Was steckt in der Special Edition der AKAI MPC X?
AKAI MPC X Special Edition steht auf dem Karton und seinem Inhalt, der hier vor mir steht. Etwas Ehrfurcht vor dieser Music Workstation, deren Urahnen Musikgeschichte geschrieben haben (und noch schreiben), habe ich schon. Ob das am imposanten Äußeren liegt oder einfach der Farbgebung, die mich sofort in die Zeit der AKAI Sampler und Synthesizer zurückversetzt? Ich weiß es nicht. Doch auch ein anderes Gefühl stellt sich ein: Hat sich bei der AKAI MPC X SE Music Workstation außer der Farbgebung überhaupt irgendetwas verändert?
Inhaltsverzeichnis
AKAI MPC
Die Geschichte der AKAI MPC ist wohl untrennbar mit der Geschichte des Hip Hop verbunden und jedes Kinder der 1980er/90er-Jahre kennt sie. Die Kooperation von Roger Linn, der selbst Drumcomputer-Geschichte geschrieben hat, mit AKAI Professional ist hinlänglich bekannt. Für viele Hip Hop-Produzenten ist die AKAI MPC der Heilige Gral der Music Workstations und obwohl die ursprüngliche AKAI MPC im Vergleich zu einer modernen DAW geradezu lächerlich wirkt, ist es der Workflow und der charaktervolle Sound, der sie bis heute zu einem gern genutzten Tool macht.
AKAI hat natürlich die MPC immer weiter entwickelt und nicht jede dieser Entwicklungen war glücklich. Insbesondere die Abkehr von Hardware-Sampling zur Sound-Produktion und die reine Vermarktung der MPC als Controller für die MPC-Software war nicht das, was sich die treuen MPC-User wünschten. Und so gehören MPC Renaissance, MPC Studio, MPC Fly, MPC Touch und die MPC Studio Black Edition, die zwischen 2012 und 2017 das Licht der Welt erblickten, wohl für viele Musiker zu den unbeliebteren Modellen des MPC-Universums.
Mit der AKAI MPC Live hat AKAI sich schließlich 2017 wieder auf das besonnen, was Musiker an der MPC so liebten: ein Standalone-Gerät, mit dem sich eine komplette Musikproduktion realisieren lässt. Es folgten MPC X, MPC One, MPC Live II und schließlich mit MPC Key sogar eine Keyboard-Version. Das Besondere an diesen neuen MPCs ist, dass sie alle über ähnliche Funktionen verfügen und hinsichtlich des Betriebssystems so weit zueinander kompatibel sind, dass sie gleich alle in einem Handbuch abgehandelt werden. Und weil man doch von reinen Controllern nicht ganz abrücken möchte, hat man der MPC Studio ein Update verpasst und ermöglicht DAW-Usern somit für wenig Geld den Zugang zur MPC-Welt.
AKAI MPC X SE Music Workstation
Und hier steht sie nun, die AKAI MPC X SE Music Workstation, und wartet darauf, von mir erkundet zu werden. Da ich mich schon mit diversen MPCs beschäftigen durfte, kommen mir viele Dinge bekannt vor.
Eine MPC ist eine MPC ist eine MPC – hat sich AKAI schließlich gedacht und beim Vergleich der Fotos von MPC X und MPC X SE bekomme ich irgendwie das Gefühl von „Des Kaisers neue Kleider“. Menschen meines Alters kennen hoffentlich noch das Märchen von Hans Christian Andersen, in dem zwei Weber dem Kaiser neue Kleider versprechen, die so besonders seien, dass nur kluge Menschen sie überhaupt sehen könnten, dumme Menschen hingegen nicht. Sie weben und schneidern also unsichtbare Kleider und niemand traut sich zuzugeben, dass er sie nicht sehen kann, denn dann wäre derjenige ja dumm. Nur ein Kind traut sich am Ende, die Wahrheit auszusprechen und den Menschen (und dem Kaiser) die Augen zu öffnen, dass da doch wohl was nicht mit rechten Dingen zugegangen ist. Zu leicht lässt man sich täuschen, kauft eine Mogelpackung und verschließt selbst dann noch die Augen, wenn längst klar geworden ist, dass das tolle neue Spielzeug nicht das ist, was es verspricht. Man möchte es halt nicht zugeben, dass man sich hat täuschen lassen.
Genug der Lehrstunde, weiter mit der AKAI MPC X SE. Ist also die AKAI MPC X Special Edition nichts weiter als eine neu verpackte AKAI MPC X? Nein, denn es gibt durchaus einige gewichtige Punkte, die für den Kauf einer AKAI MPC X SE sprechen.
Was ist neu an der AKAI MPC X SE?
Um das herauszufinden, müssen wir die technischen Daten vergleichen. Hier sehen wir zunächst einmal, was alles nicht neu ist: Das Äußere und der Funktionsumfang haben sich nicht verändert. Auch an der CPU scheint sich nichts verändert zu haben. Etwas Recherche bringt zutage, dass in der AKAI MPC X Workstation ein 1,8 GHz Quad-Core ARM Cortex A17 Prozessor arbeitet. Auch in der AKAI MPC X Special Edition arbeitet laut AKAI eine 1,8 GHz Quad-Core ARM CPU. Hier scheint es also keine Veränderungen gegeben zu haben.
Was sich allerdings verändert hat, ist der RAM-Speicher, denn dieser wurde mal eben von 2 GB auf 4 GB verdoppelt. Der interne Speicher wurde sogar verdreifacht: Hier ging es von 16 GB auf 48 GB bei der AKAI MPC X SE. Allerdings lohnt es sich, hier einmal genauer hinzuschauen. Der vom User beschreibbare interne Speicher hat sich nämlich nicht verdreifacht und noch nicht einmal verdoppelt. Gab es bei der AKAI MPC X 6 GB User-Speicher, sind es bei der AKAI MPC X SE nun 10 GB. Immerhin. Das bedeutet aber auch, dass AKAI die MPC X SE mit allerlei Sample-Material aus dem eigenen Fundus gefüllt haben muss, das sofort nach dem Einschalten zur Verfügung steht. Beide Versionen sind natürlich per SATA um weiteren Speicher erweiterbar. Daran hat sich nichts verändert.
Da die AKAI MPC X bereits intensiv auf AMAZONA.de getestet wurde und auch mein Kollege Peter Grandl selbst ausführlich hier über seine Erfahrungen mit der AKAI MPC X Music Workstation berichtet, möchte ich auf die grundlegenden Features und die Bedienung gar nicht weiter eingehen, denn hier gibt es nichts Neues zu berichten. Was allerdings für die AKAI MPC X SE genauso gilt wie für die AKAI MPC X, ist der Registrationszwang, um nach dem ersten Einschalten die zugehörigen Expansions und Plug-ins zu aktivieren.
MPC Premium Plugin Collection und Expansions
Mitgeliefert wird laut Website die MPC Premium Plug-in-Collection, die zahlreiche Instrumente und Effekte enthält, und einige Expansions aus dem Hause AKAI. Insgesamt kommt man auf über 100 Effekte und 20 Instrumente. Leider listet AKAI diese auf der Website nicht auf, was sehr ärgerlich für diejenigen ist, die bereits eine AKAI MPC besitzen und Plug-ins oder Expansions dafür gekauft haben. Was genau enthalten ist, erfährt man dann nach der Ersteinrichtung der der Zwangsregistrierung:
Fabric, Organ, OPx-4, Stage EP, Stage Piano, Studio Strings, Hype, Mellotron, Solina, Odyssey, DrumSynth:Multi, AIR Vocal Doubler, AIR Vocal Tuner, AIR Vocal Harmonizer, AIR Channel Strip, AIR Compressor, AIR Maximizer, AIR Limiter, AIR Noise Gate, AIR Reverb, AIR Spring Reverb, AIR Non-Lin Reverb, AIR Diff Delay, AIR Delay, AIR Lo-Fi, AIR Talk Box, AIR Stereo Width, AIR Fuzz-Wah, AIR Pumper, AIR Distortion, AIR Tube Drive, AIR Amp Sim, AIR Transient, AIR Filter Gate, AIR Filter, AIR Freq Shift, AIR Half Speed, AIR Diode Clip, AIR Kill EQ, AIR Para EQ, AIR Enhancer, AIR Flanger, AIR Phaser, AIR Multi-Chorus, AIR Pitch Shifter, AIR Ensemble, AIR Stutter, AIR Flavor
Enthalten, aber noch nicht vorinstalliert sind:
- AIR Expander
- AIR Multitap Delay
- AIR Vintage Filter
- AIR Chorus
Nicht enthalten sind:
- Mini-D, 99,- Euro
- Jura, 79,99 Euro
- Ring The Alarm, 24,99 Euro
- AIR Flavor Pro, 99,- Euro
- AIR Vocal Distortion (kein Preis auf der Website)
- AIR Delay Pro, 89,99 Euro
- Flex Beat Player, 79,99 Euro
- AIR Jura Chorus, 29,99 Euro
- AIR Soft Clipper, 19,99 Euro
- Stem Separation, 9,99 Euro
Dass man diese gezielt ausgenommen hat, ist ärgerlich, da es sich hier um das Top-Produkt der MPC-Serie handelt. Möchte man diese Plug-ins auch installieren, werden noch einmal rund 533,- Euro fällig. Rechnet man das noch einmal auf den aktuellen Straßenpreis von 2.222,- Euro drauf, ist man bei stolzen 2.755,- Euro angekommen. Insbesondere die Stem-Separation, die in höchster Qualität kostenlos als Online-Tool oder Offline-Tool für PC und Mac erhältlich ist, sollte doch eigentlich auch für die AKAI MPC X SE kostenlos sein.
An Factory-Expansions findet sich zusätzlich zu The Vault 2.0, das auch der AKAI MPC X beiliegt
- Clip Launch
- Essential Instruments 2
- F9 Essential 808 MPC Beats Edition
- F9 Essential Synth Bass MPC Beats Edition
- F9 Instruments
- Gold Dust
- Nitelife Audio MPC Beats Edition
- Sonic Boom
Für den Start ist das schon eine ganze Menge und somit kann man mit der AKAI MPC X SE auch sofort loslegen.
Update auf das MPC X Betriebssystem 2.15
Eigentlich könnten wir den Test an dieser Stelle beenden, denn mehr gibt es über die AKAI MPC X SE Music Workstation nicht zu berichten. Ich möchte aber auf eine Sache noch kurz eingehen, die nicht exklusiv auf die AKAI MPC X SE Music Workstation begrenzt ist, sondern auch für andere Modelle der MPC-Reihe zur Verfügung steht, sofern diese das Betriebssystem-Update 2.15 installieren können:
Stem Separation mit dem MPC X SE
Hat man das Stem-Separation Plug-in gekauft, steht es in der MPC Software und an der MPC Hardware nach der Aktivierung zur Verfügung. Die Stem-Separation kann auf Samples angewendet werden und kann als Funktion im Sample-Editor ausgewählt werden. Es erfolgt die übliche Zerlegung in Vocals, Drums, Bass und Other. Nachdem der Separationsvorgang gestartet und beendet wurde, stehen die vier Stems zur Weiterarbeit zur Verfügung und sind auf Wunsch auch Pads zugewiesen.
Die Berechnung ist deutlich langsamer als bei einigen Online- oder Desktop-Algorithmen.
Die Qualität der Stem-Separation ist befriedigend bis ausreichend. Zum Testen habe ich einen der Demosongs der MPC zunächst als WAV gerendert und anschließend mit der Stem-Separation zerlegen lassen. Das Original und die drei Stems hört ihr hier. Weitere Versuche mit anderem Material verliefen auch nicht besser und klingen ähnlich wie das Klangbeispiel hier:
Für wen lohnt sich die AKAI MPC X SE Music Workstation?
Nun stellt sich natürlich die Frage, ob sich für Besitzer einer AKAI MPC X ein Neukauf lohnt? Natürlich nicht, insbesondere dann nicht, wenn bereits Expansions und Instrumente hinzugekauft wurden. Auf eBay sind bereits erste AKAI MPC X für unter 1.000,- Euro zu haben, sodass es vielleicht sogar für Interessenten an einer AKAI MPC Music Workstation interessant ist, dort oder auf anderen Kleinanzeigenportalen das ältere Modell zu ergattern.
Da die beiden Modelle bis auf die Farbgebung und den Speicherplatz identisch sind, verzichtet man bis auf den RAM-Speicher nicht auf viel, denn der übrige Speicher für Samples und Projekte lässt sich ja leicht aufrüsten.
Für diejenigen, die lieber ein neues Gerät kaufen, lohnt sich hingegen der Kauf der Special Edition umso mehr, insbesondere, weil sehr viel Material bereits enthalten ist, das man sonst erst hinzukaufen müsste. Etwas ärgerlich ist, dass immer noch einige interessante Instrumente wie Mini-D oder Jura fehlen. Auf die Stem-Separation kann hingegen getrost verzichtet werden. Das erledigen andere Tools deutlich besser (siehe dazu auch unseren großen Vergleichstest zu Stem-Separation Tools).
Hi.
möchte mir in dem nächsten Monaten eine one plus kaufen.
ich habe gehört, wenn man sich registriert, bekommt man einen Gutschein für Jura oder eins der anderen teuren Plugins Nach Wahl.
stimmt das nicht mehr?
lg
@Numitron Hi,
ich habe alle Plug-ins, die nach der Registrierung verfügbar waren, oben aufgelistet. Es kann natürlich sein, dass für den Fachhandel noch so ein Gutschein beiliegt. Im Zweifelsfall dort nachfragen. Bei mir war das für den Test nicht der Fall. Die Stems Erweiterung musste ich auch kaufen.
@Numitron hallo numitron,
ich möchte meine mpc one (gold) in den nächsten wochen verkaufen…
JURA ist als plugin installiert.
einfach melden…
@m+r danke!
aber ich möchte unbedingt die rote!
nicht nur wegen der Farbe auch wegen der Erweiterungen und WiFi plus Bluetooth.
lg
Vielen Dank! Ich habe mal eine Frage zur Ergonomie: Ich besitze die Live2 und kann da schön von oben auf dem Screen hantieren. wie ist das bei der X? Wenn man da zoomt, scrollt, Klötzchen schiebt etc. am langen Arm, das stelle ich mir bei der X auf Dauer anstrengend vor.
Man muss doch quasi ständig beide Arme / Hände angehoben haben. Oder? Oder täuscht die für mich scheinbare relativ große Entfernung ab Sitzposition bis zum Screen?
Wäre schön wenn du und gern noch mehr X Besitzer was dazu sagen könntest/könntet , aus der Praxis 😀Danke!
@kiro7 Das ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Da muss man wohl Langzeitberichte abwarten.
Nur der Vollständigkeit halber könnte erwähnt werden, dass AKAI heute nichts mit AKAI früher zu tun hat – von der Verwendung einiger Designelemente abgesehen.
Akai war 2000 insolvent, Akai Professional 2005.
Nutzer der Markenrechte wurde InMusic.
Wie gut Insidern die stem separation im Vergleich zu Logic?
@Synchead Kannst du vergleichen: ich habe einen Artikel zu Stem Separation gemacht mit vielen Vergleichen und auch in meinem Test des Logic Updates ist es drin. Einfach zweites Browser-Fenster aufmachen, dann kannst du die Hörbeispiele nebeneinander hören. Logic ist besser.
@Markus Galla Danke dir!