Ein überzeugendes Debüt
Die neuen Antelope Audio Studiomonitore Atlas i8 sind der erste Vorstoß des bulgarischen Unternehmens in Richtung Lautsprecher. Die Atlas i8 folgen aber nicht einfach dem klassischen Aufbau, sondern weisen einige sehr interessante und außergewöhnliche Features auf, die einen sehr natürlichen und dynamischen Klang ermöglichen. Isobarische Chassisanordnung, FIR-Filter, koaxialer Mittelhochtonbereich und digitale Ansteuerung sind nur einige Merkmale, die den Monitor so besonders machen. Ich freue mich auf den Test!
Inhaltsverzeichnis
Antelope Audio Atlas i8: Worum geht es?
Zunächst einmal um einen relativ großen und schweren Studiomonitor, der sowohl im Nahbereich, als auch im Midfield verwendet werden kann. Mit einem großen Frequenzbereich von 35 – 20.000 Hz benötigt er keine weitere Bassunterstützung und das koaxiale Mittelhochton-Chassis sorgt für eine phasentreue Abstrahlung in Form einer punktförmigen Schallquelle, was insbesondere der exakten räumlichen Abbildung zugutekommt.
Die Technik der Antelope Audio Atlas i8
Der Monitor verfügt über drei Class-D-Verstärker zum Betrieb der Chassis. 200 Watt für den Bassbereich und jeweils 100 Watt für die Mitten und die Höhen. Die digitale Frequenzweiche arbeitet mit phasenneutralen FIR Filtern („Finite Impulse Response“), bei denen die Impulsantwort des Chassis in die Berechnung der Filter eingeht und somit schwingungsfrei arbeiten, ohne dass eine Rückkopplungsschleife eingebaut werden muss.
Bei der Atlas i8 arbeiten die FIR Filter zusammen mit IIR Filtern („Infinite Impulse Response Filter), um die Frequenzübergänge der einzelnen Chassis und den digitalen 4-Band Equalizer zu steuern.
Das klingt sehr technisch – aber am Ende haben wir einen sauberen Phasenverlauf und weniger Verzerrungen.
Die Digitalisierung in den Atlas i8 geht aber viel weiter. Sie bieten digitale AES-Eingänge, einen AD/DA-Wandler mit maximal 24 Bit/192 kHz Auflösung, ein digitales Delay zur Anpassung unterschiedlicher Schalllaufzeiten und die Antelope eigene AFC Clocking-Technologie.
Auch akustisch haben wir einige sehr interessante Features, so wie die isobarische Chassisanordnung im Bassbereich. Dabei ist hinter dem sichtbaren 8-Zoll Chassis ein weiteres, identisches Chassis eingebaut. Zwischen den beiden Membranen ist eine genau berechnete dichte Kammer mit definiertem Volumen. Diese Anordnung reduziert die Verzerrungen und ermöglicht tiefere Bässe bei einem kleineren Gehäusevolumen. Der Nachteil dieser Anordnung ist ein um 3 dB reduzierter Kennschalldruckpegel und natürlich Kosten und Gewicht.
Meistens arbeiten isobarische Systeme auf ein geschlossenes Gehäuse – beim Antelope Atlas i8 finden wir zusätzlich einen Bassreflex-Port auf der Vorderseite des Gehäuses. Es war sicher nicht leicht, dieses komplexe Schwingungssystem in den Griff zu bekommen und wir werden sehen, ob sich dieser immense Konstruktionsaufwand gelohnt hat.
Als wäre das nicht genug, hat man einen koaxialen Mittel-Hochtöner verbaut, der den mittleren und oberen Frequenzbereich phasentreu abstrahlen und durch seine Konstruktion auch Kammfiltereffekte vermeiden soll. Beim Mitteltöner handelt es sich um einen recht großen 5,5 Zoll Treiber mit einer innenliegenden 1,5 Zoll Gewebekalotte.
Der Vollständigkeit halber darf noch erwähnt werden, dass man die Atlas i8 auch ganz normal analog (über XLR/TRS Kombiport) betreiben kann und ein USB-Port die Konfiguration am Computer ermöglichen soll – dies war aber zum Testzeitpunkt noch nicht möglich und wird mit einem Firmware-Upgrade nachgeliefert.
Die technischen Daten:
- Maße: 500 x 387 x 292 mm (H x T x B)
- Gewicht: 24 kg pro Stück
- Maximalpegel: 117 dB bei 1 m Entfernung
- Frequenzbereich: 35 Hz – 20.000 Hz
- Gehäuse besteht aus 18 mm starkem Holz mit zusätzlichen Verstärkungen
Über die Übergangsfrequenzen schweigt sich der Hersteller aus.
Einrichtung der Antelope Audio Studiomonitore
Die Einrichtung der Monitore findet über das rückseitige Farbdisplay und den darunterliegenden Dreh-Drückregler („Control“) statt. Dabei stehen folgende Menüpunkte zur Auswahl:
- Eingangsquelle auswählen (AES, analog)
- Sample-Rate (174 kHz oder 192 kHz für AES-Input)
- Analog-In-Level
- Two-Way-Mode
- Bass-Extension
- EQ: 4-Band-Equalizer
- Delay
- Save/Load-Presets
- Screen-Save-Time
- Factory-Reset
- Device-Info
- Standby
Interessant sind hier insbesonders:
- Der Two-Way-Mode: Hier werden die Basschassis abgeschaltet und der Monitor verhält sich wie ein kleiner Nearfield-Speaker mit 5,5 Zoll Tiefmitteltöner und Hochtöner. Dies ist sehr sinnvoll, wenn man seinen Mix beispielsweise für kleinere Bluetooth Speaker abstimmen möchte.
- Die Bass-Extension sorgt für einen tieferen Bass, was natürlich auf Kosten des Maximalpegels geht.
- Save/Load-Presets ermöglichen die Speicherung von verschiedenen EQ-Kurven
Standby schaltet die Lautsprecher nicht aus, sondern versetzt sie nur in einen Schlafzustand. Sie erwachen aber nicht automatisch, wenn ein Signal anliegt, sondern müssen im Menü wieder aktiviert werden. Ein „Automatic Standby“ gibt es (aktuell) nicht.
Die Verarbeitung der Antelope Atlas i8
Dafür dass die Atlas i8 die ersten Monitor-Speaker des Herstellers aus Sofia in Bulgarien sind, haben sie hier ein richtiges Brett abgeliefert. Zusätzlich dazu, dass die Lautsprecher vollgepackt mit aufwendiger und innovativer Technik sind, ist die Verarbeitung absolut erstklassig. Die Frontplatte in „british recing green“ wirkt sehr edel und extrem sauber gearbeitet. Die Fräsungen, die Lackierung und die Spaltmaße sind exakt und von höchster Qualität. Auch das Verstärkermodul auf der Rückseite ist sauber eingepasst. Display, Drehregler und Konnektoren sind astrein.
Die Chassis sind sehr akkurat in die Frontplatte eingelassen und die abgerundeten Kanten des Bassreflexports sind sehr fein gemacht. Das ist definitiv eine 1+ mit Sternchen.
Wie klingen die Antelope Audio Atlas i8?
In meinem Tonstudio arbeite ich seit vielen Jahren mit den KS Digital C88 Reference und tatsächlich haben diese sehr viel mit den Antelope Atlas i8 gemein: koaxiales Chassis, 8 Zoll Basstreiber, FIR Filter (die bei den KS Digital das gesamte Abstrahlverhalten des Speakers steuern) und ein interner Equalizer mit speicherbaren Presets.
Auch von den Abmessungen und dem Gewicht (24 kg vs. 22 kg bei den KSD) spielen die Speaker in der gleichen Liga. Und nicht zuletzt beim Preis bewegt man sich in ähnlichen Gefilden. Die KSD kosten aktuell 2.199,- Euro / Stück, während die Atlas i8 bei einem Listenpreis von 2.499,- Euro liegen – aktuell bei Thomann.de für 1.799,- Euro zu bekommen!
Bei all diesen Übereinstimmungen klingen die beiden Kontrahenten sehr unterschiedlich. Beim ersten Inbetriebnehmen der Atlas ertönt ein tendenziell helles, in den Mitten sehr schlankes und klares Klangbild mit sauberen, nicht aufdringlichen Bässen. Die räumliche Abbildung ist sehr gut mit genauer Instrumentenpositionierung im virtuellen Klangraum.
Im direkten Vergleich sind die KSD einen Hauch (!) nasal mit mehr Volumen in den Mitten und einer insgesamt neutraleren Abstimmung. Die KSD sind weder zu hell noch zu dunkel und setzen in Sachen Raumabbildung noch einen drauf – wobei es hier um Nuancen geht.
Der Hochtonbereich der Atlas ist detaillierter, wobei die oberen Mitten ein wenig zur Schärfe neigen.
Die absolute Klarheit der Atlas i8 wird mit einem zu schlanken Mittenbereich erkauft. Im Bereich um 600 – 700 Hz sind sie einfach zu leise und so fällt ein Mixing von Stimmen und mittenbetonten Instrumenten (z. B. Klavier) schwer. Dafür haben wir einen Peak in den Höhen und so kommt es zu der recht hellen Abstimmung.
Der Bass zeugt von absolut oberster Qualität. Die komplexe Konstruktion hat sich definitiv gelohnt. Tief und präzise sind sie auf einer Stufe mit den geregelten Bässen der KS Digital C88. Beide Speaker verzichten auf den Boost bei 150 Hz, um mehr Volumen zu „faken“, aber das haben diese Fullrange-Monitore nicht nötig. Auch ein Subwoofer ist in kleinen und mittleren Studios überflüssig. Diese Monitore haben definitiv genügend Wumms und Pegel.
Die sehr helle und ganz leicht aggressive Abstimmung der Antelope kann man mit dem Equalizer sehr gut ausgleichen. Etwas mehr Schub bei 650 Hz und dafür ein wenig Pegel im Bereich um 1.700 Hz zurücknehmen und schon klingen die Speaker sanfter und definitiv auch lang-hör-tauglicher.
Auch die leicht nasale Abstimmung der KSD kann man korrigieren – nur leider muss man bei den Saarländern sich eine knapp 1.000,- Euro teure Bedieneinheit kaufen oder man kann diese beim Hersteller für das Einmessen im Studio ausleihen. Immerhin! Und eines ist aber definitiv klar. Rein optisch sind die Antelope viel attraktiver als meine sehr technoiden C88 Reference in Schwarz.
Die Mitbewerber der Antelope Atlas i8
Neben der erwähnten KS Digital spielen (natürlich) die Neumann KH 310A und die Focal TRIO 6 in dieser Liga. Die Genelecs der 83xx Serie sind in der 2.000,- Euro Preisklasse ebenfalls sehr verbreitet.
Bei dieser Aufzählung ist zu beachten, dass Antelope, KSD und Genelec durch das koaxiale Konstruktionsprinzip auch im Nahfeld sehr gut funktionieren, während die Neumann und die Focal etwas mehr Distanz brachen, um ein kohärentes Klangbild zu erzeugen.
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Bei den KSDs frage ich mich immer, warum kein Abdeckring ins Budget gepasst hat. Das für die Montage von hinten vorgesehene Polster im Ring ist wenig schön. Mit sichtbaren Schrauben habe ich dagegen keine Probleme, siehe Focal.
Die Focals sind echte Augenschmeichler.
Bei den Antelopes war ich schon fast enttäuscht, dass sie den Betrieb der Lautsprecher nicht an eine Windows-/Mac-Software gebunden haben. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.
Hallo Jörg Hoffmann
Vielen Dank für den Test.
Du hast hier aber, was ich so von dir eigentlich nicht kenne, etwas gehörig durcheinander gebracht.
Sicher wolltest du in diesem Sinne schreiben :
Rein optisch sind die langweiligen Antelope im Militärstyle meinen viel attraktiveren technoiden C88 Reference extrem unterlegen.
Gruss masterBlasterFX
@masterBlasterFX Ja, Du hast natürlich Recht – so muss es eigentlich heißen!!!
Danke Dir!
Jörg
Was macht das Delay? Etwa das was es soll? Delay über Monitore? Warum kein Distortion oder Flanger (Ironie off)? Aber ansonsten machen diese einen super Eindruck. Würden nicht auch schon die C8 KSD bei mir stehen, wären diese bestimmt in der engeren Auswahl. Die Optik ist völlig in Ordnung bei denen meiner Ansicht nach.
Interessanter monitor. Das Coax chasis sieht nach dem Sica 5.5 Coax aus
Sehr interessant! Einen Kommentar zum Eigenrauschen hätte ich mir noch gewünscht. Imo ist das der einzige größere Kritikpunkt an den C88, welche aufgrund des deutlichen Eigenrauschens für den Nahfeldbetrieb quasi nicht tauglich sind (ab ca. 1,50 m Abstand ist es immer noch hörbar aber zumindest für mich kein Problem mehr).
Und etwas mehr Details zu den EQ in den Antelope würden mich auch interssieren: Nur Bell Filter auch auch Shelv? Wieviel dB plus/minus? Q auch einstellbar und in welchem Bereich?
@arnte Hallo arnte, die beiden Mittenfilter sind als Bellfilter und die Höhen und Tiefen als Shelvingfitler (Kuhschwanz) ausgeführt. Über den Gain lässt sich Antelope nicht aus.
Ja, die C88 haben ein leichtes Grundrauschen – für mich nicht störend. Bei mir ist der Hörabstand 1.40m.
Danke Dir fürs kommentieren!
Jörg
Dank Dir Jörg für den guten Test. Bei einem System mit FIR-Filtern hätte ich gerne noch eine Aussage zur Gesamtlatenz gelesen. Ich finde aber auch, dass das Fazit zu positiv ausfällt. Diese Monitore sind gar nicht mehr so neu, wurden im Mai 23 vorgestellt und waren ab Sommer des gleichen Jahres verfügbar. Wenn bis jetzt keine Remote-Software plus Firmware-Update vorgestellt wurde, stehen die Chancen wohl schlecht, dass überhaupt noch was in der Richtung kommt. Anbetrachts der massiven Preissenkung wirkt es eher so, als würden hier noch die Restbestände abverkauft, bevor das Produkt langsam in der Versenkung verschwindet. Dabei ist das ein Monitor, der mich vom Treiberprinzip, der Optik und Verarbeitung voll abholen könnte. Aber wer bitte kommt auf die Idee, dass man bei einem professionellem Abhörsystem für ursprünglich 5k€ hinter die Monitore kriecht, um sie per Menü einzuschalten und die Raumanpassung vorzunehmen? Und dann mangels Master-Slave System auch noch beide einzeln? Wie lange soll es dauern, ein kohärentes, korrigiertes Stereobild einzustellen? Zum Glück gibt es einen Screensaver.
Mit Verlaub, ich würde in dieser Preislage jederzeit ein weitaus konservativeres Konzept à la PMC, ATC oder KH310 vorziehen, die funktionieren auch in 30 Jahren noch wie am ersten Tag. Das hier wirkt wie ein Software-Produkt mit entsprechender Lebenserwartung.