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Test: Amplitube X-Time, Delay-Pedal

Von Nullen und Einsen in die Büchse - Amplitube X-Time

17. Oktober 2021

Test: Amplitube X-Time, Delay-Pedal

Amplitube 5 hat unseres Erachtens nicht den leichtesten Stand – gut abgeschnitten im Test, stehen die Marktkämpfer doch ordentlich unter Zugzwang, seit Neural DSP ihren Frontalangriff gestartet haben und durch kleinere Plug-in-Pakete, die sie regelmäßiger rausbringen, präsenter sind als IK Multimedia auf dem Gebiet. Hat ja ordentlich auf sich warten lassen, das letzte große Plug-in-Paket. In der Zeit hat Neural DSP sechs neue Guitar-Plug-ins rausgebracht – allesamt klangstark und sehr effizient.

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Test: Amplitube X-Time, Delay-Pedal

Nichtsdestotrotz halten viele Amplitube die Treue. Verständlich, denn die digitalen Amps und Cabs sind speziell in der fünften Iteration hervorragend, anders lässt sich das nicht sagen. Und ich prophezeie jetzt mal was: Was Amplitube hier mit ihrer X-Gear Serie gemacht haben, werden Neural DSP irgendwann in irgendeiner Form nachmachen. Was sind X-Gears? Die Sounds der Plug-ins in Pedalformat. Braucht man das? Kommt drauf an, wie’s klingt. Gewagte These, ich weiß. Aber ich muss zugeben, ich war am Anfang sehr skeptisch – für den Preis gibt es einfach verdammt viel und irgendwie klingt das ein bisschen nach Abzocke, einfach die entwickelten DSPs in teure Gehäuse zu packen und gut ist. Aber so einfach gestaltet sich das nicht. Gleich vorweg: Die X-Gear Pedale haben ihre Daseinsberechtigung. Allen voran das X-Time, das eins der stärksten digitalen Delays ist, die ich seit Langem unterm Fuß hatte.

Amplitube X-Gear – X-Time Digital Delay

Guckt man sich das Ganze erst mal von Weitem an, kommt unweigerlich eine Assoziation auf : Strymon. Und auch von der Nähe, nach dem Auspacken und Handling des X-Time, wird klar: Die Assoziation ist wahrscheinlich auch gewollt. Das hochwertige Aluminium-Chassis hat hier genau die gleichen Dimensionen wie das BigSky, Mobius oder Timeline und arbeitet für den Bank-Wechsel mit genau dem gleichen System: gleichzeitiges Schalten von zwei der drei Fußschalter. Fast schon ein bisschen frech, möchte man meinen.

Test: Amplitube X-Time, Delay-Pedal

Aber nun gut. Das X-Time ist umfassend aufgestellt, will heißen: Stereo ist dabei. Zwei 6,3 mm Klinken für Eingang, zwei für Ausgang – und genau daneben die MIDI-Anschlüsse für In und Out. Jungs! Reicht langsam, das ist ja wirklich die Strymon-Blaupause von früher in Vollendung. Und direkt daneben, der Anschluss für das Expression Pedal sowie USB. MIDI-In bei Delays ist immer gern gesehen – eine BPM-Synchronisation ist nicht nur im Bandkontext sinnvoll. Aber hier geht mehr, hier lässt sich eine Virtual-Version des Pedals in Amplitube über MIDI zusätzlich steuern und zwar über den MIDI-Out mithilfe von PC- und CC-Befehlen. Auch eine DAW generell, wobei ich an dieser Stelle einräumen möchte, über MIDI-Implementation noch keine DAW gesteuert zu haben. Darüber hinaus erfüllt der spendierte USB-Port noch einen ganz bestimmten Sinn, neben dem Hin- und Herschieben von Presets zwischen Pedal und Bibliothek. Durch die hochwertige AD/DA-Wandlung mit 24 Bit/192 kHz, einem Umfang von bis zu 123 dB und einem Frequenzrahmen von 5 Hz bis 24 kHz eignet sich das Gerät auch als Audiointerface und erlaubt durch die Stereoausgänge ein Wet-Dry-Routing. Spannend!

Zu den restlichen Basics: True- oder Soft-Bypass sind anwählbar, der Signalweg ist analog und darüber hinaus besitzt das X-Time einen Cabinet-Simulator mit fünf Presets, der es euch erlaubt, das Gerät direkt an die PA zu schicken. Das macht die Nutzung sehr spannend für den Praxisteil, wo wir das Gerät in Stereo an das Audient Sono schicken wollen. Aber zunächst zu der Krux des Ganzen, den Delay-Engines.

Amplitube X-Time – Delay-Engines

Das Gerät kommt mit 50 Factory Presets daher, die auf 16 Algorithmen basieren. Erwartungsgemäß erfinden Amplitube hier auch das Rad nicht neu, orientieren sich auch hier ein Stück weit von der Auswahl am Strymon Timeline, bieten aber auch klar und deutlich abgegrenzt Neues und Anderes. Schauen wir uns die sechzehn Algorithmen an:

Test: Amplitube X-Time, Delay-Pedal

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  • VTG-Tape: Ein klassisches Tape-Echo mit leichtem Wobble-Effekt, dessen Lo-Fi-Charakter hervorgehoben werden kann und sehr authentisch sein soll.
  • MOD-Tape: Ein zweites Tape-Delay, das mit zusätzlichen Modulationskontrollen eine sehr organische Handhabe den Repeats erlaubt.
  • Analog: Das Analog-Delay ist ein sehr warmer, sehr harmonischer und saturierter Delay-Sound, der mit Low- und Highpass Filtern zusätzlich eingefärbt werden kann.
  • Digital: Ein kristallklarer Delay-Sound der digitalen Machart, der zusätzlich mit einem Doubler-Effekt ausgestattet werden kann, der besonders gut in Stereo zur Geltung kommt.
  • Ping Pong: Ein Stereo-Panning-Delay, das rhythmische Variationen erlaubt und auf diese Weise ein vielfältiges Stereo-Klangbild hervorbringt. Besonders großartig hier: Ein zirkulärer Modus ist möglich, wo das Signal Left-Center-Right wandert.
  • Pattern: Hier passiert eine ganze Menge – 16 unterschiedliche Delay-Muster erlauben Experimente und rhythmische Variationen – auch mit Reverse-Variationen – an der Stelle hat man dem Timeline zum Beispiel was voraus.
  • Dual: Zwei Delays, die im Tandem und parallel hervorragend in Stereo funktionieren und unterschiedlich eingefärbt werden können.
  • Reverse: Ein klassisches Reverse-Delay, wo die Repeats einfaden. Ein reguläres Delay kann beigemischt werden.
  • Rev-Ping-Pong: Ein Ping-Pong-Delay, das mit Reverb-Repeats arbeitet. Erlaubt es dem Spieler also, einen der Repeats mit einer Hallfahne auszustatten. Zusätzlich kann eins der Repeats auch in einen Reverse-Repeat verwandelt werden – sehr flexible Engine also.
  • Swell: Ambient und anschwellende Repeats können hier eingestellt werden in Delay-Zeit oder außerhalb und darüber hinaus über eine Sidechain so eingependelt können, dass sich die Swells eurer Spielsensitivität anpassen.
  • Duck: Klassisches Duck-Delay, wo viel Feedback und Wet-Signal dem Dry-Signal übergeordnet werden können.
  • Pitch: Pitch-up- oder Pitch-down-Effekte – zwei Pitch-Noten, die quasi an den Repeat angeheftet und beliebig eingestellt werden können.
  • Harm: Ein Harmonizer, der entsprechend eurer Tonart eingestellt werden kann und mehrere Töne um das Signal herum aufbauen und regelrechte Harmonieketten an euer Signal heften kann.
  • Dirty: Ein Delay mit saturierten, angezerrten Repeats, die zusätzlich mithilfe eines Phasers durchsetzt und moduliert werden können.
  • Slapback: Ein Slapback-Delay, angelehnt am typischen 50s Sound, mit moduliertem Filter.
  • Arctic: Ein mit langen Trails und Flanger ausgestatteter Delay-Sound, der sehr ätherisch daherkommt und in Sachen Tonhöhe und Hall eingestellt werden kann.

Test: Amplitube X-Time, Delay-Pedal

Eine enorme Bandbreite, die wie gesagt ähnlich aufgestellt ist wie das Strymon Timeline. Das Pedal kann darüber hinaus mit seinem Panel einiges an Flexibilität ermöglichen: Time für die Delay-Zeit, Feedback, Filter für Klangfarbe sowie Mod für Modulation und Mix für das Mischverhältnis von Dry- und Wet-Signal. Alles zusammen ergibt das ein sehr vollständiges Bild. Wie klingt das Pedal denn jetzt insgesamt?

Amplitube X-Time Delay-Sounds in der Praxis

Wir machen kein umständliches Setup, sondern speisen das X-Time in Stereo direkt in unser Audiointerface, um den Klang möglichst unverzerrt wiederzugeben und um die Stereo-Kapazitäten richtig auszuschöpfen. Dabei arbeiten wir uns durch Presets und experimentieren mit den Algorithmen.

Gleich vorweg: Das Strymon Timeline Déjà-vu ist mächtig. Mag unter anderem daran liegen, dass hier eine ähnliche Aufstellung der Algorithmen vorliegt. Ich habe mir der Reihe nach die Algorithmen in aller Ruhe angesehen und manchmal auf die Presets zurückgegriffen, beides liegt also in den Klangbeispielen vor und sollte ein umfassendes Bild der Klangqualität leisten. Wir stellen vorher in den Global Settings die gewünschte Cab-Simulation zu Beginn der Aufnahmen ein und wechseln diese dann nicht mehr.

Das Analog-Delay klingt, je saturierter es eingestellt ist, umso künstlicher, in moderaten Einstellungen aber phänomenal

Die Dual-Engine erfüllt ihren Zweck mehr als gut. In den Einstellungen kann das Panning der beiden Delay-Signale beliebig eingestellt werden, hier habe ich mich für eine konventionelle Variante entschieden.

Hach ja – die Pattern-Engine. In der Hinsicht fand ich das Strymon Timeline immer am bemerkenswertesten, da soviel mit der Engine möglich ist. Das X-Time kann mindestens genau so viel und funktioniert grandios, wenn man groovige Uptempo-Passagen spielen oder schreiben möchte.

Bei der Ping-Pong-Engine gilt Ähnliches wie bei der Dual-Engine: Die Möglichkeiten in den Settings sind quasi grenzenlos. Nichtsdestotrotz habe ich mich hier des dritten Presets der Engine bedient und es genutzt. Die Klangqualität ist top und der Klangcharakter ist hier erwartungsgemäß neutral.

Die Pitch-Engine erzeugt mit synthetisch anmutendem Charakter einen sehr eigenwilligen Sound, der mich am ehesten an die Experimental-Band Battles denken lässt. Die Tonhöhen sind beliebig einstellbar und erlauben hier also jede individuelle Aufstellung, die euer Song benötigt. Ein bisschen zu Synthie-mäßig klingt mir dass dann aber doch.

Die Arctic-Engine ist quasi die ICE-Engine des Timelines. Viele Pedale haben sich daran versucht – ein mit Hall und leichter Modulation verwaschenes Delay mit Pitch-Oktave. In Sachen Sensitivität übertrifft sie die Timeline-Engine nicht, ist aber ein Stück weit tiefer vom Klang her, ein bisschen facettenreicher, wenn auch nur ein wenig.

Die REV-Pong-Engine ist das Alleinstellungsmerkmal des X-Time und die stärkste Engine des Pedals und der Amplitube DSPs generell. Ein herrlich stimmungsvoller, vielseitig einsetzbarer Delay-Sound, der natürlich von seinem Stereo-Panorama lebt.

Mit dem Duck lässt sich eine Menge anstellen. Aber auch hier entschied ich mich für ein Preset:  ein Feedback generierender, sehr dunkel eingefärbter Sound, der zumindest demonstriert, was möglich ist, wenn man bei der Einstellung der Algorithmen ein bisschen out of the box denkt.

Die Digital-Delay-Engine ist dafür nützlich, um ein glasklares und neutrales Delay-Signal zu erzeugen, eignet sich aber auch für die „Verfettung“ eures Delay-Sounds durch den Einsatz des Doublers.

Ein Preset, das es mir besonders angetan hat, ist die Tape-76-Schiene des Tape-Algorithmus. Sehr warm und mit viel charakteristischer Klangtiefe in den Repeats.

Bei der Harm-Engine wagen die Nutzung einer zusätzlich Quinte. Sehr reaktiv und natürlich, wesentlich besser als so manch andere Harmony-Engine.

Das Space-Echo des Modulations-Delays darf selbstredend nicht fehlen – ein absolutes Muss für Liebhaber entweder stark oder geschmackvoll modulierter Delays, die vor allem in Stereo hervorragend zu leben kommen.

Bei der Dirt-Engine schrauben wir ein bisschen rum, bis wir schön angezerrte Bitcrusher-Fahnen haben, die sich hervorragend für atmosphärische Klangexperimente eignen.

 

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Fazit

Ein digitales Meisterstück? Ein Stück weit, aber das war auch irgendwie zu erwarten. Die Klangbeispiele in den Promos waren nicht „gepimpt“, sondern lassen sich unter denkbar einfachen Aufnahmeverhältnissen und ohne Nachbearbeitung problemlos reproduzieren. Gut denkbar, dass der X-Time meinen Timeline in seinen vielleicht wohlverdienten Ruhestand schickt. Er ist so eng mit dem Strymon-Riesen verwandt, konzeptuell zumindest, dass es fast ein bisschen frech ist. Aber Klangtiefe, Flexibilität und Features machen hier ein Sehr Gut unausweichlich. Ein Best Buy bleibt aus, weil in manchen unschönen Momenten, wenn man das X-Time an seine Grenzen bringt, der allzu synthetische Digitalcharakter manchmal durchbricht. Aber das ist verschmerzbar – der Sprung in die Pedal-Welt ist IK Multimedia allemal gelungen.

 

Plus

  • Anzahl und Vielfalt der Algorithmen
  • lückenlose Aufstellung der Features
  • großartige Tape- und Modulations-Engine

Minus

  • manchmal künstlich anmutende Schlagseite im Klang

Preis

  • 349,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    dflt

    danke für den test! bin an sich schon sehr neugierig (zumal mit jam points ja auch recht günstig), aber ich warte weiterhin verzweifelt auf das ein oder andere demo mit nem synthesizer oder drumcomputer. bei ik multimedia gibts auch nur gitarren in allen varianten… trotz stereo-anschlüssen und din-midi bekommt man das gefühl, als nicht-gitarrist nicht zur zielgruppe zu gehören. wenn es wenigstens noch delays im 19“-format gäbe…

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