Budget-Vorverstärker mit Röhre
Kurz ein Blick auf die Gehäuse
In diesem Kurztest wollen wir euch zwei nützliche Helfer im Studio vorstellen, die preislich sehr spannend sind, aber musikalisch heftige Klangveränderungen mit sich bringen können.
Den kleinen, schwarzen ART Tube MP habe ich schon vor gut 20 Jahren entdeckt und das erste Mal im Homestudio eingesetzt. Der ART tube MP darf deshalb auch gerne als echter Klassiker bezeichnet werden. Gerade mal 49,- Euro inklusive Netzteil sind dafür zu bezahlen – ein echtes Schnäppchen, wie ich meine.
Das blaue Kästchen ART Tube MP Studio V3 ist eigentlich kein großer Bruder des Tube MP, sondern eher eine Variation und kam erst vor wenigen Jahren auf den Markt. Warum, das werden wir gleich noch sehen. Der Schönling glänzt nicht nur mit Metallic-Lack, sondern auch einem VU-Meter.
Beide machen einen robusten Eindruck. Die Röhre und Elektronik stecken in einem Metallgehäuse, das auch so manchen Sturz überstehen könnte.
Anschlüsse des ART Tube MP Studio V3
Die Anschlüsse sind schnell abgehandelt.
Die Eingänge liegen sowohl symmetrisch als XLR als auch unsymmetrisch mit Klinkenanschlüssen vor. Daneben gibt’s noch die Minibuchse fürs externe Netzteil, fertig.
Einsatzbereich: Mikrofone & Line-Signale verstärken
Klar, in erster Linie werden die Beiden verwendet, um Mikrofonsignale zu verstärken. Deshalb besitzen auch beide eine zuschaltbare Phantomspeisung von 48 Volt für Kondensatormikrofone. Aber auch dynamische Mikrofone verstärken die beiden anstandslos.
Ich persönlich verwende den ART Tube MP zur Verstärkung des Line-Signals meines Casio FZ20M. Viele Samples aus meiner Library wurden seinerzeit mit viel zu großem Headroom aufgezeichnet. Das Ergebnis ist ein Line-Pegel, die selbst die Line-Eingänge meines Mackie Analogmixers nur schwer ausgleichen können. Also ran mit dem Art TUBE MP und Gas gegeben.
Der Vorteil liegt aber nicht nur in der Verstärkung des Line-Pegels von schwachbrüstigen Synths und Samplern, sondern durch die Röhre auch in der deutlichen Klangbeeinflussung, wie wir gleich sehen werden.
Die Funktionen des ART Tube MP
Ganz links lässt sich mit dem Regler die Verstärkerleistung des Eingangssignals steuern, in Abhängigkeit zum ersten Druckknopf, der den Pegel um +20 dB variiert.
Der mittlere Druckknopf schaltet die Phantomspeisung hinzu und der letzte Druckknopf erlaubt die Umkehrung der Phase. Dieser wird wohl in den meisten Fällen in der Stellung „Normal“ bleiben. Ganz rechts passt man den Ausgangspegel, fertig.
Ein erstes Soundbeispiel
Nein, ich habe bewusst nicht gesungen, denn ich liebe dieses Teil einfach in Verbindung mit Synths. Auf dem Casio FZ-20M wurde eine Bassline programmiert, bei der die Anschlagdynamik auf die Cut-Off-Frequenz reagiert. Das Ganze wurde als Loop durch den ART Tube MP geschickt. Im Beispiel beginne ich mit dem linken Eingangsregler auf linkem Anschlag und drehe dann langsam in die Sättigung der Röhre und wieder zurück.
Der rechte Regler wurde so justiert, dass das Ausgangssignal keine Verzerrung bei dem nachfolgenden Mackie Mixer oder Wandler auslöste.
Das Ergebnis spricht für sich selbst. Die Verzerrung klingt für meinen Geschmack sehr musikalisch. Aber auch lange bevor die Verzerrung einsetzt, wird das Signal deutlich lauter ohne zunehmenden Rauschanteil durch den ART Tube MP. Wer also einfach nur den Pegel seines Nutzsignals ohne Verzerrung aufholen möchte, ist mit dem ART Tube MP ebenfalls gut beraten – und das für 49,- Euro. Ganz klar – drei Sterne.
Der ART Tube MP Studio V3
Durch den zusätzlichen Regler wurde die Funktionalität um verschiedene Klangvarianten erweitert und kann auch als Limiter dienen.
Über den Regler rechts vom VU-Meter lassen sich nun diverse Presets abrufen, die laut Hersteller für Aufnahmen bestimmter Instrumente optimiert wurden.
Zur Auswahl stehen hier u. a. Akustik- oder E-Gitarre, aber auch Keyboard, Bass oder Gesang. Die Mittenstellung nach unten nennt sich FLAT und verzichtet auf jede vorprogrammierte Klangeinstellung.
Ich war mal ganz frech und habe im ersten Soundbeispiel wieder meinen Casio FZ20M-Loop durch den „Wolf“ gedreht. Der Eingangspegel wurde beim Durchsteppen der Presets nicht verändert und wurde nur sehr leicht in die Sättigung gefahren. Der Grad de Sättigung wird aber auch durch die Wahl des Presets bestimmt. Für den Ausgangspegel wurde eine mittlere Einstellung verwendet.
Nach jedem Loop-Durchgang erfolgt die Umschaltung des Presets.
Es ist deutlich zu hören, wie sich der Klang der Bass-Line durch die Presets verändert.
In Audiobeispiel 2 nutzen wir nun die zweite Hälfte der Presets, bei denen die Limiter-Funktion zum Einsatz kommt. Die Regler-Einstellungen zum Audiobeispiel 1 wurden NICHT verändert.
Das Signal wird punchiger, aber leider ist das „Pumpen“ des Limiters auch deutlich zu vernehmen.
So ganz hat mich der Einsatz des ART Tube MP Studio V3 nicht überzeugt. Presets sind schön, aber in diesem Fall ist mir der Verzicht auf jegliche Nachjustierung dann doch zu rudimentär. In Bezug auf den Preis ist das trotzdem immer noch für den einen oder anderen Einsteiger ein heißes Eisen.
Jo, hab‘ da in musikalischer Hinsicht sehr gute Erinnerungen an das Tube MP. Hat mir oft den E-Bass und die Vox veredelt. War/ist durchaus brauchbar dafür. Nachteil: kein An/Ausschalter und relativ kurze Lebensdauer (jedenfalls bei mir). Heute werden Vox und Gitarre durch das ART TPS 2 geprügelt. Mag den ART Sound.
Auch schon seit Opas Zeiten auf dem Markt. Bewährte Produkte.
Gut das du das mit dem An- und Ausschalter erwähnt hast. Stört mich auch immer und hatte ich im Test vergessen. Hab den Punkt unter Minus soeben ergänzt .-)
@Tyrell Jo. Aber jetzt, wo du das Dingen hier nochmal vorstellst, spiele ich mit dem Gedanken, mir den kleinen Schweinepriester wieder zuzulegen…. wieder für den Bass… hmm…. auf umstöpseln steh ich nicht so, aber einen zweiten TPS 2 muss ich mir jetzt nicht auch noch ins Rack schrauben…. und den Preis dafür hat man ansonsten an einem Abend versoffen…
haha…..
Ich hatte vor 10 Jahren oder so mal den Studio und hab mir vor einem Jahr wieder den normalen Tube MP gekauft.
Dabei fällt mir auf, dass ich keine Ahnung habe wo der Studio V3 eigentlich abgeblieben ist…lol^^
Praktische kleine Kerlchen!
Toller Tipp für wenig Geld. Dickes Danke an die AMAZONA-Redaktion.
Servus Peter,
schöner Test…
Was ist Deine Einschätung: könnte man den tube MP auch gut hinter einem Model D (Behri) einsetzen, um den Sound ‚overdrive-mäßig‘ anzudicken?
Also nicht ZERREN, sondern eher so ‚cremig-sahnig’…
Ich dachte Da zunächst an die MOOG MF ‚BOOST‘ oder ‚DRIVE‘ Geräte, aber die liegen ja selbst gebraucht in einem €-Bereich ( > €100) , den ich nicht anlegen möchte…
@solartron Ja, das lässt sich machen. Für diesen Preis absolut unschlagbar.
Ich besitze seit ein paar Jahren die noch preiswertere Variante von Behringer, den Tube Ultragain Mic100 und finde auch den nicht übel. Ich habe das Gerät bisher als Keyboardverstärker, Mikrofonverstärker und Orgelzerre verwendet und war damit immer zufrieden. Vielleicht werde ich die Röhre bei Gelegenheit gegen eine hochwertigere tauschen, das ist aber IMO der einzige Kritikpunkt. Davon eine Stereo-/Zwei-Kanal-Version wäre schön.
Hatte vor einiger Zeit schon mal den V3, bin damit allerdings nicht so wirklich glücklich geworden (zu viel Rauschen). Nach lesen dieses Artikels habe ich es noch mal „gewagt“, nun aber „nur“ den MP. Ich nutze ihn an einer Viscount D9e Hammond Emulation, zusammen mit einer Dynacord CLS22 LeslieEmulation, dazu ein wenig Hall, und ich bin überzeugt. Dieses kleine Teilchen klingt deutlich besser als der in der D9e eingebaute RöhrenZerre. Da kommt HammondFeeling auf.
@mariemusic Ich glaube, das Problem liegt da generell in der verwendeten Röhre. Mal werden hochwertigere erwischt, mal maue. Die verbauen da wohl, was sie kriegen können, da wird nix groß ausgesiebt. Mal hat man Glück, mal nicht.