Wie kaputt kann eine Gitarre klingen?
Der Behringer Ring Modulator ist eine authentische Nachbildung des legendären Moog MF-102 aus den 90er-Jahren und richtet sich an Gitarristen, Bassisten und Synthesizer-Enthusiasten, die abseits der ausgetretenen klanglichen Pfade wandeln möchten. Mit seiner imposanten Vintage-Optik und umfangreichen Modulationsmöglichkeiten verspricht das Pedal glockenähnliche bis metallisch-dissonante Soundwelten – zu einem erschwinglichen Preis.
- Exotischer Effekt: Vollanaloge Ringmodulation für metallische, glockenartige bis zerstörerische Sounds.
- Modular gedacht: CV- und Expression-Anschlüsse sowie LFO-Out eröffnen experimentelle Möglichkeiten.
- Platzfresser mit Charme: Großes Gehäuse im Moog-Look mit solider Verarbeitung und Vintage-Attitüde.
- Günstige Alternative: Für 99,- Euro ein authentischer Ersatz zum teuren Original – aber nichts für Effekt-Mainstream.
Inhaltsverzeichnis
- Ein Fazit vorab: Exot mit Ecken und Kanten
- Von Vintage-Charme und verschwenderischem Platzbedarf
- Ringmodulation: Der unverstandene Exot unter den Effekten
- Bedienung: Mehr als nur ein Effektpedal
- Anschlussvielfalt: Modulare Ambitionen
- Stromversorgung: Nicht ganz unproblematisch
- Klangcharakteristik: Zwischen Glocken und Industrial-Hammer
- Verarbeitung und Praxis
- Expression und CV: Modulare Welten
- Konkurrenz und Preis-Leistung
Ein Fazit vorab: Exot mit Ecken und Kanten
Wer beim Behringer Ring Modulator einen weiteren Alltagseffekt für das Pedalboard erwartet, wird schnell eines Besseren belehrt. Dieses Pedal ist ein Spezialist für ganz bestimmte Klangfarben – und das ist auch gut so. Die vollanaloge Konstruktion liefert reiche, metallische Töne, die perfekt für abenteuerlustige Musiker geeignet sind. Allerdings sollte man sich bewusst sein, dass Ringmodulation ein Effekt für spezielle Momente ist. Für Industrial-, EBM- oder experimentelle Rock-Produktionen ist der BM-12 eine echte Bereicherung, für subtile Klangveredelung jedoch völlig ungeeignet.
Die Verarbeitung überzeugt, das Bedienkonzept ist durchdacht und der Preis von rund 99,- Euro ist günstig – vorausgesetzt, man weiß, was man damit anfangen will. Käufer sollten jedoch bedenken: Hier wartet kein sanfter Chorus oder dezenter Hall, sondern ein Klangzerstörer der respektablen Art.
Von Vintage-Charme und verschwenderischem Platzbedarf
Es ist doch immer wieder schön zu sehen, dass jeder Modetrend auch seine Gegenbewegung initiiert. Während die meisten Pedalhersteller versuchen, ihre Klassiker in immer kleinere Gehäuse mit winzigen Reglern zu zwängen, um jedes Quadratzentimeterchen auf dem Pedalboard auszunutzen, geht Behringer mit seiner BM-Serie bewusst einen anderen Weg – ganz im Sinne eines Vintage-Ansatzes, der mit einer Zeit spielt, in der Größe und Gewicht noch als Zeichen von Qualität galten.
So kommt auch der Behringer Ring Modulator in einem Gehäuse mit geradezu üppigen Abmessungen von 14 × 20 × 8,5 cm und einem Gewicht von 1 kg daher – verschwenderischer Platzbedarf inklusive. Das robuste Metallgehäuse mit den charakteristischen Holz-Seitenpaneelen vermittelt einen soliden Eindruck. Die schwarze Lackierung und die großzügig dimensionierten Regler erinnern unmittelbar an das große Vorbild aus dem Hause Moog. Ob diese nostalgische Ästhetik allerdings den enormen Platzbedarf auf dem Pedalboard rechtfertigt, muss jeder selbst entscheiden. Fakt ist: Dieses Pedal schreit förmlich „Ich bin hier!“ – sowohl optisch als auch klanglich.
Ringmodulation: Der unverstandene Exot unter den Effekten
Bevor es ans Eingemachte geht, ein kurzer Blick auf das Grundprinzip eines Ringmodulators – wohl einer der am wenigsten verbreiteten Effekte im Gitarrensektor. Warum? Nun, lest selbst:
Ein Ringmodulator in einem Gitarren-FX-Pedal (oder auch in Synthesizern) ist ein Effektgerät, das zwei Signale miteinander multipliziert: typischerweise das Gitarrensignal (Audio-Eingang) und ein Trägersignal (Carrier), meist ein Sinus- oder Rechteck-Oszillator. Diese Multiplikation führt zu sogenannten Seitenbändern im Frequenzspektrum. Das ursprüngliche Eingangssignal wird dabei stark unterdrückt oder verschwindet ganz – anders als bei der Amplitudenmodulation, bei der der Träger hörbar bleibt.
Das Ergebnis ist oft ein metallischer, glockenartiger oder „außerirdischer“ Sound, da die entstehenden Frequenzen meist nicht harmonisch zur ursprünglichen Tonhöhe passen. Bei tiefen Modulationsfrequenzen (unter 20 Hz) wirkt der Effekt eher wie ein rhythmisches Tremolo. Bei höheren Frequenzen (100 Hz bis mehrere kHz) entstehen die typischen dissonanten Obertöne und „robotischen“ Sounds. Der Name „Ringmodulator“ stammt von der ursprünglichen Ringstruktur aus vier Dioden, wie sie in frühen analogen Schaltungen verwendet wurde.
Moderne Geräte arbeiten meist digital oder mit ICs, das Prinzip bleibt jedoch gleich: Eingang × Träger = Seitenbänder. Kurz gesagt: Der Ringmodulator erzeugt neue Frequenzen – Summe und Differenz –, die zu metallischen, unharmonischen Klanglandschaften führen. Von sanftem Tremolo bis zu radikal „zerhackten“ Sounds ist alles möglich.
Bedienung: Mehr als nur ein Effektpedal
Die Bedienoberfläche des Behringer Ring Modulator folgt mit den Reglern Drive, Mix, Frequency, Amount und Rate der bewährten Moog-Philosophie: viele Parameter, viele Möglichkeiten. Der Drive-Regler, der beim Original noch zwischen den anderen Parametern saß, thront nun einzeln über dem Modulationsbereich und erlaubt eine gezielte Übersteuerung des Vorverstärkers – ein Detail, das nicht nur zusätzliche Klangfärbung ermöglicht, sondern das Pedal bei Bedarf auch als eigenständigen Preamp nutzbar macht.
Mit dem Mix-Regler lässt sich der Effektanteil des Ringmodulators stufenlos einstellen, während der Frequency-Regler die Trägerfrequenz zwischen 30 Hz und 4 kHz bestimmt. Ein blauer Kippschalter erweitert das Spektrum durch Umschaltung zwischen Hi- und Lo-Bereich. Im LFO-Sektor regelt Amount die Intensität und Rate die Geschwindigkeit der Modulation. Ein weiterer blauer Kippschalter erlaubt die Wahl zwischen Dreieck- und Rechteckschwingung. Drei LEDs informieren über Effektaktivität, LFO-Status und Ausgangspegel.
Anschlussvielfalt: Modulare Ambitionen
Was den Behringer Ring Modulator von einfachen Ringmodulatoren unterscheidet, ist seine beachtliche Anschlussvielfalt auf der Rückseite. Mit CV- und Expression-Konnektivität sowie einem flexiblen LFO-Ausgang bietet das Pedal eine weit überdurchschnittliche Kontrolle – ideal für modulare Setups. Neben den Standard-Audio-Ein- und -Ausgängen finden sich Buchsen für Expression-Pedale zur Steuerung von Mix, Rate, Amount und Frequency. Über Carrier In/Out lassen sich externe Signale als Trägerfrequenz einspeisen.
Der LFO-Out wiederum erlaubt es, andere Geräte zu modulieren – so wird der BM-12 zur zentralen Modulationsquelle im Setup. Diese Offenheit ist im Preisbereich unter 100,- Euro eine echte Seltenheit.
Stromversorgung: Nicht ganz unproblematisch
Ein Wermutstropfen ist die Stromversorgung: Der Behringer Ring Modulator verlangt 400 mA bei 9 V – ein Wert, der viele gängige Multi-Netzteile vor Herausforderungen stellt. Ein passendes Netzteil wird nicht mitgeliefert und ein Batteriebetrieb ist ebenfalls nicht vorgesehen. In dieser Preisklasse wäre etwas mehr Nutzerfreundlichkeit wünschenswert gewesen – insbesondere, da das Gerät ansonsten durchdacht und praxisnah wirkt.
Klangcharakteristik: Zwischen Glocken und Industrial-Hammer
Der Behringer Ring Modulator produziert glockenähnliche Töne, ausgeprägte Obertöne und metallische Klangtexturen, die sich ideal für experimentelle Musik eignen. Bei niedriger Trägerfrequenz und geringem Mix-Anteil entstehen musikalisch nutzbare Tremolo-Effekte. Doch sobald die Parameter aufgedreht werden, offenbart sich der gnadenlos dissonante Charakter der Ringmodulation.
Gerade das macht den Reiz aus: Künstler wie Nine Inch Nails, Front 242 oder Nitzer Ebb haben Ringmodulationen zu einem festen Bestandteil ihres Sounds gemacht. Auch in Produktionen von Lady Gaga („The Fame“) oder Prince („Rainbow Children“) finden sich diese eigenwilligen Klangfarben. Der BM-12 liefert sie authentisch und mit der nötigen analogen Wärme.
Verarbeitung und Praxis
Die Verarbeitung des BM-12 bewegt sich auf solidem Niveau. Das Metallgehäuse wirkt robust, die Holz-Seitenpaneele sind sauber eingepasst und die Potentiometer laufen geschmeidig – ohne Kratzen oder Totzonen. Der Fußschalter arbeitet zuverlässig und bietet einen klar definierten Druckpunkt. Insgesamt wirkt das Pedal roadtauglich und bühnensicher.
In der Praxis zeigt sich der Behringer Ring Modulator als vielseitig – innerhalb seiner klar umrissenen Nische. Von subtilen Glockenklängen über rhythmische Zerhackung bis hin zu völlig abgefahrenen Soundscapes ist vieles möglich. Allerdings sollte man nicht erwarten, hier ein universell einsetzbares Effektgerät zu erhalten. Es bleibt ein Spezialist für besondere Klangmomente.
Expression und CV: Modulare Welten
Die umfangreichen Expression- und CV-Eingänge eröffnen kreative Möglichkeiten, die weit über das hinausgehen, was man von einem klassischen Effektpedal erwarten würde. Mit passenden Expression-Pedalen oder CV-Quellen lassen sich komplexe Modulationen realisieren, die das Klangbild dynamisch verändern. Besonders spannend: Auch externe Audiosignale lassen sich als Trägerfrequenz verwenden – ein Feature, das dem BM-12 ein fast modulares Potenzial verleiht.
Konkurrenz und Preis-Leistung
Mit einem Preis von 99,- Euro unterbietet der BM-12 das Original um ein Vielfaches. Auch wenn das Moog MF-102 mittlerweile nicht mehr produziert wird und auf dem Gebrauchtmarkt Preise um die 400,- bis 600,- Euro erzielt, bietet der Behringer eine authentische Alternative zum Bruchteil des Preises. Andere Ringmodulatoren in dieser Preisklasse sind rar gesät, was den BM-12 zu einem echten Schnäppchen macht, die nach ungewöhnlichen Klangtexturen suchen. Vorausgesetzt, man weiß, worauf man sich einlässt.



































Danke für die guten Soundbeospiele und die, wie ich finde faire Beurteilung des FXs.
Viel Strom für wirklich ansprechende Klagverwurstelung!😀
Die 400mA sind wahrscheinlich nur eine pauschale Angabe von Behinger für alle Moogerfooger-Clones, da dieser Wert auf allen Modellen der Serie auftaucht. Bei Moog waren die 400mA nur explizit beim Delay angegeben, alle anderen liefen mit weitaus weniger Strom. Das dürfte hier ebenfalls so sein.
Moog war da übrigens nicht viel besser: Die haben die Moogerfooger mit Netzteil ausgeliefert, aber diese waren absolut schlecht. Haben mechanisch sowas von gebrummt, dass man die eigentlich im Studio nicht verwenden konnte. Hab die alle (teuer) ersetzen müssen. Ich weiss nicht, ob das bei allen so war, aber bei meinen 3 weißen Moogerfoogern waren alle Netzteile identisch. Vielleicht kann man die irgendwann mal für 100€ das Stück an Sammler verkaufen 😀
@network-909 Stimmt aus meiner Sicht!
Es fällt mir auch auf, dass der Austausch der PSU bei „günstigen“Geräten sich positiv auswirkt.
Da ist prozentual einiges mehr als die angegebenen mA eher förderlich für die Stabilität!😬👍
@network-909 hab den bi Phase Clone (dual Phase) und da steht sogar über 600mAh falls ich mich nicht täusche.
hatte zum Glück noch eins mit 1.5A gedacht für das Nintendo Entertainment System. 😀
…aber warum so groß?🙄
alle BMs sind ca. 86 x 148 x 197 mm
@Mick moogerfooger sind noch grösser.
mir auch zu groß.
aber angenehm zu bedienen.
Ich bin ganz sicher, dass diese Angabe eine generalisierte Angabe für alle BM-Geräte (nicht ‚Pedale‘) ist; folglich wird das Gerät mit der aufwändigsten und am meisten Strom fressenden Schaltung so einige hundert mA fressen; aber wohl nicht alle Geräte.
Wer von uns wird hat bei seinem Gerätepark an jedem Steckernetzteil einen Sticker angebracht, für welches Gerät es mitgeliefert wurde (wäre aber sehr sinnvoll)?
Nicht zu vergessen ist, dass moderne SMPS-(Switching-Mode Power Supply)-Netzteile (gegenüber der früheren Trafo-Technik: Eisenkern & Kupferwicklung) viel leistungsfähiger sind – heißt: bei KLEINERER Baugröße einen HÖHEREN Strom liefern können. Insofern ist auch der Ersatz älterer DC-Netzteile durch kleinere, aber leistungsfähige SMPS-Netzteile ein guter Gedanke (sie ziehen auch einen niedrigeren ‚Ruhe‘-Strom aus der Steckdose, was dem Stromverbrauch zugute kommt.
Ein weiterer Vorteil: SMPS-Netzteilschaltungen haben generell eine stabilisierte Ausgangsspannung – während bei unstabilisierten (‚ungeregelten‘) früheren Netzteilen eine Leerlauf-Spannung (Aufdruck z.B. ‚9 V‘ als V/out) locker auch das ca. 1,5-fache haben kann!!! Diese Spannung fällt dann dadurch etwas ab, dass man einen Verbraucher (also ein Gerät) anschließt – wie weit, das hing vom gezogenen Strom ab! Dies nenne ich eine äußerst unpräzise Stromversorgung – sie war aber sehr weit verbreitet (kauft ein billiges Multimeter und messt ältere Netzteile selber nach!).