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Test: Analogue Solutions Nyborg-12 Analogsynthesizer

Oh Oh Oberheim?

28. November 2015

Es sind wieder goldene Zeiten für Freunde elektronischer Klangerzeugung angebrochen, zumindest wenn man die stattliche Anzahl der Neuerscheinungen im Bereich der Analogsynthesizer in den letzten Jahren als Maßstab heranzieht.

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Schon länger im Geschäft ist die Firma Analogue Solutions – der Name ist Programm. Die umfangreiche Produktpalette des Herstellers wird um zwei Desktop-Synthesizer erweitert, den Nyborg-12 und den Nyborg-24. Einziger Unterschied zwischen den Geräten ist das Filter, es kommt entweder ein 12 dB Oberheim-inspirierter Schaltkreis oder ein 24 dB Moog-Nachbau zum Einsatz. Analogue Solutions vermarktet die Nyborgs als Premium-Produkte, in den Werbeaussagen heißt es:

„Nyborg is a precision electronic musical instrument. No compromise has been made with the construction of Nyborg. Cheaper options in parts have not been used.“

Zum Testzeitpunkt lag uns der Nyborg-12 vor, den wir hier auf Herz und Nieren getestet haben. Ein Nachtest des Nyborg-24 erfolgt, sobald dieser verfügbar ist.

frontal

Lieferumfang des Nyborg-12

Der Nyborg ist in einem schlichten weißen Karton verpackt. Mitgeliefert werden ein Wechselstrom-Adapter, der unnötigerweise mit separaten Universalanschlüssen ausgestattet ist, außerdem drei gelbe Mono-Miniklinkenkabel, ein Nyborg-Ansteckbutton sowie ein Hochglanz-Werbeheft für Analogue Solutions Produkte.

zubehör

Eine Anleitung sucht man leider vergeblich, sie muss als PDF-Datei von der Website des Herstellers heruntergeladen werden (siehe „Links“).

Ein Blick auf die Hardware des Nyborg-Synthesizers

Die mechanische Verarbeitungsqualität ist robust, gehört jedoch nicht zur Spitzenklasse. Das Gehäuse wackelt ein wenig auf seinen vier Gumminoppen, die Frontplatte weist Unsauberkeiten auf, Spaltmaße sind nicht exakt, Buchsen und Trimmer sitzen nicht im Zentrum der Aussparungen und die Potis und Schalter lassen sich leicht zur Seite biegen.

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An den Seiten finden sich im Blech Vorbohrungen für optionale Holzseitenteile, die einen oder zwei aneinander gekoppelte Nyborgs optisch aufwerten können.

Seite

In Bezug auf die „inneren Werte“ des Geräts sind die Behauptungen des Herstellers durchaus nachvollziehbar. Im größtenteils leeren Gehäuse findet sich ein relativ aufwendiges lineares Netzteil, strikt getrennt von der unter dem Frontpanel liegenden Hauptplatine, die komplett in Durchlochmontage, also ohne SMD-Bauteile, aufgebaut und soweit erkennbar mit einem recht hohen Anteil diskreter Bauteile, Folienkondensatoren etc. bestückt ist.

Bei den meisten neueren Geräten ist das schon aus Kostengründen anders. Ob und wie sich dies klanglich bemerkbar macht, ist weiter unten nachzulesen.

Zunächst aber weiter mit den Äußerlichkeiten.

Die Anschlüsse des Analogue Solutions Nyborg-12

Die Rückseite bietet neben dem Stromanschluss je einen MIDI „In“ und „Thru“ sowie zwei Audioeingänge und einen Audioausgang.

Back

Auf der Vorderseite gibt es als Alternative zur MIDI-Steuerung auch CV-Miniklinkenanschlüsse zur Steuerung der Tonhöhe beider Oszillatoren, Filtereckfrequenz, Gate zum Auslösen der Hüllkurven sowie „EXT“, um eine weitere Steuerspannung als Modulationsquelle zu nutzen. Der Funktionsschalter ganz links oben dient zur Auswahl des MIDI-Kanals und CV2 Controllers.

Der Nyborg-Synthesizer im Einsatz

Nachdem man den richtigen (d.h. den orangefarbenen) der sechs Netzteilanschlüsse identifiziert und ihn mit dem Kabel verbunden hat, kann man den Nyborg an den Strom anschließen. Da auf einen Netzschalter verzichtet wurde, erkennt man nur am Blinken der weißen LFO-LED, dass das Gerät läuft. Falls die LFO-Speed auf Minimum (ganz nach links) gedreht ist, kann dies aber auch mal sehr lange dauern.

Die restlichen drei LEDs blitzen ebenfalls in weiß auf, wenn eine Note-On Befehl eingeht oder eine Hüllkurve getriggert wird. Die Helligkeit ist dabei glücklicherweise angenehm schwach gewählt. Die MIDI-Implementierung ist spartanisch und bleibt noch hinter den Möglichkeiten, die die externe Spannungssteuerung bietet, zurück. Im Auslieferungszustand ragt das Gehäuse hoch auf, mit etwas handwerklichem Geschick lässt es sich aber auch auf horizontale Ausrichtung umbauen.

Gedreht

Die Aufteilung der Frontplatte erinnert an den Semblance aus gleichem Haus, ebenfalls weitgehend ein Nachbau der Schaltkreise des Oberheim SEM. Es existieren getrennte Einheiten für Oszillatoren und LFO, Filter, Mixer, VCA und Hüllkurven.

frontal

Oszillatoren, Mixer

Beide Oszillatoren sind bei Stellung auf Oktave 0, +1 oder +2 einen Halbton frei herauf bzw. herunter zu stimmen. In der Einstellung „wide and free“ ist von extrem tiefen bis zu extrem hohen Tönen alles einstellbar.

Der relativ enge Regelbereich bei den Oktaven lässt sehr genaue Stimmungen und Feineinstellungen für Schwebungen etc. zu. Allerdings ist es aufgrund des weiten Regelbereichs des „wide and free“ kaum möglich, saubere Terzen, Quinten etc. einzustellen.

Die Lautstärke von Sägezahn oder Rechteck wird im Audiomixer eingestellt, eine Mischung ist nicht möglich. Zusätzlich steht ebenfalls alternativ entweder ein Subbass eine Oktave unter Oszillator 1 oder Rauschen zur Verfügung.

Oscillators

Die Pulsbreite kann jeweils getrennt geregelt werden. Zudem sind als Modulationsquellen die Hüllkurven, externe Signale, der LFO oder der jeweils andere VCO einstellbar.

Auch eine Sync-Funktion gibt es, wiederum in beide Richtungen, zudem kann auch der LFO mit Oszillator 2 synchronisiert werden.

LFO

Dieser bietet als Schwingungsformen Rechteck und Sägezahn, darüber hinaus auch Sample & Hold. „Niedrigfrequenz“ ist wörtlich zu nehmen, von extrem langsam bis knapp in den hörbaren Bereich hinein reicht die Bandbreite.

Hüllkurven

Zwei an der Zahl gibt es, jeweils mit drei Reglern für Attack, Decay/Release sowie Sustain, wobei Hüllkurve 1 zum Filter und Hüllkurve 2 zum VCA führt.

unten

VCA

Beim spannungsgesteuerten Verstärker gibt es neben dem obligatorischen Lautstärkeregler noch einen Schalter, der wahlweise Bypass, Gate, Cycle (LFO) sowie Hüllkurve 2 als Modus auswählen lässt.

Das Filter

Das Multimodefilter ist das Herzstück der Klangformung. Es besitzt wie schon Eingangs erwähnt 12 dB Flankensteilheit (d.h. 2 Pole) und beherrscht die Modi Tiefpass, Bandpass, Hochpass und Notch. Die Resonanz kann bis zur Selbstoszillation erhöht werden, zusätzlich gibt es einen Boost Modus, der die Wirkung der Resonanz erhöht.

filter

Das Filter ist im positiven und negativen Bereich via einer Hüllkurve, des LFO, VCO2 oder eines externen Signals modulierbar. Zusätzlich kann die Modulation ebenfalls stufenlos entweder über den Tastendruck oder CV2 gesteuert werden. Das Notch-Filter lässt sich zwischen Lo und Hi mittels Drehregler einstellen.

Der Klang des Nyborg-12

Positiv fällt zunächst der kräftige Ausgangspegel auf. Bei empfindlichen Eingängen muss man gegebenenfalls die VCA-Lautstärke herunterregeln, um eine Übersteuerung zu vermeiden. Auch die Stimmstabilität ist nach einer kurzen Aufwärmphase gewährleistet.

Der Synthesizer klingt auch bei extremen Einstellungen noch kontrolliert und kompakt, mit großem Sweetspot und einer klassischen Eleganz. Aggressiv und launisch wird er nur bei eingeschaltetem Boost Modus. Die Hüllkurven sind snappy, Bässe kommen wunderbar rollend und drückend. Die Klänge lassen sich auch sehr gut mit dem EQ formen, fügen sich problemlos in Mischungen ein und besitzen eine Griffigkeit/Definiertheit, die ich bei neueren Geräten oft vermisse.

Das Filter hat nicht den Biss der 24 dB Moog Transistorkaskade, aber dafür gibt es ja den Nyborg-24. Im Vergleich mit anderen (auch Vintage-) Synthesizern fällt mir auf, dass der Nyborg-12 weniger Brillanz und Präsenz hat, oben rum also etwas matt und trocken klingt. Dafür fehlen aber auch die harten „Pseudo-Höhen“, die mich bei vielen neueren Geräten stören. Wie beim Oberheim SEM lassen sich übrigens 2 (und auf Anfrage sogar bis zu 4) Nyborgs für ein mehrstimmiges Spiel verketten.

Bis auf zwei Beispiele, die mit viel EQ- und Effekteinsatz bearbeitet wurden, sind alle vollständig trocken aufgenommen.

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Fazit

Wer einen bezahlbaren Desktop Synthesizer mit Oberheim-angehauchtem Sound sucht, sollte den Nyborg-12 auf jeden Fall in die engere Wahl ziehen.

Plus

  • Klang
  • MIDI- und CV-Steuerung
  • stimmstabil

Minus

  • Verarbeitung (an Premium-Maßstäben gemessen)
  • externes Standard-Netzteil

Preis

  • Ladenpreis: 749,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    gutzufuss

    Die Verarbeitung scheint ja ganz ordentlich zu sein, und auch die Klangbeispiele gefallen mir. Aber so ein Gerät kaufe ich mir doch nur, wenn ich den Oberheim SEM Sound haben willl, oder? Und den gibt es in Neuauflage im Schneidersladen ab EUR 1.075,- im Original zu kaufen. Lohnt es sich für eine Ersparnis von EUR 276,- zur Kopie greifen?

  2. Profilbild
    patchpoint

    Der Sound des Semblances und des Telemarks haben mich voll überzeugt. Beide waren vom Klang her Top, nur die Verarbeitung störte mich so sehr, dass ich die Teile wieder her gab. Ich brauche das Gefühl, einen wertigen Synthesizer unter den Fingern zu haben, daher lege ich auch auf die Verarbeitung des Gehäuses und der Potis etc. viel Wert und genau da macht AS zu viel Kompromisse. Schade!

  3. Profilbild
    Sensimood

    Habe zwei Nyborg 12 als Twovoice-Ersatz, cremiger und sehr kräftiger Sound mit 4VCOs und die Verarbeitung finde ich Ok. Mich stört eher das es wohl zwei unterschiedliche Produktionsbatches gab. Ich habe einen mit weissen LEDs der wie hier im Artikel beschrieben einen kräftigen Ausgangspegel hat. Die gemäß der Seriennummer spätere Version hat rote LEDs die nicht ganz so blenden. Diese Version hat auch einen niedrigeren Ausgangspegel was ich ebenfalls angenehmer finde. Ein weiterer Unterschied ist die feiner einstellbare Attack der EG1 (Filter) bei der späteren Version.

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