Narrensicher
Im Betrieb erweist sich das System 10 PRO als narrensicher: Sobald der Hauptschalter des Empfängerchassis eingeschaltet wird, sucht es nach zugehörigen Sendern. Sind sie noch nicht zugewiesen, macht man dies über die „Pairing“-Funktion an Sender und Empfänger, danach weiß jeder, wo er hingehört (wenn das bei uns Menschen bloß auch öfter so wäre).
Das Display im Chassis zeigt blau und scharf, was Sache ist: Empfangsstärke, Übersteuerung des Eingangs, Batteriezustand der Sender, System-ID. Ich bin versuchshalber aus dem Keller in das Erdgeschoss marschiert und habe meinen Vater kurzentschlossen zum „Hero Of The Day“ ernannt und ihm das Mikrofon in die Hände gedrückt. Meinem Wunsch, einen schmutzigen Witz zu erzählen, ist er zwar nicht nachgekommen, aber seine Schilderung eines eben im TV gesehenen Reisefilmes kam ohne Aussetzer im Keller wieder an. Die Betondecke zwischen meinem Keller und seinem Zimmer ist dick, das stellte also kein Problem dar, die Anzeige stand immer noch auf der vierten von fünf möglichen Stufen.
Was besonders aufgefallen ist
Der Klangcharakter des Mikrofons ATW-T1002 ist ohne jegliches Equalizing bereits erstaunlich stimmig: Keine dröhnenden Tiefen, keine nervigen Mitten und ein sehr angenehm klingender Hochtonbereich. Hier wurde anscheinend konsequent auf einen Wohlklang hingearbeitet und das Anpassen mit dem Pult-EQ ist hier eher kosmetischer Natur. Es ist schon erstaunlich, was in der Abstimmung dieses Mikrofons geleistet und erreicht wurde. Lediglich die Griffgeräusche sind nur durchschnittlich gedämpft, da habe ich schon eine bessere Reduzierung gehört.
Das Rauschen der gesamten Anlage ist dermaßen gering, dass dies unbedingt einer Erwähnung bedarf. Zudem ist der Nahbesprechungseffekt äußerst moderat, sodass man durchaus sehr nahe an den Mikrofonkorb heran kann, ohne sofort den Bassregler am Pult herunterreißen zu müssen.
Auch leise Stimmen kommen mit dem Mikrofon wunderbar zur Geltung, da man in selbiges keinesfalls hineinbrüllen muss, um es zum Klingen zu bringen (was ja schon die deutliche Tendenz zum Beispiel beim Shure SM 58 ist). Das „lange Schwarze“ hat stets einen feinen Grundton und klingt einfach mehr nach Champagner denn Jack Daniels.
Etliche Hersteller orientieren sich bei ihren dynamischen Gesangsmikrofonen am Shure SM 58 und so sehen auch erschreckend viele Mikrofone diesem Klassiker mehr oder weniger ähnlich. Wirklich schön, dass dies Audio-Technica nicht einmal im Ansatz versucht und ihren Mikrofonen stets ein eigenes Gesicht verpasst. Das gilt eigentlich für ihre gesamte Modellpalette und gilt auch für das hier getestete ATW-T1002. Es sieht eigenständig aus und klingt auch deutlich anders als ein SM 58 oder Beta 58.
Für wen ist das Audio-Technica System 10 PRO richtig?
Hier ist die Bandbreite vollständig: Vom absoluten Beginner, der aber auf ein qualitativ hochwertiges und später ausbaufähiges Produkt setzt, bis zu der Profitruppe auf Dauertour wird wohl fast jeder dieser Funke von Audio-Technica etwas Positives abgewinnen können. Höchstens die Rocker und Blueser, die das Shure SM 58 als das für ihre Stimme passendste Mike empfinden, könnten das Sendemikrofon ATW-T1002 als zu „fein“ für ihre rauen Kehlen empfinden. Das muss im Vorfeld abgeklärt werden, sonst gibt es eventuell eine Enttäuschung. Viele andere Sänger werden aber diese Feinzeichnung und das smoothe Ansprechen schätzen und sich genau aus diesem Grunde für dieses System entscheiden.
Meiner Ansicht nach hat Audio-Technica mit seinem System 10 PRO die großen Platzhirsche im Visier und sich selber das Motto ausgestellt: „Euch zeig ich’s!“ Denn im Test sieht es so aus, als könnte sich Audio-Technica zukünftig ein gutes Stück vom Funkstrecken-Kuchen sichern. Die Zeit wird es zeigen, wie sich das System mit mehreren Kanälen unter erschwerten Bühnenbedingungen bewährt, der Grundstock dafür ist in jedem Fall in Bestform vorhanden. Und ein riesiges Plus ist auch die extrem platzsparende Bauweise: In 1 HE bekommt man bis zu vier Empfänger eingebaut.