Jazz-Impressions
Jazz am Computer mit Samples? Improvisation und Inspiration vs. durchkonstruierte Patternstruktur – nichts scheint abwegiger. Und doch findet diese Widersprüchlichkeit regelmäßig über Sample-Librarys ihren Weg in die Musikproduktion. Die sonst oft gescholtenen Construction Kits sind hier sogar die sinnvollste Darreichungsform, denn wie sollte man sonst die Atmosphäre von Sessions aus einem verqualmten Hot Club beibehalten?
Impressions: Jazz Construction Kits beinhaltet 62 Kits. Das hört sich erst einmal viel an, jedoch relativiert sich diese Anzahl, da mehrere Kits zu ein und derselben Session gehören, derer es dann schlussendlich 12 sind. Allerdings passen die Teile nicht unbedingt direkt aneinander, sondern sind vielmehr Ausschnitte aus offenbar längeren Aufnahmesessions.
Diese Sessions wurden mit kleinem Ensemble eingespielt: Drums, Bass, Piano und Gitarre. Dazu gesellen sich bei gelegentlich Soloeinlagen von Saxophon, Posaune, Flöte und Klarinette. Die Drums wurden relativ verhalten, aber virtuos gespielt, wie man es von aktueller Musik gar nicht mehr gewohnt ist. Sehr schön sind die Pianopassagen, die ständig zwischen Backing und Soloeinlagen lavieren. Eher für den Hintergrund agieren die Guitar-Riffs, die Jazz-typisch auf einer Halbakustikgitarre mit bedecktem Klang eingespielt wurden.
Die Files liegen nur als WAV/Acid und AIFF (jeweils ca. 1,8 GB) vor, das Rex-Format fehlt leider. Pro Kit gibt es nach einem informativen Gesamtloop die einzelnen Spuren aller Instrumente. Überdies wurden die Drums separat mikrofoniert, inklusive Room und Overhead, abgenommen. Diese Spuren liegen in einem Extraordner, der fast genauso groß wie der eigentliche Content ist.
Stilistisch orientieren sich die Kits weitestgehend an den 50er und 60er Jahren, der vielleicht besten Ära des Jazz. Von sehr ruhigen, langsamen bis hin zu fast Hot Jazz-mäßigen Grooves reicht die Spannbreite. Doch was fängt man damit an? Der einfachste Einsatz scheint im Vertonungsbereich zu liegen. Soll in einem Game oder im Film eine authentische Jazzatmosphäre einfließen, kann man hiermit sehr fix eine passende Untermalung erstellen.
Für das Einarbeiten in eigene Songs wird es schon etwas schwieriger. Zwar sind die Taktlängen und Tempi auf den DAW-Einsatz optimiert, aber trotzdem schlingern die Spuren fröhlich um jede Quantisierung herum – so soll es ja auch sein. An diesem Punkt vermisst man aber Rex-Files doch sehr, denn hiermit könnte man in Stylus RMX mit dem TimeDesigner sehr einfache eine Anpassung vornehmen. Generell wird man wohl eher die Loops zerschneiden und kurze Licks extrahieren und diese dann mit anderem Material vermischen, mit selbst programmierten Beats kombinieren und seine eigenen Melodien dazu improvisieren. So transportiert sich dann auch ein wenig der Jazz-Gedanke in den Computer.