Mit Kohlefaser im High-End-Bereich!
Bei der Adamas MD80-8R-G handelt es sich um eine Westerngitarre der High-End-Linie der Firma Ovation mit den charakteristischen Merkmalen wie einer Kohlefaserdecke und einem Lyrachord-Korpus. Wir haben den Test gemacht!
Inhaltsverzeichnis
Das Konzept der Adamas MD80-8R-G
Als der Schreiber dieses Testberichts noch ein junger Bursche war, gab es eine echte Sensation auf den damaligen Live-Bühnen. Bis Anfang der 70er war es lediglich möglich, mittels einer mehr oder minder aufwändigen Mikrofonierung eine Akustikgitarre live abzunehmen. Der ewige Kampf um das Feedback und die gleichmäßige Lautstärke war eröffnet. Dies änderte sich schlagartig, als die Firma Ovation auf den Plan trat und in gleich mehrerlei Hinsicht radikale Veränderungen für den Live-Akustikgitarrensound vollzog.
Zum einen wurden völlig neue Werkstoffe verwendet, um eine Akustikgitarre zu bauen und Ovation war meines Wissens nach auch die erste Firma, die einen piezo-keramischen Tonabnehmer einbaute und so den Musiker endgültig von seinem fest angestammten Platz vor einem Mikrofon befreite. Das Resultat war, dass jede Band von Weltrum ausschließlich mit Ovation-Akustikgitarren auf der Bühne zu sehen war, einfach weil der gute Akustikklang kombiniert mit der kompletten Freiheit einer E-Gitarre seinerzeit beispiellos war.
Ovation Guitars wurde 1965 von Charles Kaman, einem Luft- und Raumfahrtingenieur, gegründet. Kaman war nicht nur ein erfolgreicher Unternehmer in der Luftfahrtbranche, sondern auch ein begeisterter Gitarrist. Er nutzte seine technischen Kenntnisse, um eine innovative Gitarre mit einer synthetischen Rückenschale aus glasfaserverstärktem Kunststoff (Lyrachord) zu entwickeln. Diese revolutionäre Bauweise verbesserte insbesondere im Mittenbereich die Klangprojektion und reduzierte Feedback-Probleme bei Verstärkung, die zumeist im Bassbereich aufgrund von aufschwingenden Frequenzen zu suchen waren.
In den späten 1970er-Jahren entwickelte Ovation dann die Adamas-Serie, die als hochwertige und exklusive Modellreihe gehandelt wird und uns in dem Modell Adamas MD80-8R-G zum Test vorliegt. Die Besonderheiten an dieser Serie ist unter anderem eine Kohlefaserdecke, die aus gepressten Kohlefasern besteht und einen einzigartigen Klang, kombiniert mit einer hohen Stabilität, gewährleistet. Zudem wurden in Sachen Schallloch verschiedene Experimente gemacht, so unter anderem das Multi-Soundhole-Design oder aber, wie bei der uns vorliegenden Adamas MD80-8R-G, die Teardrop-Ausführung.
Das Wort Adamas stammt übrigens aus dem Altgriechischen und bedeutet „unbezwingbar“ bzw. „unzerstörbar“ und nimmt wohl Bezug auf den in der Tat für eine Akustikgitarre ungewöhnlich stabilen Korpus.
Die Konstruktion der Adamas MD80-8R-G
Wie bereits erwähnt, besticht auch dieses in den USA gefertigte Instrument aus dem Hause Ovation durch die ungewöhnlichen Werkstoffe für den Korpus, als da wären Lyrachord als Boden und Kevlar als Decke. Das optisch auffällige Teardrop Soundhole hat den zusätzlichen Vorteil, dass aufgrund der Platzierung der Schallöffnung sich der Rückkopplungseffekt der Akustikgitarre etwas geringer verhält, als wenn es ein vergleichsweise großes Schallloch in der Mitte einer klassischen Holzdecke ist. Dadurch ist das Instrument gerade im Live-Betrieb und bei laut eingestellten Floor-Monitoren weniger anfällig für Rückkopplungen.
Auch in Sachen Holzauswahl für den Hals verfolgt Ovation ein eigenständiges Konzept. Für den Hals wurde das eher ungewöhnliche Walnussholz verwendet, das primär im Bassbau seine Verwendung findet, während das Griffbrett nebst Steg aus Ebenholz gefertigt ist. Zudem kommt das Griffbrett mit einem schwarzen Binding aus Kunststoff daher.
Interessant ist auch, dass die Adamas MD80-8R-G eine ungewöhnliche Mensur mit 642 mm auf der Gitarre verbaut. Dadurch liegt sie etwas unter der langen Mensur, allerdings deutlich über der kurzen Mensur, was dem Großteil aller Gitarristen entgegenkommen sollte. Das latente Liebäugeln und die enge Korrelation zur E-Gitarre, was die Bespielbarkeit angeht, erkennt man auch daran, dass das Instrument mit 22 Bünden ausgestattet ist, wobei die meisten Westerngitarren maximal 20 Bünde haben. Aufgrund der sehr guten Bespielbarkeit macht dies allerdings durchaus Sinn, da auch die letzten Bünde vor dem Korpus vergleichsweise leicht zu erreichen sind.
Als Tonabnehmer kommt ein OCP-1K mit OP-Pro Studio Preamp mit eingebautem Tuner zum Einsatz, der neben einer klassischen 3-Band-Klangregelung auch über eine interessante Schaltung, bestehend aus den Reglern Drive und Expander, verfügt. Beide Regler haben eine enorme Auswirkung auf das Klangverhalten des Instruments, was sich insbesondere in den späteren Klangbeispielen sehr gut erhören lässt.
Der Preamp ist komplett in ein Kunststoffgehäuse eingefasst, das im oberen Teil des Korpus eingelassen und mit einer 9 V Batterie betrieben wird. Durch einen einfachen Druckschalter an der Seite lässt sich der komplette Preamp heraushebeln, allerdings nur gerade so viel, dass man die Batterie wechseln kann. Meines Erachtens hätte man das Verbindungskabel ein wenig länger ansetzen bzw. eine Steckverbindung mit dem Preamp initiieren können, damit der Batteriewechsel ein wenig leichter von der Hand geht. Ist aber alles noch im grünen Bereich.
Die Adamas MD80-8R-G in der Praxis
Nimmt man die Adamas MD80-8R-G das erste Mal in die Hand, fällt einem insbesondere die außergewöhnliche Formgebung des Korpus auf, die sich nicht nur im Schwung der Linienführung, sondern auch in der Größe des Korpus bemerkbar macht. Da Ovation immer schon den Fokus auf den Tonabnehmerbetrieb gelegt hat, kann man sich einige Extravaganzen, die bei einem reinen Akustikbetrieb vonnöten sind, wie zum Beispiel das Volumen des Korpus, mehr darauf konzentrieren, das Spielgefühl für den Gitarristen so angenehm wie möglich zu halten.
Dies ist Ovation mit dem Korpus insofern sehr gut gelungen, da wir eine Linienführung im oberen Drittel haben, die durch eine leichte Ausbuchtung die Rückseite des Korpus im Prinzip in zwei Bereiche unterteilt, wobei ein Drittel im oberen Bereich zu finden ist und zwei Drittel im unteren Bereich.
Dies bedeutet, dass, wenn man die Gitarre umhängt, man man wählen kann, ob man die leichte Ausbuchtung nach oben schiebt und so die Gitarre gerade am Körper herunterhängt, da die Ausbuchtung leicht über dem Bauchbereich für die nötige Stabilität sorgt, als auch wenn man die Gitarre etwas nach hinten kippen möchte, man dennoch eine gute Stabilität hat. Jemand, der die Gitarre gerne nach hinten kippt, ist übrigens die treue Ovation Nutzerin Melissa Etheridge, die bei ihrer Adamas Auswahl nahezu ausnahmslos die Gitarre sehr weit zu sich hin kippt, teilweise gefühlt 45 Grad und dennoch eine stabile Auflagefläche durch die Korpusform erfährt.
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Zu dieser Bequemlichkeit in Sachen Körpergefühl kommt eine Bespielbarkeit, die man nur sehr selten im Akustikbereich vorfindet. Der Gitarrenhals ist kräftig, lässt sich aber fast wie eine E-Gitarre spielen, zumal die Saitenlage vergleichsweise niedrig, aber dennoch hoch genug ist, dass es nicht zum berüchtigten Schnarren bei dynamischem Spiel kommt.
Klanglich ist die Gitarre akustisch erwartungsgemäß komplett anders aufgestellt als eine typische Westerngitarre, erst recht, wenn man in einen Jumbo-Korpusbereich hineingeht. Die Gitarre verfügt über vergleichsweise wenig Bässe, was klanglich allerdings überhaupt kein Problem darstellt, da Akustikgitarren ohnehin im Bandkontext im Bassbereich immer mit einem Hochpass abgeschnitten werden müssen.
Einmal mehr ist das Mittenverhalten ist sehr charakteristisch für eine Ovation. Zum einen ist es eine mittig sehr prägnante Wiedergabe, zum anderen hat die Kohlefaserdecke einen leicht komprimierenden Einfluss auf den Gesamtklang. Das heißt, die Gitarre ist in sich dynamisch etwas verdichtet und lässt weniger Dynamiksprünge nach oben zu, was an sich aber auch wieder eine sehr gute Sache ist, da jede Akustikgitarre sowohl live als auch im Studio generell mit einem stark zugreifenden Kompressor deutlich in ihrer Dynamik beschnitten wird.
Im Tonabnehmerbetrieb setzt sich der typische Ovation Sound weiter fort und wird zudem intensiviert, insbesondere was die Mittenwiedergabe angeht. Bereits in der Flat-Einstellung kann man den klassischen Ovation Sound heraushören, der sich eindeutig von allen anderen Akustikgitarren absetzt, die auf dem Markt verfügbar sind. Das schlanke Design und die einfache Bespielbarkeit lässt in vielen Situationen ein Gefühl der E-Gitarre aufkommen, wenngleich natürlich die Saitenbestückung einem immer wieder sehr schnell klar macht, mit was für einer Art Instrumentengattung man es hier zu tun hat.
Setzt man sich etwas mehr mit der Klangregelung auseinander, hinterlässt insbesondere die Kombination aus Drive und Expander einen sehr interessanten Klangeindruck. Es fällt mir tatsächlich schwer, den Sound zu beschreiben, von daher sind die Klangbeispiele sehr hilfreich. Man hat es mit einer Kombination aus Kompressor und Klangregelung zu tun, die allerdings stufenlos ineinander übergreift.
Insbesondere der dezente Kompressoreffekt, der allerdings nicht im klassischen Threshold-Ratio-Verfahren arbeitet, macht einen sehr guten Eindruck und ermöglicht es, ein deutlich besseres Durchsetzungsvermögen innerhalb eines Band-Sounds zu erzeugen. Allzu oft wird die Akustikgitarre, insbesondere im Live-Bereich, ausschließlich auf ihre Höhenwiedergabe reduziert, was sehr schnell zu einem dünnen und zirpenden Sound führt, der sich zwar gut durchsetzt, dem Song allgemein allerdings akustisch nicht guttut.
Insgesamt muss man sagen, dass es sich bei der Adamas MD80-8R-G um eine sehr gute Westerngitarre handelt, die mit einer exzellenten Bespielbarkeit, einer ausgeklügelten Klangregelung und einem eigenständigen Sound überzeugt! Ich bitte zu bedenken, dass die Klangbeispiele zur besseren Unterscheidung der einzelnen Einstellungen nicht komprimiert wurden, was bei der Aufnahme/Abnahme einer Akustikgitarre im Normalfall zum Standard gehört.