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Test: Bettermaker Valve Stereo Passive, Hardware-Equalizer

Der Widerspruch in sich!

15. Juli 2024
bettermaker valve stereo passive equalizer test tonstudio

Bettermaker Valve Stereo Passive, Hardware-Equalizer

Der Bettermaker Bettermaker Valve Stereo Passive Equalizer (VSPE) ist ein 2-Band-Stereo-Equalizer mit digitaler Steuerung und einem mit der Hardware verbundenen Plug-in, um das Gerät komplett über die DAW steuern zu können. Erfahrene Studiosi werden beim Anblick des Bettermaker die Stirn runzeln: Ist er jetzt rein passiv, wie der Name behauptet? Ein Röhrenequalizer mit digitaler Steuerung? Und warum ist er „Pultec blau“? Lasst uns gemeinsam die Widersprüche entschlüsseln und nachsehen, was wirklich im Bessermacher steckt!

Die Ausstattung des Bettermaker VSPE

Zunächst ein nüchterner Blick auf das Gerät: Auf der Frontplatte fallen zunächst die fünf großen, fein gerasterten Drehencoder auf. Lo-Boost, Lo-Cut, Hi-Boost, Hi-Cut und die Einstellung für die HI-Boost-Filtergüte (Q-Faktor) sind vorhanden. Mit jeweils zwei Drückschaltern kann man die Frequenz der Bänder einstellen: 4 Stufen bei den Bässen und 10 Frequenzen bei den Höhen.

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Dann noch ein ON/OFF-Schalter, eine „Engage“-Funktion, um die EQ-Funktion zu umgehen, mit Gain kann man den Hi-Cut-Regler in einen Gain-Regler verwandeln und „Heat“ fügt dem Signal Sättigung und harmonische Verzerrungen hinzu.

Die Rückseite ist übersichtlich: Jeweils ein XLR-Ein- und Ausgang für die beiden Kanäle, ein USB-Port und der Anschluss für das externe Netzteil mit 18 W Leistung.

Das Gerät benötigt 2 Höheneinheiten im Rack-Schrank und wiegt 2,7 kg.

Die Verarbeitung ist von höchster Qualität: Die Bedruckung der Frontplatte ist sehr hochwertig und alle Schalter und Regler sind stabil und haben eine sehr gute Haptik. Auch die Buchsen auf der Rückseite sind sehr stabil – als USB-Buchse kommt der mittlerweile sehr alte USB-B-Port zum Einsatz. Ein passendes Kabel auf USB-A liegt dem Gerät bei. Einzig das externe Netzteil ist bei dem Preis eine „Red Flag“.

BM_VSPE_fl

Und mit einem Widerspruch kann ich gleich aufräumen: Das Pultec Blau ist sicherlich nur ein Marketingtrick des Herstellers. Der Bettermaker unterscheidet sich in Technik, Ausstattung und Einsatzgebiet sehr viel vom Pultec EQP. Und falls die Frage kommt: Mangels überlappender Frequenzbänder ist auch der Pultec Trick mit gleichzeitigem Anheben und Absenken einer Frequenz nicht möglich – es sei denn, man verwendet das digitale Filter (siehe weiter unten).

VSPE Widerspruch 1: Passiv?

Der Bettermaker VSPE ist nach Lehrbuch kein reiner passiver Equalizer. Einzig die Schaltung zur Anhebung bzw. Absenkung der Frequenzbänder kann man als passiv bezeichnen, wobei man sich hier auch schon beim Wort „Anhebung“ streiten kann, ob das überhaupt passiv sein kann. Dazu hat der Bettermaker Doppel-Trioden-Röhren und Übertrager im Einsatz. Die Röhren sind übrigens alte Glaskolben aus den 70ern und 80ern. Die sollen sehr geringe Verzerrungen und ein niedriges Eigenrauschen haben. Die Übertrager sind eine Bettermaker Eigenentwicklung nach großen Vorbildern von Siemens und Telefunken.

BM_VSPE_front

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Durch die verwendete Elektronik kann das Gerät im Gain (± 8dB) angepasst werden und man hat dann sogar noch die Option eine sogenannte Heat-Schaltung zu aktivieren. Die Taste für die hohe Grenzfrequenz (Hi-Cut) dient gleichzeitig als HEAT-Ein-/Ausschalttaste, wenn der GAIN-Modus aktiviert ist. Wenn HEAT aktiviert ist, treibt die interne Verstärkungsstufe die Vakuumröhren härter an, um dem Klang Sättigung und Farbe zu verleihen. Gleichzeitig wird der Ausgang gedämpft, um die Gesamtverstärkung konstant zu halten. Zudem reduziert die HEAT-Schaltung die Ausgangsimpedanz von 120 Ohm auf 30 Ohm.

Mein Urteil: Ich würde den Bettermaker als Stereo-Röhren-Equalizer mit passiven Filtern bezeichnen.

VSPE Widerspruch 2: Stereo?

Wenn ich den Bettermaker VSPE ohne das Plug-in betreibe, ist er im Linked-Modus. Die Regler und Schalter wirken gleichermaßen auf beide Kanäle. Bei meinem Elysia xFilter ist das ebenso. Allerdings kann ich beim VSPE den Betriebsmodus in Verbindung mit dem Plug-in verändern: Entweder das Gerät ist Stereo, Mono links, Mono rechts oder Doppel-Mono.

BM_VSPE_back

Für den Stereo- oder Doppel-Monobetrieb kann man die virtuelle Ansicht so umschalten, dass man den Bettermaker in der DAW doppelt für jeden Monokanal sieht. Hier sieht man, dass sich das volle Potenzial des VSPE nur zusammen mit dem Plug-in entfaltet. Das führt uns zum nächsten Widerspruch:

VSPE Widerspruch 3: Analog oder digital?

Faktisch ist der Bettermaker ein analoger Röhren-Equalizer mit digitaler Steuerung, was ihn voll Mastering-tauglich macht, d. h., man kann alle Funktionen des Bettermaker über die DAW steuern, Einstellungen, Recall-Funktionen und Presets speichern. Das Plug-in hat zusätzlich eine Analyser-Ansicht und man sieht die Frequenzverteilung des Rohsignals und die darüberliegenden Filter.

Jede Einstellung in der DAW korrespondiert mit der entsprechenden Funktion am Gerät und wird optisch angeglichen. Dazu wird jede Funktion und Reglerstellung über LEDs angezeigt.

Der Bettermaker VSPE in der Praxis

Im rein analogen Betrieb ist der Equalizer ein robuster und einfach zu bedienender Studiobegleiter. Die Filtereingriffe sind überaus sanft und zu keiner Zeit hat man den Eindruck, man würde sich außerhalb des klanglichen Sweetspots befinden.

Bei dieser Beschreibung muss aber auch deutlich gemacht werden, dass es sich um einen Effekt-Equalizer handelt. Das Einspeisen des Bettermaker bedeutet eine deutlich wahrnehmbare klangliche Veränderung des Originalklangs. Alles wird weicher, dicker, voller, aber keineswegs langsamer.

BM_VSPE_WA44

Der Bettermaker mit dem Warm Audio WA-44

Als Klangbeispiele sind hier zwei Audiofiles aus meinem Test des formidablen Bändchenmikrofons Warm Audio WA-44 – einmal mit Stimme und einmal mit akustischer Gitarre. Diese wundervolle Kombination zweier sehr spezieller Geräte zeigt, dass man auch mit moderner Technik die ganz alten Zeiten wiederbeleben kann:

Dazu noch ein Klangbeispiel mit einem E-Piano aus dem Roland Juno-X: Wem die Roland Soundengines jemals zu digital oder steril klangen, der darf sich das gerne mal mit dem vorgeschalteten Bettermaker anhören. Das Ergebnis ist feindynamisch, harmonisch und im wahrsten Sinne des Wortes analog. Spitzenklasse:

Das Rauschen kommt übrigens nicht vom Bettermaker, sondern vom Chorus des Juno-X, bei dem analoges Rauschen bewusst beigemischt werden kann.

BM_VSPE_JunoChorus

Der Chorus des Juno-X

Das Bettermaker VSPE Plug-in

Die Installation des Plug-ins (in den Formaten AU/VST3/AAX) ist ein Kinderspiel und nach Öffnen der DAW (in meinem Fall Universal Audio Luna, aber auch optional Logic Pro) erscheint der Bettermaker sofort in der Liste. Angeschlossen an die Ein- und Ausgänge des UA Apollo X6 öffnet sich das Plug-in mit einer der Hardware identischen Grafik mit einigen Zusätzen. Das GUI lässt sich in der Größe anpassen – leider nicht stufenlos.

Hier eine kurze Übersicht der wichtigstenm zusätzlichen Funktionen (im Vergleich zur Hardware):

  • Umschalten zwischen Linked, Left und Right
  • Snapshots für das Triggern der DAW-Automation erstellen
  • Presets anlegen, abrufen und verwalten, jedes Preset kann mehrere Snapshots enthalten
  • Zusätzlich zwei rein digitale Filter, die auch ohne angeschlossene Hardware funktionieren
  • Drehregler quantisieren: reduziert die Genauigkeit der Filtereinstellung auf einen Schritt pro LED
  • Auto Audition isoliert das aktuell gewählte Frequenzband (Solo Modus)
  • Recall: Abgleich der Einstellungen zwischen Hardware und Plug-in
  • Analyser ist ein kompletter RTA-Analyser mit grafischer Simulation der Filterkurve

Was mir am VSPE besonders gefallen hat

Zunächst kann man das Plug-in und alle Dokumente zum Gerät ohne Registrierung auf der Website herunterladen. Das hat schon mal ein dickes Lob verdient. Dann empfand ich den Dualismus aus modernster Technik und Vintage-Charme sehr reizvoll. Das fühlt sich an, als ob man einen alten VW Käfer über ein iPad steuert. Sehr cool!

Die Kombination aus Hardware und Plug-in funktionierte in meinem Setup völlig problemlos – ohne Abstürze oder Verbindungsstörung. Und nicht zuletzt der Klang: Die Aktivierung des Bettermaker fühlt sich fast immer wie ein Klanggewinn an – dazu der weite Sweetspot: ein Traum.

Unterschiedlicher geht es kaum (von unten nach oben): Drawmer 1978, Elysia xFilter, WesAudio ngTubeEQ und Bettermaker VSPE:

BM_VSPE_tower

Kritikpunkte

Hier kann ich mich kurzfassen: Nein, wir mögen keine externen Netzteile, schon gar nicht in einem Gerät dieser Preisklasse. Das Gerät ist nur knapp 15 cm tief – mit ein paar Zentimetern mehr wäre sicher noch ein internes Netzteil drin gewesen.

Der Preis ist natürlich eine Ansage: 3.599,- Euro  für einen 2-Band-Equalizer. Aber bitte beachten: Die Röhren stammen wirklich aus Altbeständen und die Übertrager sind handgewickelt. Dazu die Entwicklung des Plug-ins und die zusätzlichen Funktionen – das ist also mehr als nur ein „einfacher“ Röhren-Equalizer. Trotzdem, eine Menge Geld.

Mitbewerber des Bettermaker

Meines Wissens nach schafft es außer Bettermaker nur noch WesAudio, eine solch perfekte Harmonie aus Hard- und Software herzustellen – der neue ngTubeEQ kostet allerdings satte 6.000,- Euro und hat einen ganz anderen Anwendungsansatz. Viel weiter unten in der Preisliste finden wir die 2-Band-Equalizer von Klar Teknik und Warm Audio, die sich am Pultec Original orientieren, dazu Neve, Drawmer und Elysia, die aber allesamt nur über die Hardware bedient werden können. Somit ist der Bettermaker VSPE in seiner Klasse einzigartig!

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Fazit

Die scheinbaren Widersprüche des Bettermaker Valve Stereo Passive Equalizers entpuppen sich überwiegend als Vorteile. Selten schafft es ein Hersteller, alte analoge Technik und modernes Digitaldesign so harmonisch zu verheiraten, wie das Team aus Polen. Dazu echte Vintage-Röhren und viele Funktionen, die den VSPE voll Mastering-tauglich machen. Nur das externe Netzteil und der sehr ambitionierte Preis stören das ansonsten sehr gute Bild!

Plus

  • sehr guter Klang
  • top Verarbeitung
  • umfangreiche Ausstattung
  • zusätzliche Funktionen über das Plugin
  • sehr stabiler Betrieb

Minus

  • externes Netzteil
  • hoher Preis

Preis

  • 3.599,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    ollo AHU

    Also ich mag externe Netzteile. Bei Bühnengerätschaften kann es ärgerlich sein, falls man die vergisst aber bei Studiohardware ist das für mich kein Negativpunkt. Im Gegenteil, man kann das bei Defekt einfach austauschen. Und die Wärme lässt sich auslagern.

    • Profilbild
      Spectral Tune AHU

      @ollo Alles hat seine Vor- und Nachteile. In der Tat lässt sich ein externes Netzteil bei einem Defekt leichter austauschen. Auch der Wärmeaspekt ist ein guter Punkt, der bei Schaltnetzteilen in der Regel vernachlässigt werden kann. Was mich nervt ist, dass externe Netzteile auch im Ruhezustand Strom verbrauchen. Daher nutze ich Steckerleisten die Geräte mit externen Netzteilen ein und ausschalten, welche ich gemeinsam nutze. Selten genutzte Geräten schalte ich mit Einzel Steckdosen. Der Aufwand im Rack ist daher bei externen Netzteilen größer.

      • Profilbild
        ollo AHU

        @Spectral Tune Bei mir hängt sowieso alles an Steckerleisten und wird damit ausgeschaltet, wenn es es nicht gebraucht wird. Egal ob externe oder interne Netzteile.

  2. Profilbild
    moinho AHU

    Der VSPE ist nicht nur nach Lehrbuch, sondern auch nach Verkabelung nicht passiv ;). Passiver EQ + Aufholverstärker ist freilich was, was im Anwendungsbereich schon länger gern als „passiv“ verkauft wird: Manley Massivo, SPL PassEQ, Gyraf G14.

    • Profilbild
      pol/tox

      @moinho solche passiven EQs senken in der Regel passiv ab. Entweder wird die ausgewählte Frequenz abgesenkt (cut) oder der Bereich rund um die ausgewählte Frequenz abgesenkt (boost).
      Aufgeholt wird im Anschluss aktiv.

      Insofern entspricht es den Tatsachen, denn die Entzerrung passiert passiv.

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