Analoger Kompressor mit digitalen Funktionen
Mastering Compressor – hier geht es also nicht um das Tüpfelchen auf dem „i“, sondern eher um die Krokant-Brösel auf der Kirsche des Kuchens. „Mastering Kompression“ – der Ausdruck hat irgendwie eine Aura von „hier muss man schon ganz genau wissen, was man macht!“ Hier geht es nicht ums Mixen, sondern ums Mastering! Also bitte Abstand halten, nichts anfassen – hier spielen nur die großen Kinder.
Naja, oder man entmystifiziert das Ganze und schaut sich an, was denn diese ominöse Mastering Kompression bedeutet und warum das eigentlich gar keine Hexerei ist – wenn man die Grundlagen beherrscht und, wie im Falle des Bettermaker Mastering Compressor, das richtige Werkzeug parat hat.
Mastering Kompression – die Grundlagen
Anders als beim Mixing geht es beim Mastering um die Feinheiten, um die oft psychoakustischen Elemente. Wo ich beim EQ im Mixing-Bus die Bässe einfach mal hochregle, bis der Sound der Kickdrum schön fett kommt, da geht man beim Mastering viel subtiler zu Werk. Beim Mastern wird das Instrument nicht mehr im Raum platziert, ausgepegelt und komprimiert. Nein, hier geht es darum, dem fertigen Mix das gewisse Etwas zu verleihen.
Es gibt mehrere Methoden der Mastering Kompression. Meist wird mit einem Multiband-Kompressor gearbeitet, bei dem man die gewünschten Frequenzen einstellt und dort die Kompression schmal- oder breitbandig durchführt. Andere verwenden bewusst einen Effekt-Kompressor (wie einen UAD 1176), um dem Gesamt-Sound einen bestimmten Charakter zu verleihen. Das ist aber wirklich was für Profis, denn mit einem dedizierten Bus-Kompressor eine Breitbandkompression durchzuführen, kann ganz schnell in die Hose gehen.
Letztlich wird bei der Mastering Kompression also das fertig gemixte Signal komprimiert, aber das nur ganz behutsam. Meist werden nur Ratios von maximal 1:4 verwendet und der Effekt ist sehr subtil. Auch bei Attack und Release will man in diesem Endstadium des Song-Making nicht den Klang der Instrumente verändern, sondern aus den Einzelteilen ein Ganzes machen. Der Fachmann sagt „Glue“ dazu. Weitere Ziele der Mastering Kompression sind es, dem Klang mehr Kontrolle zu geben und auch Spannung zu erzeugen.
Hardware des Bettermaker Mastering Compressors
Für knapp 3.000,- Euro darf man einiges erwarten und dieses Versprechen hält der polnische Hersteller auch: ein massives 2 HE Rack-Gehäuse mit nicht minder massiven Schaltern und Reglern. Das fühlt sich wirklich WIRKLICH gut an. Es ist schade, dass Sie mir die Aussage einfach glauben müssen, aber diese aus dem Vollen gedrehten Regler und der massive Ein/Aus-Schalter, der das Gerät mit einem satten Klick eines offensichtlich großen Relais aus dem Schlaf erweckt, das hat man als Tester nicht so oft.
Auch die Rückseite wirkt massiv und über alle Maßen stabil. Dazu sehr aufgeräumt: zwei XLR-Eingänge und zwei XLR-Ausgänge und dazu noch ein Klinkenpärchen für die Sidechain Quelle – fertig. Naja fast. Ein wenig enttäuscht hat mich die Tatsache, dass das Gerät kein internes Netzteil hat, sondern man ein weiteres schwarzes Kunststoffkästchen neben der sowieso schon überfüllten Mehrfachsteckdose hat. Es mag technisch kein Problem sein, aber das Gerät „fühlt“ sich eigentlich nach einem internen Netzteil an.
Auf der Vorderseite gibt es links den erwähnten „Mains“-Knopf zum Einschalten des Bettermaker und darunter gleich der „Engage“-Knopf, der das Signal unberührt an die Ausgänge schiebt, um einen Vorher/Nachher-Vergleich zu machen. Dann der Threshold-Regler im XXXL-Format, mit dem man auch die Sonne über das Firmament schieben könnte.
Rechts dann vier Regler, die je nach Betriebsmodus unterschiedliche Funktionen haben. Dabei kann man die beiden äußeren Potis drücken, um in eine weitere Funktionsebene zu kommen. Das alles wird sehr übersichtlich im zentralen 5“-Touchscreen dokumentiert und zurückgemeldet.
Bettermaker Mastering Compressor: Die Funktionen
Ich muss zugeben: Ich mag bunte Bildschirme. Ob es das Navi im Auto ist, das Smartphone oder das Panel einer modernen Kaffeemaschine. Das geht leider nicht jedem so und gerade den Kompressor umgibt in der Audiotechnik immer noch eine Art „Vintage-Aura“. Mit so einem Flair kann der Bettermaker Mastering Kompressor nicht dienen – trotzdem schafft er einen „Steampunk-artigen“ optischen Kompromiss aus Vintage und Moderne.
Der 5“ Touchscreen wird nicht verschämt in eine Ecke verbannt, sondern wird – ganz dem Design der Bettermaker Mastering Serie folgend – zentral in die Mitte gesetzt. Der Bildschirm ist scharf, hat eine gute Darstellung und die Touch-Funktion arbeitet fehlerfrei.
Auf dem Bildschirm wählen Sie unten die Betriebsmodi des Geräts aus:
- Basic: Also die Verwendung als klassischer Kompressor
- Extended: Weiterführende Funktionen, insbesondere für das Mastering
- Side Chain: mit einigen interessanten Features
- Menü: Hier findet man die Basiseinstellungen des Bettermaker Kompressors.
Ich denke, dass es kaum Sinn ergibt, jeden Touch-Punkt im Display durchzukauen, denn die meisten Funktionen sind selbsterklärend. Wer mit einem Mastering Kompressor in der Preisklasse des Bettermaker liebäugelt, dem sollte man die Bedeutung von Ratio, Attack oder Knee nicht erklären müssen. Da das Gerät über außergewöhnlich interessante Funktionen verfügt, habe ich diese im Folgenden mal herausgestellt:
- Das Gerät ist komplett analog aufgebaut, wird aber über die digitale Engine (also das Touchpanel) bedient.
- Der Bettermaker beinhaltet drei Kompressions-Charakteristika: BM („Bettermaker“), SG und DX, die jeweils anders reagieren und unterschiedlich klingen:
BM ist verhältnismäßig weich und bietet das breiteste Einstell-Spektrum. So kann man im BM-Mode den Attack von 5 bis 250 ms und den Release von 0,01 bis 0,8 Sekunden einstellen. Außerdem kann man hier eine Ratio von bis zu 10:1 auswählen.
SG soll den Klang eines Bus-Kompressors eines berühmten britischen Konsolenherstellers nahekommen (hier handelt es sich um die Simulation eines SSL VCA Kompressors wie dem SSL Fusion). Die Einstelloptionen wurden im Gegensatz zum Original um Dry/Wet, Sidechain oder Unlink erweitert.
DX ist das „Workhorse“. Hier simuliert der Bettermaker einen DBX 160 mit erweiterter Funktionalität. Der dbx wird sehr gerne als Mastering Kompressor verwendet, da er überaus natürlich und dynamisch klingt.
Der Sidechain Mode:
- Im Sidechain Mode kann man zwischen Peak- und RMS-Detection umschalten. Das bedeutet, dass der Kompressor entweder Peaks erkennt und komprimiert oder den Durchschnittspegel analysiert und eine Art „Leveling“ durchführt. Letztere Methode ist Prinzip bedingt etwas langsamer. „Insert“ ist vor dem Sidechain-Filter platziert und so kann man z. B. einen EQ in die Sidechain einbinden.
- Mit „Listen“ kann man das Sidechain-Signal auf die Monitore schalten. Diese hilfreiche Funktion findet man nur sehr selten bei Kompressoren
- „Forward“ und „Backward“ bieten die Auswahl, ob man die Quelle des Sidechain-Signals vor oder nach dem VCA haben möchte. Das bewirkt eine ziemlich deutliche Änderung der Charakteristik.
- Stereo-, Dual-Mono- und Mid/Side-Betriebsarten mit Fokus- und Sidechain-Vorschaufunktion. Dazu gibt es auch die passende Width-Einstellung, um das getrackte Signal granular auswählen zu können.
- Dry/Wet-Funktion für eine Parallel-Kompression
- Compression Range Mode: Hier kann man die maximale Kompression festlegen. Egal, wie Sie am Threshold schrauben, die Kompression wird nie den eingestellten Wert übersteigen.
- Clip ODD/EVEN ermöglicht die Umschaltung zwischen gerad- oder ungeradzahligen Oberwellen beim Clipping. EVEN wirkt weicher und sanfter, während ODD dem Signal einen härteren Clipping-Anteil gibt. Wenn beides aktiviert wird, dann erhalten Sie ein pseudo-chaotisches Clipping-Verhalten.
Zudem gibt es ein einstellbares Highpass-Filter, konfigurierbares Knee, Levelmeter mit Peak oder RMS Funktion und speicherbare Presets. Auch negativer Ratio ist möglich, um das Gerät als Transient Designer zu nutzen.
Der Bettermaker Mastering Compressor bietet praktisch alles (!), was man zum Thema Audiokompression benötigt. Durch das Aktivieren diverser Kombinationen hat man ein unerschöpfliches Repertoire an Möglichkeiten. Und ganz ehrlich: Das kann einen auch ganz schön erschlagen. Wer es bisher gewohnt war, z. B. mit einem DBX 160 Kompressor sein Mastering zu machen und so sehr schnell zu einem schönen Glue kommt, der wird erstmal kopfkratzend vor der Fülle an Möglichkeiten beim Bettermaker stehen. Für viele Mastering-Engineers ist das der Showstopper schlechthin. Einen DBX 160 kann man praktisch mit geschlossenen Augen bedienen und sich voll auf das Hören konzentrieren: Threshold, Compression, Gain – fertig.
Der Bettermaker ist da ganz anders und am Markterfolg wird sich zeigen, ob dieses „Viel hilft viel“-Konzept aufgeht. Zudem bewegen wir uns beim Mastering Komprimieren in einem sehr subtilen Bereich der Wahrnehmung. Wenn ich da drei Menüs weiter eine Einstellung ändere, dann kann dabei der Flow verloren gehen, der beim Mastering so wichtig ist.
Bettermaker Mastering Compressor: Der Anschluss
Wichtig ist hier auch das optimale Einbinden in die Studioumgebung. Bei meinem Digitalmixer habe ich den Korg Kronos in einen Mix geschickt und diesen vor dem Routing auf Main Out (bzw. USB) durch den Bettermaker gejagt. Im AUX-Send/Return für einen Kanal hat ein Mastering Kompressor nichts zu suchen Er muss sozusagen als letzte Station das Gesamtsignal bekommen und bearbeiten. Für die Monokanäle des Mixers verwendet man üblicherweise Bus-Kompressoren, wie einen 1176 oder diverse Plugins.
Klang des Bettermaker Kompressors
Entsprechend schwierig gestalten sich auch die Klangbeispiele und ich habe auch schon überlegt, ob es überhaupt sinnvoll ist, Audiosamples zu machen, denn ich kann hier verständlicherweise nicht einen gemixten Roh-Track mastern und mit dem Bettermaker bearbeiten. Deswegen habe ich das mit diversen passenden Combinations und Klängen aus dem Korg Kronos gemacht, denen hin und wieder ein bisschen Kompression gut tut.
Von einem Mastering Kompressor erwarte ich Neutralität auf allerhöchstem Niveau. Das Gerät muss hochauflösend, tonal völlig ausgewogen und höchst dynamisch sein. Und auch wenn die Klangbeispiele das in komprimiertem MP3 nicht hergeben: Genau das bekommen Sie vom Bettermaker! Je nach eingestellter Charakteristik verfügt das Ergebnis über mehr Ruhe, Dynamik, oder Spannung. Dazu agiert der Bettermaker Mastering Compressor sehr rauscharm und frei von Schalt- oder Regelgeräuschen.
Beispiel 1:
Eine 80er Style Kombination aus dem Kronos, zuerst unkomprimiert und dann mit aktivierter SG Kompression. Dann zuerst den Attack reduziert und dann den Release zurückgenommen. Zuletzt noch leicht den Main erhöht:
Ein Screenshot des Tracks aus Logic X:
Man sieht zuerst die Peaks, die dann bei Aktivierung abgesenkt werden und zugleich die leiseren Passagen angehoben werden. Beim Anpassen des Attacks und des Release sinkt der Pegel, der zum Schluss wieder leicht erhöht wird.
Beispiel 2:
Bettermaker im BM Kompressions-Profil. Diese dynamische Kombination in den ersten vier Takten ohne Kompression, dann mit aktivierter RMS-Detection und im letzten Drittel mit Peak-Detection.
Der dazugehörige Screenshot:
Interessant: Die RMS-Detection greift nur sanft ein, während die Spitzen im Peak-Modus ganz klar gekappt werden.
Beispiel 3:
Hier ist der Bettermaker im DX Modus. Zuerst unkomprimiert, dann aktiviert und dann habe ich den Clipping Mode zuerst auf ODD, dann EVEN und dann ODD&EVEN aktiviert.
Und der Screenshot:
Dieses „is going nuts“ am Schluss, wenn ODD&Even aktiviert sind, ist in den HiHats gut zu hören (mit Kopfhörer). Ansonsten hört man schön den sehr neutralen Charakter der DBX Charakteristik.
Zum Testzeitpunkt leider noch nicht verfügbar, ist die DAW-Control mit dem dazugehörigen Plugin. Der Bettermaker hat zwar einen USB-Port – es gibt bisher aber leider keine Hinweise, wie dieser zu verwenden ist.
Sehr schöner und ausführlicher Test! Für mich einer der besten VCA-Kompressoren am Markt.
Dass man einen DBX-160 bzw. DBX-160A (wie auf dem Bild oben) zum Mastern einer kompletten Stereo-Summe benutzt, ist mir neu. Bei den DBX-160-Serie handelt es sich um beliebte und einfache Allround-Mono-Kompressoren, welche sehr gerne zur Kompression von Einzelsignalen wie z.B. E-Bass, Mono-Synth und auch mal Vocals benutzt werden und da auch recht gut ihren Job machen. Zwar kann man zwei dieser Mono-Geräte via Stereo-Link als Pärchen verbinden, aber man hat halt keine Einstellung für Attack und Release. Auch klingen sie meiner Meinung nach etwas zu rustikal für das Mastern einer ganzen Stereo-Summe, was bei dem ein oder anderen Track durchaus mal stilistisch gut passen kann, aber eher nicht so die Regel ist.
Kann es sein, dass Du vielleicht eher den DBX-160SL Dual V8 für das Mastern meinst?
Der wäre dann wenigstens ein Stereo-VCA-Kompressor mit einstellbaren Attack und Release-Zeiten und wesentlich höherer Klangqualität und besseren elektr. Komponenten für das Mastering. Ich denke, dass der Bettermaker eher diesen DBX160SL Kompressor bei der Emulation auf dem Schirm hat.
@Sudad G Danke für Dein Lob und Deinen Input. Hier müssen wir Äpfel mit Äpfeln vergleichen. Ich habe wirklich schon Mastering Engineers gesehen, die bei Budget Produktionen zwei 160A als Stereo-Einheit zum Mastern verwendet haben. Gerade weil er eben sehr neutral ist, eignet er sich dafür – aber nur z.B. bei Elektro Produktionen.
Wenn man den Bettermaker vergleichen will, dann muss man natürlich Kaliber, wie den V8 heranziehen – da hast Du völlig recht! Hier muss man die volle Kontrolle über Transienten haben.
Interessantes Gerät. Danke für den Test.
Eine blöde Frage: bin ich so Blind oder ist auf der Rückseite kein Sidechain Eingang?
@Trance-Ference Jetzt bin ich gerade selber erschrocken :-). Das verwendete Bild ist ein Studiobild vom Hersteller. Mitlerweile gibt es aktuellere Bilder, wo rechts hinten auf dem Gerät ein Pärchen Eingänge für das Sidechain Signal ist.
Zu sehen z.B. bei Thomann.de in der Galerie: https://www.thomann.de/de/bettermaker_mastering_compressor.htm
Danke für den Tipp!
@Jörg Hoffmann das bild, was du benutzt, ist vom mastering limiter, der anscheinend ein internes netzteil besitzt…
Bettermaker ist ja mal ein genialer Firmenname. Schön auch die nutzbringende Verwendung eines grossen Farbdisplays. Mir ist hier die Tegeler Audio Manufaktur Raumzeitmaschine sehr negativ im Gedächtnis haften geblieben.