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Test: AVP Synth MBS-100, Bass Synthesizer

Bissiges Bass-Biest

15. Oktober 2017

AVP Synth MBS-100 MIDI Bass Synthesizer – der Name ist eine klare Aussage, was sich die beiden Moskauer Entwickler von AVP Synth bei ihrem neusten Gerät gedacht haben. Wir hatten die Möglichkeit, uns ein Vorserienmodell ansehen und vor allem anhören zu können.

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Man kann sich derzeit vor Analogsynthesizern kaum noch retten. Mit erfreulicher Regelmäßigkeit kommen neue Modelle auf den Markt. Eine wahre Schwemme, die das Angebot in den 70ern oder die 303-Clone-Flut der 90er sogar noch übersteigt. Selbst die Branchenführer aus Japan machen inzwischen wieder fröhlich mit. Wie fällt zwischen all den Geräten ein kleiner, neuer Desktop-Synthesizer „Made in Moscow“ auf? Wohl in erster Linie genau eben dadurch. Wir wollen aber wissen, ob er auch in Sachen Klang, Ausstattung und Bedienung mit den etablierten Mitbewerbern mithalten kann.

Hardware

Für den MBS-100 haben sich AVP ein ordentliches Gehäuse geleistet. Keine Plastikkiste von der Stange wie noch beim Drum-Synthesizer MAD-5, sondern solides Blech mit einer kratzfesten Bedruckung. Es ist von den Maßen her ungefähr mit einem Roland Boutique vergleichbar, aber die Platzaufteilung und die Größe der Regler ist hier viel angenehmer gestaltet. Die leichte Pultform sowie die fest mit der Oberfläche verschrauben Regler und Schalter machen nicht nur einen vertrauenerweckenden und livetauglichen Eindruck, hier wird zu Spielspaß und zum Klangschrauben gleich eingeladen. Nur die Holzseitenteile wirken etwas grobschlächtig.

Die Rückseite bietet das, was man braucht: MIDI (klar, bei dem Namen) als Eingang und Thru-Buchse, welche heutzutage zum Leidwesen vieler Anwender gern weggelassen wird, sowie Audioausgang und den Anschluss für das externe Netzteil. Anschlüsse für CV und Gate fehlen leider, somit kann der MBS-100 nicht mit einem Analogsequencer oder von einem Modularsystem aus angesteuert werden.

Als Bass-Synthesizer hat die Klangerzeugung des MBS-100 eine absolut klassische Struktur. Sie ist zwar einfach, doch die Ausstattung ist bei Weitem nicht so simpel wie die einer TB-303. Es gibt zwei Oszillatoren, ein Tiefpassfilter, zwei ADSR-Hüllkurven, einen LFO sowie einen VCA mit Distortion. Das klingt auf dem Papier bzw. im PDF nicht sonderlich aufregend, doch lohnt sich ein genauerer Blick, denn es gibt ein paar Besonderheiten.

Oszillatoren

Das fachkundige Auge erspäht sogleich, dass hier „OSC“ anstelle der zu erwartenden Bezeichnung „VCO“ steht. Der AVP Synth MBS-100 hat keine analogen Oszillatoren. Sie werden von AVP als VCDO – „voltage controlled digital oscillators“ beschrieben. Man hat sich bei den Oszillatoren, laut Aussage von AVP, an den Vorbildern aus Sowjetzeiten „Aelita“ und „Polivoks“ orientiert. Sie erzeugen Sägezahn und Rechteck sowie zwei feststehenden Pulsbreiten von 10% und 25%. Mit einem Taster wird der Reihe nach zwischen ihnen durchgeschaltet.

Neben Tune für beide Oszillatoren kann OSC 2 um je eine Oktave auf- und abwärts transponiert werden. Mit Sync lassen sich die beiden Oszillatoren synchronisieren. Allerdings ist der Nutzen dieser Funktion sehr eingeschränkt, da es keine Möglichkeit gibt, den synchronisierten Oszillator mit Hüllkurve, LFO oder wenigstens MIDI-CC zu modulieren. Man kann nur für einen phasenstarren Lauf sorgen, was allerdings speziell bei tiefen Bass-Sounds in der Regel wünschenswert ist.
Auch eine Glide-Funktionen findet sich beim MBS-100 nicht.

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Die beiden Oszillatoren werden separat in der Lautstärke geregelt, bevor sie in das Filter gelangen. Ab hier wird es für den Rest des Signalweges analog. An dieser Stelle ist etwas Vorsicht geboten, da man bereits mit nur einem Oszillator den Filtereingang leicht übersteuern kann. Mit beiden zusammen gibt es schon einen gut fühlbaren Overdrive.

Filter

Für einen auf Bass spezialisierten Synthesizer kommt natürlich nur ein kräftig zupackender Tiefbass in Frage. Das VCF des AVP Synth MBS-100 hat zwar nur 12 dB Flankensteilheit, doch schon beim ersten Reinhören stellt man fest: Das reicht. Die Resonanz geht selbstredend bis zur Selbstoszillation, färbt aber schon deutlich vorher den Klang. Erfreulicherweise gibt es keine Absenkung des Basses. Im Gegenteil, man kann die Resonanz bei geschickter Einstellung für einen zusätzlichen Schub einsetzen. Mehr noch, bei maximaler Resonanz kommt, neben dem Filtereingang, ein weiterer Übersteuerungsfaktor im MBS-100 hinzu. Das Klangverhalten des Filters, besonders bei hoher Resonanz, verändert sich deutlich, wenn man mit verschiedenen Pegeln der Oszillatoren experimentiert.

Das Filter ist kräftig, hat Eigencharakter und kann über den Eingangspegel und die Resonanz-(Verzerrung) einen wirklich markanten Sound liefern. Auf den Punkt gebracht: Das Filter klingt.

Das VCF verfügt über eine eigene ADSR-Hüllkurve, deren Modulationstiefe regelbar ist. Sie arbeitet ziemlich schnell. Doch ich persönlich finde die Auflösung bei Decay und Release nicht optimal. Der Bereich zwischen sehr kurzen Werten und normalem Decay-Längen lässt sich nicht wirklich feinfühlig einstellen, was speziell bei schnellen Sequencer-Figuren angebracht wäre.

Die zweite Modulationsquelle für das Filter ist der LFO. Er lässt sich zwischen Dreieck und Rechteck umschalten, seine maximale Geschwindigkeit liegt unter deutlich dem Audiobereich.

Außerdem kann die Cutoff mit dem Modulationsrad bzw. MIDI-CC #01 gesteuert werden. Das ist eine Ausnahme, alle anderen Parameter des MBS-100 sind nicht fernsteuerbar.
Ich hätte gern noch einen Key Follow-Parameter gesehen, der sich bei tiefen Bässen gut machen würde. Und auch ein Filtereingang für externe Audiosignale wäre schick gewesen.

VCA

Der VCA des AVP Synth MBS-100 verfügt ebenfalls über eine ADSR-Hüllkurve mit eigenem Reglersatz. Das bietet nicht jeder Bass-Synthesizer. Auch hier finde ich die Auflösung von Decay und Release nicht ganz optimal.

Ein Bonbon erwartet uns noch kurz vor dem Ausgang. Wurde bis hierhin mit den OSC-Pegeln und der Resonanz noch „behelfsmäßig“ übersteuert, haben wir an dieser Stelle eine richtige Distortion. Die Verzerrung ist von leicht bis heftig regelbar. Selbst wenn der Regler komplett zugedreht ist, ist schon eine minimale Übersteuerung hörbar, weshalb die Verzerrerstufe auch mit einem Schalter komplett deaktiviert werden kann. Nimmt man die Möglichkeiten von OSC-Pegel und Resonanz hinzu, wird der MBS-100 richtig ruppig.

Bei aktiver Distortion hält der AVP Synth MBS-100 einen sehr gleichmäßigen Pegel, egal wie weit der Regler aufgedreht wird. Tatsächlich ist der Pegel sogar etwas geringer, als wenn man ohne Distortion die Oszillatoren und die Resonanz voll aufdreht.

MIDI

An dieser Stelle ist der AVP Synth MBS-100 ein echter Minimalist. Die Einstellung des MIDI-Kanals erfolgt über die OSC-Tasten und -LEDs, was nicht sonderlich übersichtlich ist. Außer bereits erwähntem MIDI-CC #01 wird nur Velocity für das VCF verarbeitet. Die Oszillatoren werden lediglich über einen Bereich von drei Oktaven angesprochen. Alles was oberhalb liegt, gibt zwar einen Ton von sich, der jedoch nicht mehr transponiert wird.

Der MBS-100 und die Konkurrenz

Wenn es an irgendwas derzeit keinen Mangel gibt, dann sicherlich an analogen Synthesizern. Selbst wenn wir uns auf die Kategorie „analog-monophon“ beschränken, ist die Auswahl in der Mittelklasse immer noch üppig und die Konkurrenz stark. Korg Monologue, Roland SE-02, Moog Minitaur, Vermona Mono Lancet, Novation Bass Station 2 / Mono Station, Doepfer Dark Energy II, Waldorf Pulse 2, Dreadbox Erebus / Hades / Nyx, ARP Odyssey Module, MFB Dominion Club … die Liste könnte man noch um so einige Kandidaten fortsetzen. Bezüglich der Features haben viele Mitbewerber mehr zu bieten. Strukturelle Ähnlichkeiten zum MBS-100 finden sich am ehesten bei Dreadbox.
Denkt man dann noch an die VA-Synthesizer oder setzt man die günstigen polyphonen Geräte in Relation, wird man mit den Vergleichen gar nicht mehr fertig. Doch seien wir froh über dieses Luxusproblem.

Was spricht in diesem Umfeld für den AVP Synth MBS-100? Zuallererst sein Sound. Satt und saftig bringt er seine Bässe aus dem Ausgang. Besonders, wenn es um aggressive Klänge geht, kann der AVP Synth MBS-100 seine verschiedenen Möglichkeiten der Verzerrung hervorragend ins Spiel bringen. Hingegen richtig runde und weiche Sounds gelingen ihm weniger. Aber ob nur leicht übersteuert, Resonanz-quietschend oder richtig böse, der Sound hat immer Kraft und vor allem Charakter. Genau das macht die Entscheidung für oder gegen den MBS-100 aus. Das macht einen an oder nicht. Die Frage nach Features und den nicht eben günstigen Preis steht erst an zweiter Stelle.

Dazu kommt der „Exotenfaktor“. Einen AVP-Synthesizer kann man (noch) nicht in jedem Shop kaufen. Zwar ist man derzeit auf der Suche nach einem Vertriebspartner, doch bislang sind die AVP-Geräte nur direkt aus Moskau zu beziehen. Und das 2-Mann-Unternehmen kann in Handarbeit auch nur eine sehr begrenzte Stückzahl fertigen. Das weckt Assoziationen zu Dreadbox, die mit ihrem Familienunternehmen vor ca. drei Jahren quasi aus dem Nichts aufgetaucht sind und sich inzwischen zu einer festen Größe etabliert haben. Warten wir ab, ob das auch AVP Synth gelingt.

Wer nach dem Bass noch die richtigen Drumsounds benötigt, wird übrigens in folgender Übersicht fündig: Die besten Drumcomputer aller Zeiten

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Fazit

Kein Moog, kein Roland, kein Irgendwas-Clone. Der AVP Synth MBS-100 ist ein Bass-Synthesizer, wie er sein soll: Gradlinig und mit sattem Sound. Natürlich kann man sich mehr wünschen und viele Konkurrenten bieten auch mehr. Mit seiner Begrenzung konzentriert sich der MBS-100 auf das, was er gut kann und lässt alles andere außen vor. Wer sich mit dieser Philosophie anfreunden kann, einen kräftigen, aggressiven Klang mag und ein Freund von „Hat-nicht-jeder-Geräten“ ist, wird wohl auch bereit sein, einen entsprechenden Preis dafür zu bezahlen. Für alle anderen sind genügend Alternativen vorhanden.

Plus

  • satter, aggressiver Sound
  • mehrere Möglichkeiten zur Übersteuerung
  • pegelkonstante Distortion
  • stabiles Gehäuse und Bedienelemente

Minus

  • keine Eingänge für CV/Gate und Audio
  • Oszillatoren können nicht moduliert werden (für Sync)
  • kein Key-Tracking (VCF)

Preis

  • 449,- Euro (inkl. Versand)
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Klingt für meine Ohren schon sehr druckvoll und hat Charakter. Schade, dass man den Sync nicht modulieren kann und es keine Dreieck Wellenform gibt. Aber irgendwas ist ja immer.

  2. Profilbild
    Son of MooG AHU

    Die Beschränkung auf nur 3 Oktaven halte ich auch bei einem Bass-Synth für problematisch; ich konnte schon die 4 des Minitaur nicht ganz nachvollziehen. Für ein modernes Gerät dürfte das doch eigentlich kein Thema sein, oder?

  3. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Ich mag kompakte Synths mit einfachem Aufbau, wobei der MBS-100 schon ganz schön minimalistisch daherkommt. Mit den Overdrive-Optionen kann mehr rausholen, als der Grundscharr und die wenigen Einstellungsmöglichkeiten vorgeben, allerdings scheint subtil nicht unbedingt das Ding der Kiste zu sein, das schränkt den Nutzen ein. Die fehlenden CV-Eingänge kann ich verschmerzen, das Fehlen eines Audioeingangs finde ich allerdings schade. Der Synth wäre bei mir in seiner Preislage nicht die erste Wahl, der Exotenbonus hilft da auch nix.

  4. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Ich besitze das MAD-5 Drum Modul, welches mir wegen seines eigenständigen Sounds und minimalistischer Ausstattung extrem gut gefällt. Ob ich beim MBS zuschlagen werde weiß ich noch nicht, in den Sound-Beispielen fehlt mir etwas die Eigenständigkeit – hier hilft tatsächlich der Exotenbonus wie lightman oben schreibt nicht weiter. Ich warte auf weitere Sound Beispiele / Videos, vielleicht können diese mich ja noch überzeugen. Bleibt zu erwähnen dass die Hersteller extrem freundlich und hilfsbereit sind – ich hatte Probleme mit dem (defekten) mitgelieferten Netzteil.

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