Guitar Modeling auf einem neuen Level
Das Boss VG-800 V-Guitar Processor ist ein Guitar-Modeler und bietet eine Simulation von Saiteninstrumenten, kombiniert mit Modellen für Amps und Effekten. Wir haben den Test gemacht!
Inhaltsverzeichnis
- Synthesizereffekt von Boss – wie funktioniert es?
- Gehäuse, Potis und Schalter des Boss VG-800 V-Guitar Processors
- Der Boss GK-5 Guitar Synth Pickup
- Boss Serial GK Cable
- Der Boss VG-800 V-Guitar Processor in der Praxis
- Alles in Stereo
- Der CTL1-Fußtaster als Bonus-Sound
- Das Menü des Boss VG-800 Guitar Modeler
Synthesizereffekt von Boss – wie funktioniert es?
Das klingt zunächst sehr kryptisch, bedeutet aber in der Praxis ganz simpel, dass deine Gitarre mit diesem Pedal unterschiedlichste Sounds erzeugen kann. So kann man beispielsweise mit einer Stratocaster den Klang einer Les Paul, eines Basses oder sogar eines Banjos nachbilden. Auch die Simulation verschiedener Pickup-Kombinationen oder alternativer Tunings ist möglich. Streicher- und Synths sind natürlich auch mit an Bord. Das Ganze wird mit zahlreichen Sounds von Effektpedalen und Verstärkern garniert.
Gehäuse, Potis und Schalter des Boss VG-800 V-Guitar Processors
Optisch erinnert der Boss VG-800 an den kürzlich vorgestellten GM-800. Das Gehäuse ist komplett aus gebogenen Stahl in gewohnter, unverwüstlicher Boss-Qualität mit einer gebürsteten und blau lackierten Oberfläche. Mit seinen Maßen von 17,3 x 13,5 x 6,3 cm (B x T x H), einem Gewicht von 920 g und seiner abgeschrägten Front erinnert es stark an das Boss DD-500.
An der abgeschrägten Front befinden sich drei klickfreie Fußtaster, deren Status jeweils mit einer LED hinter einer ca. 2 cm breiten Blende angezeigt wird. Die Beschriftung der Taster ist vorbildlich. Die beiden linken Taster wechseln zwischen den Presets und aktivieren bei gemeinsamen Drücken den Tuner. Die rechten beiden deaktivieren die Effekte, wenn man sie gleichzeitig drückt. Der rechte Taster steuert den CTL 1.
Die Oberseite des Effektgeräts dominiert ein LC-Display mit 256 x 80 Pixeln. Das Menü wird gut sichtbar mit weißer Schrift aus schwarzem Hintergrund angezeigt. Geschützt wird das Display von einer robusten Abdeckung aus Plexiglas.
Über fünf gerasterte Encoder mit Tasterfunktion werden sämtliche Sounds editiert. Die jeweilige Funktion wird im Display angezeigt. Ein weiterer Encoder mit Tasterfunktion ist mit Select benannt. Alle Encoder haben einen aufgesteckten, silbernen Kunststoffknopf. Die Rasterung ist gut spürbar und hörbar, ebenso die Tasterfunktion.
Für die Gesamtlautstärke des Effektgeräts ist ein Mastervolume-Poti vorhanden. Die weiße Markierung zeigt die aktuelle Einstellung an.
Alle Potis und Encoder bestehen aus Metall und sind fest mit dem Gehäuse verschraubt.
Mit sechs kleinen schwarzen Tastern kann weiter editiert werden. Um direkt zur Auswahl der Instrumente oder Effektgeräte zu gelangen, drückt man Inst oder Effects. Ein Menü-Taster führt in ein globales Menü für typische MIDI, Bypass, Control-Assign und GK-Pickup-Settings. Mit dem Exit-Taster verlässt man die angewählte Menüebene und die beiden Pfeiltaster führen durch die Menüs.
Darüber hinaus kann praktischerweise noch ein Knob-Lock aktiviert werden, der vor dem versehentlichen Verstellen des Settings schützt. Mit der Write-Funktion können Einstellung abgespeichert werden. Hier wurden alle wichtigen Funktionen per Taster sehr schön zugängig gemacht.
An der Stirnseite sind noch acht Klinkenbuchsen im 6,3 mm-Format vorhanden.
Alle sind fest verschraubt und greifen die Klinkenstecker vorbildlich. Zwei Buchsen sind als Eingang und Ausgang für den GK-Pickup vorhanden. Das Signal lässt sich damit also zu anderen Geräten durchschleifen. Ein Guitar-Input ist zusätzlich vorhanden. Stereo-Send und Return als TRS-Buchsen ermöglichen das Einschleifen externer Effekte. Als Ausgänge stehen zwei Monoausgänge zur Verfügung. Einer von ihnen kann auch für Kopfhörer verwendet werden. Die letzte Buchse dient dem Anschluss eines Control- oder eines Expression-Pedals.
Per DC-Buchse wird der Boss VG-800 mit 9 V versorgt. Ein passendes Netzteil liegt bei. Es hat einen Winkelstecker und ist praktischerweise mit „VG-800“ beschriftet. Das schützt vor Verwechslungen. Das Effektpedal benötigt 690 mA, ein Batteriebetrieb ist nicht möglich.
Seitlich befinden sich noch weitere Buchsen. Zwei 3,5 mm TRS-Buchsen sind für MIDI In und MIDI Out vorgesehen. Und eine weitere 6,3 mm Buchse kann zusätzliche CTL-Taster oder ein zweites Expression-Pedal verbinden. Außerdem ist eine USB-C-Buchse für Updates und das Editieren am PC vorhanden.
Der Boss GK-5 Guitar Synth Pickup
Zusätzlich zum VG-800 benötigt man den Boss GK-5 Guitar Synth Pickup. Dieser etwa 10 cm lange und 1 cm breite Pickup wird auf der Gitarre montiert. Er ist per Kabel fest mit einem Anschlussgehäuse in den Maßen 7,3 x 3, 8 x 1,6 cm (B x T x H) verbunden. Das Kabel ist mit seinen rund 26 cm Länge für die Montage auf den meisten Gitarren optimal. Zum Befestigen des Pickups sind verschiedene Materialien vorhanden. Von Unterlegscheiben, Schrauben und Federn bis zu doppelseitigen Klebestreifen ist hier alles vorhanden, um den Pickup und die Anschlussbuchse auf allen gängigen Gitarrenformen zu montieren.
Der GK-5 Pickup lässt sich sehr gut an der Bridge-Position einer Stratocaster aufkleben. Alles macht einen robusten Eindruck. Lediglich die Ausgangsbuchse und das Gehäuse hätte ich mir vielleicht aus Metall statt aus Kunststoff gewünscht. Damit wäre die Buchse geschützt, falls man mal am Kabel hängenbleibt.
Boss Serial GK Cable
Das für die Verbindung vom GK-Pickup und dem VG-800 vorgesehene Kabel hat vergoldete TRS-Klinkenstecker und ist stoffummantelt. Es macht einen sehr robusten Eindruck und ist 9 m lang. Mit seiner Isolierung soll es besonders gut abschirmen.
Der Boss VG-800 V-Guitar Processor in der Praxis


Nach dem Einschalten des Pedals hatte ich zunächst etwas Angst vor dem Umfang der Funktionen. Aber es folgt sogleich die Entwarnung: Alle Encoder und die Pfeiltasten samt Exit und Inst bzw. Effects-Button sind selbsterklärend und das große Display führt übersichtlich durch das umfangreiche Menü.
Die Presets des VG-800
Wer vorerst auf der sicheren Seite sein möchte, kann sich durch die 60 Presets scrollen, die allesamt abwechslungsreich erstellt wurden und die ganze Bandbreite der Möglichkeiten darstellen. Dahinter findet man 90 freie Slots, in denen man seine eigenen Sounds abspeichern kann. Das Wechseln der Presets ist einfach und erfolgt über den linken und den mittleren Fußtaster. Alternativ kann mit dem Select-Encoder das Preset ausgewählt werden. Die Presets sind durchnummeriert und haben einen eigenen Namen.
Die Sounds des Boss VG-800
Die Sounds der Akustik-Simulation und die Dropped-Tunings haben mich sehr überzeugt. Man hört den klanglichen Unterschied zwischen den simulierten Nylonsaiten oder den Stahlsaiten der Western-Gitarre sehr deutlich und es klingt und spielt sich, wie eine akustische Gitarre. In allen Lagen ist dieser typische Akustik-Sound vorhanden. Die Dropped-Tunings, die man mit dem Pedal per Fußtaster aktivieren kann, machen aus einer Stratocaster tatsächlich ein echtes Metal-Monster. Die Bässe sind wuchtig und druckvoll und mit der internen Verzerrung erhält man authentische Bariton oder 7-Saiter-Sounds.
Die Sitar ist in dem Preset für meinen Geschmack etwas zu dezent und die höher oktavierten Sounds etwas straff. Aber richtig klasse sind dafür die Synthesizer-Pads. Da man den Sound schlecht beschreiben kann, sind sie hier im Klangbeispiel mal angespielt.
Die alternativen Tunings sind schnell eingestellt und machen richtig Spaß. Ob Open G, Drop D oder der Einsatz eines B-Benders. Sämtliche Sounds sind nur noch einen Fußtritt entfernt und spielen sich sehr gut. Auch die virtuellen Streicher sind für den Live-Einsatz wirklich gut geeignet.
In einem Preset können auf der E- und A-Saite Bass-Sounds erzeugt werden, während die höheren Saiten einen Gitarren-Sound ausgeben. Das ist natürlich perfekt für Solo-Künstler, klingt sehr gut und spricht auch sehr gut an.
Man kann den VG-800 V-Guitar Processor natürlich auch wegen seiner gewohnt guten Boss Effekt-Sounds nutzen. Rotary, Slicer, Verzerrer-, Pitch- und Modulationseffekte und viele andere Effekte in sehr guter Qualität sind programmierbar.
Alles in Stereo
Ein Stereo-Setup ist für den VG-800 Guitar Modeler meiner Meinung nach ein Muss. Die programmierten Presets geben oft unterschiedliche Sounds auf beiden Ausgängen aus und im Setup mit zwei Amps kann man das voll auskosten. Von Panning-Effekten, breitem Chorus oder zwei gleichzeitig gespielten Gitarren, hier wird ein ganz hervorragendes Breitenspektrum erzeugt.
Das Pedal kann auch direkt als Audiointerface genutzt werden und am Rechner können mit der entsprechenden App die Presets eingestellt werden. Wer zusätzlich noch das Boss GM-800 besitzt, kann an der GK-Output-Buchse das Signal des GK-Pickups direkt durchschleifen. Hier wurde an alles gedacht.
Der CTL1-Fußtaster als Bonus-Sound
Die jeweiligen Presets können mit dem CTL1-Fußtaster variiert werden. Natürlich lassen sich auch noch vier weitere Taster oder sogar Expression-Pedale anschließen. Aber der eingebaute Taster spart Platz auf dem Pedalboard und an der Verkabelung. Je nach Preset können individuelle Effekte programmiert werden. Mal kann man mit dem Taster Divebombs erzeugen, mal wird eine Modulation dazu geschaltet. Oder man wechselt per Tastendruck zwischen den Sounds von zwei unterschiedlichen Gitarren. Beispielsweise von einer Akustik-Gitarre zu einer E-Gitarre, von einer Strat zu einer Les Paul oder von einem Standard-Tuning zu einem Drop-D-Tuning wechseln. Pitch-Effekte können natürlich auch per Taster aktiviert werden und im B-Bender-Preset werden ebenfalls authentische B-Bender-Sounds erzeugt. Dieser Taster bringt also in der Performance einen echten Mehrwert.
Das Menü des Boss VG-800 Guitar Modeler
Bereits mit den sehr gut ausgewählten Presets könnte eine Coverband sicherlich ihr gesamtes Programm durchziehen. Wer aber auf der Suche nach einem bestimmten Sound ist, kann ihn sich im Menü selbst zusammenstellen.
Die virtuelle Instrumentenauswahl umfasst die E-Gitarren-Modelle Stratocaster, modifizierte Stratocaster, Telecaster, Les Paul, P-90, ES-335, L4, Rickenbacker, Danelectro mit Lipsticks, Wide Range, Bright Humbucker und Fretless. Dann kann jeweils noch der jeweilige Pickup angewählt und im Klang geändert werden. Und hier kann auch die alternative Stimmung angewählt werden. Alleine damit kann man schon Tage verbringen.
Dazu kommen noch zahlreiche andere Instrumente wie einige Akustik-Gitarren mit Stahl- oder Nylon-Saiten, eine Resonator-Gitarre, Banjo, Sitar, zwei Gitarren gleichzeitig mit unterschiedlichen Settings und Stimmungen, einige Jazz- und Precision-Bässe, streicherartige Sounds, unterschiedliche Synthesizer-Sounds und Orgel-Sounds. Da wird also schon einiges angeboten.
Dazu kommt dann noch die Effekt-Sektion. Sie beginnt mit der virtuellen Verstärkersektion. Diese umfasst 32 Modelle vom cleanen Jazzchorus, Twin oder Boutique-Amp über angezerrte Vox-, Tweed- oder Marshall-Sounds bis zu modernen High-Gain-Amps. Jeder Amp kann natürlich in seinem Gain und EQ individuell eingestellt werden. Zwei Amps können parallel gespielt werden und sie haben jeweils noch ein EQ-Pedal und einen Verzerrer parat. Das Misch- und Pan-Verhältnis beider Amps lässt sich stufenlos einstellen.
Danach folgen in der Effektkette ein Noise-Gate, Volume-Pedal, Chorus, Delay, Cab-Simulator, Compressor, FX 1 und FX 2 (hier können frei sämtliche Modulations- und Pitch-Effekte ausgewählt werden), Noise-Gate, Volume, FX 3 und Delay, ein weiterer Balance-/Pan-Regler, Send und Return für externe Effekte, Reverb und Master-Level. Ja, das dürfte so ziemlich jedes Pedalboard ersetzen.
Und das Einstellen ist dank des übersichtlichen Displays logisch und einfach zu handhaben. Die jeweiligen Encoder sind jeweils im Display mit ihrer aktuellen Funktion beschriftet.
Im globalen Menü können dann noch MIDI und Routings individuell angewählt werden. Hier könnte auch die Belegung des GK-5 Pickups umgedreht werden, wenn man ihn mit nach unten verlaufenden Kabel montieren möchte.
Wie macht man denn das auf der Bühne, wenn man keine Adleraugen hat? Montage des Geräts auf einem Ständer in gut sichtbarer Höhe und Wechsel der Sounds mit einem separaten Fußschalter? Dann hat man aber wieder ein Gerät, das nicht am Pedalboard befestigt ist, und braucht ein ziemlich langes Kabel für die Stromversorgung.
Hi, hat dieses VG-800 nicht auch eine Funktion Audio to MIDI? kann man an den MIDI-Out ein Piano anschließen und dann mittels der Gitarre die Piano-Sounds triggern?
Ich hatte das auf der Produkt-Webseite so verstanden. Dann hätte ich in dem Bericht gerne wenigstens einen Test dieser Funktion erwartet .. wie ist die Latenz? Gleich wie beim GM800 ? Dann wäre es eine Alternative zu Fishman Triple Plays…
@Erich H … aus dem Dokument MIDI-Implementation zum VG800 :
…
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2. Transmitted data
****************************************
[*]Channel Voice Messages
* Set the channel voice message transmit MIDI channel number to
„MENU:MIDI:MIDI SETTING:TX CH.“
(*)Note Off
Status 2nd byte 3rd byte
8nH kkH 40H
n = MIDI channel number: 0H – FH (ch.1 – ch.16)
kk = Note number : 00H – 7FH (0 – 127)
* This message is transmitted if „MENU:MIDI:GUITAR TO MIDI:ON/OFF“ = ON.
(*)Note On
Status 2nd byte 3rd byte
9nH kkH vvH
n = MIDI channel number: 0H – FH (ch.1 – ch.16)
kk = Note number : 00H – 7FH (0 – 127)
vv = Note on velocity : 01H – 7FH (1 – 127)
* This message is transmitted if „MENU:MIDI:GUITAR TO MIDI:ON/OFF“ = ON.
…