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Test: Beepstreet Drambo, modulare Groovebox, iOS

Drambo hebt das Groovebox Konzept auf eine neue Stufe

8. April 2020
Beepstreet Drambo

Beepstreet Drambo

Seit Beepstreet mit dem Sunrizer, einer Emulation des Roland JP8000, vor acht Jahren die iOS Szene aufgewühlt haben (mittlerweile auch für Desktops), war es lange still um sie geworden, bis mit dem exquisiten virtuellen analogen Synth Zeeon, der starke Anleihen beim Waldorf Q macht, ohne ihn zu kopieren, erneut für Aufsehen sorgten. Da ging der ebenfalls exzellente Vocoder daVoco etwas unter. Nur haben Beepstreet, ebenfalls nach längerer Funkstille, mit Drambo eine neue App abgeliefert, die es in sich hat.

Drambo ist eine Groovebox im modularen Eurorack-Format. Wobei sich Drambo mehr am Design der kabellosen Reaktor Patch-Blocks orientiert als an dem Kabelgewirr der gängigen virtuellen Euroracks. Stattdessen setzt die App auf Farbcodierungen.

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Die essentiellen Daten

Drambo (V1.01) bietet 16 Tracks, die jeweils 8-fach polyphon pro „modularem Instrument“ im selben Track sein können. Als Klangerzeugung gibt es virtuelle subtraktive und additive Klangsynthese wie auch bisher einfache Samples. Drambo arbeitet dabei immer polyphon und in Stereo. Neben der AUv3-Kompatibilität, mit der sich die App in Hosts wie GarageBand, AUM etc. betreiben lässt, wird auch MIDI-MPE unterstützt. Ab iOS 11.3 läuft Drambo auf iPad und iPhone.
Auf meinem 2015er iPro, A9X, zieht Drambo beim Werks-Preset „The Invisible Man“ ca. 54 % DSP in AUM. Das wären 13 gut bestückte Tracks. Aber nach oben gibt es bei modularen System eh keine Grenzen.

Klangerzeugung

Beepstreet Drambo iOS Starter Rack

Beepstreet Drambo iOS Starter Rack

Initial werden wir mit einem leeren Rack begrüßt. Durch die kabellose Struktur ist der Signalfluss von links nach rechts und von oben nach unten festgelegt. Die Darstellung unterteilt sich mit der oberen Hälfte in die Rack-Ansicht, darunter der Step-Sequencer und das untere Drittel belegen die 16 Tracks in Form von „Pads“ und einer Klaviatur. Durch verschiede Ansichten kann das eine oder andere größer dargestellt werden.

Track Konfiguration

Das erste Pad hat den Namen MAIN und stellt den internen Master-Track bzw. Mixer von Drambo dar. Durch ein Tippen auf das PLUS-Symbol muss zunächst ein Track-Master-Modul oder ein Instrument erzeugt werden. Erst dadurch werden die Tracks 2 bis 15 aktiviert und lassen sich über die Pads anwählen. Die Ein- und Ausgangskonfigurationen lassen sich über ein Doppeltippen für jedes Master-Modul konfigurieren. So kann ein Track einer von drei Choke/Solo-Gruppen zugewiesen, Audio über zwei der acht Send-Busse (A – G) gesendet und empfangen sowie die MIDI-Konfiguration vorgenommen werden.

Beepstreet Drambo iOS Module

Nachdem mindestens Track 2 über das Master-Modul instanziiert wurde, kann dieser mit einer Auswahl von derzeit 120 Modulen bestückt werden, bis das iPad in die Knie geht. Bauen wir uns einen kleinen Synthesizer.

Beepstreet Drambo iOS Track 2 Simple Synth

Dazu nehmen wir einen Oszillator, ein Filter und einen Hüllkurvengenerator. Damit der Synthesizer auch über die Bildschirmklaviatur gespielt werden kann, bedarf es aber noch des „MIDI to VC2-Moduls. Vorn hier aus lässt sich das Szenario beliebig verkomplizieren.

Das wichtigste Element des Drambo ist aber das Verstehen, wie die Signalverbindungen arbeiten, das kommt in unscheinbaren farbkodierten Punkt-Icons. Die Module verbinden sich automatisch über sechs Arten von Konnektoren, soweit es möglich ist. Dabei kontrollieren vorhergehende Module immer die nachfolgende:

Beepstreet Drambo iOS Konnektoren (Handbuchauszug)

Es gibt den AUDIO-Konnektor, der ein Signal mit Audiogeschwindigkeit weiterreicht. Drambo unterscheidet dabei nicht zwischen Audio- und Steuer- bzw. Modulationssignalen. MIDI reicht MIDI-Daten weiter. PITCH die Tonhöhe mit einem Umfang von 8 Oktaven.
GATE erzeugt einen Auslöser z. B. für Hüllkurven. VELOCITY reicht die Anschlagsstärke weiter TIME synchronisiert auf die jeweiligen Steps des Step-Sequencers.

Bis auf MIDI können alle Konnektoren beliebig miteinander verschaltet werden. Ein Tippen auf eines der Konnektor-Icons schaltet die Anzeige aller Module auf die Konnektoransicht und zeigt alle erzeugbaren Verbindungen an. Aktuell aktive Verbindungen blinken orange. Hat ein Modul z. B. der AMB ENV drei Konnektor-Icons, AUDIO, GATE und VELOCITY, so gibt es für jedes Icon eine eigene Konnektoransicht. Nach einer relativ kurzen Eingewöhnungsphase ist diese Art der modularen Verschaltung höchst effizient und übersichtlich bedienbar.
Inter-Track-Verbindungen geschehen für Audio über die Busse A – G und für MIDI über die MIDI-Kanäle.

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Module können im Übrigen auch beliebig per Drag & Drop umarrangiert werden und naturlich auch verwaltet (kopieren, einfügen, löschen) werden. Das Kopieren etc. funktioniert auch über Tracks hinweg, aber nicht über Rack-Patches.

Track Modul Management

Es gibt auch sogenannte Instrumenten- und Effekt-Racks. Damit können komplexe Modulketten, die man ständig benutzt, als ein einzelnes Modul zusammengefasst werden, damit sie nicht soviel Platz beanspruchen. Derzeit können diese Racks auch abgespeichert werden und wieder geladen werden.

Rack-Module-Presets

Sequencer

Beepstreet Drambo iOS AUv3 (AUM)

Der Sequencer ist bisher eher in der einfachen Art gehalten, bietet aber einige interessante Kniffe. Eine Sequenz kann eingegeben werden, indem ein Step gehalten und eine oder mehrere Noten auf der Klaviatur oder per MIDI gespielt wird. Zum polyphonen Einspielen muss die Stimmenanzahl im MIDI-to-CV-Modul entsprechen eingestellt sein. Die Gate-Zeit beträgt standardmäßig 1 Step. Wird ein Step gehalten und mit dem Finger nach links gezogen erscheint ein grüner Rahmen, der die Gate-Zeit entsprechend verlängert, derzeit aber nur in ganzen Step-Größen. Damit die Gate-Zeit auch Wirkung zeigt, muss in unserem Beispiel noch die Sustain-Option im AMP-ENV-Modul aktiviert sein.

Der grüne Rahmen dient auch dazu, wenn die EDIT-Option aktiviert ist, die Steps zu verwalten und als auch zu transponieren und zu rotieren (SHIFT-Option).

Werden mehrer Noten in einem Step aufgenommen, wird dies mit der Anzahl der grünen Striche angezeigt. Leider gibt es bisher keine Möglichkeit, die Noten in einem Step im Nachhinein zu editieren. Da hilft nur löschen und neu einspielen.

P-Locks/Morph-Fader

P-Lock – Morph

Die 16 P-Lock-Slots stehen zur Verfügung. P-Lock sind hier die Parameterwerte der Module. Aufgerufen wird die P-Lock-Ansicht über den Morph-Schieberegler, der zwischen zwei beliebigen P-Lock-Zuständen stufenlos überblendet. Jeder Slot A bis P speichert einen Satz aller Parametereinstellungen des aktuellen Tracks. Um einem Step einen P-Lock zuzuweisen, muss ein Step gehalten werden, während die gewünschten Parameter (mehrere) eines Track geändert werden. Vorsicht: Tippt man die Steps zu kurz an, werden sie gelöscht! Die P-Locks gelten pro Track.

P-Lock – Steps werden mit einem roten Strich im Step angezeigt

Step-Components

Step-Components

Über den STEP-Taster gelangt man ins Step-Components-Rack. Es muss ein aktiver Step ausgewählt sein, erst dann lassen sich Component-Module instanziieren. Gelöscht werden sie, anders als die regulären Module, indem sie per „Halten und Ziehen“ aus dem Rack „herausgezogen“ werden. Derzeit stehen die acht Komponenten Note, Retrig, Jump (Sequenzverkürzung), Cycle Condition (bei jedem x-ten Durchlauf), Once Condition (nur beim ersten Durchlauf) Scene Condition (Morph-positionaktiviert), Random Condition und Transpose zu Auswahl, die beliebig oft aufgerufen werden können – pro Step!

Pattern-Config

Patterns werden in der Kopfzeile erzeugt, konfiguriert und verwaltet. Neben der Anzahl der Wiederholungen lässt sich hier auch in Maßen der Takt eingeben. Es stehen 3, 4 oder 5 Schritte pro Takt zur Verfügung und bis zu 64 Takte pro Pattern (wählbar in 1er-Schritten), was eine Maximallänge von 320 Steps pro Pattern bedeutet. Das Pattern lässt sich dabei in 1 und 16 Teilansichten darstellen, damit es beim Bearbeiten nicht so eng wird.

Viele Tracks, lange Patterns

Was es sonst noch gibt

Grundsätzlich ist die App zwar funktionsfähig, aber noch in einem frühen Zustand und keineswegs final, darauf weisen Beepstreet im Handbuch auch ausdrücklich hin. So gibt es noch einige Audio- und Anzeigen-Bugs, die interaktive Hilfe ist nur mit Platzhaltertext – und wenn kein TRACK initialisiert und kein weiteres Audiointerface angeschlossen ist, kann es zur einer Feedback-Schleife kommen, da offenbar das interne Mikrofon nicht abgeschaltet ist und zahlreiche Abstürze gibt es auch noch und das fehlende App-State-Saving ist auch nervig.  Alles keine großen Sachen, aber es summiert sich.

Beim Einstellen der Lautstärke der einzelnen Tracks sollte man auf den Pegel am Master-Ausgang ein Auge haben. Denn Drambo hat keinen Übersteuerungsschutz.

Modulare Feedback-Schleifen lassen sich nur indirekt über Delays erzeugen.

Der Audioexport beschränkt sich derzeit nur auf den Master-Mixdown oder das aktuelle Pattern und auch das AUv3-Plugin beherrscht noch keinen Multi-Audioausgang.

Was lobend erwähnt werden muss, ist die Fähigkeit von Drambo, live über das interne Mikro oder ein Audiointerface zu samplen und die absolut vorbildliche Unterstützung des iOS-Dateisystems.

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Fazit

Drambo von Beepstreet hebt das Groovebox Konzept auf eine neue Stufe, ist jedoch auf einem ganz anderen Planeten zu Hause als z. B. Beatmaker 3 oder Korg Gadget. Wenn Beepstreet allerdings damit werben, dass keine Vorkenntnisse mit modularen Systemen notwendig sind, möchte ich dem doch widersprechen. Drambo ist vielleicht durch das automatische Verkabeln etwas zugänglicher als ein normales Modular-System, aber dennoch weder weniger einfach, noch weniger komplex. Vorwissen hilft hier absolut! Doch das gut geschriebene Tutorial-lastige PDF-Handbuch hilft hier über die sehr steinigen ersten Stunden hinweg – durchbeißen lohnt sich!

Eine volle Produktion würde ich mit Drambo derzeit wegen den üppigen Bugs noch nicht riskieren. Aber die bereits angekündigten Verbesserungen, zusammen mit der bisherigen Produktpflege von Beepstreet, deuten auf eine mehr als vielversprechende Zukunft hin und so vergebe ich, wenn auch noch vorsichtig, ein „sehr gut“ mit einer späteren Option auf ein Best-Buy.

Plus

  • Klang
  • modulares Konzept

Minus

  • nocht nicht Bug-frei

Preis

  • 21,99 Euro Einführungspreis, danach 32,99 Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    CloudSounds

    Schöner Test, der mir den Einstieg sicher erleichtern wird. Sunrizer und Zeeon waren ja klanglich schon verdammt stark, aber Drambo erscheint mir ad hoc verdammt mächtig!

  2. Profilbild
    glain

    Drambo ist eines der besten Musikprogramme aus meiner Sicht, nicht nur auf IOS bezogen. Ich habe das Gefühl, dass sich Beepstreet sehr viele bestehende Konzepte von Software und Hardware angeschaut haben. Dadurch werde ich ganz langsam meine komplette Produktion auf IPad und auch auf Iphone, auch hier ist die Nutzung top und bringt sogar in bestimmten Bereichen Vorteile.

    Und ich mag den Sampler, weil ich gerne sample. Und ich habe selten so einen guten unkomplizierten Sampler erlebt.

    Mit den Bugs ist wirklich noch ein kleines Problem, aber es ist ja auch ein Mammut-Projekt.

    Jeder der auf so ein Konzept steht sollte es sich anschauen und im Notfall kann man es ja zurück geben bei Apple innerhalb zwei Wochen.

    Auch ein tolles Forum wird geboten.

  3. Profilbild
    mensch

    Drambo ist für mich die beste Synth-App für ios. Im Artikel wurde bereits erwähnt, dass man hier Samples modular verwursten kann (aber nicht auf sie angewiesen ist).
    Im Gegensatz zu vielen anderen ios-Apps mit modularem Ansatz kann man Teile eines Patches zusammenfassen und in Layern organisieren. Hat man beispielsweise drei Oszillatoren samt individuellem Anhang, kann man diese drei Teile in je einen Layer packen und über ein Tippen wählen, welchen davon man gerade sehen möchte (während alle drei klingen). Das erspart mühsames Herumscrollen und ist nur einer von vielen Gründen, weshalb ich Drambo mittlerweile der Moog Model 15 App oder mirack vorziehe. Der Verzicht auf Patchkabel ist ein weiterer. Oft ist eine 1:1 Umsetzung analoger Gegebenheiten ins Digitale ein Graus. Aus meiner Sicht gilt das auch für Klaviaturen – in der Hinsicht wird bei Drambo hoffentlich noch nachgebessert, man kann zwar eine Pad-Alternative zur Klaviatur wählen, die ist aber nur zweireihig und nutzt so ebenfalls den Touchscreen nicht vollständig.

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