Monitorcontroller mit Audiointerface und MIDAS Preamps
Monitorcontroller sind heute in den meisten Studios zu finden und gehören zum Alltag. Im analogen Zeitalter waren sie meistens in die großen Studiopulte von SSL oder Neve integriert. Im Zeitalter von DAW und Audiointerfaces sind sie eher als Zusatzgerät auf dem Studiotisch zu finden. Behringer hat mit dem Behringer Studio XL ein interessantes Gerät dieser Gattung im Programm, das wir uns in diesem Test näher anschauen wollen.
Behringer
Zu Behringer müssen nicht mehr viele Worte verloren werden. Der Hersteller stand seit jeher für erschwingliche Audiotechnik. Daran hat sich bis heute nichts geändert und Uli Behringer ist dieser Maxime treu geblieben. Dass günstige Audiotechnik zugleich auch hochwertig sein kann, zeigt Behringer mittlerweile mit zahlreichen Produkten, die vom Zukauf von Firmen wie Midas, Klark Teknik, Lab Gruppen, Lake, Tannoy, Turbosound, TC Electronic, TC Helicon und anderen profitiert haben. Gemeinsam firmiert man als Music Tribe und Uli Behringer legt großen Wert auf den Community-Gedanken, der Kunden in die Entwicklung und Fortentwicklung der Produkte mit einbezieht.
Was bietet der Behringer Studio XL Monitorcontroller?
Zunächst einmal fällt die robuste Verarbeitung des Behringer Studio XL auf. Ein stabiles Metallgehäuse mit einem Gewicht von 1,8 kg sorgt für sicheren Stand auf dem Studiotisch. Alle Schalter besitzen einen schönen Druckpunkt und wirken sehr stabil. Nicht so stabil wirken dagegen die Plastikregler. Diese (und auch die Drehschalter) wackeln bedenklich hin und her. Negativ fällt auch die rückseitige USB-Buchse auf, die ebenfalls etwas viel Spiel im Gehäuse hat und bedenklich wackelt. Hier sind Defekte vorprogrammiert.
Wer beim Anblick des Behringer Studio XL spontan an den Mackie Big Knob Studio+ Controller denkt, liegt mehr als richtig. Das Layout wurde tatsächlich fast komplett übernommen und auch die Ausstattung ist so gut wie identisch. Ich möchte das jetzt an dieser Stelle nicht weiter kommentieren, es soll aber nicht unerwähnt bleiben.
Nicht unerwähnt bleiben darf aber auch, dass Behringer häufig den vermeintlichen Kopien Features hinzufügt, die das Vorbild nicht besitzt. In diesem Fall ist es zum Beispiel die höhere maximale Sampling-Rate von 192 kHz des integrierten Audiointerfaces. Beim Mackie Big Knob Studio+ Controller ist bei 96 kHz Schluss. Doch das war nicht immer so. Bis Anfang 2022 verfügte nämlich auch der Mackie Controller über eine Sampling-Rate von 192 kHz.
Außerdem besitzt der Behringer Studio XL über einen großen VCA-Volume-Regler. Das Signal durchläuft also nicht direkt den Regler, sondern dieser steuert per Spannung einen Verstärker. Ein weiterer auffälliger Unterschied ist die LED-Kette. Während Behringer zwei Hochpräzisions-Meter verbaut, kommen beim Mackie-Konkurrent einzelne LEDs zum Einsatz. Ob das am Ende einen wirklichen Unterschied macht, sei mal so dahingestellt. Das Behringer Meter sieht jedenfalls besser aus.
Alle Schalter des Behringer Studio XL sind mit einem LED-Ring umgeben und leuchten, sobald man sie drückt.
Auf der Monitorseite lassen sich drei verschiedene Monitorpaare anschließen, die jeweils über einen eigenen Trim-Regler verfügen und per Schalter getrennt, aber auch gemeinsam eingeschaltet werden können. Als weitere Ausgänge gibt es die Studio-Ausgänge, an die sich zum Beispiel Lautsprecher im Aufnahmeraum anschließen lassen, und der 2-Track-Ausgang, über den man das Signal mitschneiden kann. Behringer hat diesen sinnvollerweise vor dem Lautstärkeregler abgegriffen, sodass dieser das Ausgangssignal nicht beeinflusst. Zwei sehr kräftige Kopfhörerverstärker ermöglichen die Kontrolle der Signale per Kopfhörer und treiben selbst meinen Beyerdynamic DT770 Pro mit 250 Ohm mit extrem hoher Lautstärke an.
Auf der Eingangsseite stehen sechs analoge Eingänge (1/2, 3/4, 5/6) zur Auswahl. Die ersten beiden Eingänge sind mit XLR/Klinke-Combobuchsen für Mikrofon- und Line-Signale ausgestattet. Der Behringer Studio XL ist nämlich mit zwei MIDAS Preamps bestückt. Auch +48 V Phantomspeisung steht für diese beiden Eingänge zur Verfügung. Die beiden Eingänge lassen sich getrennt voneinander oder als Stereoeingang nutzen. Die Eingänge 3/4 und 5/6 sind immer als Stereoeingang mit jeweils einem Trim-Regler verschaltet und verfügen über symmetrisch beschaltete TRS-Klinkenbuchsen. Alternativ lassen sich an den Kanal 5/6 auch Zuspieler per Miniklinke anschließen. Ein passender Anschluss befindet sich an der Vorderseite. Vier weitere Eingangssignale können über USB zugespielt werden. Zusätzlich zu diesen Eingängen gibt es zwei weitere TRS-Anschlüsse auf der Rückseite: Cue-In. Für diese Cue-Eingänge existiert kein Lautstärkeregler. Sie lassen sich über den Schalter Cue-Source abhören, wenn dieser auf Aux-Mix steht.
Zur Kommunikation mit Musikern im Aufnahmeraum ist der Anschluss eines externen Mikrofons möglich (per XLR) oder alternativ die Nutzung eines integrierten Mikrofons auf der Oberseite. Die Talkback-Funktion lässt sich auch über einen optionalen Fußschalter fernbedienen.
Der Monitor-Controller ist mit Direct-Monitoring ausgestattet. Das Verhältnis zwischen den Eingangssignalen und dem Cue-Weg ist über ein Poti regelbar.
Unterhalb des großen VCA-Volume-Reglers entdecke ich drei Taster für Mono, Mute und Dim. Diese wirken auf die angeschlossenen Monitore, nicht aber auf die Kopfhörerausgänge. Das ist im Fall der Mono-Funktion sehr schade.
Noch einige Worte zum USB-Interface: Der USB-Schalter in der 2-TR Source-Select-Sektion schaltet den USB-Return 1/2 auf den Monitor-Bus. Möchte man den USB-Return 3/4 abhören, muss man dafür den Cue-Source-Drehschalter nutzen. Leider lassen sich dadurch nicht beide Returns gleichzeitig abhören. Das Return-Signal lässt sich mit den Eingangssignalen mischen und wieder mit der DAW aufnehmen (Loopback). Bewerkstelligen lässt sich das über einen kleinen Schalter auf der Rückseite, mit dem bestimmt wird, ob entweder nur die Kanäle 1/2 oder das, was über Source-Select eingestellt ist, aufgezeichnet wird. Auf diese Weise kann das integrierte Interface auch für Videokonferenzen genutzt werden. Für Apple Computer werden keine Treiber benötigt, für Windows muss der USB-Treiber von der Behringer Internetseite heruntergeladen werden.
Messungen zum Studio XL
Natürlich interessieren mich Messergebnisse zum Monitorcontroller, schließlich ist er die letzte Station vor den Studiomonitoren. Zunächst einmal zum Frequenzgang: Dieser ist schön gerade und leistet sich keinerlei Schwächen.
Auch beim Rauschabstand zeigt der Behringer Studio XL keine großen Schwächen.
Etwas schlechter schneidet der Monitorcontroller hinsichtlich der Verzerrungswerte (THD) am Mikrofoneingang in der eigenen Messung ab. Die Angaben des Herstellers sind etwas besser. Allerdings lassen sich die Messbedingungen kaum vergleichen. Gemessen habe ich mit RMAA vom Eingang zum Ausgang. Zugespielt wurden die Testsignale per USB.
Praxiseinsatz des Behringer Studio XL
Der Behringer Studio XL hat eine sehr praxisgerechte Ausstattung. Bis zu drei Monitor-Paare lassen sich anschließen, deren Pegel untereinander abgleichen und sich dazwischen umschalten oder alle Monitore gleichzeitig nutzen.
Die vielen Eingänge ermöglichen das bequeme Anschließen weiterer Signalquellen, die sich über das integrierte Interface sogar aufnehmen lassen. Kleinere Heimstudios können im Prinzip auf ein externes Interface verzichten und nur alleine mit dem Behringer Studio XL arbeiten.
Es gibt aber auch einige Nachteile des Controllers:
Die Gain- und Trim-Regler sind nicht gerastert. So ist es fast unmöglich, die Eingänge 1 und 2 für den Stereobetrieb abzugleichen.
Die MIDAS Preamps rauschen im letzten Viertel des Regelwegs deutlich. Für den Anschluss pegelschwacher Mikrofone eignen sie sich daher nur bedingt.
Die Kopfhörerverstärker sind so leistungsstark, dass der nutzbare Regelweg sehr gering ist. Es wird schnell brutal laut, selbst mit meinem Beyerdynamic DT770 Pro. Zudem gibt es kurz -∞ Position ein Ungleichgewicht zwischen dem linken und rechten Kanal. Während der linke Kanal noch deutlich zu hören ist, ist der rechte Kanal schon nahezu ausgeschaltet. Das stört in den meisten Situationen nicht, da man so extrem leise nicht abhören wird, soll aber nicht unerwähnt bleiben.
Gefallen hingegen kann der große Volume-Regler, der dann auch über eine Rasterung verfügt. Auch die beiden LED-Ketten sind toll. Die Neigung der Gehäuseoberseite zum Nutzer hin macht das Ablesen der Beschriftung angenehm. Man muss sich nicht extra dazu über den Controller beugen.
Mitgeliefert werden übrigens neben dem externen Netzteil ein USB-Kabel, ein Miniklinkenkabel für den Stereo-In 5/6 und ein Quickstart-Manual in mehreren Sprachen.
Alternativen zum Behringer Studio XL
Im Prinzip gibt es zum Behringer Studio XL nur das „Mackie Original“ Mackie Big Knob Studio+ als Alternative. Auch dieser vereint ein USB-Interface mit einem Monitorcontroller.
Die meisten anderen Produkte verzichten auf das Interface und konzentrieren sich auf die eigentliche Aufgabe als Monitorcontroller. Zu nennen wäre da zum Beispiel die Presonus Monitor Station V2. Wer bereits ein Audiointerface besitzt, findet im Drawmer CMC2 vielleicht eine Alternative. In preislich höheren Gefilden wäre noch der SPL Crimson 3 Monitorcontroller zu nennen, der ebenfalls über ein integriertes USB-Audiointerface verfügt und eine erstklassige Qualität liefert.
Interface und MIDI-Controller
Alternativ kann auch ein Audiointerface mit mehreren Stereo-Ausgangspaaren genutzt werden. Das Umschalten geschieht dann entweder per Maus in der DAW oder mit einem einfachen MIDI-Controller. In Logic Pro lässt sich so etwas zum Beispiel sehr einfach realisieren.
Zunächst legt man einen Aux-Bus an. Dieser dient als Splitter für die einzelnen Ausgänge. Nun legen wir in dessen Sends Slots einzelne Sends für die Ausgänge des Interfaces an, an denen die verschiedenen Studiomonitore angeschlossen sind. Ich habe dafür die Ausgänge 3-4, 5-6 und 7-8 des Audiointerfaces genutzt. Nicht vergessen, den Send-Pegel einzustellen. Diesen habe ich für alle Sends auf 0 dB eingestellt. In die ersten beiden Audio-FX-Slots des Aux-Bus habe ich das Gain-Plug-in und das Level-Meter-Plug-in gelegt. Das Gain-Plug-in verfügt über eine Mono-Funktion, Phasenumkehr und eine Funktion zum Vertauschen des linken und rechten Kanals. Das Level-Meter kann verschiedene Pegel anzeigen wie Peak, RMS, True RMS oder Mischungen aus allem. Den Aux-Bus habe ich mit Monitor-Control benannt, die drei Stereoausgänge mit Monitor 1, Monitor 2 und Monitor 3. Möchte ich die drei Studiomonitore mit unterschiedlichen Pegeln anfahren, kann ich diesen über die Fader von Monitor 1, Monitor 2 und Monitor 3 anpassen.
Das Umschalten zwischen den einzelnen Monitoren geschieht nun über die Solo-Taste des jeweiligen Monitor-Kanals. Klickt man diese mit gedrückter Option-Taste, wird immer nur der betreffende Monitor-Kanal auf Solo geschaltet und somit spielt dann auch nur der betreffende Monitor. Mit einem MIDI-Controller lassen sich nun die diversen Funktionen zuweisen: Hier bietet sich zum Beispiel an, den Fader vom Master-Kanal einem Fader oder Regler am MIDI-Controller zuzuweisen. Dieser steuert dann den Gesamtpegel. Zuweisen sollte man außerdem den Mute-Schalter und den Dim-Schalter des Master-Kanals. Für das Umschalten der Monitore nutzt man die Solo-Funktion. Interessant wäre vielleicht noch das Zuweisen der Mono-Taste aus dem Gain-Plug-in sowie der Phasenumkehr-Schalter. Fertig ist der eigene Monitorcontroller.
Tja, ich hätt jetzt gedacht dass der faire Aufpreis des Mackie schon in 300-irgendwas Euro mündet.
Konsultiert man den amazona Testbericht, stehen dort grade mal 40 Euro mehr.
https://www.amazona.de/test-mackie-big-knob-studio-plus/
Das sollte die Wahl recht leicht machen. Wackelnde Buchsen sollte nämlich auch ein „preiswertes“ Gerät nicht aufweisen.
Fehlinformation: Der Mackie Big Knob Studio+ hat eine Samplerate von 192khz im eingebauten Interface…
Dachte ich erwähns mal bevor euch jemand in die Suppe spuckt.
@wendtgraphix Hallo,
nein, das hat er leider nicht mehr. Das wurde aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen geändert. Schau mal hier bei Amazona in den Test, da wurde das auch erwähnt. Und steht auch bei Mackie so: https://mackie.com/en/products/studio-monitoring/big-knob-series/big_knob_studio_plus.html
Ein kleines altes Arturia Audiofuse ist hervorragend als Monitor-Controller geeignet. Alles ist an der Oberfläche erreichbar, hat zwei Headhone Out in groß und mini. Midi, Adat, Insert, Digital-IO, USB-Hub, Bus oder Netz-powered, Phono, ist alles vorhanden. Meins hat nur 250€ gebraucht gekostet und ist digital am Saffire Pro40.
„Das Layout wurde tatsächlich fast komplett übernommen und auch die Ausstattung ist so gut wie identisch. Ich möchte das jetzt an dieser Stelle nicht weiter kommentieren“
Für den\die Ein- oder Andere(n) ist das aber sicherlich ein gwichtiger Punkt.
Ich persöhnlich bin von den zahlreichen 1:1 Kopien wenig angetan.
Ni hao,
Hat Uli eigentlich schon Mandelaugen? Kopiert ja sonst auch alles mögliche!
Schick sieht er zweifelsohne aus. Daß der Uli sich seit den 1990ern von Anderen reichlich inspirieren läßt sehe ich nicht als Nachteil an. Ganz im Gegenteil, wäre ich Entwickler würde ich es genauso machen. So lernt man nämlich schneller dazu ! ;-)
Freilich sollten Schalter und Regler schon richtig sitzen. Lieber 30 Taler mehr verlangen und dafür kein Gewackle.
Schade, daß bei Geräten mit eingebautem USB-Interface dessen Qualitäten meist nur rudimentär, d.h. mit Nominal-Specs, abgehandelt werden. Die Interface-Qualität ist imho von großer Wichtigkeit, speziell was Treiberstabilität betrifft. Ich wünsche mir bei Controllern und anderen Geräten USB-Driver beispielsweise von Thesycon.