Preis-Schock oder Sound-Sensation?
Das Austrian Audio OC-S10 Großmembranmikrofon ist in vielerlei Hinsicht einzigartig. Es gehört außerdem zu der Sorte Mikrofone, die schon beim Anblick Ehrfurcht einflößen. Und ganz ohne Grund wurde es wohl auch nicht für den Tec Award nominiert. Alles zum OC-S10 erfährst du in diesem Testbericht.
- Klang & Design: Erstklassiger, präsenter Klang und auffälliges, hochwertiges Design.
- Funktionalität: Dual-Mode mit variabler Richtcharakteristik und innovativen Einstellmöglichkeiten.
- Technik: Sehr niedrige Eigenrauschwerte und hohe Schalldruckverträglichkeit bis 157 dB SPL.
- Praxis: Besonders geeignet für Sprache, Gesang und Solo-Instrumente, überzeugt auch in schwierigen Räumen.
- Fazit: Hochpreisige, professionelle Alternative zum Neumann U87 mit vielseitigen Features.
Inhaltsverzeichnis
Austrian Audio OC-S10 Großmembranmikrofon
Für den Test steht uns das Austrian Audio OC-S10 Studio Set zur Verfügung, das neben dem Mikrofon eine elastische Aufhängung, Holzschatulle und einen speziellen Pop-Filter enthält. Außerdem mit dabei ist ein Briefumschlag mit einem Ausdruck der spezifischen Frequenzgänge dieses speziellen Mikrofons für jede Richtcharakteristik – inklusive Seriennummer und Unterschrift.
Beeindruckende Optik
Das Mikrofon hat die Abmessungen 63 x 63 x 205 mm und ist damit nicht eines der größten Großmembranmikrofone am Markt. Allerdings nimmt der Mikrofonkorb rund die Hälfte des Mikrofons ein und die goldfarbene Prägung und Bedruckung für das Logo und die einstellbaren Parameter sind ein echter Hingucker.
Wer nun Miniaturschalter sucht, sucht vergebens, denn stattdessen besitzt das Austrian Audio OC-S10 drei Ringschalter. Für mich ein deutlicher Vorteil, weil so ein versehentliches Verstellen beim Ausrichten des Mikrofons auf die Schallquelle nicht möglich ist. Und besser noch: Auch auf der Rückseite des Mikrofons lassen sich diese Einstellungen ablesen.
Für das Low-Cut-Filter stehen vier Positionen zur Auswahl:
- 0 (Filter ausgeschaltet)
- 40 (40 Hz Low-Cut 2. Ordnung)
- 80 (80 Hz Low-Cut 2. Ordnung)
- 160 (160 Hz Low-Cut, 1. Ordnung von 80 Hz bis 160 Hz, 2. Ordnung unterhalb von 80 Hz)
Die Vordämpfung (Pad) ist ebenfalls schaltbar:
- 0 dB
- -10 dB
- -20 dB
Technik
Verbaut sind zwei Kondensatorkapseln mit Nierencharakteristik, aus denen sich durch geschickte Verschaltung der beiden Ausgangssignale weitere Richtcharakteristiken ergeben:
- Kugel
- breite Niere
- Niere/Dual Mode
- Hyperniere
- Acht
Damit ist die gesamte Bandbreite an Richtcharakteristiken gut abgedeckt und sogar noch mehr, denn:
Im Dual-Mode wird das Signal über zwei XLR-Ausgänge nach außen geführt und der Anwender kann über das Plug-in PolarDesigner 3 in der DAW nachträglich die Richtcharakteristik verändern. Ideal für Postproduction und Live Recording, vor allem auch für Orchesteraufnahmen.
Die zweite XLR-Buchse für den Dual-Mode kann nur belegt werden, wenn der Main-XLR-Ausgang belegt ist. Ansonsten verhindert eine kleine Blende den sekundären Ausgang. Gut mitgedacht! So schließt man nicht versehentlich im „Blindflug“ das Kabel am falschen Mikrofonausgang an.
PolarDesigner 3
Mit dem Plug-in PolarDesigner3 ist es möglich, eigene Richtcharakteristiken für das Austrian Audio OC-S10 Großmembranmikrofon zu erzeugen bzw. besser gesagt diese nachträglich zu verändern. Das funktioniert allerdings nur dann, wenn bei der Aufnahme beide XLR-Ausgänge im Dual-Mode genutzt wurden. Das Plug-in PolarDesigner 3 befindet sich gerade in der öffentlichen Beta-Phase und kann kostenlos von der Austrian Audio Website heruntergeladen werden. Interessant ist, dass sich für fünf Frequenzbereiche verschiedene Richtcharakteristiken einstellen lassen. Bestimmte Frequenzen lassen sich im Terminator-Modus eliminieren, um so ggf. eine Aufnahme zu retten.
Das Plug-in funktioniert laut Austrian Audio mit jeder Dual-Output-Quelle oder neben dem OC-S10 auch mit dem OC818 Mikrofon.
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Technische Daten
Der Frequenzbereich des Mikrofons wird mit 20 Hz bis 22 kHz angegeben, die Empfindlichkeit mit 14 mV/Pa. Das Eigenrauschen liegt bei angenehm niedrigen 8 db SPL (A-bewertet). Sehr erstaunlich für ein Kondensatormikrofon ist der maximale Schalldruck, der bei 147 dB SPL ohne Pad und 157 dB SPL mit aktiviertem -10 dB Pad liegt! Auch eine Trompete oder Snare im Nahbereich ist also überhaupt kein Problem für das Mikrofon.
Die Spannungsversorgung erfolgt über +48 V Phantomspeisung. Der Spitzenverbrauch soll laut Austrian Audio unterhalb von 3 mA liegen, sodass die meisten Audio Interfaces und Mischpulte damit klarkommen sollten.
- Breite Niere
- Kugel
- Hyperniere
- Acht
- Niere
- Austrian Audio OC-S10 Großmembranmikrofon Frequenzgang, Breite Niere
- Austrian Audio OC-S10 Großmembranmikrofon Frequenzgang, Kugel
- Austrian Audio OC-S10 Großmembranmikrofon Frequenzgang, Hyperniere
- Austrian Audio OC-S10 Großmembranmikrofon Frequenzgang, Acht
- Austrian Audio OC-S10 Großmembranmikrofon Frequenzgang, Niere
Spinne und Pop-Filter
Die Spinne ermöglicht dank ihrer elastischen Aufhängung und einer Kugelgelenkverbindung eine exakte und sichere Positionierung des Austrian Audio OC-S10 vor der Schallquelle.
An der Spinne wird auch per magnetischer Halterung der neuartige Pop-Schutz befestigt. Dieser besteht aus einem porösen Metallschaum. Der Metallschaum bewirkt ähnlich wie ein Absorber, dass sich der Schall innerhalb der derart vergrößerten Oberfläche „verfängt“. So kommt es nicht zu unschönen Kammfiltereffekten, die durch Reflexionen entstehen. Dazu trägt auch die randlose Konstruktion bei. Plosivlaute werden gefiltert, während der Nutzschall zur Mikrofonmembran gelangt.
Einsatzbereiche und Klang
Das Austrian Audio OC-S10 Großmembranmikrofon wird vom Hersteller vor allem für die Aufnahme von Sprache und Gesang sowie Solo-Instrumenten empfohlen. Der weite Übertragungsbereich sowie die flexible Richtcharakteristik machen es eigentlich universell einsetzbar.
Schaut man sich den Frequenzgang des Mikrofons im Zusammenhang mit den verschiedenen Richtcharakteristiken an, fällt jedoch auf, dass insbesondere bei Niere, Hyperniere und breiter Niere eine leichte Anhebung bei 5 kHz und stärker oberhalb von 7 kHz zu sehen ist. Das sind typische Frequenzbereiche, die bei Sprache und Gesang gerne angehoben werden, damit diese sich besser im Mix durchsetzen und präsenter werden.
Auf der Website des Herstellers kann man sich von der Qualität des Mikrofons bei Sprache/Gesang und bei Instrumenten wie Schlagzeug, Laute, Akustikgitarre, Piano und Cello bei verschiedenen Einstellungen und Richtcharakteristiken überzeugen.
Für AMAZONA wurde das Mikrofon primär mit Sprache/Gesang getestet. Hier hat mich vor allem interessiert, wie gut sich das Mikrofon einerseits in einem nicht klanglich optimierten Raum schlägt und wie gut der Frequenzgang tatsächlich für Sprache und Gesang optimiert wurde. Wird sich aufgenommener Gesang auch ohne EQ in einem Mix durchsetzen können, wie es der Frequenzgang der meisten Richtcharakteristiken vermuten lässt?
Die Antwort lautet: Ja! Der Gesang spielt sich ohne jeglichen Eingriff sofort nach vorne. Nun noch etwas Kompressor, etwas Hall und fertig ist der Lead-Gesang. Dabei klingt das Mikrofon niemals spitz oder unangenehm, sondern transportiert die Stimme so, wie sie im Raum zu hören ist.
Interessant: Die Unterdrückung von rückwärtigem Schall ist in der Nieren-Einstellung so gut, dass sich die negativen Einflüsse meines Büros überhaupt nicht bemerkbar machen. Das kenne ich von anderen Mikrofonen ganz anders. Mit dem vorgesetzen Pop-Filter bleiben Plosive draußen und dennoch klingt der Gesang bei Bedarf schön intim und gewolltes hörbares Atmen wird wunderbar übertragen.
Alternativen
Bei einem Straßenpreis von rund 2.650,- Euro stellt sich natürlich die Frage nach Alternativen. Hier würde mir der Klassiker Neumann U87 Ai einfallen, der mit knapp 2.900,- Euro zu Buche schlägt und zum Inventar vieler Studios gehört.
Noch mehr Richtcharakteristiken bietet das Neumann TLM-170R Studio-Kondensatormikrofon, das für knapp 3.000,- Euro im Handel erhältlich ist.
Interessant könnte auch das Microtech Gefell M 1030 – EA 92 Set sein, das für rund 2.500,- Euro im Handel erhältlich ist und ebenfalls Sprache und Gesang in den Fokus rückt, allerdings „nur“ mit einer Nierencharakteristik ausgestattet ist.


















































Ich finde die 3 „Wählringe“ sehr chick und es ist gut ersichtlich welche Einstellung gerade vorligt!
@D-Joe Ja, sehr fesch. Erinnert ein wenig an ein Kameraobjektiv, sehr cool. Allerdings ist der Preis im Vergleich zum OC818 schon gesalzen, und das ist ja featuremäßig und vom Sound her schon sehr gut aufgestellt. Ich habe das OC18 und bin von dem schon extrem begeistert. Die Frage stellt sich, warum das Teil hier so viel teurer ist. No Offense, ich bin bekennender Austrian Audio Fanboy, auch die dynamischen Mics retten den Sound im Proberaum, durch Präzision und feedbackunempfindlichkeit. Ein Riesenschritt im Vergleich zu den 58ern.
Interessant wäre zu wissen, wie sich das OC-S10 im Vergleich zum OC818 klanglich verhält. Die Kapsel dürfte ja die selbe CKR-12 sein und auch die Features sind im wesentlichen gleich. Gleichzeitig kann ich mir nicht vorstellen, dass das OC-S10 „nur“ ein OC818 in anderem Gehäuse mit anderem Zubehör ist.