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Test: Arrel Audio ER-100, ER-110, ER-130, Eurorack-Module

Vom Mastering-Studio ins Modularsystem

8. Juli 2017

Irgendwie war es zu erwarten: Die Hersteller von Studiogeräten entdecken Eurorack. Modularbauweise ist nichts Neues für Studiogeräte. Jahrzehntelang wurden Rundfunk-Mischpulte und ganze Sendeanlagen nur aus Modulen aufgebaut. In den 90er Jahren kamen die API 500er-Serie Module auf: ein Racksystem, das ähnlich wie Eurorack standardisierte Stromversorgung und Gehäusedimensionen anbietet. Die Module sind jedoch gänzlich auf hochwertige Audiosignalverarbeitung ausgerichtet, sind typischerweise für Stereosignale gedacht – und sie sind üblicherweise sehr kostspielig.
In dieser Branche ist Arrel Audio aus Italien zwar kein großer Player, aber durchaus renommiert.

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Seit einiger Zeit gibt es drei Module von Arrel im Eurorack-Format: den ER-100 Stereo Summing Mixer, den ER-110 Stereo Parametric Equalizer und die ER-130 VC MID-Side Unit. Die Module hat Arrel nicht neu entwickelt. Sie existieren als 19-Geräte oder API-500 Module bereits im Portfolio der Römer.

Die Module

Der ER-100 mischt 8 Monokanäle auf eine Stereosumme. Pro Kanal gibt es Panorama, Volume und einen Solotaster.

Der 8in2-Mischer ER-100

Die Summe hat getrennte Master-Regler. In der Stereosumme findet man einen zuschaltbaren Insert. Außerdem kann man ein externes Stereosignal 1:1 in die Stereosumme einspeisen – ohne Pegelregler. Zum Abhören gibt es eine separate Monitorsumme, die nach den Master-Regler abgezweigt wird. Ein Vorhören der Stereosumme ist nicht möglich – auf der Bühne wäre das essentiell. Zwei zehnstellige LED-VU-Meter zeigen den Pegel der Stereosumme, aber leider nicht die Kanalpegel, wenn man auf Solo geht. Bis auf den Kopfhöreranschluss des Monitors sind alle Anschlüsse als 3,5 mm Klinken ausgeführt. Der Ausgang der Stereosumme ist Trafo-symmetriert.

Der teilparametrische EQ ER-110

Der ER-110 ist ein teilparametrischer Stereo-EQ. Höhen und Bässe sind einfache Anhebungen beziehungsweise Absenkungen von 12 dB. Für die Mitten kann man die Kennfrequenz in zwei schaltbaren Bereichen per Poti einstellen, die Anhebung / Absenkung beträgt ebenfalls maximal 12 dB, den Q-Faktor kann man in drei Schalterstufen wählen. Der gesamte EQ lässt sich per Bypass-Schalter deaktivieren, ohne das Signal aus der Verkabelung herausnehmen zu müssen.

Die ER-130 VC MID-Side Unit bietet eine bei Amateurmusikern kaum bekannte Funktion. Aus den zwei Kanälen Links und Rechts eines Stereosignals wird durch einfaches Zusammenmischen ein Monosignal gewonnen und durch Zusammenmischen des normalen Signals des linken Kanals mit dem invertierten Signal des rechten Kanals ein sogenanntes Seitensignal: Alles was in beiden Kanälen vorkommt, wird durch die Invertierung ausgelöscht; nur was unterschiedlich ist, kommt in diesem Seitensignal vor. Nach dieser Umwandlung gibt es einen Balance-Regler, wie man ihn eigentlich auch von normalen Stereo-Mischpultkanälen kennt, nur regelt er hier die Gewichtung zwischen Mittensignal und Seitensignal. Danach wird nun das Mitte/Seiten-Signal wieder in ein normales Links/Rechts-Signal gewandelt – übrigens wieder über das gleiche Mischverfahren.

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Die Mid/Side-Unit ER-130

Mit dem Balance-Regler kann man also sagen, ob man mehr die seitlichen Signale oder mehr die mittigen betonen will. Beim ER-130 geht das auch über eine Steuerspannung. Ab welchem Frequenzbereich die Unterscheidung in Mitte und Seite ansetzt, kann man mit einem regelbaren Hochpassfilter einstellen. Wirklich interessant ist aber ein zuschaltbares Insert-Pärchen im Mitte/Seiten-Signal. Hier kann man den beiden Signalen unterschiedliche Nachbearbeitung angedeihen lassen. Mehr dazu später.

Bewertung

Mechanisch und elektronisch ist bei den Arrel-Audio Modulen alles erste Sahne. Höchstwertige elektronische und mechanische Bauteile. Dem Platinenlayout merkt man sorgfältige Signalführungen an. Alle signalführenden Schalter sind doppelpolig ausgelegt, um mechanische Störungen abzufangen. Trafo-Übertrager in den Mischpultausgängen sind sicher ein Novum in der Eurorack-Welt. Das Gewicht der Module ist beeindruckend. Der Stromverbrauch ist heftig: im Schnitt 300 mA pro Modul. Nur zum Vergleich: Ein Doepfer A-138-Mischer braucht 10 mA. Doch der Stromverbrauch wird noch deutlich geschlagen – nämlich vom Preis. Bitte erst mal setzen: 1130 Euro für einen Achtkanalmischer, 570 für den Stereo-EQ, 690 für die Mid-Side Unit.

Massive Bauweise – und der angehängte Nachweis der ausgiebigen Qualitätskontrolle.

Es mag sein, dass der Preis dem Aufwand und der Qualität der Module entspricht. Doch frage ich mich, wie sehr das in der Eurorack-Modularwelt gerechtfertigt ist. Macht es Sinn, einen hochwertigen Summiermischer aus der Welt der digitalen Endmischung in einem System einzusetzen, in dem es vorher de facto nirgends einen kontrollierten Signalpegel gibt? Dafür müsste jedes VCF und jeder VCA ein Peakmeter am Eingang haben. Vermutlich nur sehr, sehr wenige Module (z.B. Cwejman) liefern überhaupt ein Signal in einer Qualität, die den Aufwand der Arrel-Module gerechtfertigen würde. Ein weiterer Zweifel nagt dann noch: Studioelektronik kann unter anderem einen bedeutenden Headroom und Rauschabstand bieten, weil sie mit deutlich höheren Versorgungsspannungen arbeitet als Eurorack. Die 12 Volt des Euroracksystems zwingen die hochwertige Elektronik dazu, unter ihren Fähigkeiten zu bleiben. Hier werden Mercedes Limousinen auf Fahrradreifen gesetzt.

Die Arrel-Module im Einsatz

Lassen wir mal den Preis und die Qualitäts-Überdimensionierung beiseite, so kann man die Module unterschiedlich bewerten.
Der Mischer ist für acht Kanäle angenehm schmal und vom Layout gut angelegt, aber Auxwege sucht man vergeblich. Leider ist die Position der Panorama-Regler mangels Farbstrich auf dem Poti nur bei aller bester Beleuchtung zu erkennen. Beim Summenregler hätte ich mir ein Stereo-Poti gewünscht.

Wären doch die Panpots des Mischers so markiert wie die Regler am 4ms Resonator links

Der EQ kann seine Herkunft aus dem Masteringstudio nicht verleugnen. „Zupackend“ ist was anderes, aber er klingt sauber, „durchsichtig“ und – was mir gefällt – er darf trotzdem auch mal überfahren werden. Es gibt sogar eine extra LED, die den Sättigungsgrad anzeigt.
Am besten gefällt mir die Mid/Side-Unit. Diese Funktion gab es bisher in der Form nur in reinen Studiogeräten. Dabei sind ihre Anwendungen außerordentlich vielfältig.
Zum Beispiel gibt man den Seiten mehr Höhen, dem Monosignal mehr Bässe, und schon ist das Signal massiv aufpoliert. Oder man komprimiert das Seitensignal stark, das Mittensignal weniger – dadurch wird das Ergebnis hörpsychologisch deutlich „breiter“, ohne dass man Dynamik bei den Mittensignalen verlieren würde. Und wenn man sich nicht um Monokompatibilität kümmern muss, dann ist das separate Bearbeiten des Seitenkanals etwa mit Phasern, Flangern oder dynamischen Filtern ein klanglich ergiebiges Feld. Allerdings … wir haben es in Modularsystemen eher selten mit einem Mix aus Monosignalen und Stereosignalen zu tun, die dann unterschiedlich behandelt werden können. Trotzdem: das ER-130 ist sicher für ambitionierte Klangschaffende interessant.

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Fazit

Die technische hochstehende Qualität dieser Module ist vermutlich für die wenigsten Modularsysteme nötig. Die Funktionen der Module selbst sind aber sicher auch in einem Modularsytem wünschenswert. Dem Mischer prophezeie ich wegen der fehlenden Auxwege und der mangelnden Vorkontrolle wenig Erfolg. Der EQ ist sicher eine feine Sache und bringt demjenigen etwas, der seine Musik komplett innerhalb des Modularsystems erarbeitet. Am interessantesten ist zumindest für mich als Klangsucher die Mid/Side-Unit. Ob die Module aber zu diesem Preis häufig Einzug in die Modularsysteme der Welt finden werden, wage ich mehr als zu bezweifeln.

Plus

  • hochwertige Technik
  • exzellente Verarbeitung
  • ER-130 bringt erstmals MS-Signalverarbeitung

Minus

  • Preis
  • Arrel Audio ER-100 fehlende Potimarkierung an den Panpots
  • Arrel Audio ER-100 keine Auxwege
  • Arrel Audio ER-100 Solo-Kontrolle geht nicht auf VU-Meter

Preis

  • Arrel Audio ER-100: 1130 Euro
  • Arrel Audio ER-110: 570 Euro
  • Arrel Audio ER-130: 690 Euro
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Forum
  1. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    „… wir haben es in Modularsystemen eher selten mit einem Mix aus Monosignalen und Stereosignalen zu tun, die dann unterschiedlich behandelt werden können.“
    Ja, das war früher mal so. :)
    „Der EQ ist sicher eine feine Sache und bringt demjenigen etwas, der seine Musik komplett innerhalb des Modularsystems erarbeitet.“
    Da hast du ja die Kurve gekriegt.
    Das soll es tatsächlich geben und ich prophezeie das die modulare „DAW“ bald sehr häufig eingesetzt wird.
    Wir haben es hier ja mit „Kunst“ zu tun und ein Modularsystem ist eine ziemlich einzigartige Konstruktion, die nachdem alle Strippen gezogen sind zerstört ist. Ein destruktives Element erhöht die Spannung im kreativen Prozess ungemein. :) Ich finde die Arrel-Tools klasse und trotz des Preises wird hier eindrucksvoll gezeigt was Herr Doepfer mit seinem Modular-Revival losgetreten hat. Die Minuspunkte unterliegen m.M.n. klar dem produktiven Wert. Bleibt der Preis aber da werden wir in Zukunft noch andere Module sehen die die 1000€ knacken.
    Vielleicht ist das alles aber zu weit gedacht und die Jungs bei Arrel wollten nur die Eurorack-Plattform als weitere Alternative nutzen.

  2. Profilbild
    swellkoerper AHU

    „Am besten gefällt mir die Mid/Side-Unit. Diese Funktion gab es bisher in der Form nur in reinen Studiogeräten.“ Das stimmt so nicht. Es gibt ein paar Kleinsthersteller, die die Funktion stand-alone bieten. Ansonsten reicht jedes Modul mit Sum/Difference- und z.B. ein Mixer mit Polarizer-Funktion. Bei mir erledigen das ein Intellijel uMod und Doepfer Matrix Mixer. Kosten zusammen etwa 300€! Der Mastering-Einsatz der M/S-Technik im Modularkontext ist wirklich nur der Anfang, man kann hier prinzipiell spannungsgesteuert jede Art von Monosignalen in Stereo kodieren (Pedaleffekte, Einzelausgänge von Filtern, Oszillatoren, VCA-gesteuerte Stereophonie etc. etc.) Das ist mir im Test etwas zu kurz gekommen.

    • Profilbild
      AMAZONA Archiv

      @swellkoerper Hmmm. Höhere Audiobearbeitung ist für mich immer noch etwas schwer verdaulich. Das was mit einem Mutable Warps und einem gesplittetem Monosignal anstellen kann ist ebenfalls sehr interessant und ebenfalls Stereo wenn ich es am Out und Aux abgefangen habe. Was Ringmodulator, AM, Komparator und Inverter konkret machen war mir bisher egal, Hauptsache es klang gut. Zeit das zu ändern und ein etwas besseres Verständnis dafür zu bekommen. ;)

    • Profilbild
      torpedo

      @swellkoerper sehr spannend ! kannst du näher auf das patch eingehen bzw. beschreiben ?? vielen dank :)

  3. Profilbild
    Son of MooG AHU

    Ich finde jede Bereicherung im Eurorack gut, auch wenn’s mir persönlich zu teuer ist. Kein System ist wie ein anderes, was der schier unüberschaubaren Menge an Anbietern zu danken ist, da sollte für Extrem-Audiophile auch etwas zu finden sein.

  4. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Ich habe eher den Eindruck, daß diese Module auf eine Klientel abzielen, der das API-Lunchboxformat als Basis für modular aufgebaute Audioracks schlicht zu teuer ist — da bietet Eurorack soviel mehr an vergleichsweise preiswerten Optionen, mit denen sich ein kleines Kampfset zusammenstellen läßt.

  5. Profilbild
    Florian Anwander RED

    Marco Re von Arrel Audio hat mich kontaktiert und ein paar Punkte angemerkt. Ich leite sie gerne hier unverändert weiter. Da es die Länge eines Kommentars übersteigen würde, verteile ich das auf zwei Beiträge:
    „[…] told me about your review about the ER-100. Si I read and translated from german……Here some clarifications that should be disseminated:

    1. The current consumption of ARREL modules is low and it is absolutely compatible with the Euro-rack power supplies in terms of current as stated in the technical specifications. The typical current absorption on the +12 is about 100 mA (no headphone used) and 160 mA (headphone at maximum level) and on the -12 VDC 60 mA.
    2. The consideration on the completely black pot for the pan pot is true…… but it is not a not a problem because we will use flexible plastic colored caps to be inserted on the potentiometer shaft. You have to take into account that in a so compact mixer it was impossible to use traditional knobs for the pan pot, our target was the maximum compactness. As the plastic caps will be available I will send you.
    […gleich gehts weiter…]]

    • Profilbild
      Florian Anwander RED

      @Florian Anwander […und hier die Fortsetzung…]
      „3. Regarding the need of high quality audio in Euro-rack it is a matter of opinion…… our idea is to give to the artist all the tools to obtain out of their Euro-rack system maximum fidelity and maximum reliable Left and Right channels to be directly connected to the PA system (small/medium gigs with the absence of a traditional sound engineer), without the use of an external mixer. For this reason we added two high quality line output transformers so you can do whatever you want (unbalance).

      4. Regarding the missing aux sends it is not clear to me your point of view. In this form factor is completely impossible to add an auxiliary bus. It is an extremely compact mixer.

      5. The aux in is conceived in the traditional way, you disconnect the monitor bus from the summing bus and you hear on the monitor the aux in, it is useful when you record or useful if during live gigs, you want to hear in the headphones an auxiliary input that could be the output of another Euro-rack system.

      6. Moreover the two transformers are step up (1:2) so the out in the ER-100 is 6 dB over the the maximum out level of the eurorack systems (limited by the low PO of +-12v). This fact could be important in digital recording.

      There is also a FAQ on th eER-100:
      http://www.arrel-audio.com/product.php?page=ER-100
      selecting the FAQ tab

      Marco Re“

      • Profilbild
        Florian Anwander RED

        @Florian Anwander Kurzer Kommentar zum 1. Punkt: Offensichtlich hatten Arrel die Unterseiten auf Ihrer Webseite per Kopie von einer anderen Unterseite erstellt, und dabei übersehen, die von der kopierten Seite stammenden Stromverbrauchswerte zu korrigieren. Das haben sie inzwischen korrigiert.

  6. Mehr anzeigen
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