Topmoderner Mikrofon-Sound Made in Germany
Heute erreichten mich zwei neue interessante Mikrofone: Das beyerdynamic TG D 70 in der zweiten Generation und das beyerdynamic TG I51. Das beyerdynamic TG D 70 MK II ist vorrangig für Bassdrum und bassbetonte Instrumente entwickelt, das TG I51 ist vorrangig für Toms und Snare gedacht, erledigt allerdings auch weitere Instrumentalabnahmen wie Gitarrenamps und Bläser souverän. Beide Mikrofone werden im Traditionswerk von beyerdynamic in Heilbronn in Handarbeit gefertigt. Bei empfohlenen Preisen von 119,- Euro für das beyerdynamic TD I51 bzw. 219,- Euro für das beyerdynamic TD D 70 MK II rechne ich mit erfreulichen Testergebnissen.
Historisches zur Schlagzeugabnahme
Schlagzeugmikrofone als solche haben erst im Laufe der Zeit eine genauere Spezialisierung erfahren.
Das liegt historisch darin begründet, dass weder die Aufnahmekette mit ihren Wachsrollen noch die damalige Wiedergabekette damals in der Lage waren, hohe Dynamik wiederzugeben, zudem war tiefer, lauter Bass ebenfalls ein Feind der verfügbaren Technik.
Wenn man sich zeitgenössische, auf Konserve gebannte Musik anhört, so fällt auf, dass das Schlagzeug im Gesamtkontext lange nicht die Dominanz hat, die es heute bei fast allen Musikstilen erfährt. Vor allen Dingen eine Bassdrum mit ihrem fetten, drückenden Sound hatte zur damaligen Zeit keine musikalische Bedeutung, technisch war die Wiedergabe im Konsumerbereich einfach nicht möglich; entsprechend gab es auch keine qualifizierte Multimikrofonie.
Mit besserer Technik war es auch möglich, sich der Abnahme des Schlagzeugs wesentlich differenzierter zu widmen. Das begann damit, dass man mit einem Mikrofon möglichst mittig über dem Drumset arbeitete und, wenn die Kapazitäten es erlaubten, ein oder zwei „Stützmikrofone“ aufbaute, eins davon oft für HiHat und Snare, das andere vor dem Schlagzeug. Damals waren die Mischungen noch mono und sehr bassarm.
Spätestens, als der Rock ’n‘ Roll mit seinen treibenden Beats die Welt eroberte und gleichzeitig die moderne Technik entsprechende Innovationen wie Miniaturisierung durch Transistortechnik und die Einführung der Stereophonie lieferte, war der Weg endgültig frei für kreatives Sounddesign, in dem auch das Schlagwerk langsam eine Rolle spielte.
Mit Einführung der Mehrspurtechnik und moderner Soundtechnik mit Dynamik- und Raumprozessoren begann dann das Zeitalter revolutionärer, richtungsweisender Drumsounds, die ganze Musikstile in der Rock- und Popmusik prägten.
Erster Eindruck beyerdynamic TG D70 MK II und TG I51
Heute haben wir zwei brandneue Testkandidaten der deutschen Traditionsfirma beyerdynamic aus Heilbronn am Start, nämlich das beyerdynamic TG D 70 für den Einsatz an Bassdrum und tief gestimmten Toms und das Beyerdynamic TG I51.
Beides sind Mikrofone aktueller Entwicklungen und jeweils als Vollformatmikrofone in dynamischer Technik ausgelegt. Das heißt: Die Mikrofonkapseln sind nicht auf Miniatur getrimmt, sondern so groß gebaut, dass der Entwickler seine akustischen Ziele ohne unnötige Kompromisse erreicht. Das heißt allerdings nicht, dass die beiden Mikrofone unnötig groß oder schwer sind.
Das beyerdynamic TG I51 wiegt lediglich 203 g bei einem Durchmesser von 44 mm und einer Länge von 79,5 mm. Das beyerdynamic TG D70 bringt 341 g auf die Waage, der Durchmesser beträgt 57 mm bei einer Länge von 91 mm, für ein Kickmikro ist das ein sehr kompaktes Format, denn es passt auch in kleine Cut-offs und beengte Umgebungen.
Das Äußere
Beide kommen in elegantem dunklen Anthrazit in leichter Metalldruckgussausführung daher, sind nicht reflektierend und verfügen seitlich über großzügige Öffnungen, die wohl auch für eine gute Einstellung der gewünschten Richtungscharakteristiken wichtig sind. An der Unterseite der Mikrofone ist eine verstellbare Befestigung mit dem üblichen Standard 3/8 Zoll Gewinde angebracht, damit ist eine direkte Befestigung an einem Stativ oder einer Klemme möglich.
Die bei beyerdynamic verwendete Nomenklatur verweist auf die angedachten Anwendungen:
TG bedeutet Tour Gear, unterstreicht also explizit die gegenüber reinen Studiomikrofonen erhöhte Bühnentauglichkeit, was ich persönlich mit mechanischer Robustheit und einer größeren Widerstandsfähigkeit gegen Umwelteinflüsse (Bier, Bühnennebel etc.) assoziiere. Studioeinsätze sind natürlich möglich und ausdrücklich gewünscht. Das „I“ im Beyerdynamic TG I51 steht für Instrument. Das bedeutet für mich erst mal allgemeine Anwendung an allen Instrumenten im Nahbereich auch mit höherem Schalldruck und das bei einem ausgeglichenen Frequenzgang.
Das „D“ beim beyerdynamic TG D70 bezieht sich auf den Einsatz an den Drums. Aufgrund der üppigen Dimensionen des beyerdynamic TG D70 kann man sich leicht denken, dass hier der Fokus klar auf der Abnahme basslastiger Instrumente wie der Kickdrum liegt. Hoher Grenzschalldruck und eine sehr tiefe untere Grenzfrequenz zeichnen diese Mikrofone aus. Oft ist es auch so, dass der Frequenzgang speziell auf eine bestimmte Soundtendenz hin getunt ist. Natürlich lässt sich ein solches Mikrofon auch grundsätzlich an anderen Schallquellen positionieren.
Wir schauen uns beide Mikros genauer an, mit besonderem Fokus auf die Anwendung an Bassdrum, der Snare und den Toms am Schlagzeug
Das beyerdynamic TG I51
Die technischen Daten verraten uns Folgendes:
Der Frequenzgang ist im Bereich von bis 33 – 19.000 Hz nutzbar. Je nach Abstand zur Schallquelle verschiebt sich die untere Grenzfrequenz nach oben (Nahbesprechungseffekt). Im Bereich der Obertöne hat das beyerdynamic TG I51 bei 5 kHz und 10 kHz deutliche Anhebungen. Diese unterstreichen wirkungsvoll die typische Attack- und Transientenwiedergabe der meisten Instrumente, ohne dass man extra den Mischpult-EQ betätigen muss. Diese sogenannte Sound-Vorprägung erleichtert oft die Arbeit. Die Richtcharakteristik ist als Niere angegeben, das Mikro nimmt also in einem Winkel von bis zu ca. 45 Grad außerhalb seiner Hauptachse gut auf. Das verspricht eine gute Abnahme der gesamten Oberfläche des Schlagfelles einer Trommel bei ausreichender Isolation der benachbarten Trommeln, erlaubt allerdings auch die Abnahme zweier benachbarter Trommeln mit einem einzigen Mikrofon. Der Grenzschallpegel liegt jenseits der 140 dB Marke, das erlaubt eine nahe Positionierung auch an lauten Schallquellen. Das beyerdynamic TG I51 bietet mit Wirkungsgrad ist mit 2,7 mV/Pa einen sehr guten Wirkungsgrad. Somit muss der Vorverstärker am Mischpult (Gain) nur wenig boosten und der Rauschpegel wird nicht unnötig angehoben. Die Griffgeräusche am Korpus des Mikros fallen kaum ins Gewicht, was auf eine gute Lagerung der Mikrofonkapsel schließen lässt. Der Nahbesprechungseffekt des beyerdynamic TG I51 bestimmt, inwieweit der Bassbereich sich bei naher Positionierung an der Schallquelle verändert.
Tipp: Sowohl ältere als auch moderne Drum-Mikrofone funktionieren hier identisch: Je näher ein Mikro mit Richtcharakteristik Niere oder Superniere an der Schallquelle positioniert wird, desto mehr tritt der Tiefenbereich in den Vordergrund. Zieht man diesen an der Klangregelung des Mischpultkanals wieder raus, klingt das Instrument meist natürlicher. Gleichzeitig reduziert man Feedback-Neigung im Bassbereich und isoliert sein Instrument gegen die Tiefenübertragung benachbarter Instrumente.
Klangbeispiele Beyerdynamic TD I51
Insgesamt lässt sich feststellen, dass das beyerdynamic TG I51 an den Drums hervorragend über den gesamten Hörbereich klingt und auch feine Details sehr plastisch und akkurat abbildet. Dabei lässt sich der sparsam ausgeprägte Nahbesprechungseffekt gut in die präzisen Ausrichtung des Mikrofons am Fell integrieren. Das Übersprechen benachbarter Quellen ist gut kontrollierbar, dabei klingt das, was von der Seite ankommt, gut. Als Zubehör zur direkten Spannreifenmontage bietet beyerdynamic die Spezialhalterung MKV 87 an.
Das beyerdynamic TG D70 MK II Bassdrummikro
Auch hier schauen wir uns die für den Sound relevanten Daten an:
Der Frequenzgang ist im Bereich von 20 – 14.000 Hz nutzbar. Wie man gut sieht, lässt sich durch den Abstand zur Schallquelle auch hier die Bassanhebung einstellen. Das beyerdynamic D 70 weist zwei Boosts auf, einmal ab 2 kHz und dann noch einmal bei 5-6 kHz. Der Frequenzgang scheint tatsächlich auf einen modernen Sound, speziell bei der Kickdrum, hin optimiert zu sein. Das heißt, man widmet sich insbesondere vier Bereichen:
Der Bassbereich ist insbesondere für den Druck der Bassdrum zuständig. Je nach Musikstil liegt er bei um die +/-50 Hz.
Der Mittenbereich von ca. 300 -1000 Hz wird je nach Musikstil oft abgesenkt, da hier ebenfalls die Grundtöne der meisten Instrumente liegen und diese ansonsten unnötigerweise verdeckt würden.
Der Attack-Bereich liegt bei 2-3 kHz, hier bekommt die Bassdrum den typischen „Klick“, der ihr hilft, sich auch im dichten Soundgetümmel durchzusetzen.
Der Transientenbereich von ca. 5-10 kHz. Hier lassen sich, je nach Stimmung des Sets und Musikstil edel klingende Obertöne auf den Anschlag setzen.
Die Richtcharakteristik ist beim beyerdynamic TG D70 als Superniere angegeben, das Mikro nimmt also in einem Winkel von bis zu ca. 30 Grad außerhalb seiner Hauptachse gut auf – und das recht gleichmäßig, wie das Diagramm zeigt. Die Empfindlichkeit liegt auch hier wieder bei guten 2,2 mV/Pa
Tipp: Es gibt unendlich viele Methoden, eine Bassdrum zu mikrofonieren, etwa mit mehreren Mikrofonen oder einem sog. Subkick (ein Basslautsprecher wird als Mikro zweckentfremdet). Ich möchte euch hier drei Methoden vorstellen, mit denen ihr meistens gut ans Ziel kommt. (Das gilt NICHT für Kickdrums mit geschlossenem Resonanzfell.)
1. Wenn die Bassdrum über die übliche runde Öffnung mit ca. 15 cm Durchmesser verfügt, könnt ihr das Mikro dicht davor oder sogar darin positionieren. Bitte achtet dann darauf, dass ihr keine Luftgeräusche einfangt. Hier bekommt ihr meist einen fetten Sound, ohne zu viel Kessel und mit eher indirektem Kick. Typischer Rocksound.
2. Positioniert das Mikrofon innerhalb des Kessels, etwa in der Mitte und zwar so, dass das Mikro auf den Rand des Schlagfelles zeigt. Hier bekommt ihr verstärkt den Kesselklang mit allen Resonanzen und Nebengeräuschen und ohne den Nahbesprechungseffekt. Gut für organischen Jazzsound.
3. Das Mikrofon mittig und nah am Schlagfell und dem Schlägel in Stellung bringen. Ob euch das gefällt, müsst ihr selbst entscheiden. Diese Position hat allerdings einige Vorteile:
Volle Ausnutzung des Nahbesprechungseffektes (weniger Bassanhebung am Mischpult).
Maximaler Attack (mehr Attack- und Transientenanteil am Mikro ergibt mehr Flexibilität in den Einstellmöglichkeiten). Weniger Kesselsound (falls nicht gewünscht).
Mit diesen Tipps solltet ihr einen brauchbaren Kickdrumsound auf die Boxen bekommen.
Klangbeispiele beyerdynamic TG D 70 MK II
Das beyerdynamic TG D70 macht an allen Positionen eine gute Figur mit sehr präziser Auflösung. Eine fette druckvolle Einstellung ist einfach möglich, ebenso werden auch feindynamische Transienten mit einer prägnanten Auflösung abgebildet. Griffgeräusche sind auch hier kein Thema, was ebenfalls ein Indiz eine sehr gute Kapselaufhängung ist.
Funfact: Die verwendete Mikrofonkapsel ist eine Weiterentwicklung des legendären M-88, ein Mikrofon, das als „Phil-Collins“ Gesangsmikrofon bekannt wurde und ebenso gut für alle möglichen Instrumente und die Bassdrum zum Einsatz kam. Ich persönlich habe meist genau dieses Mikro als Reserve dabei, einfach deswegen, weil es überall gut funktioniert.
Weitere Infos, Daten, Sound- und Anwendungsbeispiele findet ihr hier.
Mit Verlaub, aber die Soundbeispiele sind scheinbar höchstgradig bearbeitet und klingen wie billigste Samples. Ich kann da überhaupt nicht beurteilen, wie die beiden Mikrofone tatsächlich klingen.
@Klangkollektor Hallo Klangkollektor,
gerne antworte ich dir als Mitarbeiter von beyerdynamic. Wir freuen uns sehr, dass du dich zu unseren neuen Mikrofonen TG D70 und TG I51 informiert hast. Um einen besseren Klangeindruck vermitteln zu können, würde ich gerne auf unsere Videos mit Jost Nickel, Philo und der Band HI5 verweisen. Diese findest du unter folgenden Links:
https://youtu.be/EMyMPiIMyXE
https://youtu.be/XySiO4uvHao
https://youtu.be/EVbAlwjzbzI
Wir hoffen diese Videos vermitteln dir die Charakteristik der beiden Mikrofone besser.
Liebe Grüße aus Heilbronn, Michael
Hallo Michael!
Einen Vergleich kann man am besten in Bezug zu anderen Standardmikrofonen ziehen wie zB einem D112. Solche Vergleichstestaufstellungen haben sich bei Amazona und auch anderen Plattformen bewährt.
Eure Testaufnahmen, die scheinbar intern aus der Firma Beyerdynamic sind, wie du mir in deiner privaten Mail geschrieben hast, sind von sehr technischer Natur. Alles sind anscheinend bei euch inhouse aufgenommene Originalsamples, die allerdings ohne irgendeine natürliche Spielweise als Vergleichstestreihen aneinander geschnitten wurden. Scheinbar auch noch stark klanglich nachbearbeitet. Gut wären da natürlich genauso geschnittene und bearbeitete Testreihen mit Standardmikrofonen. Leider nicht der Fall.
Das Ergebnis sind Klänge, die ich nicht von einem Steinberg Groove Agent anno 2007 unterscheiden kann.
Ist das jetzt eher eine etwas merkwürdige Werbeanzeige eure Firma oder soll das ein seriöser Test sein?
Viele Grüsse!
Lars
@Klangkollektor Kleiner Nachtrag: Zum Sound eines Drum-Mikrofons gehört auch, wie die Übersprechungen der anderen Schlagzeugelemente klingen. Nicht alle leben in der Welt der des radikalen Gatings.
Also ran an den Speck und vernünftige, natürlich klingende Beispiele aufnehmen. Ist doch garnicht so schwer.