GO SYNTH with your guitar (!!!)
Inhaltsverzeichnis
Die Welt der Gitarren und deren Sounds ist groß, aber doch relativ begrenzt. Vereinfacht gesagt gibt es als Grundsounds Clean, Crunch, Rhythm und Lead. Klar, andere Instrumente und verschiedene Amps klingen auch wieder unterschiedlich, aber vergleicht man das mit der Bandbreite an Sounds, die mit einem Synthesizern erzeugt werden können, ist man trotz der großen Bandbreite an Möglichkeiten etwas eingeschränkt. Effektgeräte erweitern da natürlich die Palette ungemein. Darum lieben wir sie auch so (wenn man mal ehrlich ist, haha^^). Von Modulation bis Delay und Reverb ist vieles auf jedem Board vertreten. Doch darüber hinaus wartet noch eine Welt, die Sounds jenseits der Gitarre erzeugt.
Die Rede ist (neben vielen anderen tollen Pedalen) von Gitarrensynthesizern. Oft musste man hier einen speziellen Pickup zusätzlich auf der Gitarre installieren, der dann die Töne der Saiten in MIDI-Signale verwandelte, um mit diesen wiederum einen externen Sequencer oder Synthesizer zu füttern. Im Grund wurde nur die Tastatur eines Keyboards durch die Gitarre ersetzt. Aufwändig und nicht mit jedem Instrument spielbar, da der Pickup benötigt wurde. Nun hat der uns allen bekannte Effektgigant BOSS mit dem SY-200 ein Gerät auf dem Markt, das keinen speziellen Pickup benötigt, sondern das – wie jedes andere Effektpedal – einfach in der Signalkette auf dem Board platziert wird. Let’s check out the BOSS SY-200 GUITAR-SYNTHESIZER.
UNBOXING – BOSS SY-200 GUITAR-SYNTHESIZER, Effektgerät
Im produkteigenen Karton verpackt kommt das Pedal an. Anbei liegen nur Batterien sowie Hinweise und Anleitung. Nothing special, aber mehr braucht man auch nicht. Bis auf, dass am DC In steht (use BOSS PSA S Adapter only) und dieser aber nicht mitgeliefert wird, ist etwas schade. Nun gut, ein normales DC 9 V Netzteil mit min. 230 mA oder Multistromversorgung tut es auch. Was steckt denn da so drin im SY-200?
SPECS & FACTS – BOSS SY-200 GUITAR -SYNTHESIZER, Effektgerät
Das 101 x 138 x 63 mm große und 700 g schwere (besser leichte) in Blau gehaltene Gehäuse kommt sehr schick daher. Die Benutzeroberfläche ist trotz der acht Potis, zwei Fußschaltern, zwei Buttons und dem kleinen LC-Display sehr übersichtlich gestaltet. Die beiden Fußschalter regeln ab Werk die Funktionen On/Off und Memory/Control, sind aber frei belegbar. Die großen Potis auf der rechten Seite des Pedals lassen die Auswahl der 128 Presets und 12 Grundsoundcharakteristik zu. An Grundsounds stehen zur Auswahl:
- Lead
- Pad
- String
- Bell
- Organ
- Bass
- Dual
- Sweep
- Noise
- SFX
- SEQ
- Arpeggio
Die sechs verbleibenden Potis regeln Direktzugriffe auf die Parameter des jeweiligen aktivierten Effekts. Drei davon sind fix (D. Level = Gitarrensignal, E. Level = Effektsignal, Variation) und drei ändern sich je nach Effektart und werden sehr praktisch einfach im Display angezeigt samt Wert (wenn man den Poti dreht).
Es stehen zwei weitere Buttons für „Menü“ und „Exit“ zur Verfügung, die zusammen mit dem Presetwahl-Dreh- und Push-Poti die Navigation steuern. Alles sehr durchdacht, um viele Funktionen unterzukriegen, aber dabei dennoch immer übersichtlich und intuitiv. Wer liest schon gerne ein Handbuch VOR der Benutzung eines neuen Pedals (habe ich seit 10 Jahren nur einmal machen müssen).
Anschlussseitig findet man auf der linken Seite MIDI In und Out, allerdings via Miniklinke und nicht Standard 5-Pin DIN-Stecker sowie einen Micro-USB-Anschluss, der für Updates gedacht ist. Alle weiteren Anschlüssen liegen standardmäßig auf der Rückseite (finde ich persönlich immer am Praktischsten, da sich die Pedale auf dem Board optisch schöner nebeneinander platzieren lassen und die Verkabelung dahinter stattfindet). Hier stehen vier Standard-Klinkenanschlüsse für In, Send, Return und Out zur Verfügung. Der Send kann auch als zweiter Ausgang genutzt werden, um das D.-Signal getrennt vom E.-Signal aus dem Pedal herauszuleiten. Praktisch!!! So kann man beispielsweise das Effektsignal direkt über DI an die PA weiterschicken oder noch durch eigene Effekte jagen und das Gitarrensignal geht weiter im Board und über den Amp.
Die fünfte Klinkenbuchse ist als TRS ausgeführt und für den Anschluss eines Expressionpedals gedacht. Hiermit lassen sich einstellbare Parameter in Echtzeit steuern.
PRAXISTEST 1: HANDLING – BOSS SY-200 GUITAR-SYNTHESIZER, Effektgerät
Das intuitive Design des SY-200 ist in meinen Augen ein riesieger Pluspunkt. Man verliert sich allein im Ausprobieren der Werks-Presets, ohne einen eigenen Sound gebaut zu haben. Fängt man damit an, vergehen Tage wie Minuten. Die Einfachheit des Einstellens von z. T. komplexen Sounds überzeugt absolut und macht fast süchtig. Das Hands-on-Design zahlt sich hier voll aus. Kein langes Suchen in Untermenüs mit x Reglern, alles was man brauch,t ist auf der Benutzeroberfläche klar sichtbar. Toll sind auch die Routingfeatures. So lassen sich beispielsweise das Gitarrensignal und das Effektsignal getrennt voneinander aus dem SY-200 herausziehen, um z. B. mit der Gitarre weiter durch die gewohnte Signalkette zu laufen und über den Hi-Gain-Amp, während der Synthanteil des Sounds „nur“ durch einen weiteren Reverb und dann auf die PA geht. So lassen sich individuelle Setups bauen und die Sounds auf die eigenen Vorlieben tweaken. Alternativ lassen sich über Parallelwege Synthsounds mit über Send/Return eingeschleifte externe Effektpedale eigene Klangwelten erzeugen.
Die Steuerung über zwei zusätzliche extern anschließbare Fußschalter oder ein Expressionpedal erweitern die Regelmöglichkeiten. Lege dir die „Resonance“ eines Effekts oder den „Cutoff“ auf das Expressionpedal, um in Echtzeit Sounds während des Spiels zu manipulieren.
Das Pedal ist sehr praxisnah gedacht und konzipiert. Man merkt, die lange Erfahrung der Firma und auch die Qualität stimmt. Klar, ein echter analoger Synthesizer klingt deutlich authentischer, darum geht es hier aber auch nicht. Es soll kein Abbild sein, sondern „inspiriert durch“ ist das Motto. Als Spielender von den berühmten sechs Saiten (oder vier, fünf oder sieben, da das SY-200 auch Bässe und Sevenstrings unterstützt) eröffnen sich Soundwelten. (Vielleicht vorab: Aber wie mit allem im Leben sollte man vielleicht auch hier das richtige Maß des Einsatzes der Sounds im Kopf behalten. Zuviel des Guten, ist dann eben auch zuviel. Man isst ja auch nicht Schokoladenkuchen nicht zu jeder Mahlzeit. So geil die Sounds sind, wenn fortan jeder Song so klingt, ist es auch nicht mehr spannend.) Aber wie klingt das Ding denn nun …
PRAXISTEST 2: SOUNDS – BOSS SY – 200 GUITAR SYNTHESIZER, Effektgerät
Die Sounds sind vielfältig und folgen dennoch einer Linie. Es ist sehr fesselnd, mit den Presets herumzuspielen und viele der Sounds inspirieren einen direkt zum Songwriting. Einige Sounds haben leider ein leichte Latenz, die man v .a. bei schnelleren Lead-Sequenzen im Spiel spürt, die allerdings sobald man minimal Gitarrensignal hinzumischt vernachlässigbar ist und wie gesagt nur teilweise auftritt. (Vielleicht lassen sie besagten Sounds auch noch entsprechend tweaken, da BOSS eigentlich von Zero Latenz spricht).
Arpeggio Sounds
Die Arpeggiator arbeiten sehr sauber, erkennen selbst komplexe Akkorde recht gut und trennen bei entsprechender gewünschter Einstellung Basstöne von Chords, die man dann z. B. als Fläche on top spielen kann. WOW! Das macht was her. Da gibt’s nichts weiter zu zu sagen, man höre und staune:
Pad Sounds
Für Flächensounds stehen die PAD-Settings zur Verfügung. Hier lassen sich Synthflächen erzeugen, die an Prophet oder OBX erinnern. Auch hier ist das Tracking äußerst gut und die Sounds „wabbern“ schön. Allerdings wäre hier ein nachgeschaltetes Reverb-Pedal empfehlenswert, die den Pads etwas mehr Raum geben.
Lead & Bass Sounds
Auch die Leadsounds sind recht vielfältig. 8 Bit Style Leads über Prophet oder Moog erinnernde Presets machen Spaß. Bei Gitarren mit wenig Output ist allerdings ein vorgeschalteter Kompressor für etwas mehr Sustain empfehlenswert, da die Sounds sonst z. T. recht schnell an Sustain nachlassen.
Sonstige Sounds
Spielt man durch die weiteren Soundcharakteristika durch, findet man allerlei Spannendes. Ob 80s Synth-Horns, orgelnde Presets oder psychedelisch anmutende Klänge. Hier sind die Möglichkeiten der insgesamt 171 an Boardsounds des SY-200 schier unendlich.
Alle Sounds wurden mit folgendem Setup aufgenommen:
Fender Perf Strat MN -> BOSS SY – 200 -> Apollo Twin X -> Cubase 12 PRO
Als Amp wurde ein NeuralDSP Archtype: Cory Wong im Cleansetup verwendet.
Knaller!
Ich hab gerade das Neural DSP Rabea PlugIn ausprobiert, da ist auch ein Synth drin, der ein fantastisches Tracking bietet. Leider kommt der mit Akkorden nicht klar. Aber selten so einen Quantensprung bzgl. Tracking ohne Midi Pickup erlebt.
@Jan Steiger Ja, das NeuralDSP Rabea steht auch noch auf meiner Ausprobier-Liste. Danke für den Tipp, Jan ;)
@Jan Steiger Okay , das hört sich gut an . 🔥
der preis ist natürlich gaanz zufällig knapp über dem des fishman midi pickups :D.
mich würde die fehleranfälligkeit interessieren, denn der fishman ist da ein wenig tricky.
allerdings ist der fishman nicht an vorgegebene boardpresets gebunden und funktioniert, bisher wengistens , mit jedem synth plugin – im studiobetrieb^^. live würd ich das nich riskieren.
wenn es zum gerät ein plugout gäbe udn die möglichekit eigene presets zu laden, es wäre unschlagbar. aber evtl ist ja die große ausgabe des synths dazu in der lage. der ksotet auch ne ganz stange mehr^^
Ich kann konkret zum SY-200 zwar nichts sagen, ich hatte mir aber damals den (wesentlich teureren) „großen Bruder“ SY-300 für meinen E-Bass zugelegt, als dieser rauskam. Dem hatte ich seit seiner Ankündigung richtig entgegengefiebert, war dann allerdings maßlos enttäuscht von dem Gerät.
Die Aussicht polyphone Synthsounds ohne Spezialpickup zu spielen klingt erst mal sensationell. Ich höre in den hier vorliegenden Soundbeispielen aber die gleiche Grundtonalität, die mir schon beim SY-300 nicht gefallen hat. Das klingt alles irgendwie „verwaschen“ und kraftlos und hat v.a. für Bass-Sounds absolut keinen „Oomph“. Diesen Grundcharakter kann man dem Gerät auch mit umfangreichem Soundtweaking nicht austreiben. Wobei sich gerade die Möglichkeiten des Tweaking auch stark in Grenzen halten und mehr oder minder in vorgefertigten Bahnen verlaufen. Ich vermute die Firma Boss befürchtet die Gitarristen und Bassisten mit einer typischen Synth-Klangerzeugung zu überfordern.
Ich bin inzwischen glücklich mit einem Sonuus G2M Midikonverter. Der ist zwar nur monophon (für Bass natürlich nicht ganz so tragisch) und auch nicht latenzfrei, funktioniert aber erstaunlich gut und das zu einem wirklich günstigen Kurs. Damit einen echten Synth (oder auch Soft-Synth) angesteuert und die Sonne geht auf.
@sibe „Ich höre in den hier vorliegenden Soundbeispielen aber die gleiche Grundtonalität, die mir schon beim SY-300 nicht gefallen hat.“
Genauso ging es mir auch beim SY-1. Und man bekommt diesen Klang auch nicht weg. Hatte auch den Eindruck, dass sich nach kurzem Einhören schnell alles gleich anhörte. Fällt mir hier in den BEispielen auch wieder auf. Irgendwann hört man nur noch diesen Klang, der einen stört, und will das Ding gar nicht mehr einschalten.
@OscSync „ Irgendwann hört man nur noch diesen Klang, der einen stört, und will das Ding gar nicht mehr einschalten.“
Ja, das war genau auch mein Empfinden mit dem SY-300.
Da bin ich froh, dass es mir nicht alleine so geht. 😉
Wobei ich da aber grundsätzlich auch recht schmerzfrei bin. Wenn ein Gerät MIR nicht gefällt, ist mir auch egal, ob es andere in den Himmel loben. Dann freue ich mich für alle die damit glücklich sind und weiß, mich zwingt ja keiner es zu benutzen.
Kann aber genauso auch umgekehrt sein, dass 99% aller Reviews absolut unterirdisch sind, ich für mich aber einen Nutzwert finde. 😂
@sibe Damit triffst Du einen sehr wichtigen und wesentlichen Punkt, Sibe :) Danke Dir! Wie so vieles in der Kunst, ist auch der Sound eines Effektgeräte zu einem sehr großen Teil Geschmacksache. Was dem einen extrem gut gefällt, findet der nächste furchtbar! Das bleibt aber auch das Schöne daran: Der Individualismus bleibt erhalten und jeder findet das, was ihm / ihr gefällt :)
Wirkt auf mich wie ein SY1 mit mehr User Interface. Leider erinnert auch der Klang stark an das kleine Pedal. Damals wurden in vielen Reviews die polyphone Arbeitsweise und das effiziente Interface mit Guten Kontrollmöglichkeiten auf kleinem Raum gelobt. Viel weniger explizites Lob fand man für den Klang. Es schwingt bei beiden Pedalen immer dieses unangenehme Klirren wie bei einem Pitchshifter mit und ich vermute, dass die Synthese nicht wirklich eine solche ist, sondern eher eine aufwendige Bearbeitung des Eingangssignals mit Layering unterschiedlicher Oktavlagen (ähnlich wie bei EHX POG) ,Verzerrung und nachfolgendes Filter (monophon) und Hüllkurve. Ich hatte mich am SY1 sehr schnell sattgehört und es deshalb wieder verkauft. Das hier getestete SY200 reizt mich klanglich leider auch nicht…
Hab ich was an den Ohren? Für mich klingt das nicht gut. Ok, Sound ist Geschmackssache, aber ich finde das Gehörte technisch schlecht.
Ich habe schon einige Guitarsynths besessen (Korg X911, Roland GR09, EHX Bass Micro Synth), die alle ihre Stärken und Schwächen hatten/haben.
Die Soundbeispiele klingen, als wären sie über einen Git-Amp abgenommen worden.
Auch klingen alle Bespiele, als wären sie mit einem ganz kurzem Ambient-Reverb versehen.
Ich bin verwirrt🙄
@harrymudd Ja genau. Bei allem Herausstellen cooler Features etc. zählt am Ende der Klang. Augen zu, Ohren auf, und entscheiden ob einem das Gehörte gefällt.
@harrymudd geht mir genauso. Eigenartiges Klangbild. Für wen könnte das interessant sein?
@zm33 Für einen alten tauben Gitarero😁
@harrymudd Geht mir auch so – der Text spricht von Moog, Prophet, OBX, aber die Klangbeispiele sind irgendwie „Tischhupe“. Kein einziger Klang mit etwas Schub oder Fülle, da können die diversen Rolands im unteren Bereich (Boutiques, MC 101 etc.) deutlich besseres abliefern.
@harrymudd @harrymudd: Wie ganz unten im Test vermerkt steht, wurden die Soundbeispiel durch einen Plugin Verstärker (Neural DSP) aufgenommen. Da einige User live nicht unbedingt immer die Möglichkeit haben das Split Setup mit Amp und externem Weg direkt zur PA zu fahren, fiel hier die Entscheidung, dass ich die Sounds „über den Amp“ schicke. Kann aber gerne noch die DI Signale exportieren ohne Amp Simulation :-)