Deutlich besser als der Vorgänger
Der Analogsynthesizer Leipzig von Analgoue Solutions geht in die dritte Runde. Nach der ersten Rackversion und dem leicht erweiterten Keyboard kommt nun mit dem Modell S ein Pultgerät mit integriertem Stepsequencer.
Das erste Leipzig-Modell kam hier auf Amazona im Testvor ca. zwei Jahren aufgrund fertigungstechnischer Mängel sowie einer Reihe von Ungereimtheiten nicht sehr gut weg. Offenbar wurde auch an anderer Stelle Kritik an dem grundsätzlich gut klingendem Synthesizer laut, denn der neue Leipzig-S bekam nicht nur einen Sequencer spendiert, sondern wurde auch in einigen Punkten überarbeitet.
Die Leipzig-Synthesizer sind einerseits monofone Analogsynths mit traditioneller VCO-VCF-VCA-Struktur, anderseits wurden einige Funktionen anders als gewöhnlich umgesetzt, was dem Gerät eine gewisse Eigenständigkeit verleiht. Und obwohl es Anleihen bei Klassikern wie Moog Prodigy oder SCI Pro-One gibt, handelt es sich hierbei um keinerlei Replikation.
Leipzig-S ist wie sein Vorgänger in einem geräumigen 5HE-Gehäuse untergebracht, das jedoch nicht nur in ein Rack geschraubt werden kann, sondern sich auch als Pultgerät auf die Musikwerkbank stellen lässt. Trotz des vollanalogen Aufbaus kann Leipzig-S nur über MIDI angesteuert werden, CV/Gate-Anschlüsse gibt es nicht.
Bei der Ausstattung findet man alles Notwendige für die gängigen Analogsounds: zwei VCOs, zwei Suboszillatoren, Noise, Mischer, Tiefpassfilter, einen LFO, zwei Hüllkurven sowie den namensgebenden Sequencer. Alle Funktionen sind, wie es sich gehört, direkt erreichbar, auch wenn man gelegentlich etwas umdenken muss.
Klangerzeugung
Die Oszillatoren erzeugen Sägezahn und Rechteck, letzteres kann in der Pulsbreite vom LFO oder Hüllkurve 2 moduliert werden. Bei VCO1 ist auch eine manuelle Einstellung der Pulsbreite möglich. Sinus oder Dreieck für softe Leadsounds oder FM stehen nicht zur Verfügung. Mit Master Tune können beide VCOs gemeinsam geregelt werden, VCO2 lässt sich mit Detune mehr als eine Oktave auf- und abwärts gegen VCO1 verstimmen. Das ist zwar nicht ganz so flexibel wie mit separater Stimmung und Oktavschaltern, aber die gängigsten Intervalle sind hiermit schnell eingestellt. Und für größere Tune-Abstände kann man den Sequencer zweckentfremden, dazu später mehr.
An dieser Stelle gibt es eine wichtige Verbesserung gegenüber dem alten Leipzig. Die Tune-Potis haben keine Mittenrastung mehr und lassen sich so wesentlich besser zur Feinabstimmung einstellen. Außerdem war das aktuelle Testgerät sehr gut kalibriert, was früher bei Analogue Solutions-Synthesizern oft nicht der Fall war.
VCO2 lässt sich von der MIDI-Steuerung abkoppeln, falls man ihn als feststehenden Modulator nutzen will. Außerdem arbeitet er als Sync-Slave. Als Master kann entweder VCO1, der LFO oder ein extern eingespeistes Signal dienen. Während man mit VCO1 als Master und Modulation durch eine Hüllkurve die bekannten Sync-Sounds erzielt, kann man mit dem LFO unkonventionellere Klänge erzeugen und VCO2 rhythmisieren oder etwas „kaputt“ klingen lassen. VCO1 ist nicht nur Sync-Master, sondern auch Modulator für VCO2. Die so erzeugte FM ist zwar nicht sehr komplex und aufgrund der fehlenden Sinusschwingung ziemlich rau, doch das Klangspektrum wird hierüber schon erweitert. Speziell wenn man Synth-Percussions bastelt, lassen sich damit interessante Effekte erzielen.
Den beiden VCOs ist jeweils ein Suboszillator mit Rechtschwingung angegliedert, wobei Sub1 eine Oktave, Sub2 jedoch zwei Oktaven unter dem VCO liegt. Sub2 folgt VCO2 in der Verstimmung über Detune.
Alle Klangquellen werden im Mixer zusammengeführt. Hier erfolgt auch die Schwingungsformauswahl der beiden VCOs mit bipolaren Reglern. Ein Dreh nach links holt den Sägezahn hervor, rechts hört man die Pulsschwinung. Ebenso muss man sich zwischen Sub1 und Sub2 entscheiden, beides gleichzeitig geht nicht. Auch hier scheinen bessere Regler verbaut worden zu sein. Beim alten Leipzig hörte ich ein stetes Übersprechen der Klangquellen, beim jetzigen Testgerät gab es dieses Problem nicht.
Es gibt noch weitere Klangquellen. Mit dem oberen bipolaren Regler im Mixer kann wahlweise Rauschen oder eine externe Klangquelle hinzugemischt werden. Der Rauschgenerator lässt sich zugunsten des Sequencers umschalten, denn dieser kann ebenfalls Töne erzeugen. Wie, das sehen wie gleich.
Filter
Analogue Solutions deklariert das Filter als ein Moog-Style-VCF, also einen 24 dB Tiefpass auf Basis einer Transistorkaskade. Meinem persönlichen Geschmack nach klingt es allerdings nicht sehr „moogy“, trotzdem aber ziemlich gut. Nur leider gibt es beim Leipzig-S immer noch das Problem mit dem sehr unausgewogenen Emphasis-Regler (Resonanz). Auf zwei Dritteln des Regelweges geschieht fast nichts, dann kommt auf wenigen Millimetern der „Schmatzbereich“, worauf die Eigenschwingung fast schlagartig einsetzt. Nebengeräusche bei tiefer Filterung, wie es sie beim Vorgänger gab, traten hier nicht auf. Das Keytracking arbeitet nicht besonders exakt. Es gelang mir nicht, ein auch nur halbwegs brauchbares Tuning zu erzeugen, um mit dem selbstoszillierenden Filter einen Sinusbass zu spielen.
Modulation und MIDI
Diese Sektion routet die Hüllkurven, den LFO, die VCOs sowie zwei MIDI-Controller auf die Oszillatoren und das Filter. Der LFO kann schön langsam schwingen, bleibt aber bei maximaler Geschwindigkeit unter dem Audiobereich. Für jede der drei Ziele kann man eine von vier Modulationsquellen wählen und mit eigener Intensität dosieren.
Die beiden Hüllkurven, die man standardmäßig für VCA und VCF einsetzt, sind im Leipzig-S als vollständige ADSR-Hüllkurven ausgeführt. Beim alten Modell waren es nur ADRs mit zuschaltbarem Sustain. Eine unnötige Einschränkung, die nun behoben ist. Die Hüllkurven können vom MIDI-Trigger einzeln abgetrennt werden, wenn man sie individuell vom Sequencer aus ansteuern möchte.
MIDI ist auch im Leipzig-S sehr einfach gehalten. Notenwerte, MIDI-Kanal sowie Pitch- und Mod-Wheel werden umgesetzt. Positiv: Die frühere Anfälligkeit gegenüber zu vielen Controller-Daten, mit denen der Synthesizer eh nichts anzufangen weiß, war im Test nicht mehr festzustellen. Leider bleiben dem Leipzig-S CV/Gate-Anschüsse vorenthalten, der Grund für diese Einschränkung ist nicht ganz einzusehen.
Die letzte Sektion im Leipzig-S ist der VCA, der wahlweise von einer der beiden Hüllkurven, einem Gate-Signal gesteuert oder mit Thru permanent geöffnet werden kann. Letzteres benötigt man, wenn man externe Signale ohne Trigger mit dem Filter bearbeiten möchte.
Sequencer
Neben den ganzen Detailverbesserungen hat der Leipzig-S aber auch eine „richtige“ Neuerung zu bieten. Der Sequencer verfügt über acht Schritte, die jeweils einen eigenen Werteregler, jedoch keine Step-On/Off-Schalter besitzen. Funktionen wie Start/Stop oder Tempo sucht man erst mal vergebens. Analoge Solutions geht auch hier eigene Wege. Um den Sequencer zum Laufen zu bringen, hat man mehrere Optionen. Für den unabhängigen, permanenten Betrieb kann der LFO als Clockquelle dienen. Im MIDI-Verbund lässt sich die MIDI-Clock als Syncmaster verwenden, wobei auch Start/Stop-Befehle erkannt werden. Schließlich sind noch MIDI-Noten zum schrittweise Weiterschalten der Schritte im Angebot. In diesem Modus lässt sich das arpeggiohafte Durchrattern aufbrechen.
Die Tonhöhen von VCO1 und VCO2 sowie die Filtercutoff können als Ziele mit individueller Modulationstiefe angesteuert werden. Neben der normalen Anwendung kann man den Sequencer beispielsweise auch für einen größeren Tonhöhenabstand zwischen den VCOs nutzen, indem man den Sequencer auf Step 1 stehen lässt und VCO2 die Steuerspannung des Step-Reglers zuführt. Das ist unter anderem auch für Syncsounds sehr nützlich und wird richtig interessant, wenn man dann den Sequencer loslaufen lässt. Da es keine Quantisierung gibt, ist für die genaue Justierung der Tonhöhen einiges an Feingefühl von Nöten. Generell ist der Einsatz als Modulator einfacher, zumal man mit acht Schritte sowieso keine all zu komplexen Lines erzeugen kann. Die Sequenzen sind nur geräteintern verwendbar, einen MIDI-Ausgang gibt es nicht.
Wie weiter oben schon erwähnt, kann der Sequencer auch als Klangquelle genutzt werden. Hierfür wählt man VCO2 als Clockquelle aus, woraufhin der Sequencer im Audiofrequenzbereich läuft. Mit den acht Step-Reglern lässt sich nun eine variable Schwingungsform erzeugen. Das ist nicht immer tonal korrekt, klingt oft nach Frequenzteilung oder Varianten von Rechteck und wirkt mitunter sogar instabil, erweitert das Klangspektrum jedoch um eine interessante Komponente.
Mit gemischten Gefühlen und nur aufgrund der paar wirklich schönen Demos auf YT habe ich mir den L-S geordert.
Ich wurde nicht enttäuscht, das ist unter meinen analogen und all denen die ich besaß, der best klingende Synth!
Komischerweise haben die wirklich guten Synths hier immer nur 2 Punkte, k.A. warum…
Bin jedenfalls begeistert von dem Synth und habe mir gleich noch seinen Bruder, den neuen Telemark V2 geordert.
Das sagt evtl. mehr aus wie ein paar Punkte :-)
Ich habe mir den Leipzig SK gekauft, der ja GATE- und CV- Buchsen hat. Den würde ich nie wieder hergeben. Der Klang ist einfach nur umwerfend geil.