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Test: Arturia Brass

Arturia Brass

1. September 2006
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Der französische Plugin-Spezialist Arturia war bisher hauptsächlich für seine Emulationen legendärer Synthesizer-Klassiker wie etwa dem Minimoog oder dem Arp bekannt. Mit „Brass“ betritt man nun Neuland und widmet sich der Simulation einer Blechbläser-Sektion. Im Gegensatz zu anderen Herstellern, die Naturinstrumente mit Hilfe von vielen Samples versuchen nachzubilden, geht Arturia hier einen anderen Weg.Durch Physical Modelling soll versucht werden, die akustischen Eigenschaften einzelner Instrumente unter Verwendung von Algorithmen nachzubilden. Grundlage für dieses Plugin bilden im vorliegenden Fall dabei die Untersuchungen des Pariser IRCAM Instituts. Arturia hat diese Forschungsergebnisse lizenziert und ein grafisches Userinterface dafür entworfen. Physical Modelling braucht im Gegensatz zu samplebasierten Lösungen viel weniger Speicherplatz, da man nicht auf Gigabytes an Sound angewiesen ist und stattdessen die Klänge in Echtzeit berechnet werden. Genau deshalb sind Physical Modelling Plugins aber auch sehr CPU-hungrig. Wir werden im Folgenden genauer sehen, was das für uns als Musiker für Konsequenzen hat.

Konzept:

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Arturia hat an sämtliche Pluginoptionen auf beiden Plattformen gedacht, so dass unter OS X bzw. Windows XP folgende Versionen zu haben sind: VST, MAS, AU und RTAS (Mac) sowie VST, Dxi und RTAS (Windows). Außerdem gibt es für beide Systeme Standalone-Ausführungen. Die Installation gestaltet sich unproblematisch wie man das zwischenzeitlich gewohnt ist. CD einlegen, Installer ausführen und weiterklicken, fertig.
Der Kopierschutz ist über einen mitgelieferten Syncrosoft-USB-Dongle gelöst, d.h. Brass läuft immer nur an dem Rechner, an dem auch der Dongle steckt. Man kann übrigens beliebig viele Plugins auch anderer Hersteller auf solch einem Dongle freischalten. Sowohl die Software für den Kopierschutz als auch Brass selbst sollte man nach der Installation direkt via Internet updaten um sicher zu sein, dass man mit der aktuellsten Version arbeitet. Im Lieferumfang befindet sich außerdem noch ein ausführliches Handbuch – leider nur in englischer und französischer Sprache. Hier werden, neben der eigentlichen Bedienung des Plugins, sowohl die technischen Hintergründe wie auch eine kurze Einführung ins Arrangieren mit Bläsern geboten. Wer das ganze lieber auf Deutsch lesen würde, wird auf der Webseite des deutschen Vertriebs in Form eines PDFs fündig. (www.tomeso.de) Jetzt aber zum eigentlichen Plugin: Brass kennt grundsätzlich zwei Betriebsmodi: „Live“ und „Riff“. Live funktioniert wie ein normales Plugin. Sie laden bspw. eine Trompete und spielen diese auf ihrem Keyboard. Im Riff-Modus hingegen können Sie auf jeder Taste ihrer Midi-Tastatur ein Riff legen, das dann von einer kompletten Horn-Section gespielt wird.

„Live-Modus“

Betrachten wir zunächst den Live-Modus. Es stehen drei Instrumente zur Auswahl, Trompete, Saxofon und Posaune. Im Gegensatz zu einem Sampleinstrument sind die Grundsounds der einzelnen Instrumente beliebig formbar. So können etwa die Saxofone mit unterschiedlichen Mundstücken ausgestattet werden, Trompete und Posaune halten eine Vielzahl an Dämpfern bereit. Über das Fenster „Spacialization“ kann ein Instruments nach Belieben im Raum platziert werden. Außerdem kann man einstellen, wie sich das Modell verhalten soll. Vom Anfänger über den Profi bis hin zum perfekten Computerspieler kann man die Charakteristik stufenlos regeln. Mit all diesen Parametern kann man sich beschäftigen, muss man aber nicht. Es gibt selbstverständlich jede Menge Presets zum Ausprobieren und sofort Loslegen. Was man sich aber nicht entgehen lassen sollte, ist die Möglichkeit, bestimmte Parameter während des Spielens zu beeinflussen. Diese Parameter, die sich in der Mitte des Fensters befinden, wollen wir am Beispiel Trompete mal genauer betrachten.

Die Echtzeit-Parameter von Brass, hier die Trompete

Die Echtzeit-Parameter von Brass, hier die Trompete

Von links nach rechts finden wir hier: Attack (bestimmt die Art des Einschwingens, von hartem Akzent für Funk-Riffs bis hin zu sanftem Balladenton), Pressure bezeichnet den Druck, den der virtuelle Musiker nutzt, um Luft in sein Instrument zu blasen. Pitch bestimmt die Tonhöhe, die mit dem Pitchwheel am Keyboard beeinflusst werden kann. Tone und Noise verändern den Klangcharakter und mischen stufenlos Luftrauschen hinzu, das beim Anblasen entsteht. Vibrato schließlich erzeugt ein sehr authentisches Vibrato, dass über Vibrato Frequency in der Geschwindigkeit geregelt werden kann. Mute steht nur für Trompete und Posaune zur Verfügung, wenn dort ein so genannter Wahwah-Effekt mittels eines Dämpfers verwendet wird. All diese Parameter kann man nun in Echtzeit manipulieren, etwa mit einem Midi-Controller. Da wird schnell deutlich, welche Möglichkeiten sich auftun. Ein Sample wird immer so klingen, wie man es aufgenommen hat: entweder mit oder ohne Vibrato. Hier hingegen kann man ein solches stufenlos zumischen und hat sogar noch die Möglichkeit, die Geschwindigkeit zu regeln. Das macht Spaß und verleitet zum intuitiven Spielen mit den einzelnen Instrumenten, Trompete und Posaune gefallen mir dabei am besten, das Saxofon fällt leider etwas ab im Sound.Man kann natürlich zunächst auch die Melodie ohne Bearbeitung einspielen und dann alle weiteren Parameter im Nachhinein editieren.Mit etwas Einarbeitungszeit und einem Grundwissen über Blasinstrumente so wie etwas Geduld ausgestattet, kommt man somit zu sehr guten Klangergebnissen.

„Riff“-Modus:

Der Riff-Modus in Brass, mit dem Riff-Browser in der Mitte unten

Der Riff-Modus in Brass, mit dem Riff-Browser in der Mitte unten

Durch einen Klick rechts oben im Feld gelangt man zum Riff-Modus. Hier kann man bis zur vier Instrumente kombinieren, um sie gemeinsam Riffs spielen zu lassen. Außerdem kann man bereits auf eine sehr umfangreiche Library zurückgreifen.Für verschiedene Stile wie Funk, Reggae, Pop oder Salsa gibt es hier zahlreiche Vorlagen, die man über einen Browser anwählen und vorhören kann. In der Mitte oben werden die Riffs als Noten dargestellt und können editiert werden. Der Clou besteht aber nun darin, das man die Riffs auf den virtuellen Tasten links unten ablegen kann, und zwar auf jede Taste ein Riff. Im rechten Teil der Tastatur kann man nun den gewünschten Akkord greifen und mit links die gewünschten Riffs abfeuern. Damit hat man ein mächtiges Tool zum Jammen/Arrangieren bzw. für Liveperformances an der Hand. Sehr schön ist außerdem, dass man beliebige Riffs im Midiformat exportieren kann, um sie z.B. im Sequenzer zu editieren, aber auch eigene Kreationen importieren kann. Die aus bis zu vier Instrumenten bestehenden „Riff-Sections“ kann man mittels „Spacialization“ im Raum anordnen.

Anordnung der Instrumente im Raum mittels „Spacialization“

Anordnung der Instrumente im Raum mittels „Spacialization“

Auch im Riff-Modus können vor allem die Trompete und die Posaune überzeugen, wieder schwächeln alle Riffs, die mit einem Saxophon kombiniert sind.Vor allem, wenn man die Instrumente nicht solistisch verwendet, sondern z.B. mit einer Band als Begleitung, bekommt man in beiden Modi überzeugende Ergebnisse. Allein für sich gestellt merkt man noch immer den Unterschied zwischen Mensch und Maschine, und das wird wahrscheinlich auch immer so bleiben und ist ja so verkehrt auch nicht. Doch hören Sie selbst: Zunächst eine Solotrompete mit Bandbegleitung, danach einige Riffs aus der mitgelieferten Library. (siehe unten)

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Fazit:

Einziger Wermutstropfen neben dem Saxophon ist die hohe CPU-Last. Auf verschiedenen Apple G4 Rechnern hab ich Brass nicht vernünftig zum Laufen gebracht, erst auf einem G5 konnte ich vernünftig arbeiten. Da würde ich mir für das nächste Update noch einiges an Optimierung wünschen, wenn auch klar ist, dass das Echtzeitberechnen in so komplexen Rahmen stets aufwendig sprich rechenintensiv bleiben wird. Auch nicht optimal fand ich das Legatoverhalten, da nacheinander gespielte Töne nicht überblenden, sondern stets ein neuer Ton erzeugt wird. Das Konzept an sich hat mich aber schwer begeistert, da hier erstmals Modulationen und Verläufe möglich sind, die man so mit Samples nur sehr schwer erreichen kann.
Samples haben aber weiterhin die Nase vorn, wenn es um einen möglichst authentischen Klang der einzelnen Töne geht. Es bleibt also spannend für den Musiker, vor allem wenn weiter so intuitive Möglichkeiten wie die hier erwähnten Echtzeitcontroller oder der Riffmodus auftauchen.

Plus
+++ Konzept
++ Trompete- und Posaunensound

Minus:

— hohe CPU-Last
— Saxophon-Sound- kein echtes Legato
Preis:

UVP: 279
Straßenpreis: ca. 259

Hersteller:

www.arturia.com

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Klangbeispiele
Forum
  1. Avatar
    AMAZONA Archiv

    So sehr man Arturia fuer die hervorragenden Produkte im Bereich der analogen Synth-Juwelen danken muss, so gibt es doch leider nur ein Wort fuer die Qualitaet der Trompete, die hier als Beispiel fuer Arturia Brass angefuehrt wird: Jaemmerlich! Steckt Physical Modelling noch so sehr in den Kinderschuhen? Oder muss man einfach anerkennen, dass es keinen vernuenftigen Ansatz gibt, um die Dynamik von Blechinstrumenten digital zu reproduzieren?

  2. Avatar
    AMAZONA Archiv

    Stimme Frank Thomas voll zu. Physical Modelling ist schlichtweg gescheitert bei allem was das Nachahmen echter Instrumente betrifft . Zumindest , wenn man den Vergleich zu streamed Samples betrachtet. Aberwitzig, das hier überhaupt noch investiert wird. Was Physical Modelling leisten kann, wenn man experimentiertfreudig ist und einen eben solchen Klangansatz fährt , beweisen eindrucksvoll Logic Sculpture oder auch AAS String Studio. Wunderbare Neuklänge, die es so vorher nie zu hören gab. Hier kann PM auch Akzente setzen.

    Arturia fällt leider zur zeit nicht mehr ein, als seine x-te GUI Variante als neues Produkt zu vermarkten Das ist ok, aber eben auch furchtbar langweilig.

  3. Avatar
    AMAZONA Archiv

    Ich spiele Sax (Tenor und Alto), und den WX5 mit einem Yamaha Vl70m. Ich habe früher auch selber Trompete gespielt und finde die Trompeten, Bassoon und Flöten des VL70m (Baujahr ca. 1996) super, habe noch nichts besseres gehört. Weder die zwei Klangbeispiele hier noch das Demo auf der Arturia Seite hat mich auch nicht überzeugt, ich bleibe bei meinem „Dynosaurier“.

    Ich muss allerdings zugeben, dass ich enttäuscht bin, das so ein altes Teil noch nicht ersetzt werden kann, ist glaube ich über 10 Jahre alt… Habe den Tassman, aber noch keine brauchbare Bläser zustande gebracht. String studio finde ich super (lebendig), Sculpture schwer zu programmieren, konnte die Klanbeispiele nicht nachprogrammieren

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