Wavetables for the Masses
„Jetzt ist schon wieder was passiert“ – die Einleitung, mit der jeder der „Brenner“-Romane des Schriftstellers Wolf Haas beginnt, ist mir spontan durch den Kopf geschossen, als ich die Ankündigung einer neuen Betriebssystemversion 4.0 für den Arturia MicroFreak gelesen habe.
Arturia betreibt hier vorbildlich Produktpflege. Stotterte der Motor anfangs noch – man erinnere sich an die Diskussion um die Verwendung von Mutable Instruments Plaits open source Algorithmen – muss man Arturia zugestehen, daraus gelernt zu haben.
Zu dem bereits umfangreichen Angebot vom Start weg folgte mit dem Update 2.0 überraschend die Vocoder-Funktion, mit dem Update 3.0 folgten 3 neue Oszillator-Modelle von Noise-Engineering, sodass bereits VOR dem neuen Update auf 4.0 folgende Oszillator-Modelle im MicroFreak abrufbar sind:
Basic Waves, Wavetable, Karplus Strong, Harmonics, Superwave, Noise, Vocoder, Mutable Instruments Plaits mit 7 Modellen (Virtual Analog, Waveshaper, Two Op. FM, Formant, Chords, Speech, Modal) und 3 Modelle von Noise Engineering (SawX, Harm, Bass).
Was gibt es Neues?
Die wesentliche Neuerung ist der User-Wave-Algorithmus. Es ist nun möglich, über das MIDI-Control-Center eigeneWavetables im MicroFreak eigenen Format zu verwalten sowie wav- und aiff-Dateien in das MIDI-Control-Center zu importieren, die in User-Wavetables konvertiert werden und dann ebenfalls in den MicroFreak geladen werden können.
Wie bei allen Oszillatormodellen des MicroFreak üblich, wird das Klangverhalten des Oszillators selbst nur über drei Parameter beeinflusst – weniger ist manchmal mehr. Die 3 Parameter des User-Wavetable-Oszillators sind:
Table
Im MicroFreak lässt sich eine User-Bank mit 16 Wavetables ablegen. Ein User-Wavetable besteht aus 32 Zyklen zu je 256 (lt. Beschreibung der Import-Funktion des MIDI-Control-Centers 2048) Samples-Länge. Ist keine User-Bank im MicroFreak angelegt, stehen automatisch die Factory-Wavetables zur Auswahl.
Position
Mit dem Position-Parameter fährt man durch die 32 Zyklen des Wavetables.
Bitdepth
Regelt den Anteil der Bittiefe von LoFi bis kristallklar
Der Import in die Hardware wird wie gesagt über das Arturia MIDI-Control-Center durchgeführt.
Gerade wenn man mit dem Position-Regler durch die Wavetables surfen will, ist eine weitere kleine Verbesserung des 4er Updates wesentlich – in den globalen Einstellungen kann man die Encoder auf eine deutlich schnellere Geschwindigkeit einstellen, mit Druck auf die Shift-Taste kann man wie gewohnt langsam und fein editieren.
Die letzte neue Funktion des Updates betrifft die Chord- und Unisono-Modi, diese können nun auch mit dem Sequencer des MicroFreak genutzt werden.
64 neue Presets, die unter anderem natürlich die neuen Features nutzen, runden das Update ab.
Installation
Die Installation läuft erfreulich unkompliziert ab. MIDI-Control-Center updaten, Firmware-Datei herunterladen, MicroFreak per USB mit dem Computer verbinden, einschalten, Control-Center starten. Das Control-Center erkennt zunächst den angeschlossenen MicroFreak und dass ein neues Update für diesen vorhanden ist, dann muss die Firmware-Datei lokalisiert werden – klick auf ok und alles andere läuft automatisch ab.
Nach Neustart des MicroFreak dann noch die 64 neuen Presets in den MicroFreak laden – fertig.
Im MIDI-Control-Center findet man dann auch den neuen Reiter „wavetables“, in dem die Wavetables verwaltet und wav- bzw. aiff-Dateien importiert werden können. Die Software analysiert die Audiofiles und berechnet daraus die Wavetables ohne weitere Einflussmöglichkeit. Es werden unabhängig der Anzahl der Zyklen (Wellenformabschnitte) der importierten Audiodatei immer Wavetables mit 32 Zyklen erzeugt. Der erste und der letzte Zyklus werden jeweils identisch abgelegt, hat die Ursprungswellenform mehr als 8 Zyklen, werden diese wiederholt und kontinuierlich ineinander überblendet, bis 8 Zyklen werden diese auf die 32 Slots verteilt.
Die Erstellung und Übertragung neuer Wavetables hat vom Ablauf her problemlos funktioniert. In einem Fall sind beim Durchfahren digitale Artefakte (Knacksen) aufgefallen. In der Anleitung finden sich wie schon erwähnt widersprüchliche Angaben über die Länge der Wellenformzyklen – einmal ist von 296, einmal von 2048 Samples die Rede. Wavetables mit 2048 Samples Länge konnten jedenfalls importiert werden.
Ersetzt man eine oder mehrere User-Wavetables, sind alle Presets, die User-Wavetables als Oszillatormodell verwenden, davon betroffen. Im Preset wird lediglich das Oszillatormodell und die Nummer der User-Wavetable abgespeichert, die Wavetable selbst aber nicht. Das sollte man stets im Hinterkopf behalten. Das Erfreuliche dabei ist – alle 16 möglichen User-Wavetables in den MicroFreak zu laden, dauert nur ca. 20 Sekunden. Bei organisierter Ablage der Wavetables und Sounds stellt das zumindest im Studiobetrieb keine allzu große Einschränkung dar. Bereits mit den im Netz frei abrufbaren Wavetables kann man das Klangpotential des MicroFreak beachtlich erweitern, die Möglichkeit, eigene Wavetables zu erstellen und zu experimentieren on top dazu.
Arturia betreibt also weiter vorbildliche Produktpflege. Hoffen wir, dass bald wieder was passiert …
Der Microfreak wird immer besser.
Ich hoffe auf eine V2 (oder verschiedene Varianten), bevor ich zugreife:
– entweder mit Batteriebetrieb zum gleichen Preis (z.B. als portabler Urlaubssynth)
– Oder etwas wertigeren Keyboard als Minikeyboard zum Studio
– Oder ohne Keyboard als kleines Modul
Das Keyboard war nach dem Antesten für meinen Geschmack nichts Halbes und nicht Ganzes. Im Studio würde ich immer ein Masterkeyboard nutzen.
Und unterwegs fehlt mir leider der Batteriebetrieb (da wäre das Keyboard als Kompromiss okay)
@astral_body Hi, rennt mit Powerbanks!
Starsky Carr hat übrigens auf YouTube ein nettes Video über die neue Firmware gemacht. Er hat PPG Samples in den Microfreak geladen.
@astral_body Hallo, Numitron hat bereits darauf hingewiesen, das man das mit Powerbanks lösen kann, kann ich bestätigen. Betreffend des Keyboardthemas finde ich persönlich, das gerade das Keyboard des Micofreak einen wesentlichen Teil seines Charmes ausmacht. Klassische Keyboard Tastaturen kann man ja ohnedies dank Midi anstöpseln bzw. den Freak über die DAW anstöpseln. Mache ich aber gar nicht. Ich spiele den Freak am liebsten „live“ über seine Tastatur als Audio in die DAW.
@toneup Interessante Info. Ich mochte beim ersten Anspielen das Keyboard nicht.
Aber wahrscheinlich ist die unkonventionelle Tastatur reine Gewöhnungssache.
@toneup toneup, sehe ich auch so, der Microfreak ist ein eigenständiges Instrument! Das bedeutet für mich dass die Art des Anschlages in diesem Fall genau zum Teil des Konzepts dieses Instruments gehört.
Ich war anfangs skeptisch und habe ihn mir dennoch bestellt. Und war sofort mit diesem „Tastenkonzept“ in Harmonie. Macht extrem viel Spaß! Man muss sich – wie immer -ganz offen und unverfänglich darauf einlassen und nähern.
Ich finde, diese „Tatstatur“ ist gut zu spielen und passt hervorragend zum Instrument. Die Frage ist für mich, ob es eben immer wieder noch einen Synthi mit normaler Tatstatur braucht. Ich habe hier bereits genügend Tatstaturen…
Ich nehme an, das gilt für den normalen und die schwarz/weiße Vocoder-Edition. Diese gibt es übrigens immer noch zu kaufen. Also bevor man den Üblichen+extra Micro zulegt, ruhig mal die edle Vocoder-Edition bl/wh zu Gemüte führen. Weiß jemand was passiert, wenn Wasser die Tastatur berührt (mehrere Kontakte)? Ernstgemeinte Frage!
@Filterpad Die vocoder Edition ist aber tatsächlich beim großen T teurer als das Basisgerät plus Schwanenhals-Mikrofon… Da kann man fast noch das Duskcover drauflegen das in der vocoder Edition natürlich nicht drin ist ..
Für mich das einzige „Haar in der Suppe“ : warum kann man zwar die Arps mittels hold festhalten und transponieren… Aber bei den Sequenzen muss ich das keyboard immer gedrückt halten, weil hold für die Sequenzen nicht funktioniert.
Das ist fast so dumm gelöst wie bei Roland, wo man bei vielen Synths mit einer Hand die Shift Taste drücken muss um eine Sequenz transportieren zu können…
@deep6 Wenn ich mich recht erinnere, kann bei einer externen Clock (mit Startsignal) frei über die Sequenz gespielt werden ohne dass ewig eine Taste gedrückt werden muss. Aber ja, eine Standalone Option wäre durchaus wünschenswert…
@deep6 Du kannst einen beliebigen Ton spielen um die Sequenz transponiert zu starten und dann den seq start Button drücken.
Aber transponiert nicht während dem Spielen. Es bräuchte keine hold sondern eine latch Funktion für beide spielhilfen
Irrtum: Klar kannst Du eine laufende Sequenz transponieren, indem Du Shift & eine Keyboard Taste drückst.
Fuer V2, nur eins: Effekte.
Was waere mit ein bisschen Delay und Reverb drin? Einfach perfekt
Ich hoffe ja, dass da noch mehr Digitales von Arturia kommt.
Ich warte noch auf eine Polyversion vom microfreak mit 5-8 Stimmen. Schön, dass Arturia so eine Produktpflege betreibt
@Der_Brechreiz Das wäre auch interessant. Polyphon und etwas wertiger wäre auch cool.
Für mich auch gerne als Modul (Kompakter, günstiger)
Bin gespannt was das nächste update an neuen Funtionen bringt!