Bildmischer für Live Streaming & Videoproduktion
Videomischer für Livestreaming und mehr
Wir Musiker sind Gewohnheitstiere. Irgendwann in der Kindheit oder Jugendzeit wurde ein Instrument erlernt, die Fähigkeiten verfeinert, eine Band gegründet und dann wird „nur“ noch Musik gemacht. Na klar, Equipment wird gewechselt wie Socken, wenn es die finanzielle Situation zulässt. Aber im Großen und Ganzen bleibt das Geschäft gleich: An den Wochenenden geht es auf die Bühne, unter der Woche bleibt man im Studio oder unterrichtet Instrumentalschüler, um auch mal zur Abwechslung ein geregeltes Einkommen zu haben.
Umso schlimmer, wenn ein winziges Virus uns zwingt, aus dem Stand ein neues Geschäftsmodell aus dem Boden zu stampfen, denn Live-Auftritte sind nicht oder nicht in der gewohnten Form möglich und auch die Musikschüler bleiben lieber noch auf Distanz. Gesangs- oder Blasinstrumentunterricht mit Mundschutz ist schwer möglich und diese ganze Desinfiziererei von Instrumenten und Händen macht das Leben auch nicht schöner. Immer mehr meiner Kollegen haben das Streaming von Konzerten für sich entdeckt oder unterrichten wie ich ihre Schüler online. Manche machen das ganz „billig“ mit der Smartphone Kamera, andere aufwändig mit mehreren Kameras und Bildschnitten. Gerade letzterer Fall kann schnell ins Geld gehen (das wir Musiker ja gerade jetzt nicht haben), denn ein Bildmischer und Video Switcher samt Interface für den Anschluss des Computers kosten richtig viel Geld – von den Kameras mal ganz abgesehen.
Die in Videoproduktionskreisen bekannte Firma Blackmagic Design möchte hier Abhilfe schaffen und hat bereits vor Corona den Blackmagic Design ATEM Mini Live-Produktionsmischer entwickelt. Zum Preis einer ordentlichen Gage sollen hier Features aus den hochpreisigen Produktionsmischern für das Streaming zur Verfügung gestellt werden. Ich habe eines der ersten verfügbaren Geräte in Deutschland ergattern können und in den letzten Wochen ausgiebig getestet.
Blackmagic Design
Die US-amerikanische Firma Blackmagic Design ist in Sachen Videoproduktion ein alter Hase. Produktionsmischer, Kameras, Video-Switcher, Schnitt-Software, Video Capture-Karten, Video Encoder, Displays und vieles mehr gehören zum Portfolio der Firma. Mit der ATEM-Serie kamen zahlreiche Tools für die Live-Produktion hinzu. Vom kleinen Blackmagic Design ATEM Mini über das ATEM Television Studio Mischpult bis hin zu großen Broadcast Switchern bietet die Serie zahlreiche Tools für die Live-Übertragung von Video und Ton. Dabei profitieren selbst die günstigeren Produkte von den Features der teuren High End-Produkte von Blackmagic Design. Das Blackmagic Design ATEM Mini macht dabei keine Ausnahme.
Blackmagic Design ATEM Mini
Der Blackmagic Design ATEM Mini ist ein Live-Produktionsmischer für das Video-Streaming auf typischen Plattformen wie YouTube, Facebook und Co. Anders als die großen Brüder setzt der ATEM Mini keine professionellen Kameras mit SDI-Anschlüssen voraus, sondern arbeitet mit HDMI. Vier HDMI-Eingänge stehen zur Verfügung.
Ein HDMI-Ausgang sorgt nach Anschluss eines Displays für das Monitoring. Wer sich schon einmal mit YouTube oder Facebook Streaming auseinander gesetzt hat, weiß, dass die von den Streaming Plattformen bereitgestellten Anwendungen für das Live-Streaming den Anschluss einer Webcam erwarten. Das Arbeiten mit mehreren Kameras oder gar das Streamen per Videokamera ist nicht vorgesehen. Viele Streamer setzten deshalb lange Zeit auf Software-Lösungen. Einige weit verbreitete und vor allem kostenlose Lösung ist die Software OBS. Diese ist für Windows wie MacOS X erhältlich und gestattet es, mehrere Video- und Audioquellen zu mischen, dazwischen umzuschalten, Grafiken einzublenden oder gar live Programmfenster ins Geschehen einzubinden. Das Ergebnis wird dann live auf alle erdenklichen Plattformen gestreamt oder aufgezeichnet. Das funktioniert auch alles richtig prima, sofern man einen schnellen Computer hat. Ein weiterer Nachteil von OBS ist, dass die Anbindung an eine Videokonferenz-Software, zum Beispiel für den Zweck von Online-Schulungen oder Online-Unterricht, nur per Virtual Camera Plugin möglich ist. Diese Plugins werden mit etwas Glück von der verwendeten Videokonferenz-Software als Webcam erkannt und somit steht der professionell wirkenden Multicam-Produktion nichts mehr im Wege – außer gegebenenfalls die Rechnerleistung.
Auch ich bin zunächst den Weg über OBS gegangen. Da OBS für MacOS X keinen virtuellen Webcam-Treiber zur Verfügung stellt, musste auf den Einsatz bei Videokonferenzen allerdings verzichtet werden. Zwischenlösungen über Drittanbieterlösungen funktionierten zwar, waren aber aufgrund der hohen Belastung selbst meines sehr leistungsstarken MacBook Pro nicht für den dauerhaften Betrieb geeignet. Wer möchte schon statt Musik den Lüfter rauschen hören?

Macbook Air, ATEM Mini, iPad Pro und Mackie 1202 VLZ Mischpult. Die Sprache wird per Lavalier-Mikrofon übertragen.
Mit der Ankündigung des Blackmagic Design ATEM Mini sollte es möglich sein, selbst mit einem sehr langsamen Rechner live Multicam-Produktionen zu streamen. Wäre das also eine Möglichkeit, mein altes 11“ MacBook Air von 2014 wieder in den Dienst zu nehmen und anstelle meines Arbeitscomputers für das Streaming zu nutzen? Diesen Gedanken müssen auch unzählige andere Musiker gehabt haben, denn das Blackmagic Design ATEM Mini war kurz nach der Erstauslieferung ausverkauft und die zweite Auslieferungswelle ließ aufgrund des Produktionsstopp weltweit auf sich warten. Nachdem meine Vorbestellung aufgrund von Nichtlieferbarkeit kurze Zeit nach der Bestellung um Monate nach hinten verschoben wurde, hatte ich Glück und konnte per Zufall ein Gerät bei einem anderen Anbieter ergattern, der einige wenige ATEM Mini geliefert bekommen hatte. Schnell wurden passende HDMI-Kabel für alle möglichen Kameras bestellt, um das Blackmagic Design ATEM Mini so schnell wie möglich nutzen zu können.
Features des Videomixers
Neben den bereits erwähnten vier HDMI-Eingängen und dem HDMI-Monitorausgang gibt es einen USB-C Anschluss, über den das fertig gemischte Signal als Webcam-Signal an den Computer geschickt wird. Zwei Mikrofon/Line-Eingänge im Miniklinkenformat gestatten den Anschluss von Ansteckmikrofonen oder Geräten mit Line-Pegel. Zusätzlich wird der Ton, den die Kameras per HDMI zur Verfügung stellen, in den Audiomix mit einbezogen. Für jeden Eingang lässt sich bestimmen, ob der Ton eingeschaltet werden soll oder nicht. Außerdem lässt sich festlegen, ob die Audioquelle mit dem Schalten der Videoquelle wechseln soll. Gerade für die Anwendung als Live-Produktionsmischer bei Konzerten ist das wichtig, denn hier kommt der Ton in der Regel aus einer zentralen Quelle (zum Beispiel dem Mischpult) und nicht aus den einzelnen Kameras.

Alle Bedienelemente sind übersichtlich auf der Oberseite angeordnet. Unter der Haube steckt aber noch viel mehr.
Das Setup wäre schnell erledigt, hätte man bei Blackmagic Design daran gedacht, dem ATEM Mini ein USB-C auf USB-A Kabel beizulegen. Glücklicherweise konnte ich dies aber im nahegelegenen Geschäft besorgen.
Die Stromversorgung des Blackmagic Design ATEM Mini geschieht per externem Netzteil. Der Stecker lässt sich verschrauben, was bei einer Live-Produktion bestimmt nicht von Nachteil ist.
Auf der Oberseite des Blackmagic Design sind alle Bedienelemente als beleuchtete Taster angebracht. Vier große Taster dienen der Anwahl der Bildquelle. Die kleineren Taster darüber sind jeweils für den Ton und die Tonmischung zuständig. Im rechten Drittel sind alle Bedienelemente für Cuts, Überblendungen, Bild-in-Bild Effekte und das Video-Processing untergebracht. Ansonsten lassen sich noch die Signale der zwei Mikrofon-/Line-Eingänge ein- und ausschalten sowie im Pegel regeln. Das war es im Prinzip auch schon. Die Oberfläche ist sehr übersichtlich gehalten und die grundlegenden Funktionen versteht man deshalb auch ohne das gut gemachte Handbuch, das man allerdings erst aus dem Internet herunterladen muss.
Ein Anschluss wurde von mir bisher unterschlagen, und zwar die Ethernet-Buchse auf der Rückseite des ATEM Mini. Diese dient nicht etwa dem Streaming per Direktanschluss an einen Router (das kann der große Bruder Blackmagic Design ATEM Mini Pro), sondern der Fernsteuerung per Ethernet. Der ATEM Mini kann nämlich erheblich mehr, als die Bedienoberfläche es vermuten lässt. Für die volle Power des ATEM Mini benötigt man die Steuer-Software, die man kostenlos von der Produkt-Website herunterladen kann. Diese kann entweder per USB oder per Ethernet auf den ATEM Mini Mischer zugreifen und bietet Zugriff auf den vollen Funktionsumfang des kleinen Gerätes. Und hier wird es erst richtig interessant.
DVE – Digital Video Effect
Der ATEM Mini Live-Produktionsmischer hat nämlich eine ausgeklügelte DVE-Engine integriert. Das Kürzel DVE steht für Digital Video Effect und ist vergleichbar mit den Audio DSPs, die wir aus Effektgeräten oder digitalen Mischpulten kennen. Gemeint sind hier weniger die Überblendungen zwischen zwei Videobildern als vielmehr Effekte wie Bild-in-Bild (PiP – Picture-in-Picture), Bildtransformationen, Chroma Keying, Bildbewegungen, Masken und vieles mehr.
fertige DVE-Presets lassen sich über die Bedienoberfläche des ATEM Mini direkt abrufen. Dazu gehören verschiedene Bild-in-Bild Presets und Transitions. Eine Transition ist eine Überblendung von einer Bildquelle zu einer anderen. Für den ersten Kontakt mit dem Gerät ist es sinnvoll, diese Presets einfach mal auszuprobieren. Schnell wird allerdings der Wunsch kommen, gerade bei den Bild-in-Bild Funktionen das einzublendende Bild zu skalieren und frei zu bewegen. Hier kommt nun das Programm ATEM Software Control ins Spiel. ATEM Software Control bietet zahlreiche Einstellmöglichkeiten für die DVE-Sektion wie Bildgröße, Masken, Bildposition, Chroma Key-Manipulationen für Green Screens. Es gibt außerdem Zugriff auf die integrierten Mischpultfunktionen des ATEM Mini wie EQs, Kompressor, Kanalpegel. Der Blackmagic Design ATEM Mini verfügt außerdem über einen integrierten Bildspeicher mit 20 Speicherplätzen, um grafische Overlays wie Titel, Logos und so weiter zu speichern.
Die DVE-Einstellungen sind unterteilt in den Upstream Keyer und einen Downstream Keyer. Der Upstream Keyer umfasst alles, was mit dem Videobild und den Überblendungen direkt zu tun hat, wie zum Beispiel den Chroma Keyer für Green Screen-Effekte, den Luma Keyer, der eine ähnliche Funktion wie der Chroma Keyer besitzt, allerdings auf Basis der Helligkeit (schwarz = voll transparent), die Masken, Scaler, Rotation und so weiter. Hier lassen sich zum Beispiel die Bild-in-Bild Effekte verwirklichen, der Hintergrund ausstanzen und ersetzen und vieles mehr. Der Downstream Keyer ist die nachgeschaltete Instanz und wird immer dann genutzt, wenn Bildelemente sich nicht ändern sollen, zum Beispiel die Logo-Einblendung.
Die Parametrisierung ist für einen Neuling zunächst verwirrend. Viele Fachbegriffe schwirren durch den Kopf, die man mit Inhalt füllen muss.
Insbesondere bei der Arbeit mit dem Luma Keyer ist einiges an Hintergrundwissen erforderlich, das man als Musiker nicht unbedingt mitbringt. Hier hilft die sehr ausführliche Bedienungsanleitung, die man auf der Internetseite herunterladen kann, weiter. Ein Glossar auf der Website wäre noch schön, doch man kann nicht alles haben. Möchte man sich näher mit Chroma und Luma Keyer beschäftigen, ist gleichzeitig Wissen in Sachen Bildbearbeitung mit Photoshop und Co. nützlich. Der ATEM Mini kommt übrigens mit einem Photoshop-Plugin, mit dem das Erstellen von Grafiken für den ATEM Mini und die Übertragung der Grafiken in den Speicher direkt aus Photoshop heraus vereinfacht wird. Wer sich schon mal mit Alpha-Kanälen auseinander gesetzt hat und wem das Wort Transparenz in Sachen Grafik nicht ganz fremd ist, wird sich aber schnell zurecht finden. Der Blackmagic Design ATEM Mini wertet nämlich diese Informationen aus und nutzt sie gegebenenfalls, um bei Overlays das darunter liegende Video durchscheinen zu lassen. Es können aber auch gezielt Farben ausgewählt werden, die dann vom Keyer transparent geschaltet werden. Auch der Grad der Transparenz lässt sich ändern.
Alle Möglichkeiten der DVE hier aufzuzählen, würde den Rahmen des Artikels bei weitem sprengen. Ich empfehle hier das Studium der Blackmagic Design ATEM Mini Produktseite und der eindrucksvollen Videos dort.
Einige Effekte/Möglichkeiten zeigen die folgenden Bilder, insbesondere den Einsatz der Bild-in-Bild-Funktion und des Chroma Keyers:

Nicht nur HDMI-Quellen lassen sich mit dem ATEM Mini nutzen, sondern auch Grafiken in den internen Speicher laden und einblenden, zum Beispiel „Bauchbinden“

Hier habe ich eine Beispielgrafik in Form einer sogenannten „Bauchbinde“ in Pixelmator angelegt. Sie wird dann als TIFF mit Alphakanal gespeichert und anschließend in den ATEM Mini importiert. Nutzer von Photoshop freuen sich über ein eigenes Plug-in dafür.

Alle transparenten Bereiche der Grafiken im Mediaplayer werden anschließend durch das Videobild ersetzt
Fairlight Audio Mischpult
Das Fairlight Audio Mischpult ist die Audiozentrale des ATEM Mini. Hier laufen alle Audiosignale zusammen und werden zu einem Stereosignal gemischt. Im Prinzip handelt es sich hier um eine Mischpultoberfläche, wie man sie auch aus Programmen wie Logic oder Cubase kennt. Jedes Signal hat seinen eigenen Kanalzug. Einstellbar sind Trim, ein parametrischer 6-Band-EQ, Expander/Gate, Kompressor und Limiter, Pan sowie der Kanalpegel. Da der ATEM Mini leider nicht über einen Kopfhöreranschluss verfügt (wie konnte man das nur vergessen?), ist leider der Kopfhörerbus, der im Mischpult angezeigt wird, deaktiviert.
Jeder Kanal lässt sich außerdem ein- und ausschalten und bestimmen, ob er beim Wechsel des Videobildes aktiv sein soll oder nicht. Was mir hier fehlt, ist ein Eingangs-Delay. Warum ein Delay? Jede Kamera mit HDMI-Ausgang verursacht eine unterschiedliche Verzögerung. Insbesondere bei Consumer-Kameras sind Ton und Bild oft leicht gegeneinander verschoben. Auch ein direkt angeschlossenes Mikrofon eilt dem Bild in der Regel voraus. Ohne Delay werden Bild und Ton unweigerlich auseinander laufen. Das ist ein absolutes No-Go und somit bleibt zu hoffen, dass Blackmagic Design diese wichtige Funktion per Update nachreichen, wie sie es bei den größeren ATEMs getan haben. Hoffen wir mal, dass es hier nicht um ein Verkaufsargument für die größeren Systeme geht.
Weitere Features der Software
Die Software bietet noch viele weitere Features, die jedoch nur dann Sinn machen, wenn man weitere Geräte aus dem Blackmagic Design Portfolio besitzt, wie zum Beispiel den HyperDeck Studio Mini Recorder, der eine Aufnahme und Wiedergabe von Videoinhalten ermöglicht. Dieser kann direkt aus ATEM Software Control heraus gesteuert und in den Stream eingebunden werden. Bis zu vier HyperDecks können angesprochen und eingebunden werden.
Über Makros können umfangreiche Serien an Bedienschritten zu einem Makro zusammengefasst und dann jederzeit wieder abgerufen werden. Solche Features kennt man sonst nur von erheblich teureren Systemen.
Bis zu 20 Grafiken finden im Speicher des ATEM Mini Platz. Logos, Texteinblendungen, Zierelemente und viele weitere Dinge können also direkt im Gerät gespeichert und auf Knopfdruck abgerufen werden.
Der Blackmagic Design ATEM Mini lässt sich über MIDI Controller fernsteuern. Oder man nutzt gleich eine der professionellen Mischpultoberflächen aus der ATEM-Serie.
Alle Einstellungen des ATEM Mini können als Konfigurationsdatei gespeichert und wieder geladen werden. So lassen sich verschiedene Setups verwirklichen. Ich habe zum Beispiel für meinen Online-Musikunterricht drei Settings gespeichert:
- Keyboard mit zwei Kameras, einer Einblendung von Classroom Maestro vom Mac inklusive Chroma Keyer für die Musiktheorie sowie Einblendung von Noten und Live-Notizen vom iPad.
- Piano mit einer Overhead-Kamera für die Tastatur, einer seitlichen Kamera für die Tastatur, beide mit der Bild-in-Bild Funktion zusammen gelegt. Außerdem lässt sich das iPad für Noteneinblendungen und Live-Notizen hinzuschalten.
- Gitarre mit zwei Kameras für die rechte und linke Hand, sowie dem iPad für Noteneinblendungen und Live-Notizen.
Jedes Preset hat eine andere DVE-Konfiguration und ich kann somit für den Unterricht mit wechselnden Instrumenten schnell mein Setup umbauen. Aufwändig bleibt also nur der Umbau der Kameras.

Bild-im-Bild: Gerade für den Unterricht an Tasteninstrumenten sind oft verschiedene Blickwinkel hilfreich

Je nach Position der seitlichen Kamera lassen sich so auch Handhaltungen kontrollieren beziehungsweise Übungen dazu vormachen
Es gibt übrigens noch ein weiteres Feature, das im Alltag vielleicht nicht unbedingt so häufig benötigt wird, jedoch nicht unerwähnt bleiben soll: Man kann von mehreren Computern über Ethernet auf den ATEM Mini Live-Produktionsmischer zugreifen und gemeinsam arbeiten. So kümmert sich einer um den Ton, einer um den Bildschnitt und ein anderer um die Einblendungen, fast so, wie es bei professionellen Produktionen auch der Fall ist.
Formatkonvertierung
Der ATEM Mini Live-Produktionsmischer versteht viele verschiedene HD Video Eingangsformate. Diese reichen von 720p50 bis hin zu 1080p60. Am HDMI Ausgang können 1080p mit allen weltweit gängigen Framerates ausgegeben werden. Gleiches gilt für das Streaming per USB. Für Computer stehen Formate von 1280 x 720p bei 50 Hz bis 1920 x 1080i/p bei 50 bis 60 Hertz zur Verfügung. Das ATEM Mini wird nach dem Anschluss als zweiter Monitor erkannt und kann so genutzt werden. Das ist sinnvoll, wenn man zum Beispiel bestimmte Software-Fenster einblenden möchte. Die Farbauflösung beträgt 10 Bit, das Video Sampling geschieht im 4:2:2 YUV Format. Eine Besonderheit des ATEM Mini ist, dass er verschiedene per HDMI angelieferte Formate in Echtzeit auf das gewählte Ausgangsformat konvertieren kann. Gerade bei der Nutzung von Consumer-Kameras mit begrenzten Einstellmöglichkeiten ist das wichtig. Leider hat die Formatkonvertierung in Echtzeit auch einen Nachteil: Sie verursacht eine Latenz. Diese Latenz macht sich vor allem beim Ton bemerkbar. Bei meinen ersten Gehversuchen habe ich mich wegen der automatischen Formatkonvertierung um das HDMI Ausgabeformat der Kameras nicht weiter gekümmert. Mein Lavaliermikrofon, das ich im Unterricht zur Sprachübertragung nutze, und mein Instrument waren an einem der Mic/Line-Eingänge angeschlossen. Der Ton der Kameras blieb ausgeschaltet. Die Verzögerung, die dann zwischen Bild und Ton entstand, betrug teilweise mehr als eine Sekunde. Nach langer Recherchezeit habe ich dann im Blackmagic Design-Forum den Tipp gefunden, nach Möglichkeit gleiche Kameras mit gleichen Einstellungen zu nutzen. Da ich nun aber zwei verschiedene Kameras besitze, musste für die Kameras und den ATEM Mini der kleinste gemeinsame Nenner gefunden werden. In meinem Fall waren das 1080p und 50 Hz. Dieser Trick umgeht den Scaler, der für die Formatkonvertierung der Eingangssignale zuständig ist und führte dazu, dass die Verzögerung zwischen Ton und Bild auf ein mehr als erträgliches Maß zusammenschrumpft. Bis Blackmagic Design dem Fairlight Audiomischpult des ATEM Mini also ein Delay spendiert haben, ist das die einzige Möglichkeit abseits von der Nutzung eines Digitalmischpult vor dem Line-In, um mit diesem den Ton zu verzögern.
Im Live-Einsatz bei Streaming & Co
Das Wort „Live“ ist ja derzeit leider schon fast ein Schimpfwort für Musiker, da Auftritte vor Publikum entweder nicht gestattet oder durch hohe Hürden und Publikumsbegrenzungen unrentabel sind. Das Streaming von Konzerten und der Verkauf von virtuellen Eintrittskarten, Spenden-Links oder gar Konzerte im Autokino mit Übertragung auf eine große Leinwand haben gerade Hochkonjunktur. Für die Bands, die nicht gerade über die finanziellen Mittel für eine professionelle Videoproduktionsfirma verfügen, ist der Blackmagic Design ATEM Mini die perfekte Möglichkeit, selbst in die virtuelle Konzertwelt einzutauchen. Dazu benötigt man neben dem ATEM Mini nicht viel mehr als einige passable Kameras (wenn möglich vom gleichen Typ), ein Mischpult und einige Mikrofone – und natürlich eine schnelle Internetverbindung mit ausreichend hohem Upstream, denn ein HD Video verlangt dieser schon einiges ab.

Für das Streaming eines Konzerts mit vier Kameras ist nicht viel zu tun. Die Einarbeitung geht schnell und auch Laien finden sich zügig zurecht. Schade, dass nur der ATEM Mini Pro über das Multicam Feature am HDMI-Ausgang verfügt.
Vielleicht mag sich ein Freund der Band etwas mit dem ATEM Mini auseinander setzen. Oft gibt es doch Freunde oder Bekannte, die ohnehin jeden Auftritt aus der ersten Reihe mit der Smartphone Cam dokumentieren und die Ergebnisse dann in den sozialen Medien posten. Postiert man die vier Kameras so, dass sich vier interessante Perspektiven ergeben (vielleicht einmal die gesamte Bühne, der Sänger in Nahaufnahme und dann vielleicht noch zwei weitere Spots, die einen oder zwei Musiker etwas näher zeigen), ist das schon die halbe Miete. Dann vielleicht noch das Bandlogo und die Songtitel als Grafiken in den ATEM Mini transferieren und schon kann es losgehen. Nutzt man ein digitales Mischpult für alle Signale der Band, lässt sich der Ausgangsbus prima verzögern und somit das direkte Mischpultsignal den leicht verzögerten Kamerasignalen anpassen. Nutzt man die automatischen Cuts, muss man sich um Übergänge keine großen Gedanken machen.
Doch wie kommt der Stream nun ins Internet? Das geht entweder direkt über die entsprechenden Apps der Streaming Plattformen oder über eine Software wie OBS. Die Vorgehensweise ist dabei gleich. Der Blackmagic Design ATEM Mini wird als Webcam ausgewählt, als Tonquelle wird ebenfalls der ATEM Mini ausgewählt. Nun ist alles für den Stream bereit.
danke für den interessanten und praxisgerechten bericht. für mich als filmemacher immer wieder erstaunlich, mit wie geringem finanziellen aufwand man heute akzeptables video machen kann. blackmagic war da ja schon immer vorreiter mit guter qualität. hatte nie probleme mit denen.
@mdesign Das stimmt. Die Qualität ist wirklich super. Jetzt müssten nur noch die Videokonferenz-Anbieter das ATEM Mini nativ unterstützen. Das wäre der Hammer. Und das Delay für das Audiosignal hätte ich wirklich gerne. Aber es ist halt erst durch Corona so wirklich das Bewusstsein bei allen Beteiligten erwacht, dass Konferenzsysteme auch von Musikern genutzt werden. Für den YouTuber ist das ATEM Mini ohnehin genial, weil man so auch ohne leistungsstarken Rechner schicke Videos machen kann.
Klingt im Großen und Ganzen als ein extrem gut durchdachtes Konzept zum streamen.
Was ich aber SCHWERSTENS vermisse: wo ist der (Im besten Fall) symmetrische Stereo LineIn XLR (Klinke reicht auch) Audioeingang?!
Als DJ braucht man ja auch die Mixersumme im Stream hinzumischbar.
Die beiden Miniklinken Mic Inputs sind ja wohl dafür unbrauchbar.
Und als Alternative fiele mir nur ein, einen Audio2HDMI Converter dazwischen zu schalten und an eine Kamerasource anzuschließen. Dann fällt aber schonmal eine Bildquelle flach…
Ist für mich inakzeptabel oder sehe ich da was falsch?
@elexred „ Zwei Mikrofon/Line-Eingänge im Miniklinkenformat gestatten den Anschluss von Ansteckmikrofonen oder Geräten mit Line-Pegel.“
Hat er, sogar als Stereominiklinke.
@Markus Galla Ah, danke.
Dann geht das immerhin doch.
Nichtsdestotrotz wären für amtliche Zuspieler große Klinkenbuchsen deutlich besser gewesen.
XLR auf Stereominiklinke ist einfach unsexy ;-)
Danke für die Aufklärung.
Greetz
@elexred Das hätten Gehäusegröße und Preis wohl nicht zugelassen. Die großen ATEMs haben XLR.
@elexred Das stimmt natürlich. Mini XRL wäre vom Platz wohl möglich, aber die Mini-Klinken machen eine guten Eindruck. Problematischer sind in meinen Augen nach zwei Einsätzen die HDMI-Buchsen. An denen gibt e zwar auch nichts auszusetzen, aber HDMI-Stecker sitzen in meinen Augen immer schlecht, da darf keine Bewegung auf dem Kabel sein. Gerade wenn man ein dickes 10m Kabel einsetzt, was entsprechend schwer ist und davon dann noch vier nutzt plus den HMDI-Ausgang. Dann noch vier XLR-Mono-Kabel mittels Adapter, da muss man sich auf alle Fälle eine Kabelentlastung basteln, damit das Gewicht der Kabel nicht den ATEM Mini vom Tisch zieht oder die Buchsen beschädigt.
Hallo,
wegen Audio-Delay gibt es inzwischen wohl eine neue Option / Software die für MIC1 und MIC2 getrennt eine Delay von 1- 8 Frames einstellbar macht:
https://www.youtube.com/watch?v=bN1Z4zCiv-s
Hab meinen ATEM Mini (Pro) gerade verliehen und kann es selbst nicht testen.