Der kleine Bruder des Digital-Mixers X32
Das Digitalmischpult X32 von Behringer ist bei seiner Einführung am Markt eingeschlagen wie eine Bombe. Diese Tatsache ist jedem Kenner klar. Und dass diese Konsole auf der diesjährigen Prolight + Sound in Frankfurt als bestes Livemischpult noch vor dem Soundcraft Si Performer mit dem MIPA Award ausgezeichnet worden ist, spricht für sich. MIPA ist der Musikmesse International Press Award, bei dem 160 Magazine rund um den Globus abstimmen. Nun hat Behringer nachgelegt und eine komplette X32-Familie für unterschiedlichste Anwendungen am Start. Wir widmen uns dem Behringer X32 Compact Digitalmischpult. Diese Konsole hat das gleiche Innenleben und die identische Software wie das Flaggschiff X32. Alle technischen Möglichkeiten des großen Bruders sind mit dem X32 Compact ebenso möglich. Es ist aber kleiner in den Abmessungen, da auf Teile der Hardware verzichtet wurde. So hat das X32 Compact acht XLR-Ausgänge und 16 XLR-Eingänge. Auch die Anzahl der Motorfader hat sich reduziert. Es sind hier 16, zuzüglich Main-Fader.
Die Anzahl der Ein- und Ausgänge lässt sich jederzeit erweitern. Wer zum Beispiel hin und wieder mehr Eingangsoptionen braucht, kann über die Schnittstellen AES50 A und B optional erhältliche Stageboxen anschließen und wie mit dem „großen X32“ arbeiten.
Um die gesamte Funktionalität mit weniger Fadern (im Vergleich zum X32) zu ermöglichen, ist die Anzahl der Layer beim X32 Compact auf acht angestiegen. Die übersichtliche Struktur ist geblieben – links: Eingangsbereich; rechts: Ausgangsbereich. Das Mischpult ist überwiegend in der Breite geschrumpft. Und geschrumpft ist auch der Preis gegenüber dem X32. Es kostet 2299,- Euro; das X32 geht für 2598,- Euro über die Theke. Ob sich die 299,- Euro Einsparung lohnen, sollte man von Fall zu Fall prüfen. Schließlich sind in der kompakten Ausführung weniger Preamps an Bord, weniger XLR-Ein-/Ausgänge und weniger Motorfader. Dafür ist unser aktuelles Testobjekt halt kleiner und leichter.
Mit seinen Abmessungen von 625 x 510 x 215 mm (BxTxH) ist es dennoch nicht für den Rackeinbau konzipiert. Auf der Waage schlägt der Zeiger bis 15,4 kg aus.
Zwei große Griffe an den Seitenwangen lassen das Mischpult sehr gut tragen. Mitgeliefert wird eine wasserfeste Schutzhülle. Sie ist so gearbeitet, dass die Anschlüsse auf der Rückseite frei bleiben. Nach der Probe oder im Studio können also bis zur nächsten Benutzung des Pultes sämtliche Verbindungen bestehen bleiben – eine gute Sache.
Die gesamte Erfolgsgeschichte der „Mutter X32“ noch einmal aufzurollen sprengt den Rahmen, weswegen ich auf mein Amazona-Preview des X32 verweise. Den Link findet ihr wie gewohnt am Ende des Testberichts. Dennoch möchte ich mich in einem Punkt selbst zitieren: „Wie Behringer, gehören auch die Marken Klark Teknik und Midas zur Music Group. So ist es nur verständlich, dass in den neuen Digitalmixer X32 Technologien dieser namhaften Signal Processing- und Konsolen-Hersteller eingeflossen sind. Gepaart mit den effizienten Produktionsbedingungen von Behringer… (…)
Schließlich werden sich viele Leser bestimmt fragen, welche Qualität das Behringer Mischpult bietet und wie der günstige Preis der X32-Serie zustande kommt. Es sind also Synergie-Effekte zwischen Entwicklung und Produktion.
Wer sich mit der Anschaffung eines Digitalmixers befasst, der möchte natürlich wissen, wie die Bedienerfreundlichkeit ist und was er letztendlich für sein Geld bekommt. Dabei stehen je nach Blickwinkel mal die technischen Aspekte im Vordergrund, ein anderes Mal ist es der Komfort. Aber auch die Roadtauglichkeit ist ein Aspekt, der bei einem Mischpult von Bedeutung sein könnte, wenn man damit auf Tour will.
Technische Features des Behringer X32 Compact
Fangen wir mit der Technik an. Die wesentlichen Fakten des X32 Compact:
- 40 Eingangskanäle
- 8 Aux-Kanäle
- 16 Aux-Busse
- 6 Matrix-Busse
- 8 FX Return-Kanäle
- 8 Stereo-Effekte
- 17 Motorfader, jeweils mit LC-Display
- 16 XLR-Eingänge mit Midas Preamps
- 8 XLR-Ausgänge
- 6 Klinkeneingänge (Aux in)
- 6 Klinkenausgänge (Aux out)
- 2 Cinch-Eingänge
- 2 Cinch-Ausgänge
- 2 Monitorausgänge
- 2 Kopfhöreranschlüsse
- MIDI in/out
- Digitaler AES/EBU-Ausgang
- 2x AES50-Schnittstelle
- Ultranet-Schnittstelle
- Remote Control via USB/Ethernet
- USB 2.0/Firewire Recording Karte, 32-Kanal/24-Bit
- 7-Zoll Farb TFT
Verarbeitung und Qualität
Der aktive Lüfter ist flüsterleise. Man sieht und hört ihn nicht. Nicht sehen schon deshalb, weil er an der Unterseite des Pultes angebracht ist. Das bedeutet aber auch, dass an dieser Stelle kein Hitzestau entstehen darf. Man sollte also unbedingt darauf achten, das Mischpult nicht auf weichen Untergründen oder Schaumstoffunterlagen abzustellen – das wäre für den Wärmehaushalt im Pult keine gute Sache. Die Arbeit im Studio wird mit dem X32 Compact auf keinen Fall durch zu laute Lüftergeräusche gestört.
Die Verarbeitung ist von sehr guter Qualität. Alles fühlt sich massiv und stabil an. Die Drehregler vermitteln ein angenehmes Gefühl und auch die zahlreichen Schalter und Taster mit ihren weichen, beleuchteten Buttons (Softkeys) unterstreichen diesen sehr professionellen Eindruck.
Der Behringer X32 Compact in der Praxis
Der Boot-Vorgang ist schnell erledigt. Nach nur 14 Sekunden kann es losgehen, da habe ich schon ganz andere Zeiten gestoppt. Die Oberfläche ist gut strukturiert, sie teilt sich optisch in verschiedene Bereiche: Kanalzug und Monitoring; Eingangskanäle; Display; Gruppen/Bus/Summen-Kanäle; Scenes/Assign/Mute-Gruppen.
Der analog gestaltete Eingangsbereich mit (Endlos-)Drehreglern lässt sich sozusagen jeweils den Kanalzügen zuordnen. Er bietet einen Gain-Regler mit Level-Anzeige, regelbares Low Cut-Filter, Phasendreher und Schaltung für Phantomspeisung. Wird die Taste View gedrückt, liegen die Einstellungen auf dem großen Farbdisplay und können dort weiter editiert oder mit weiteren Möglichkeiten ergänzt werden.
Diese Vorgehensweise wiederholt sich vom Prinzip in den anderen Sektionen. Wird View aktiviert, ist der zu bearbeitende Bereich grafisch übersichtlich im Monitor abgebildet. Weiterführende Menüebenen, in Form von Karteireitern und auch zusätzlichen Seiten, lassen dann detaillierte Bearbeitungen zu. Dazu gibt es am Display sechs Drehregler mit Push-Funktion sowie zahlreiche Taster. Der Aufbau dieser Bedienelemente ist logisch und man kann schnell durch die gewünschten Ebenen navigieren, um Einstellungen vorzunehmen oder zu verändern.
In den Rahmen des Displays integriert sind außerdem drei lange und schnell agierende LED-Ketten; zwei kontrollieren die Hauptausgänge (L/R Bus) und eine separate Anzeige widmet sich dem Mono-Bus und dem Solo-Level.
Neben Noisegate und Kompressor gibt es im Eingangsbereich einen vierfach vollparametrischen Equalizer. Hier sind wahlweise High- und Low Cut, High- und Low Shelf sowie zwei weitere Filtercharakteristiken einstellbar. Jede Frequenz-Änderung wird auch hier optisch ansprechend mit gut dargestellten Kurven im Display angezeigt und lässt mit schnellem Blick die Einstellungen der Kanäle überprüfen. Neben den Einzelscreens jedes einzelnen Bereichs – zum Beispiel nur der Kompressor – wird in der Grundeinstellung die gesamte Prozesskette des Kanalzugs dargestellt.
Die Steuerungen für das Monitoring und die Talkback-Einrichtung sitzen im Pult bei den Drehreglern des Eingangsbereichs; ebenso die Kontrollen für die Mix-Busse.
Integrierter US-Recorder/Player
Der USB-Recorder/Player lässt einfach und bequem zum Beispiel den Gig in stereo aufnehmen oder übernimmt in der Pause die Beschallung mit Musik. Als nette Erinnerung an „alte Zeiten“ ist das grafische Interface einem Cassettenrecorder nachempfunden.
Mit dem USB-Recorder lassen sich auch Mischpult-Szenen (Shows) ablegen und wieder aufrufen. Das ist beim Liveauftritt eine schöne Sache, hilft aber auch im Studio, wo lang ausgetüftelte Einstellungen dann nicht mehr verloren gehen.
Die acht Eingangskanalzüge bieten zur Signalkontrolle jeweils eine LED-Kette, die auch die Funktion des Gates und Kompressors anzeigt. Neben Select-, Solo- und Mute-Tasten gibt es in jedem Kanalzug als Besonderheit ein kleines beleuchtetes LC-Display. Je nach Wunsch des Benutzers werden dort Pictogramme, Kanalbezeichnungen oder auch eigene Begriffe zu dem jeweiligen Kanal angezeigt. Wenn der Kanalzug/Fader in einem anderen Layer beispielsweise andere Funktionen übernimmt, wechseln hier sogar die Farben. Das schafft Sicherheit und Orientierung im laufenden Betrieb und ist eine wirklich tolle Sache. Mit diesen Klein-Displays haben Filzstift und Klebeband zur Kanalkennung endgültig ausgedient.
Wegen der limitierten Anzahl von nur acht Fadern musst man beim X32 Compact mit acht (!) verschiedenen Layern im Eingangsbereich hantieren. Die Umschalter finden sich sauber untereinander aufgereiht im linken Bereich. Wie übrigens alle Tasten (Softkeys) sind auch sie beleuchtet.
Das volle Programm mit allen Layern gleichzeitig gilt allerdings nur dann, wenn man tatsächlich 32 Eingangskanäle nutzen möchte. In diesem Fall sind dann allein vier Layer-Ebenen im Einsatz. Kurz nachrechnen: acht Fader x vier Layer macht insgesamt 32 Fader, die dann bedient werden müssen. Da muss man schon gehörig aufpassen, in welcher Ebene man sich gerade befindet. Gute Hilfe bieten bei diesem Extremfall die beleuchteten Klein-Displays mit deutlicher Kanal-Nummerierung und natürlich die beleuchteten Layer-Tasten.
Der Ausgangsbereich auf der rechten Seite des Pultes ist vom Prinzip identisch aufgebaut wie der Eingangsbereich. Allerdings reduziert sich hier die Anzahl der Layer auf vier, es gibt: Group DCA 1 bis 8; Bus 1 bis 8; Bus 9 bis 16; Matrix Main/C. DCA-Gruppen sind vergleichbar mit Subgruppen von analogen Pulten. Als nützlich in der Praxis erweist sich die Funktion Sends on Fader, zum Beispiel beim Erstellen von Mischungen für das Monitoring. Wie der Name bereits sagt, werden die Fader in diesem Fall zum Regeln der Sends eingesetzt.
Aber auch die grafischen Equalizer lassen sich zum bequemen Arbeiten auf die Fader im Ausgangsbereich legen. Unübersehbar rot leuchten dann bei Aktivierung die Mute-Tasten. Und die LCD-Fenster zeigen dann die jeweiligen Frequenzbereiche an. Wird ein Fader bewegt, erlischt die rote Beleuchtung. Soll der veränderte Frequenzbereich wieder in die Null-Position gebracht werden, reicht ein Druck auf den Mute-Button und der Fader fährt in die Ausgangsposition zurück.
Mit den acht Assign-Tasten können beliebig zugeordnete Funktionen abgerufen werden, die auf drei Bänken gespeichert sind. Und die sechs Mute-Gruppen lassen mit einem einzigen Knopfdruck vorgewählte Ein- und Ausgänge stummschalten.
Die Steuerzentrale des Behringer X32 Compact
Mit einer Größe von immerhin 28 x 17 cm wirkt das Funktionselement mit dem TFT-Screen wie ein eingesetzter Monitor.
Es ist auch farblich etwas anders ausgeführt, was diesen Eindruck verstärkt. Leicht in Richtung Anwender gekippt, lässt sich der 7-Zoll Farbmonitor sehr gut ablesen. Die Struktur der Bedienelemente ist gut durchdacht und ermöglicht nach kurzer Einarbeitungszeit die Bedienung der Konsole auch auf tieferen Funktionsebenen. Das ist natürlich mein subjektiver Eindruck. Um alle Funktionen sicher zu bedienen und alles Machbare mit diesem Pult zu beherrschen, braucht es je nach Wissensstand und Affinität zur Technik durchaus eine gewisse Zeit der Einarbeitung.
Die Efektsektion des Digitalmixers
Nicht weniger als acht Effect-Engines sind einsetzbar. Sie können als Insert verwendet oder über die Sends angesteuert werden. Darunter finden sich neben gewohnten Klassikern und zahlreichen Exoten auch die Nachbildungen von bekannten Geräten wie Lexicon 480L oder PCM70 und die Nachbildung der EMT 250, die schon beim Prince Klassiker Purple Rain zum Einsatz kam.
Auch das legendäre Quantec QRS ist dabei, eins der ersten hochwertigen Digitalhallgeräte, was 1985 rund 22.000 DM (!) kostete. Die Effekte sind erste Sahne und suchen vor allem in der Vielzahl des Angebots ihresgleichen am Markt.
Wo wir gerade beim Klang sind. Wie nicht anders zu erwarten sind auch die Preamps von Top Qualität – Midas lässt grüßen. Gerade die erste Verstärkerstufe ist entscheidend für die Aufbereitung des Signals und hat großen Anteil an der Qualität des Gesamtklangs. Die Signalbearbeitung arbeitet mit 40-Bit Fließkomma, was vor interner Übersteuerung schützt und die Latenz (Eingang/Pultbearbeitung/Ausgang) gibt Behringer mit 0,8 ms an. Im Netzwerk (Stagebox/Pultbearbeitung/Stagebox) steigt die Latenz um minimale Werte an und liegt laut Hersteller bei 1,1 ms. Das bedeutet, dass Sänger beim Monitoring absolut keine Probleme mit verzögerten Signalen haben dürften.
Achtung Digital-Aufnahme
Serienmäßig liefert Behringer das Mischpult mit einer Erweiterungskarte für Aufnahmezwecke aus. Sie bietet Schnittstellen für USB 2.0 und Firewire. Die Übertragung von bis zu 32 Eingangs- und Ausgangskanälen vom oder zu einem Computer ist damit möglich. Beim Mac läuft die Karte direkt, für die Verwendung unter Windows sind zuvor die Treiber zu installieren. Zu haben sind sie auf der Behringer Website im Download-Bereich zu dem Pult. Die Arbeit mit dieser Schnittstelle ist natürlich von der Performance des verwendeten Rechners und der DAW abhängig und kann von Fall zu Fall variieren.
Remote Control des Mixers per iPad
Ein sich immer mehr durchsetzender Trend lässt sich auch mit diesem Mischpult realisieren: Fernbedienung. Für den Tontechniker gibt es nichts bequemeres, als sich mit seinem iPad mitten ins Publikum zu stellen und von verschiedenen Standorten den FOH-Mix zu kontrollieren und anzupassen. Aber auch auf der Bühne kann auf diese Weise das Monitoring direkt kontrolliert werden. Einer unserer Band-Tontechniker macht von der Möglichkeit der Fernbedienung wann immer es geht regen Gebrauch. All diese Vorteile sind natürlich auch mit dem X32 Compact möglich. Es gibt entsprechende Apps, die die wichtigsten Funktionen mit einem iPad oder iPhone aus der Entfernung kontrollieren lassen. Erhältlich ist auch ein Remote Editor für den Computer. Damit ist es möglich, das Mischpult komplett via Ethernet per Computer zu editieren.
Was mir schon beim „großen X32“ nicht wirklich gefallen hat, sind die beiden Anschlüsse für die Kopfhörer. Sie sitzen in den seitlichen Griffschalen. Unpraktisch ist die Anbringung vor allem dann, wenn mit einem Adapter für den Kopfhörerstecker gearbeitet wird. Beim Herausziehen braucht es dann je nach Adapter „spitze Finger“, um das gute Stück wieder zu entfernen. Aufgewogen wird dieser kleine „kosmetische“ Mangel aber durch die Tatsache, dass es immerhin zwei Anschlussbuchsen für Kopfhörer gibt.