Eurorack-Power aus Berlin
About ACL Eurorack Synthesizer
„ACL – Hilft jedem schnell“. Vielleicht liegt es an meiner äußerst zähen Männergrippe, die ich kürzlich mit mir rumgeschleppt habe oder an einigen anderen hilfreichen Medikamenten? In jedem Fall ist dieser griffige Einfall ein echter Cliffhanger, um zum eigentlichen Inhalt dieses Beitrags überzuleiten. (so hoffe ich zumindest). ACL steht selbstverständlich für die in Berlin ansässige „Audiophile Circuits League“; einer kleinen Schmiede in Berlin-Weißensee, die sich der Entwicklung und Fertigung von Modularsynthesizern im Eurorack-Format widmet.
Personalien
Masterminds der ACL Eurorack Synthesizer sind Stefan Lewin und Martin Schoenauer. Stefan ist für die Entwicklung der elektronischen Baugruppen zuständig, während Martin sich um das Geschäft an sich, aber auch um das Layout der einzelnen Komponenten kümmert. Beide verfügen über eine langjährige Erfahrung als Studiomusiker und haben mehr als 10 Jahre lang aktiv elektronische Musik produziert und veröffentlicht sowie auf vielen Festivals und in vielen Clubs weltweit live gespielt.
Stefan Lewin interessiert sich seit seiner Kindheit für Elektronik und ist – wie er sich selbst bezeichnet – ein leidenschaftlicher Bastler. Er reparierte und modifizierte jahrelang Synthesizer und andere elektronische Geräte, nicht nur aus dem Studiobereich. Zudem improvisiert er leidenschaftlich gern am Klavier.
Seit jungen Jahren interessiert er sich für elektronische Musik und hört nach wie vor gern die Klassiker aus den 70er und 80er Jahren in diesem Bereich. Ansonsten hört er gern klassische Musik, bestimmte Formen des Jazz und mag alles, was interessante Harmonien und groovende Rhythmen beinhaltet.
Über die Jahre entwickelte er ein Verständnis und ein Gespür für die Beziehung zwischen technischer Realisation und Klang und dafür, wann und warum z.B. der Klang einer Schaltung als angenehm empfunden wird oder eben nicht. „Musik wird nicht mit Messgeräten gehört“. So beschreibt Stefan seine Grundhaltung bei der Entscheidung für bestimmte Schaltungstechniken innerhalb der Musikelektronik.
Martin Schoenauer ist seit seiner Kindheit begeisterter Hörer elektronischer Musik. Besonders stark hat ihn die Musik der 70er und 80er Jahre beeinflusst.
Früh entwickelte er eine Leidenschaft für unterschiedlichste Stilrichtungen, wie z.B. Synth-Pop, Wave, NDW, EBM, Acid und Techno. Letzterer bewegte ihn dann auch Mitte der 90er Jahre dazu, selbst zu performen, sein eigenes Tonstudio aufzubauen, die produzierte Musik zu veröffentlichen und live darzubieten.
Durch die Erfahrungen, in den Bereichen Werbe-, Film- und Dance Music sowie durch Klanginstallationen hat er schnell erkannt, worauf es bei elektronischem Musik-Equipment und professioneller Studiotechnik ankommt. Diese Erfahrungen fließen nun alle in die aktuellen Module ein, die wir uns jetzt etwas näher anschauen.
Die schlechte Nachricht zuerst
So schön und interessant das vorliegende ACL Eurorack Synthesizer Testsystem auch aussehen mag; zu kaufen gibt es das so leider nicht. Stefan und Martin haben dieses System eigens für den Test zusammengestellt. Das integrierte Multiple ist genauso wie das (schicke) Gehäuse nicht Bestandteil des aktuellen Programms. Insofern werden wir uns hier „nur“ die Module vornehmen. Das sollte aber an dieser Stelle durchaus reichen, denn etliche „Euroracker“ suchen ja keine Komplettsysteme, sondern klanglich interessante Möglichkeiten zur Ergänzung ihres bestehenden Systems. Exemplarisch stelle ich nun ein paar Module vor.
Der ACL Variable Sync VCO
Der Variable Sync VCO ist ein 16 HP breiter und sehr vielseitiger Oszillator. Unser Testsystem des ACL Eurorack Synthesizers stellt zwei Stück davon bereit. Jedes Modul enthält einen sog. „Ramp Core“ Oszillator. Darauffolgende Waveshaper stellen die Schwingungsformen auf- und absteigender Sägezahn, Sinus, Dreieck und Rechteck zur Verfügung. Letztere kann manuell mittels eines Reglers oder per angelegter Steuerspannung moduliert werden. Alle Schwingungsformen können über separate Buchsen parallel abgegriffen werden. Gestimmt wird der Oszillator mittels eines 10-gängigen Präzisionspotentiometers (Tune) in den Frequenzbereichen Low, Mid und High. Gesteuert wird der VCO über die 1V/Oct-Eingangsbuchse. Frequenzmodulation erfolgt über zwei Eingangsbuchsen FM1 und FM2. Ihnen zugewiesene Regler steuern den Wirkungsgrad der Modulation. Voll aufgedreht funktionieren sie genauso wie der bereits erwähnte 1V/OCT-Eingang. Im Eingangsfeld gibt es zusätzlich den LIN FM Eingang. Über den LIN FM Amount Regler wird ebenfalls der Modulationsgrad manuell geregelt. Das Tastverhältnis der Rechteckschwingung kann einerseits über den PW-Regler manuell und andererseits über ein an der PWM-Eingangsbuchse anliegendes Steuersignal automatisch verändert werden. Mit dem PWM-CV-Regler stellt man den Modulationsgrad ein. „Variable Sync“ in der Modulbezeichnung deutet auf die vielseitigen Synchronisationsmöglichkeiten des Oszillators zu externen Signal hin. Diese externen Signale werden an den SYNC-Eingang angelegt. An den SYNC CV Eingang legt man eine Steuerspannung an, die die Art der Synchronisation kontinuierlich von – no sync zu soft sync zu hard sync – regelt. Die Stärke der Synchronisation wird mit dem SYNC CV Regler eingestellt. Mit dem SYNC THRESHOLD Regler kann man einen Schwellwert einstellen, ab wann die Synchronisation tatsächlich in das Signal eingreift. Dreht man den Regler voll auf, kann damit das Audiosignal vollkommen ausgeblendet werden.
Der ACL QLFO des ACL Eurorack Synthesizers
Das Q dürfte wohl für Quad stehen. Einfach deshalb, weil dieser LFO (mit 8 HP) an vier Ausgängen ein Sinussignal ausgibt, das jeweils um 90 Grad phasenverschoben worden ist (SIN 0°, INV SIN 180°, COSIN 90°und INV COSIN 270°). DER QLFO ist so konzipiert, dass er im Prinzip als „echter“ Oszillator betrieben werden kann. Zum einen reicht das Frequenzspektrum von niederfrequent (kleiner 1 Hz) bis hin zum Audiobereich (über 20 kHz). Es kann über einen Slow/Mid/Fast-Kippschalter grob eingestellt werden. Die Geschwindigkeit des LFOs wird über den RATE-Regler manuell oder über eine an RATE CV anliegende Steuerspannung geregelt. Legt man an den 1V/OCT Eingang ein CV-Keyboard oder einen Sequencer an und regelt den LFO in den Audiobereich, läuft dieser quasi als eigenständiger Oszillator. Laut ACL läuft das Tracking über 2-3 Oktaven gut mit.
Der ACL Discrete Core Ladder Filter des ACL Eurorack Synthesizers
Dieses 4-stufige Tiefpassfilter ist in traditioneller (sprich Moog’scher) Bauweise aufgebaut. Die Besonderheit ist, dass das bearbeitete Signal parallel mit unterschiedlicher Flankensteilheit ausgegeben wird. Diese sind 6 dB, 12 dB, 18 dB und 24 dB. Interessant finde ich, dass dieses Modul nicht nur über die klassische ein Eingang und ein Ausgang Kombi verfügt, sondern über drei separat regelbare Eingänge für drei vollkommen verschiedene Signale. Deren Anteile werden in einer dem Filter vorgelagerten Mischstufe über die Regler IN 1-3 manuell gesteuert. Danach wird das Summensignal im Filter bearbeitet und an die Ausgänge parallel weitergegeben (kein Routing). Die Resonanz des Filters kann natürlich bis zur Selbstoszillation getrieben werden. Mit dem Q LIN Schalter kann man bestimmen, ob die Resonanzfrequenz des Filters mit der Cutoff-Frequenz mitläuft und permanent einen hörbaren Effekt hat oder nicht. Ein schönes Feature bietet der Boost-Regler. Üblicherweise werden Audiosignale im Bassbereich „dünn“, wenn die Filterresonanz erhöht wird. Mit dem Boost-Regler kann hier der Bassanteil des Signals regeneriert werden. Das Filter kann auf verschiedene Art und Weise moduliert werden. Zunächst einmal durch zwei separat regelbare Eingänge CV1 und CV2 für Steuerspannungssignale. Zudem kann die Resonanzfrequenz an sich über einen RES-Eingang und den korrespondierenden CV RES Regler verändert werden (vielleicht rhythmisch durch einen Sequencer?). Will man das Filter ebenfalls als eine Art Ersatzoszillator verwenden, muss man es natürlich in Selbstresonanz versetzen und stimmen. Über ein an den 1V/OCT Eingang angeschlossenes Keyboard kann man es dann über (bis zu) 5 Oktaven spielen.
Der ACL Dual State Variable VCF des ACL Eurorack Synthesizers
Dies Modul hat es mir angetan. Dieses 26 HP breite Modul stellt grundsätzlich zwei Multimode-Filter mit je 12 dB Flankensteilheit bereit. Jedes Filter kann als Lowpass, Highpass, Bandpass oder Notch betrieben werden. Alle Filtermodi stehen an separaten Ausgängen zur Verfügung. Beide Filter können parallel oder seriell betrieben werden. Grundsätzlich wird ein an Eingang A anliegendes Signal auf beide Filter geroutet. Will man das Filter „splitten“, muss man nur ein weiteres Signal an den Eingang B anlegen und schon laufen die Filter separat für unterschiedliche Eingangssignale. Für jedes Filter kann man Cutoff und Resonanz separat einstellen und extern über gesonderte Steuerspannungseingänge modulieren. Das gilt auch für die Filtermodi. Jedem Filter kann eine eigene Charakteristik zugewiesen werden. Darüber hinaus gibt es aber noch einen zentralen Cutoff-A/B-Regler. Mit diesem lassen sich die Cutoffs der beiden Filter gleichzeitig regeln (abhängig von ihrer individuellen Position). Das ist ein schönes Feature. Vor allen Dingen, wenn man das Filter für ein Stereosignal verwendet. Das Dual State Variable VCF ist sehr vielseitig einsetzbar. Es ist klanglich sehr interessant und lädt durch seine vielen Patchpunkte absolut zum Experimentieren ein.
Das ACL Envelope X3 Modul des ACL Eurorack Synthesizers
Meines Wissens nach ist das Envelope X3 das erste Modul überhaupt, das gleichzeitig 3 Hüllkurven bereitstellt. Eine gute Idee. Jede Hüllkurve kann separat durch ein Gate-Signal ausgelöst werden. Liegt nur ein Gate-Signal an Gate 1 an, werden alle 3 Hüllkurven gleichzeitig ausgelöst. Je Hüllkurve stehen positive und negative (invertierte) Ausgänge zur Verfügung. Über entsprechende Kippschalter kann jede Hüllkurve in den Long- oder Short-Modus versetzt werden. Die einzelnen Zeiten sind: Im Short Mode: Attack: 0,5 ms to 1 s Decay: 1,2 ms to 6,5 s Release: 1,2 ms to 6,5 s Im Long Mode: Attack: 4 ms to 10 s Decay: 10 ms to 50 s Release: 10 ms to 50 s
Der ACL VC Panning Amplifier des ACL Eurorack Synthesizers
Abschließend möchte ich den VC Panning Amplifier vorstellen. Dieses Modul ist mehr als ein simpler VCA. Zunächst enthält es zwei davon, deren Gains und Eingänge separat und manuell kontrolliert werden können. Hinzu kommt noch je VCA ein Eingang für Steuerspannungssignale. Hier schließt man üblicherweise eine Hüllkurve an. Das Modul verfügt über zwei Audioausgänge, sodass die Abnahme eines Stereosignals möglich ist. Wie auch schon beim Dual State Variable VCF werden Signale (Audio und CV), die auf den ersten Eingängen anliegen, automatisch dupliziert und den jeweiligen zweiten Eingängen zugewiesen. Das ist eine hilfreiche Funktion, die den Einsatz von Multiples an dieser Stelle erspart. Diese Funktion wird unterbrochen, sobald man den zweiten Eingängen ein separates Signal zuführt. Dann gibt es noch einen zentralen manuellen Panner, mit dem man die Signalanteile je Ausgang regeln kann. Wer das automatisch tun möchte, kann über den PAN CV Eingang eine Steuerspannung anlegen und das Panning z.B. über einen LFO „wandern“ lassen.
Schöne Module! Im Vergleich zu den Cwejman-Modulen (die hier offensichtlich Pate gestanden haben) bieten ACL ein paar sinnvolle Erweiterungen. Hoffentlich gehen bald alle in Serie.
sehr schoene module und „made in berlin“!
<3
aber cewjman module haben nicht pate gestanden.
ich freu mich schon auf unser acl system fuers lsb:TV studio.
***seufz*** ***die minuten zaehl***
btw: es gibt komplettsysteme von acl.
:)
und superspannende neue module sind in der pipeline - zb sdhjsdhsljd (..und hier sprach er undeutlich und ausserdem fuhr in der ferne die strassenbahn vorbei....)
@dr w Dann ist die Ähnlichkeit wohl zufällig. Farblich sehen sie jedenfalls so aus, wie mein Cwejman System. Und der panning VCA ist tupfergleich, das symmetrische I/O-Modul sieht ebenfalls sehr ähnlich aus…
Schöne Module zu saftigen Preisen. Der VCO würde mich besonders reizen; der Tune-Regler erinnert an den des RS-95E von AnaSys, der wiederum an den des VCS3 bzw. Synthie A erinnert.
@Son of MooG Ja, die VCOs sind echt geil (salopp gesprochen). Wenn Du die Gelegenheit bekommst, sie zu testen, dann mache das. Ansonsten einfach Stefan Lewin auf Facebook anschreiben. Der antwortet umgehend ;-)
@Son of MooG wir machen in kuerze bei uns im liqudi sky berlin ein kleines hands-on / demo / workshop / konzert-jam mit acl…… falls das von interesse ist.
@dr w Vielen Dank für den Tipp ?
feiner test. gratulation. aber die von dir beschriebenen nachteile würden mich persönlich von einem kauf nun abhalten.
…echt fett, der Sound….leider nicht meine Geldbörse:-)
…trotzdem viel Erfolg!
Der Ladder Filter ist wirklich genial; der Klang und der wunderbare Overdrive der drei Vorstufen, das Filter an sich mit dem mächtigen Boost bei höherer Resonanz, die Eigenschaften als Sinus Ozzillator und sogar die Möglichkeit, diesen als Quadratur LFO zu nutzen. Vielseitigkeit, die man nicht auf den ersten Blick sieht und das bei höchster Qualität.