Rekreation einer Legende
Mit dem Arturia Synthx V füllt der Hersteller nun die V-Collection mit diesem doch recht raren, dafür umso sagenumwobeneren Synth aus Bella Italia: Einer Software-Replik des Elka Synthex. Fahren wir den Rechner hoch, starten die DAW und widmen wir uns einem Stück in Software gegossene Synthesizer-Geschichte.
Inhaltsverzeichnis
Elka Synthex
Sein stärkster Endorser, Paul Wiffen, sagte in einem Interview nach dem Anspielen des Elka Synthex auf der Frankfurter Musikmesse: „I fell in love! An Italian home‑organ manufacturer was the last company I had expected to make something better than a Sequential Prophet 10 or an Oberheim OBXa.“
Vor allem die damals, wir reden hier von 1981, noch relativ neue Technik der stimmstabilen DCOs hatte es ihm angetan. Und obwohl es 2015 einen Versuch gab, den Elka Synthex als Hardware über eine Indigogo-Kampagne wiederzubeleben, scheiterte der Versuch kläglich. Ich war damals selbst noch beim Sales-Pitch im Marriot-Hotel vor der Messe dabei und auch Paul Wiffen war als Zugpferd anwesend.
Doch was machte den Elka Synthex eigentlich aus? Alles Wesentliche zu diesem Synthesizer findest du in unserem Vintage-Special zum Elka Synthex. Und auch das Interview mit Synthex-Entwickler Mario Maggi ist lesenswert.
Arturia Synthx V Installation
Immerhin gibt es mit dem Arturia Synthx eine virtuelle Version, die Bestandteil der Arturia V-Collection oder als Einzelkauf für Mac- (ab macOS 11) und Windows-Rechner (ab Windows 10) erhältlich ist. Als Plug-in-Formate können VST2, VST3, AAX und AU sowie Standalone-Versionen installiert werden.
Auch wenn nach dem Kauf nur der Arturia Synthx V Installer heruntergeladen wird, ist die Installation des Arturia Software Centers obligatorisch. Hier wird das Plug-in auch aktiviert, wobei bis zu fünf Aktivierungen möglich sind. Eine andere Methode ist das Einloggen in den Arturia-Account beim ersten Aufruf des Plug-ins.
Der Software-Synthesizer ist zwar noch nicht direkt Teil der V-Collection, kann aber nach deren Erwerb kostenlos heruntergeladen werden.
Oberfläche und Preset-Verwaltung des Arturia Synthx V
Die Oberfläche von Arturia Synthx V ist von 50 % bis zu 200 % skalierbar, wobei eine Größe von 100 % einen Full-HD-Monitor bereits ausfüllt. Arturia orientierte sich stark am Hardware-Vorbild und so haben wir es mit einer fotorealistischen Oberfläche mit zum Glück nur dezentem Schattenwurf zu tun. Die Einstellungen Light- bzw. Dark-Theme beziehen sich nur auf die Menüs, die eigentliche Oberfläche bleibt stets dezent anthrazitgrau. Im Menü befindet sich ebenfalls eine FAQ und der Link zum sehr gut geschriebenen und intern vollständig verlinkten Anleitungs-PDF in englischer Sprache.
Die Preset-Verwaltung lässt wirklich keine Wünsche offen und verfügt über verschiedene Kategorisierungen und ein Favoriten-System. Die Suche ermöglicht ein schnelles Auffinden von Presets. Auch Playlists können angelegt werden, sodass bestimmte Presets hintereinander aufgerufen werden können.
Für Einsteiger gibt es auch eine Tutorial-Funktion, bei der die einzelnen Komponenten innerhalb der Synth-Oberfläche Stück für Stück erklärt werden – eine tolle Sache, wenn man von Null an anfängt. Um zu erahnen, was alles im Arturia Synthx V steckt. sind die mitgelieferten Presets von Klangspezialisten vieler unterschiedlicher Genres ein guter Maßstab. Mache Presets halten sich sehr an die ursprünglichen Möglichkeiten eines Elka Synthex, andere machen massiv Gebrauch von den Erweiterungen.
Wie bei vielen Plug-ins von Arturia, genehmigt sich auch der Arturia Synthx V einen recht ordentlichen Happen an CPU-Leistung, so dass es auch bei aktuellen Rechnern mit ausreichend RAM zu Engpässen kommen kann.
Eigenschaften des Arturia Synthx V
Was auffällt, ist die relativ getreue Nachbildung der Hardware-Oberfläche, aber es befinden sich natürlich noch Erweiterungen im Arturia Synthx V Software-Synthesizer. So gibt es pro Layer maximal 8 Stimmen und einen Unisono-Modus. Die beiden Layer A und B konnten beim Original einzeln abgegriffen werden, sodass schöne Stereoeffekte möglich waren. Der Software-Synth von Arturia ermöglicht nun auch das Aufteilen der Stimmen eines einzelnen Layers auf das Stereobild.
Der Sequencer ergibt im DAW-Kontext nicht so viel Sinn, deswegen wurde er auch durch einen oder besser gesagt drei ausgeklügelte Arpeggiatoren ersetzt, die Layer übergreifend arbeiten. Es können eigenen Patterns erstellt werden und auch die Tonart und die die Länge der Noten lassen sich variieren. Insgesamt ein ernstzunehmender Arpeggiator, der sicher nicht bloß eine nette Dreingabe ist.
Alle Parameter können per MIDI oder DAW-Automation gesteuert werden, so dass im Arrangement wirklich sehr lebendige Ergebnisse erzielt werden können. Um das einfacher zu handhaben, gibt es vier Makro-Regler, denen sich beliebige Zielparameter zuordnen lassen. Und das inklusive einzeln einstellbarer Modulationsanteile und Kurvenverläufe.
Bei entsprechender Programmierung können auf diese Weise sehr interessante Parameterfahrten mit nur einem Controller erreicht werden. Macro-Zuweisungen gelten dabei immer für beide Layers gleichzeitig und werden per Preset abgespeichert. Den Macros können sogar eigene Namen gegeben werden, so dass jederzeit klar ist, was das Macro eigentlich macht.
Der Arturia Synthx V Software-Synthesizer beherrscht nicht nur polyphonen Aftertouch, sondern bietet auch eine komplette MIDI-MPE-Unterstützung. Beide Layers lassen sich unabhängig voneinander programmieren und es gibt auch Kopierfunktionen, die das Erstellen von Presets erleichtern. Falls hier mal ein „Missgeklick“ stattfindet, gibt es eine mehrstufige Undo-Funktion, die jeden Handgriff am Arturia Synthx V wieder rückgängig machen kann – das gibt Sicherheit beim Experimentieren.
Signalpfad des Arturia Synthx V
Kommen wir zum eigentlichen Signalpfad. Der Arturia Synthx V bietet hier zunächst den üblichen subtraktiven Signalpfad von Oszillator 1 + 2 -> VCA -> Multi-Mode-Filter, gesteuert von zwei Hüllkurven. Garniert wird das Oszillatorpärchen von Hardsync und Ringmodulation und mündet dann in die angesprochene Stimmverteilung und schließlich in die Nachbildung des analogen Chorus des Elka Synthex. Dieser bietet, der Zeit entsprechend, den Charme eines Raucherzimmers – er ist eher etwas, um den Klang zu vernebeln als brillant herauszuarbeiten, was durchaus seinen Reiz haben kann.
Obwohl der Elka Synthex damals auf stimmstabile DCOs setzte, können mit den Dispersion-Parametern, die hinter einer Klappe auf dem GUI versteckt sind, eine gewisse zufällige Ungenauigkeit für beide Layers gleichzeitig eingestellt werden. Schon verrückt – gerade die Stimmstabilität, die seinerzeit so gefeiert wurde, kann so jetzt wieder zurückgedreht werden. Es können aber auch andere Parameter wie Filter-Cutoff, Hüllkurvenzeit oder Pulsbreite beeinflusst werden.
Pro Layer steht ein LFO zur Verfügung, der in zwei unabhängig einstellbaren Stärken auf die Synth-Paramter einwirken kann. Wie beim Elka Synthex, kann über Depth 1 OSC1, OSC2, PWM1 und PWM2 moduliert werden und über Depth 2 Filter, Amp und Pan.
Auch hier hat Arturia draufgelegt: Unter den Advanced-Einstellungen, die jederzeit ausklappbar sind, befindet sich eine ADSR-Hüllkurve, ein beliebig formbarer Function-Generator und einen Random-Generator. Mit dem Function-Generator lassen sich beliebig komplexe Schwingungsformen erstellen, die dann jedem Parameter, auch den Effekten, zugewiesen werden können. Selbstverständlich sind diese auch zur Host-Clock synchronisierbar und so lassen sich wirklich komplexe und sich entwickelnde Klänge erstellen.
In der Advanced-Sektion steht dabei eine ganze Batterie an Effekten zur Verfügung. Von Reverb und Delay über Kompressoren und klassischen Phase- und Chorus-Geräten steht hier alles zur Verfügung, was den Klang auf die nächste Ebene hebt. Die Effekte können dabei seriell frei angeordnet und auch nach dem Einfügen in der Reihenfolge verschoben werden.
Klang des Arturia Synthx V
Vor allem die fünf verschiedenen Filtertypen (das Original hatte vier), die alle bis in die Eigenresonanz reichen, möchte ich hervorheben. Diese sind für glockenähnliche Klänge gut einzusetzen und in der Kombination von zwei Layern kann hier eine große Bandbreite an Klängen erzielt werden.
Kombiniert mit den zusätzlichen Modulationsmöglichkeiten der Advanced-Sektion und dem polyphonen Aftertouch bzw. MPE produziert der Arturia Synthx V Klänge, die weit über das hinausgehen, was ein Elka Synthex zu produzieren imstande wäre.
Aber klingt er denn nun nach dem Original? Für meine Begriffe ist der Charakter des Elka Synthex gut getroffen. Das mache ich im durchaus etwas harschem Klangbild bei geöffnetem Filter aus. Auch die Filterresonanzen sind sehr nahe an dem, was in vielen YouTube-Videos (ein Original stand mir leider nicht zur Verfügung) zu hören ist und dort vor allem dieser typische Glockencharakter.
Der Chorus des Arturia Synthx V ist recht schwammig und trifft insofern sehr genau den Klang des Originals. Insgesamt also tönt es ordentlich nach Elka Synthex, auch wenn der eigentliche Synthesizer keinen unglaublich guten Grund-Sound hat. Ich würde wohl hauptsächlich die Filterresonanzen für die charakteristischen analogen Glocken nutzen.
Das ändert sich allerdings, kommen die zusätzlichen Modulatoren ins Spiel. Wenn diese klug eingesetzt werden, kommen durchaus unerwartete Töne aus dem doch recht standardmäßigen Signalpfad.
Eine wie ich finde gute Sounddemo des Elka Synthex kann hier gefunden werden. Hier stimmen Klang und Performance.
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Alternativen
Eine sehr gute Software-Alternative, die zudem sehr günstig ist, kommt von Cherry Audio. Der Cherry Audio Elka-X wurde von AMAZONA.de getestet und für gut befunden.
Doch wie ist es mit Hardware? Auch hier gibt es eine bereits erhältliche und eine angekündigte Alternative. Bereits erhältlich ist der Black Corporation Xerxes, den unser Autor DSL-man für euch getestet hat. Die Hardware hat einen stolzen Preis und ein im Vergleich zum Original sparsames Benutzer-Interface. Der Preis beträgt allerdings noch weniger als die Hälfte des aktuellen Gebrauchtmarktpreises. Für Liebhaber des Sounds, die aber keine Software mögen, eine Alternative.
Noch nicht erhältlich, aber angekündigt, ist der Behringer STX Synthex-Klon. Wann (und ob) dieser das Licht der Welt erblicken wird, steht bei Behringer wie immer in den Sternen. Allerdings verraten erste Bilder bereits, dass man sich auch hier vom großzügigen und übersichtlichen Bedienpanel des Originals verabschieden muss, sollte der Synthesizer erscheinen. Im Vergleich dürfte der Behringer STX Synthex-Klon auf Basis vergleichbarer Behringer Synths allerdings nur rund 1/5 des Preises eines Xerxes kosten beziehungsweise vermutlich 1/11 dessen, was man für das gebrauchte Original berappen müsste.
Thanks for the test ! I own Synthx and I can tell you it sounds really good. My only actually complaint is the high CPU ressources (like most of the new Arturia releases). But we can hope they work on it to be lighter in the future).
Here is a nice demo to complet the test 🎹
https://youtu.be/jqY8K59b6y0
„Immerhin gibt es mit dem Arturia Synthx eine virtuelle Version, die Bestandteil der Arturia V-Collection oder als Einzelkauf für Mac- (ab macOS 11) und Windows-Rechner (ab Windows 10) erhältlich ist. “
Achtung: der Synthx ist aktuell (noch) nicht Bestandteil der aktuell V Collection X.
Ähnlich wie bei früheren Veröffentlichungen, wird der Synthx sicher in einer kommenden Version der V Collection (11?) enthalten sein, derzeit ist das aber noch nicht der Fall.
@tomeso Der Grund warum ich nicht upgrade. Ansonsten aber die bisher beste aber nicht bestmögliche Emulation. Klanglich ohne Glitches aber besonders das Filter klingt matt.
@tomeso Soweit ich das verstanden habe ist der SynthX zwar (noch) nicht Teil der KOLLEKTION, wenn man aber die V-Collection kauft, bekommt man den Einzelinstaller dazu. Wollte das nur nicht so umständlich schreiben.
@t.goldschmitz Hallo,
leider nein. Ich habe mir im Rahmen der Black Friday Deals die V-Collecion gekauft und der SynthX ist nicht dabei. Er wird zwar als Download im Software Center angezeigt – wenn man ihn aufruft, dann wird man nach einer Lizenz gefragt. Die Lizenz kostet auch mich als V-Collection Nutzer 199,- Euro.
Gruß, Jörg
@Jörg Hoffmann Danke für das Feedback – dann habe ich mich defintiv verguckt…
Also nehme ich alles zurück und behaupte das Gegenteil 😁