Das Sono rockt die DAW!
Ein Audiointerface, extra zugeschnitten auf die Bedürfnisse von Gitarristen oder Bassisten – nicht unbedingt Mangelware, wenn man sich den Markt so ansieht. Mysteriös angekündigt auf der diesjährigen NAMM, kursierten zwar ein paar Gerüchte über den neuesten Zapfenstreich von Audient – ein ominöses Video machte die Runde, welches sich an die Gitarristen und Bassisten dieser Welt richtete – doch es mussten noch ein paar Wochen vergehen, ehe man die Bombe platzen ließ. Hier soll der Saitenspieler einen neuen besten Freund an die Seite gestellt bekommen: Das Sono ist eine Kollaboration zwischen Audient und den französischen Two Notes, eine wohldurchdachte Kombination aus echter Röhrenpower, hochwertigen Emulationen und Cab-Simulationen, mit Reamping-Ausgang, Stereosignalführung und vielen anderen Features. Gedacht für Homerecording, soll der Sono jedoch genug Kapazitäten und Optionen mit sich bringen, um es für die Studionutzung attraktiv zu machen. Blender oder Game Changer – oder irgendwo dazwischen anzusiedeln? Wir überzeugen uns hier vom zweifelsohne vorhandenen Potenzial des Audient Sono.
Audient Sono – Facts and Features
Eines der Alleinstellungsmerkmale des Audient Sono ist zweifelsohne die elegante Kombination von moderner Software-Finesse mit echter, authentischer Röhrenpower: Das USB-Interface besitzt eine echte 12AX7-Röhre, die das Signal mit ordentlich Druck und Transparenz in die digitalen Gefilde entsendet. Bevor man sich also mit der von Two Notes bereitgestellten Software daran machen kann, seinen Sound zu formen und zu modellieren, wird der Sound erst mal grundlegend mit analoger Wärme gewürzt. Sinniges Konzept, wenn man bedenkt, dass sich die meisten Gitarristen zu Hause mit dem klinischen, kalten Sound ihres Direct-In rumschlagen.
Und natürlich steht die gute Röhre nicht alleine da, sondern kommt mit einem 3-Band analogem EQ daher. Regler für Bass, Treble und Middle ermöglichen es, den Charakter des Sounds noch vor der nachträglichen Bearbeitung nachhaltig zu formen und hervorzuheben – hier wurde also eine gute Idee zu Ende gedacht. Der Drive-Regler kitzelt entsprechend die Power aus der Röhre heraus und Input und Output lassen sich unabhängig voneinander einstellen.
Darüber hinaus sind die weiteren technischen Eckdaten des Audient Sono üppig: eine Abtastrate von 96 kHz und Auflösung von 24 Bit, vier Eingänge, zwei Ausgänge sowie ein Stereo-Kopfhörerausgang. Auf der Rückseite befinden sich zwei XLR-Buchsen (6,3 mm) mit optionaler Phantomspeisung, von den anderen zwei Hi-Z-Ins ist der eine mit besagter 12AX7-Röhre ausgestattet. An der digitalen Front sieht es ebenfalls gut aus: USB-C 2.0 ist dabei. Ebenso ist eine Input-Erweiterung mithilfe des ADAT/TOSLINK-Eingang problemlos möglich. Und wer als Songwriter daran verzweifelte, die Gitarre mit einem Sound aufgenommen zu haben, der sich im Nachhinein als bedauernswert oder unpassend herausstellte, dem steht hier durch die parallele Aufnahme des trockenen und des bearbeiteten Gitarrensounds die Möglichkeiten des Reampings zur Verfügung. An der Stelle wird die Software von Two Notes ins Spiel kommen, auf die wir aber später noch genauer eingehen werden.
Ein weiterer Pluspunkt: Monitormixing. Mit einem einzigen Regler lässt sich das Verhältnis von eingespeistem Signal und DAW-Playback problemlos einstellen – kein Alleinstellungsmerkmal, aber stets willkommen bei einem Interface wie diesem. Was die Wandlung von analogem zu digitalem Sound angeht – die Briten von Audient haben bislang in der Vergangenheit Preise mit ihren Wandlern abstauben können. Also gilt auch an dieser Front: Man weiß stets, was man tut.
Ansonsten: Mit 1,7 kg ein angemessenes Gewicht, das Metallgehäuse macht ordentlich was her, das Design hat einen Retro-Touch und ist trotzdem zeitgemäß. Mit den Maßen von 210 x 80 x 150 mm mutet das gute Stück auch nicht zu klobig an.
Fassen wir also zusammen: Eine legendäre Wandlertechnologie, technisch umfangreich, eins der vielleicht populärsten Bauteile von Gitarrenverstärker integriert und hochwertige Software-Technologie unter einem Dach – für unter 500,- Euro. Gefällt! Schauen wir uns mal die Software ein bisschen näher an.
Audient Sono – DAW
Hier wird kein abgespecktes Menü präsentiert, sondern eine breite Palette an authentischen Sounds vorgelegt. Die Two Notes DSP wartet nicht mit fünfzig unterschiedlichen Cab-Simulationen auf, von denen die Hälfte irgendwie gleich klingt, sondern präsentiert die in der Vergangenheit bereits demonstrierten Stärken in Sachen Cab-Simulation in vollendetem Gewand: Klassiker wie Marshall oder Fender oder auch Ampeg bieten eine hervorragende Grundlage zum Erden, Schmücken und Formen des Klanges. Im Lieferumfang enthalten sind 20 Cab-Simulationen, acht Mikrofon-Modelle (wie beispielsweise das SM7B) und acht Live-Rooms. Jede Rubrik kann durch das umfangreiche Online-Sortiment erweitert werden. Ein zusätzlicher Pluspunkt: Das Standalone-Feature. Ist die DAW-basierte Modellierung abgeschlossen, lassen sich bis zu drei Presets auf dem Sono direkt speichern und ohne Laptop wieder abrufen.
Die Zusammenarbeit mit Two Notes war für die Briten also ein logischer Schritt, wenn man das Konzept bedenkt, das dem Sono zugrunde liegt. Dass in Sachen Cab-Simulation nämlich ein umfangreiches Know-how vorhanden ist, dürfte die französische Firma mit der Torpedo C.A.B. bereits unter Beweis gestellt haben – ein Speaker- und Endstufensimulator mit höchst authentischer Klangqualität. Die Torpedo-Technologie wurde für den Sono noch mal verfeinert und herausgekommen ist eine durchaus sinnige Synthese. Der DSP selbst verfährt dreigliedrig: Cab-Simulator, Mikrofon und Room sind die drei Achsen, anhand derer sich der Sound prinzipiell formen lässt. Reicht das, um Akzente zu setzen? Das werden wir nun in unserem Praxisteil nachvollziehen.
Audient Sono – in der Praxis
Jetzt geht’s ans Eingemachte – das Sono wird angeschlossen, leuchtet auf und offenbart sogleich ohne DAW-Bearbeitung einen warmen, ansprechenden Sound. Die Installation der Torpedo Wall gestaltet sich ein bisschen schwieriger: Auf Audient.com registrieren, dann im nächsten Schritt für das jeweilige Betriebssystem und die DAW, mit der man arbeitet, das entsprechende Plugin herunterladen. Einzig die alte Mär vom Treiber macht Probleme: Auf der Produktseite wird irrtümlicherweise der ID 4.4. Treiber verlinkt, der für viele Audient Produkte notwendig ist. Tatsache ist aber, dass Audient einen Treiber eigens für den Sono entwickelt haben. Nach dem Download und Einrichtung dessen ist dann auch dieser Schritt abgeschlossen.
In der vorliegenden Version mit eingeschränkter Lizenz ist der Zugriff auf die Boxentypen entsprechend begrenzt. Deshalb demonstrieren wir den Charakter des Audient Sono daran, dass wir die einzelnen Parameter, die der Stack einstellen lässt, einmal im Anschlag und einmal komplett zurückgedreht präsentieren. Für die Klangbeispiele ist die integrierte Röhre gezähmt – Drive liegt ungefähr auf 9 Uhr. Der EQ ist durchgehend auf Halbmast, der Monitormix zu drei viertel aufgedreht, um der DSP entsprechend Raum zu geben. Die Konstellation sind zwei 4x12er Boxen.
Für das erste Beispiel verwenden wir trotzdem erst mal ein bisschen verstärkt „Drive“. Wie wirkt sich das Heranrücken bzw. Wegziehen des digitalen Mikrofons von der Box auf den Sound aus? Simuliert die Torpedo Software die Soundbreite entsprechend glaubhaft?
In der Tat wirkt der Hall im Raum glaubwürdig. Die analoge Verzerrung reagiert auf das digitale Verrücken der Parameter äußerst organisch.
Als Nächstes experimentieren wir mit dem Kompressor. Auch hier dominiert ein glaubwürdiges Klangbild – der stark komprimierte Twang kommt ohne Probleme zum Tragen, wirkt jedoch ein bisschen hölzern. Was wiederum daran liegen könnte, dass der Kompressor im Anschlag liegt.
Wir nehmen das Timeline-Delay dazu und drehen ein bisschen an den digitalen Regler des Harmonizer-Stacks. Komprimierung ist zurückgefahren, das digitale Mikro nah am Cabinet. Im Anschlag entfaltet sich hier eine erfreuliche warme Klangfülle.
Tatsache ist: Die vorliegenden Boxentypen sind quasi der Default-Modus der Test-Lizenz. Die anderen Boxen und Einstellungen lassen sich zwar anwählen, werden aber alle paar Sekunden von Stillemomenten durchbrochen und kamen für eine Aufnahme nicht in Frage. Ein bisschen dumpf mutet der Default zum Teil an, aber wie wir jetzt sehen werden, lässt sich auch mit dem Tone eine Menge herauskitzeln und ein helleres Klangbild einstellen.
Ein bisschen Vintage gefällig? Auch im Modern-Vintage-Kontrast schafft es die Software, den jeweiligen Charakter glaubhaft zu simulieren. Der Vintage kratzt ein wenig und klingt nach Röhre, während im Anschlag ein bisschen der Transistorcharakter zum Tragen kommt.
Insgesamt also eine äußerst glaubwürdige Angelegenheit, die Sono da präsentieren. Die Auswahl an restlichen Boxenemulationen und Mikrofonen ist so enorm, dass im Falle einer Anschaffung ein entsprechendes Upgrade völlig naheliegend ist.