The One-And-Only Studioeffekt?
Vorwort der Redaktion:
Zwischenzeitlich hat Behringer eine verbesserte Version des Composer MDX2600 auf den markt gebracht. Den Testbericht dazu finden Sie HIER.
„Behringer?“ hört man oft fragen
„Nicht preiswert sondern Billig!“. Dieses Vorurteil hält sich hartnäckig seitdem die Firma Behringer im Jahre 1989 gegründet wurde, und einige Jahre später seine Produkte in großen Stückzahlen verkaufen konnte. Nun haben wir 2002/2003 und die Firma Behringer erfreut sich immer noch steigender Beliebtheit, wie die große Angebotspalette erkennen lässt. Nicht nur deswegen sollten eventuelle Vorurteile über Bord geworfen werden. Den Test habe ich mit der Begeisterung, die jedes neue Gerät bei einem Benutzer entfacht, durchgeführt. Um die Leistungen des neuen Behringer Kompressors MDX2600 (Composer Pro XL) besser einordnen zu können, wird er zum einen mit der Composer Version von 1997 (MDX2100) und zum anderen mit einem Kompressor der Firma dbx, der gehobeneren Preisklasse (dbx1088) verglichen.
Die Hardware
Nach dem Auspacken des MDX2600 und einem Blick in die knappe aber ausreichende Anleitung fällt zu aller erst auf, dass sich die gerasterten Potis auf der Frontreihe sehr bequem drehen lassen und die Rasterung präzise genug ist, um jede Position genau anzufahren. Damit lässt sich eine einmal gefundene und (hoffentlich) aufgeschriebene Einstellung leicht wieder finden. Aufgefallen ist jedoch, das nicht alle Potis den gleichen Drehwiderstand haben, sie sich beim einstellen ‚anders anfühlen‘. Dieses Kriterium dürfte aber allerdings eher Puristen interessieren. Die verschiedenen Ein-/Ausschalter sind als selbstleuchtende Elemente ausgeführt, und in den Farben Rot/Gelb/Grün übersichtlich den zahlreichen Funktionen zugeordnet, so dass man schnell überblickt, welche Funktion aktiviert ist. Die Funktionen sind: Gate On/Off, Release On/Off, SCMon On/Off, SCExt On/Off, LOContour On/Off, InteractKnee On/Off, Auto On/Off, Tube On/Off, Enhancer On/Off, IOMeter In/Out, Compressor In/Out. De-esser: In/Out, Male/Female. Die Anschlüsse auf der Rückseite sind schnell erklärt: Für jeden der 2 Kanäle jeweils ein symmetrischer Klinken und XLR Ein- sowie Ausgang, und ein unsymmetrischer Sidechain Send und Return. Zudem ist eine Pegelanpassung von +4dBU auf -10dBV vorhanden.
Die Funktionen
Im neuen Behringer MDX2600 wurden im Vergleich zum Vorgänger (MDX2100) einige neue Funktionen integriert. Zusätzlich zu den üblichen Kompressorfunktionen wurden eine Enhancer- eine Tube-Simulations- und ein De-esser-Funktion zur Verringerung von Zischlauten in Sprache und Gesang hinzugefügt. Die Gate Sektion ist zwischen Expander und Gate umstellbar; und das in 2 Zeitkurven: Slow und Fast. Die Kompressor Sektion wartet mit keinen Überraschungen auf. Sie bietet Threshold, Ratio, Attack und Release einstellbar mit Poti, sowie eine Auto-Funktion zur Programm(Signal-)abhängigen Attack- und Releasesteuerung (Wen die Funktionsweise eines Kompressors genau interessiert, der sei auf die Recording Workshops Kompressoren 1 und 2 in der AMZONA Recording Zone verwiesen). Zu guter letzt finden sich dann die obligatorische Output-Gain Regelung (zum Anheben des komprimierten Signals) und ein Pegelmesser der hilft, eingehende mit ausgehenden Pegeln zu vergleichen. Als letztes Glied in der Signalflusskette des MDX2600 befindet sich ein Peak Limiter, der unvorhergesehene Pegelspitzen abfängt.
Der Klang
Um endlich einen akustischen Eindruck des Gerätes zu bekommen, wird ein 4toTheFloor Beat komprimiert, und danach den Kompressionsergebnissen der Vergleichsgeräte MDX2100 und dbx1088 gegenübergestellt.
Was sofort auffällt: der MDX2600 arbeitet bei gleichen Einstellungen ’sanfter‘. Sowohl der dbx1088 als auch der MDX2100 greifen härter in den Beat ein. An dieser Stelle eine Bemerkung zu den Vergleichsbeispielen: Da sich die Geräte nicht exakt gleich einstellen lassen, wurde die Feinreglung des Aufnahme-Pegels mit einem digitalen Pegelmesser erreicht. Die nächste Aufgabe: Limiten einer Live-Drum Aufnahme. Hier nivelliert sich der Unterschied weiter; auch weil in das Signal nicht so hart eingegriffen wird. Wer genau hinhört, kann aber dennoch feststellen, dass der MDX2600 behutsamer mit dem Signal umgeht, und dadurch ein ’natürlichere‘ Kompression erreicht. Sehr schön kann man am diesem Beispiel die De-Esser-Funktion des MDX2600 demonstrieren. Das gleiche Soundbeispiel mit aktiviertem De-esser, Position: Female, Level: 10dB
Hier hört man deutlich wie die Zischgeräusche von HiHat und Snare stark unterdrückt werden. Praktisch zum Beispiel um einer zu lauten HiHat auch nach der Aufnahme noch Einhalt zu gebieten
Die neuen Funktionen
Aber jetzt ans Eingemachte: Was geben die neuen Zusatzfunktionen Tube und Enhancer wirklich her, und wie klingt die InteractiveKneeAdaptation, bei der leise und laute Pegel verschieden stark komprimiert werden. Dazu ein Beispiel, in dem der MDX2600 wieder als Limiter eingesetzt wird: eine Sequenz aus einem Drum’N’Bass Stück, zuerst die normale Version
(man achte hier vor allem auf die HiHats)
Jetzt wird die Tube Funktion aktiviert. Diese soll die Röhrentypischen Verzerrungen simulieren, die dem Signal mehr ‚Luft‘ geben. Mehr als eine Höhenanhebung scheint diese Schaltung aber nicht zu bewirken.
Die nächste Funktion ist die Enhancer Funktion. Zuerst höre man sich die normale Version an
danach die Enhancer Version
Der Unterschied tritt hier nicht so deutlich zu Tage. Hört man sich die beiden Beispiele aber mehrmals an, wird man den Eindruck bekommen, das die Stereobasis der HiHats etwas verbreitert wurde, und die Snare einen Zacken knackiger klingt als vorher. Wie zuvor greift der MDX2600 nicht übermäßig ins Signal ein, sondern bearbeitet das Signal sehr natürlich. Besser hören kann man, was die Enhancer Funktion macht, wenn man ein Ebass Beispiel wie am Anfang mit dem Enhancer bearbeitet. Zuerst die cleane Version:
Hier das komprimierte Signal ohne Enhancer
Hier hört man sehr deutlich: dem Signal wird die Frische wiedergegeben. Allerdings zu dem Preis, dass man deutlich hochfrequentes Rauschen wahrnimmt.
Sonderbar
Wie Eingangs erwähnt, ist der MDX2600 ein Zweikanal-Kompressor. Man hat mit einem Stereo Couple Schalter die Möglichkeit zwischen dual Mono- und Stereobetrieb umzuschalten. Dabei ist im Stereobetrieb Kanal 1 der Master, und steuert alle Parameter des 2. Kanals – alle? Nun ja, hat man den Kompressor in Stereo-Mode fällt doch sehr schnell auf, dass sich der Output Gain Regler des 2. Kanals NICHT vom 1. Kanal fernsteuern lässt. Man muss also, um eine gleiche Aussteuerung für Links und Rechts zu erhalten, immer beide Output Gain Regler auf den selben Wert stellen. Der Hintergrund hierfür ist, dass man Pegelanpassungen pro Kanal vornehmen kann um ggf. Unterschiede auszugleichen.
Wer gut hinhört wird feststellen, dass „Das Ohr von Behringer“ mit dem Pro XL MDX2600 ein sehr leistungsfähiges Allrounder-Werkzeug für die tägl. (Heim-)Studio-/Bühnenarbeit bereit stellt. Aufgrund der einfachen Bedienung sowie den technischnischen Werten lierfert er tatsächlich sehr musikalische, überzeugende und saubere Ergebnisse. Sowohl in der gezielten Einzelbearbeitung von Problemzonen von Vocals, ak. Instrumenten wie auch im Summenmix kann er satt und voll klingen.
Wer z.B. seine „Voxbox-Röhre“ schonen will und nach einer günstigen Alternative – ich sage ganz vorsichtig „mit ähnlicher Ausstattung“ – auf VCA-Basis sucht, wird sicherlich mit dem Composer bestens bedient.
Der Pro XL MDX2600 ist bei uns, ergänzend zum TC C300 und Art Pro VLA II, im moblien Recording-Studiobetrieb unterwegs.