Der ADAM Audio H200 überzeugt mit einem guten Klangbild, das druckvoll ans Ohr kommt und mit einer guten Portion Bassfundament ausgestattet ist. Schön tight und knackig kommen Bassdrum und tieffrequente Sounds ans Ohr und dabei vermatscht der Kopfhörer keineswegs, sondern bleibt stets akkurat.
Im mittleren Frequenzbereich tut sich der Kopfhörer meiner Meinung nach etwas schwer. Gerade in sehr vollen Arrangements leistet er sich ein paar Schwächen und kann frequenzähnliche Mix-Bestandteile nur schwer auseinander halten. Da gibt es, auch im Preisbereich des H200, bessere Vertreter. Bei den Höhen glänzt der Kopfhörer dagegen wieder schön und bringt das obere Frequenzspektrum gut ans Ohr. Insgesamt ist der Klang des H200 stimmig und hinterlässt, vor allem beim Blick auf den Preis, ein gutes Bild. Das Stereofeld spannt der Kopfhörer nicht allzu weit auf und agiert auch bei kurzen, knackigen Signalen sehr schnell.
Während des Tests musste sich der H200 an diversen Quellen beweisen. Neben einem SPL Phonitor Mini kamen u. a. ein Drawmer Monitorcontroller, ein älteres iPhone SE und der Kopfhörerausgang eines Mackie 1604 Pultes zum Einsatz.
Sonnox Plug-in für den ADAM Audio Kopfhörer
Eine Besonderheit des Kopfhörers stellt das in Zusammenarbeit mit Sonnox entwickelte Plug-in dar. Dieses kann kostenlos von der ADAM Audio Website heruntergeladen werden und bietet verschiedene Einstellungsmöglichkeiten. Eingesetzt werden kann es als AU- und VST3-Plug-in unter Mac und Windows und es wird in den Master-Kanal der DAW geladen. Ähnlich zu Software-Lösungen wie Sonarworks oder dem ARC 4 System von IK Multimedia wird hierdurch der Klang beeinflusst, soll aber letztlich nur den Kopfhörerklang während des Arbeitens verbessern. Vor dem Bouncen des finalen Mixes muss das Plug-in also stets deaktiviert werden, denn sonst würden die klangbeeinflussenden Änderungen auf dem finalen Mix landen.
Wie auf dem folgenden Bild zu sehen, ist das GUI übersichtlich aufgebaut:
In der oberen Reihe lassen sich die drei Parameter
- Earpad Material
- Headphones
- Gain Compensation
verändern. Der Hintergrund zu der Earpad/Ohrpolster-Einstellung ist dabei schnell erklärt: Neben denen im Lieferumfang enthaltenen Ohrpolstern bietet ADAM Audio optional alternative Velours-Ohrpolster zum Kauf an. Da diese zu einem leicht veränderten Klangbild führen, der Nutzer aber stets mit dem gleichen Klangbild versorgt werden soll, lässt sich mit Hilfe des Plug-ins eine Korrektur des Klangs aktivieren. Während des Tests konnte ich diesen Effekt gut nachvollziehen, hier geht es um deutlich mehr als kleine Nuancen. Das Dropdown-Menü Gain Compensation bietet die Einstellungen Off, Equal Loudness und Safe Mode. Je nach Einstellung werden hierbei unterschiedliche EQ- und Lautstärkeanpassungen vorgenommen.
Interessanter wird es beim sich darunter befindlichen Parameter Externalization. Hinter diesem verbirgt sich ein Crossfeed-Algorithmus, der das Problem, dass unsere Ohren beim Abhören mit Kopfhörern kein echtes Stereofeld wahrnehmen, sondern linkes/rechtes Ohr unabhängig voneinander mit Signalen versorgt werden, abmildern soll. Aktiviert man Externalization, wird ein Teil des jeweils anderen Kanals auf den anderen eingespeist, was in der Praxis zu einem räumlicheren Klang führt, so wie man auch mit Studiomonitoren in einem Raum abhören würde.
Zu guter Letzt bietet das ADAM Audio/Sonnox Plug-in noch die Auswahl zwischen zwei grundsätzlichen Voicings (Klangprofilen): UNR (Uniform Natural Response) ist laut Entwickler für Produktion, Komposition und Songwriting geeignet, das Klangbild klingt hier für meinen Geschmack etwas gefälliger und „netter“. Pure ist dagegen für Mix und Mastering geeignet, hier klingt es deutlich neutraler und präziser, also gut geeignet um Mix-Entscheidungen zu treffen.
Insgesamt gesehen, ist das Plug-in eine tolle Erweiterung. Vor allem für einen Kopfhörer in dieser Preisklasse ist das ein willkommenes Extra an Funktionalität und Erweiterung des Einsatzgebietes. geht man davon aus, dass der ADAM Audio H200 vor allem im Einsteigerbereich und kleineren Heimstudios zum Einsatz kommen wird, wird sich die Mehrzahl der Kunden über das Plug-in freuen. Professionellere Tonstudios, die meist über eine bessere Akustik verfügen, werden das Plug-in vermutlich weniger einsetzen.
Gut. Vernünftiger Preis. Muss ich mal testen.
Wenn auch zeitweise etwas unbequem durch den Anpressdruck der Muscheln bin ich klanglich absolut zufrieden. Insbesondere für diesen Preis 🙂