Die graue Eminenz von Audient
Das Audient iD48 ist ein 8-Kanal-Audiointerface mit insgesamt 24 Ein- und 32 Ausgängen. Acht der Eingänge sind mit Mikrofonvorverstärkern bestückt, die auch als Line-Preamps fungieren. Und die ersten beiden dieser Eingänge können als Instrumenteneingänge E-Gitarren und E-Bässe direkt aufnehmen. Als größtes Modell der Audient iD-Serie ist es ein echtes I/O-Powerhouse und unter dem schlichten Äußeren verbergen sich einige sehr ungewöhnliche Funktionen. Viel Spaß bei unserem Testbericht!
Kurz & knapp
- Verarbeitung: Hochwertige Verarbeitung, aber minimalistisches Design, daher teilweise etwas unübersichtlich
- Technische Qualität: Sehr gute Mic-Preamps, Wandler und geringe Latenz, aber leichte Schwächen bei Kanal 7 und 8
- Funktionen: Viele nützliche Features wie Insert-Pfad und unabhängige Kopfhörerausgänge
- Fazit: Insgesamt ein gutes Audiointerface, das in der Praxis überzeugt


Inhaltsverzeichnis
Was bietet das Audient iD48?
Nun, das meiste ist schon gesagt: ein USB-Audiointerface mit acht Mikrofonvorverstärkern und insgesamt 24 Ein- und 32 Ausgängen im 1 HE Rackmount-Format. Die Mic-Preamps sind dabei in echtem Class-A ausgeführt und im Inneren werkeln hochwertige ESS-DAC-Chips.
Zusammen mit der kostenlosen „iD“-Software kann man so komplexe Routings und mannigfaltige Konfigurationen realisieren. So hat das neue iD48 das Potenzial, als mächtige Zentrale im Tonstudio genutzt zu werden.
Ausstattung des Audient iD48
Die schlichte Frontplatte ist sehr übersichtlich aufgebaut. Jeder Mic-Kanal besitzt einen Gain-Regler und einen kleinen Schalter für die 48 V Phantomspeisung. Dazu gibt es ein Highpassfilter, das bei 100 Hz (12 dB/Oktave) eingreift und eine PAD-Funktion, die die Empfindlichkeit um 10 dB reduziert.
Dazu haben die Kanäle einen schaltbaren Insertpoint vor dem Analog/Digital-Converter, um beispielsweise Hardware-Effekte in den Signalweg einzuspeisen.
Hier ein Video, wie man die Inserts über die DB25 Schnittstellen verwendet:
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Zwei LEDs zeigen den Signalpegel an und im Idealfall sollt das rote Licht nur sehr selten aufleuchten. Der Volume-Regler auf der Front dient gleichzeitig als ON/OFF-Schalter und eine Peak-Anzeige mit je acht Segmenten zeigt den aktuellen Pegel.
Dann haben wir noch einen ALT-Schalter, um zwischen den beiden Monitor-Ausgängen umzuschalten, einen Talkback-Switch und zwei frei belegbare Funktionstasten F1 & F2, die in der „iD“-Software definiert werden können.
Schließlich bietet das Audient iD48, und das ist bemerkenswert, zwei unabhängige Kopfhörerausgänge, die jeweils einen eigenen Verstärker besitzen und auch individuell zugeordnet werden können.
Anschlüsse
Die Rückseite des Audient iD48 ist für versierte Tonstudioprofis ebenfalls klar und einfach aufgebaut. Acht XLR/TRS-Kombiports, zwei DB25-Anschlüsse als Send- und Return-Pfade, BNC für die Wordclock und je zwei optische S/PDIFs für Digital In & Out (ADAT).
Das Audient iD48 verfügt erfreulicherweise über ein internes Netzteil und auf der Rückseite b efindet sich noch eine Kaltgerätebuchse.
Die Technik des Audient iD48
Dynamik, Rauschabstand, Frequenzbereiche, das ist alles von höchster Qualität und auch die verwendeten Bauteile sowie der gesamte Aufbau des Audient sind sehr hochwertig. Ein Mic-Gain von 0 bis +68 dB und ein Rauschabstand von -127 dBu stehen auch teureren Audiointerfaces gut zu Gesicht.
Auch die Kopfhörerausgänge sind sehr stark und rauscharm. Selbst mit dem Beyerdynamic DT770 Pro mit 250 Ohm Impedanz hat man noch mehr als genug Pegelreserven.
Bei meinen Recherchen im Vorfeld des Tests wurde ich auf eine technische Schwäche des Audient aufmerksam: Die Vorverstärker der Kanäle 7 und 8 sind sehr nah am internen Netzteil des iD48 platziert und so offensichtlich der elektromagnetischen Strahlung des Trafos ausgesetzt. Dies resultiert im Vergleich zu den anderen Kanälen in einem erhöhten Rauschanteil und leichten Netzbrummen. Dies kann man mit unempfindlichen (meist dynamischen) Mikrofonen, wie dem Shure SM58, nachvollziehen:
In meinem meinem einfach Setup habe ich in das Shure einmal in den Kanal 1 und dann in den Kanal 8 gesprochen. Für einen ausreichenden Pegel muss man den Gain ganz aufdrehen und in der Software den Boot aktivieren. Dann ist hörbar, dass der Kanal 8 etwas mehr rauscht und es war eine leise Störung wahrnehmbar. Aber grundsätzlich sollte man damit schon leben können.
Auch die Latenz in meinem Setup (Mac Mini Pro M4 mit Logic Pro) hat überzeugt. Mit nur 4,6 ms (9,3 ms Roundtrip) bei 64 Samples und 44,1 kHz sind sehr gut. Bei 96 kHz sind es sogar nur 3,7 ms (7,6 ms Roundtrip).
Verarbeitung, Haptik und Kritik
Das Audient iD48 ist im Grunde gut verarbeitet: Metallfrontplatte, überwiegend verschraubte Buchsen und insgesamt ein recht wertiger Eindruck, der nach meinem Empfinden aber ein paar Makel aufweist.
Zunächst hat man es meiner Meinung nach mit dem minimalistischen Design etwas zu weit getrieben. Man erkennt schlicht und ergreifend nicht, ob das Gerät ein- oder ausgeschaltet ist, denn keine LED weist auf den Betriebszustand hin.
Beim langen Drücken des Volume-Reglers zucken zwar die Pegelanzeigen kurz, aber dann ist man genauso schlau wie zuvor. Also muss man immer kurz die Lautstärke verändern oder mal eben die 48 V Speisung an den kleinen Schaltern eines Kanals aktivieren, um ein rotes Lichtlein zu sehen.
Alternativ kann man auch eine der vier weißen Tasten drücken, wobei man bei F1 und F2 nicht angezeigt bekommt, wie diese belegt sind. Hier muss man immer einen Blick in die Software werfen.
Des Weiteren wurde der Platz auf der Frontplatte aus meiner Sicht nicht gut genutzt. Die Gain-Regler und der besagte 48 V Schalter wirken klein und etwas fummelig und auch die beiden Volume-Regler für die Kopfhörer liegen zu nah beieinander.
Und letztlich ist das Gerät insgesamt nicht sehr auskunftsfreudig, denn das „Display“ besteht nur aus der Peak-Anzeige. Zwar werden ADC, PAD und HPC jeweils über eine LED am Kanal angezeigt, aber ob man ADAT nutzt, wie der Wordclock-Status ist oder die Samplerate eingestellt ist, darüber schweigt sich das Gerät aus. Um hier alle Informationen auszulesen, muss stets die zugehörige Software herangezogen werden.
Die Audient iD-Software
Die „iD“-Software ist, ebenso wie das Interface, recht reduziert gestaltet. Man wählt aus, ob man die Mic-Preamps und/oder die digitalen Kanäle und/oder die DAW-Kanäle sehen möchte. Hier kann man Mono/Stereo-Pairing sowie (fast) alle Basisfunktionen durchführen.
Aber auch hier: Warum kann ich an keiner Stelle die Samplerate ändern? Das muss ich beim Mac über das Audio-MIDI-Setup machen. Angezeigt wird es dazu auch an keiner Stelle.
Immerhin kann man vier Cue-Mixes abrufen und umfangreich zuweisen, wenn man zusätzlich das System-Panel aufruft (was aber wiederum nur über die Menüleiste geht). Hier stehen dann weitere Optionen, wie die Wordclock-Terminierung und die Zuweisung der digitalen Ports, zur Verfügung.
Obwohl das Audient iD48 das aktuelle Flaggschiff der iD-Gerätereihe ist, ist man, wie auch bei den kleineren iD-Interfaces, auf maximal 24 Bit/96 kHz reduziert. Höhere Samplingrates oder gar 32 Bit Wortbreite werden nicht unterstützt.
Hier stellt sich auch die Frage, warum man nur USB 2.0 unterstützt. Ja, ich weiß, auch für High-Res-Audio ist das völlig ausreichend, aber wir schreiben das Jahr 2025!
Das Audient iD48 in der Praxis
Um es von vorneherein klarzustellen: Das Audient iD48 ist ein hervorragend klingendes Audiointerface. Die Wandler und auch die Mic-Preamps zeugen von sehr guter Qualität. Das Interface klingt dynamisch und sehr neutral, ohne zu sehr zu der transparenten oder warmen Seite zu tendieren. Der Betrieb ist völlig unproblematisch und durch das Class-Compliant-Design ist ein sofortiger Start unter Mac möglich. Für Windows-Systeme steht ein kostenfreier Treiber zur Verfügung.
Leider hat mich die mangelnde Auskunftsfreude der Hardware auch nach einigen Tagen im Betrieb nicht zufriedengestellt. Ist das Gerät ein- oder ausgeschaltet? Ist die USB-Verbindung aktiv?
Darüber hinaus muss man stets die Software geöffnet haben, um alle Funktionen im Griff zu haben, was bei anderen Geräten zwar auch oft der Fall ist, aber dort ist es klarer und intuitiver gelöst. Das sehr dunkle Design der Software ist dabei leider keine Hilfe.
Erfreulich dagegen ist die Möglichkeit des Insert-Pfades. Ich konnte einen Hardware-Equalizer oder Kompressor sehr komfortabel in die Kanäle einbinden und auch der Betrieb einer externen Wordclock oder eines ADAT-Expanders hat bei mir sehr gut geklappt.
So ist die Conclusio dieses Kapitels, dass alle gebotenen Funktionen sowohl technisch als auch klanglich sehr gut funktionieren, aber die Rückmeldung einfach nicht gegeben ist. Das gilt sowohl für die Hardware als auch für die Software.
Die Mitbewerber des Audient iD48
Der Markt der USB-Audiointerfaces im Preisbereich von 800,- bis 1.000,- Euro ist dicht gedrängt und zuletzt hatten wir mit dem neuen SSL 18 einen sehr überzeugenden Mitbewerber im Test.


Auch das Arturia AudioFuse Studio hat uns gut gefallen, wobei hier im 19 Zoll Format eher das AudioFuse 8Pre als Vergleichskandidat herangezogen werden müsste. Dieses ist allerdings erst ab 1.149,- Euro erhältlich.


Ebenfalls empfehlenswert sind das Presonus Quantum HD8 (862,- Euro) und das Tascam MX-8A.


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Moin Jörg, danke für den Testbericht.
Kleine Anmerkung. Warum wird eigentlich immer wieder grundlos über USB2 die Nase gerümpft, anstatt froh darüber zu sein, wenn USB3 nur dann implementiert wird, wenn es von der Bandbreite her erforderlich ist?
Hand auf Herz, USB2 liefert doch einige nicht zu übersehende Vorteile:
1. Mit USB2 so gut wie keine Kompatibilitätsprobleme hinsichtlich Konformität zum USB-Standard, das sieht bei USB3 anders aus, siehe auch unten.
2. Flexiblere Aufstellmöglichkeiten, USB2-Kabel dürfen 5 m lang sein (USB3: maximal 3 m).
3. Bessere Anschlußmöglichkeiten an ältere Geräte mit weniger USB3 Ports.
4. Vermutlich auch günstiger in der Herstellung (Preisvorteil für den Kunden)
5. Da das Gerät nicht für den USB mobilen Einsatz vorgesehen bzw designt ist, sind auch die üblichen Diskussionen rund um USB Bus-Power nicht von Relevanz.
USB3 böte hier auch von der reinen Audioübertragung her keinerlei Vorteile. Die höhere Geschwindigkeit würde nichts bringen, noch nicht einmal geringere Latenzen. Durch Kanalzahl, Samplerate und Bittiefe ist die Bandbreite festgelegt. Und da ein Recording Interface nichts buffert, hast Du bei dem kontinuierlichen Datenstrom durch höhere Übertragungsraten keinen Vorteil, weder hinsichtlich der Übertragungszeit noch der Latenzen. USB3 wird erst bei höherer Kanalzahl benötigt, um die höheren Bandbreitenerfordernisse abdecken zu können.
Zudem ist jeder USB3-Controller zu USB2 vollständig abwärtskompatibel. Hier kommt es wie schon angemerkt seltener bis gar nicht zu Inkompatibilitäten bei bestimmten USB-Transport-Modes, die für die Audioübertragung gedacht sind, wie es bei USB3 der Fall sein kann. Beispiel ASM3142, der auf Mainboards und Karten sehr oft zum Einsatz kommt.
Mit USB2 sind fast 70 Kanäle IN und 70 Kanäle OUT möglich, siehe RME MADIface Pro. Da sind wir bei diesem Gerät doch noch weit von entfernt.
Mit einem „leichten“ Einstreubrummen auf bestimmten Kanälen möchte ich im Jahr 2025 nicht mehr „leben können“ müssen – schon gar nicht bei einem Preis von über 800 Euro…
Vielen Dank an den Tester für das Zutagefördern dieses wichtigen Details!
@gs06 Möchte nicht wissen bei wie vielen Interfaces das ebenfalls der Fall ist. 😄
Auf jeden Fall etwas daß bei jeder Testroutine gemacht werden sollte. Danke an Julian Krause für seine tollen Tests, der Mann ist ein Tausendsassa!
@Kazimoto Bei technischen Daten sollte man eigentlich erwarten dürfen, dass alle Geräte und alle Ports die dokumentierten Spezifikationen erreichen.
Nun ja, vielleicht ist das der Grund, warum viele Hersteller so sparsam mit der Veröffentlichung solcher Informationen sind. :-)
@Kazimoto Ich kenne so einige, auch in der Preisklasse. Davon rauscht nicht ein einziges. Selbst bei günstigen Interfaces ist das heutzutage normalerweise kein Thema mehr. Für mich ein eklatanter Mangel, der meines Erachtens nicht sein darf.
@gs06 Bei Thomann findet sich derzeit eine uneingeschränkte 5-Sterne-Bewertung für das iD48 – trotz der im Testbericht beschriebenen Problematik an den Kanälen 7/8.
In diesem Zusammenhang wäre es interessant zu erfahren, ob Audient diese Schwäche offiziell bestätigt, ob eine technische Nachbesserung geplant ist und wie mit betroffenen Kunden umgegangen wird.
@gs06 kannst Du im Audiobeispiel ein Störgeräusch hören?
Wurden eigentlich im Rahmen des Tests Messwerte ermittelt und mit den veröffentlichten Werten des Herstellers verglichen?
Wenn es erhöhtes Rauschen oder Brummeinstreuung gab, dann müsste sich das doch bei MIC EIN und SNR bemerkbar gemacht haben, die der Hersteller folgendermaßen angibt:
– MIC EIN: -127 dBu
– SNR: 99 dB A-Weighted
Messwerte wären alleine schon deshalb interessant, um das Problem dem Hersteller gegenüber zu quantifizieren und spätere Vergleiche / Nachtests besser mit Daten zu unterfüttern.
…… ich würde als Alternative noch die Focusrites mit in den Ring werfen.
Mein 18i20 4th Gen braucht sich hinter meinem RME 802 nicht zu verstecken….
Und da brummt auch nix auf 7/8….
;-)
Die Störgeräusche höre ich nicht, aber leider lässt Audient die Linuxer im Regen stehen, was die Konfiguration des Routings angeht. Insofern sind Linuxer mit Focusrite Scarletts deutlich besser bedient.
@bluebell Ich kann die Störgeräusche in dem Audiobeispiel auch nicht hören.
Ich mag interfaces die eine midi-schnittstelle haben.