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Test: Brainworx bx digital

Brainworx EQ

23. August 2007

Ein EQ ist ein EQ ist ein EQ – denkste. Mit dem Brainworx bx_digital-PlugIn lassen sich so manche Dinge in der Stereobearbeitung bewerkstelligen, an denen sich ein ’normaler‘ EQ die Zähne ausbeißen würde. Hervorgegangen aus der Entwicklung des Edel-EQs BX1, der sein Prototype-Debut auf der diesjährigen Musikmesse in Frankfurt feierte, ist das digitale Pendant als VST- und TDM-PlugIn seit geraumer Zeit auf dem Markt und ziert die Konsolen zahlreicher Digital Workstations. Das im bx_digital verbaute M/S-Prinzip kommt dem allgemein gewachsenen Interesse an Mastering-Tools sehr entgegen und so verbindet sich das Prinzip der geläufigen Phasen mit einem ausgeklügelten Schaltungs-Konzept. Mit seinen drei verschiedenen Arbeitsmodi lässt sich der BX-digital nicht eben leicht in die berühmte Schublade stecken. Inwieweit sich die Anschaffung des PlugIns für Sie lohnt, versucht dieser Test aufzuzeigen.

Brainworx Software-Debut

Brainworx Software-Debut

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Installation und Aufbau

Das Brainworx digital PlugIn ist für TDM, RTAS und VST-Systeme erhältlich. Eine AU-Version wurde bislang vom Team aus Langenfeld nicht bestätigt. Andere Projekte haben derzeit Vorrang. Um die Software aus dem Demomodus zu entlassen, muss ein ilok-Dongle mit gültiger Lizenz am Rechner sitzen. Von dieser Seite gibt es keine Beanstandung. Die Software gibt es auf Wunsch neben dem Download direkt vom bx-Online-Shop gegen Aufpreis auch boxed mit gedrucktem Handbuch. Der Test findet auf einem älteren G5 mit 1.8 Ghz Single CPU und unter dem VST-Host Spark statt.

Ein Blick in den VST-PlugIn-Ordner meines Macs zeigt, dass alles korrekt installiert wurde und auch wenn die Software unter Tiger flüssiger (bessere GUI-Unterstützung von 10.4.9) rennt als unter Panther, so ist sie dennoch in Punkto Audioqualität in beiden Fällen vollwertig einzusetzen.

Komplettansicht

Komplettansicht

Das PlugIn-Fenster ist großzügig und edel gestaltet und trotz der vielen Funktionen entsteht ein sehr aufgeräumter Eindruck. Die Oberfläche wurde fast analog nach dem Hardware-Vorbild gestaltet und wo beim großen Bruder Schluss ist, fügt sich im digitalen Pendant unterhalb der EQ-Sektion der zweite Knaller an: Der bx2 mit zwei unabhängigen Deesser – anwendbar in allen Betriebsmodi auf das jeweilige Signal, ein Monomaker mit regelbarer Trennfrequenz bis maximal 400 Hz und die magischen Bass-Shift und Presence-Shift Drehregler – für jeden Kanal extra versteht sich. Unterhalb des PlugIns befinden sich zwei Analyzeranzeigen, jeweils für das links/rechts-Signal oder Mono/Seitensignal. Unten rechts sind noch drei zweikanalige Aussteuerungsanzeigen (Eingangs-, M/S-, und Ausgangspegel) für die Headroomkontrolle. Ein Kritikpunkt betrifft allgemein die Grafik: Auch wenn ich einen großen 22“ Bildschirm habe: Auf einem kleinen 15“ Bildschirm ist Fantasie gefragt, wie denn wohl das untere Ende des PlugIns aussehen könnte. Die Pegel- und Analyzeranzeigen im unteren Drittel dienen nur der visuellen Kontrolle. Es lassen sich die Kurven in den Analyzern nicht direkt ‚anfassen’ und deshalb wäre eine kleinere Darstellung nützlicher gewesen. Die Schriften sind ebenfalls nicht optimal lesbar – schließlich hat nicht jeder volle 120% Sehleistung…Notebookbesitzer sollten sich vorher das Demo ziehen, um die Verwendbarkeit auf ihrem Bildschirm zu prüfen. Wer sich fragt, wer sich wohl hinter dem außergewöhnlichen Konzept verbirgt, sollte spaßhalber auf die ‚Schrauben‘ im Rack klicken…

M/S Prinzip
M/S steht weniger für eine exotische sexuelle Praxis sondern eher für ein sehr trockenes und unerotisches Betätigungsfeld für Aufnahmeingenieure und Mastering-Spezialisten, die diesen Begriff lange Zeit als eine Art Berufsgeheimnis mit sich herumgetragen haben. Dabei wird M/S symantisch unterschiedlich gehandhabt, meint aber immer das gleiche: ‚M‘ steht für das Summensignal bzw. Monosignal und ‚S‘ für das Differenzsignal bzw. Seitensignal. Das mathematische Prinzip ist ebenfalls recht simpel, auch wenn im PlugIn die programmiertechnische Umsetzung aufgrund der Phasenstabilität natürlich aufwendig war: das eingehende Stereosignal wird im M/S-Encoder in zwei Signalpfade aufgesplittet:

Signalpfad A: links und rechts wird addiert (r + l = M)

Signalpfad B: rechts wird vom linken Signal abgezogen (l – r = S). D.h. Das rechte Signal wird in der Phase um 180 Grad gedreht und zu links addiert. Die Phasenauslöschungen bleiben übrig und ergeben das Differenzsignal.

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Die beiden Signale können nun unterschiedlicher Behandlung zugeführt werden und werden danach wieder in ein Stereosignal decodiert. Dies ist vor allem im Mastering gängige Praxis, da so z.B. die Stereobreite angehoben werden kann, ohne das Monosignal zu beeinflussen oder Lautstärkenverhältnisse Stimme/Playback nachkorrigiert werden können. Es hängt natürlich vom angelieferten Material ab, ob M/S zum Einsatz kommt oder nicht. Ein schöner Kunstgriff ist auch, die Höhen im Differenzsignal luftiger zu machen und die Bässe abzusenken, um die Breite zu erhöhen und gleichzeitig dem Mittensignal, in dem die Stimme sitzt, einen Deesser zu verpassen. Ist der Mix zu höhenlastig, bietet sich eine Absenkung der oberen Höhen und oberen Mitten im Seitensignal an. Der Mix steht so aufgeräumter und abgerundeter im Raum. Der Vorteil bleibt immer, dass durch die Veränderung des Seitensignals das Monosignal unangetastet bleibt und die Monokompatibilität gewahrt bleibt. Zu bedenken ist aber, dass der M/S-Modus nur zur Korrektur von kleineren Aufgaben z.B. Sweeting und Basisbreite herangezogen werden sollte und größere Frequenzkorrekturen eines unbalancierten Mix besser über eine L/R-EQ-Anordnung gelöst werden sollten.

Modus
Für eine erste Rundtour lade ich mir einen ungemasterten Track in mein Host. Mit dem Modus-Schalter wähle ich die M/S-Einstellung und kann sofort entweder das Summensignal (M) oder das Seitensignal (S) über meine Abhöre solo hören.

Die Modi der bx_digital

Die Modi der bx_digital

Der bx-digital beherrscht zusätzlich einen Decodiermodus für M/S-Mikrofonaufnahmen und den normalen phasengleichen Stereomodus mit links/rechts, wobei sich hier die Link-Funktion anbietet, die alle Einstellungen der linken Seite auf die Rechte überträgt. Der vierte Modus (Stereosignal plus Monosignal) des Hardware-bx1 wurde aus VST-technischen Beschränkungen nicht übernommen. Aber auch so ist die Abhörfunktion schon das Geld wert, denn wo bekomme ich einen Soloschalter auf mein Seitensignal, ohne tief in die Tasche greifen zu müssen?

Bedienung
Mit dem EQ-Button wird der bx_digital bypassed. Das funktioniert nur für den oberen EQ-Teil des PlugIns. Deesser und Monomaker bleiben weiter aktiv. Hier sind wir bei einem Hauptmanko des bx_digital: weder einzelne EQ-Bänder, die Deesser noch die Shift-Regler lassen sich einzeln ab- und zuschalten. Das ist beim Mastering natürlich sehr hinderlich, muss doch fast nach jedem Arbeitsschritt mit dem Vorzustand verglichen werden. Eine Undo- bzw. Snapshotfunktion wäre noch ein Ausweg, aber diese sind ebenfalls (noch) nicht an Bord. Tragisch ist auch die fehlende Undofunktion bei versehentlich aktiviertem Link-Button. Als Grobmotoriker sollte man höllisch aufpassen, denn sonst sind die mühsam eingestellten Werte auf dem Mono und Stereosignal identisch, was selten gut klingt. Eigene Presets lassen sich über die Host-GUI abspeichern aber das halte ich für eine echte Notlösung. Zur Verteidigung von Brainworx ließe sich vielleicht sagen, dass auch die teuren Hardware-EQs in diesem Punkt prinzipbedingt schwächeln – aber digital? Die Handhabung gestaltet sich ansonsten einwandfrei. Mit einer Wheelmouse + Tasten lassen sich die Werte grob oder fein ändern. Die Zahleneingabe über die Tastatur erlaubt feinste Direkteingaben. Kurz: Dank der Übersichtlichkeit und des Aufbaus des PlugIns ist die Bedienung vorbildlich. Nur eben beim A/B wird sicher noch nachgebessert werden müssen. Wie uns Brainworx versicherte, werden dieser Art Verbesserungen bereits in das neue Produkt bx_hybrid und in das nächste große Update von bx_digital einfließen.
bx1-Equalizer
Der EQ des bx1_ digital besteht aus 5 Bändern, die sich sehr weit überlappen können: LF und LMF (20 Hz-1kHz), MF (20 Hz-20 kHz), HMF und HF (400Hz – 20 kHz). Die Bänder LMF und HMF können als HP oder LP fungieren. Flankensteilheit: 12db. LF und HF können als Glocke bis Lowshelf bzw. Highshelf dienen. Die maximale Amplitude ist +-12db und die Filtergüte pro Band ist durchstimmbar. Im Stereomodus bietet sich hier die Linkfunktion an.

EQ_Section

EQ_Section

Die EQ-Sektion ist wohldurchdacht, sehr flexibel und zeichnet sich durch klare Definition und Griffigkeit aus. Ein Hang zur Kühle bei härterer Gangart kann nur im Direktvergleich mit typischen ‚Vintage‘-EQs wie dem UAD-1 Pultec, URS N-Series oder Wave R-EQ-Serie festgestellt werden. ‚Wärme’ oder im weitesten Sinne Klangfärbung zu verströmen ist nicht des bx_digital Stärke. Dies ist aber kein Gegenargument, sondern beweist lediglich, dass sich der bx-digital als Mastering-EQ ohne klangbeeinflussende Eigenschaften versteht.

Bx2- Deesser und Psychoakustik Prozessor
Auch hier ist das Vorbild ein Hardware-Teil der sehr oberen Liga, das sich allerdings derzeit noch in der Entwicklungsphase befindet und den bx-1 ergänzen soll.

Stufe Zwei bereit zur Zündung

Stufe Zwei bereit zur Zündung

Unterhalb des bx1_digital befindet sich eine paarweise identisch aufgebaute Sektion. D.h. jeder der beiden Kanäle besteht aus einem Bass-, und Presence-Shift-Regler und einem durchstimmbaren dynamischen Filter mit festgelegter Güte – am ehesten als Deesser bekannt. Die Deesser-Schaltung wird mit zwei Reglern gesteuert. Die Treshold wird mit Rechtsdrehung des Deesser-Reglers abgesenkt und damit werden mehr Signalanteile bearbeitet. Das Ergebnis lässt sich solo hören und sehr schön fein justieren. In 90% der Fälle sollte das auch ohne die fehlenden Attack- und Releaseparameter funktionieren, denn die Deesser klingen absolut überzeugend, bevor bei hartem Einsatz die Sprachverständlichkeit abnimmt. Zusätzlich befindet sich noch ein Monomaker als finale Pass-Station in der Mitte des bx2. Die frei regelbare Frequenzweiche lässt Signale zwischen 20 Hz und 400 Hz nur noch Mono passieren, so dass es beim Vinyl-Mastering nicht zu bösen Überraschungen aufgrund hart komprimierter Stereobässe kommt, die gerne mal die Nadel aus der Bahn werfen. Um den Bassbereich trocken und direkt zu halten, ist dieser Regler auch für digitale Tonträger von Vorteil. Nur muss auf einen vernünftigen Einsatz geachtet werden, da bei hohen Werten logischerweise die Stereobreite abnimmt.

Mit dem bx2 alleine lassen sich Mixe schon sehr gut schön färben, indem die Bass-Shift-und Presence-Shift-Regler gedreht werden: Stichwort ‚Sweetening’. Wird der Bass-Regler im Uhrzeigersinn gedreht, werden unterhalb der festen Bassfrequenz die Bässe angehoben und oberhalb abgesenkt, so dass es insgesamt zu einem trockeneren Bass und weniger mittigen Sound kommt. Andersherum gedreht werden die Mitten bevorzugt und die Tiefbässe abgesenkt. Das gleiche Prinzip verwendet der Presence-Shift-Regler, um z.B. mehr ‚Air‘ und weichere obere Mitten zu erzeugen. Schön sichtbar wird das anhand der Analyzer-Kurve.

Shifting der Freakuencies

Shifting der Freakuencies

Leider sind die Grenzfrequenzen für Bass und Presence-Regler und die Flankensteilheiten der Filter festgelegt. Für viele Musikrichtungen wie Dance, Rock und Pop funktioniert das gut. Bei Klassik und Jazz würde ich die Finger davon lassen. Da ist schnell zuviel des Guten passiert. Das Wirkungsprinzip ließe sich auch mit dem bx-1-EQ oder jedem anderen guten EQ nach zu bauen, aber so ist es natürlich viel bequemer und die Hauptaufgabe – die Feinjustierung – bleibt beim bx-1. Es bleibt nur noch zu sagen, dass der bx2 ebenso gut funktioniert wie sein Bruder bx1 und natürlich auch in allen drei Modi arbeiten kann.Anwendungsbereiche:− Veränderung der Stereobasisbreite ohne Beeinflusung des Mittensignals− getrenntes Deessen von Stereosignal und Monosignal (Gesang)− Ausbalancieren von fehlenden Frequenzbereichen im Seiten- oder Monosignal− Ausbalancieren von nicht 100% mittigen Signalanteilen
− Entfernen von Stereoanteilen aus z.B. Drumloops-> Trockener machen
− Entfernen von Mittenanteilen (Karaoke-Vocalkiller/Direktsignal entschärfen etc.)
− Sounddesign

Konkurrenz
Wie gesagt, die M/S-Technologie ist nicht neu und so tummeln sich verschiedenste Produkte auf dem Markt. Z.B. der Neve-Portico Stereo-Field-Editor 5014 – ebenfalls mit eingebauter M/S-Matrix und EQ als Hardware. Der Portico beherrscht weniger Funktionen und bietet weder Deesser noch annähernd die EQ-Leistung des bx_digital. Klanglich hingegen kann er wohl mit einem eigenen warmen Neve-Sound überzeugen, der natürlich seinen Preis hat. Ein dem bx ähnliches Software-Konzept gibt es bereits seit einigen Jahren für den TC-M6000 Effektprozessor und als Software als MD3 für die TC-Powercore. Hier handelt es sich um ein Multibandkompressor, Normalizer, EQ inkl. M/S-matrix und Brickwalllimiter. Der Preis ist höher, es fehlt ein Deesser und die TC-Powercore Karte muss ebenfalls vorhanden sein. Der bx_digital bietet dafür keine Dynamikbearbeitung. Schlussendlich ist noch der PLParEQ von Refined Audiometrics Laboratory zu nennen. Dieser linearphasige EQ kommt dem Prinzip der getrennten M/S Bearbeitung schon sehr nahe. Es fehlen Desser und Monomaker, aber 10 linearphasige flexible Filter sind durchaus ein Argument.

Fazit
Das Brainworx bx-digital PlugIn überzeugt durch gute Klangqualität der Einzelkomponenten, einem professionellen Zugriff auf wichtige Signalanteile, an die sonst nicht zu kommen wäre und einer hohen Funktionsvielfalt, die in dieser Kombination derzeit einzigartig ist. An wichtigen Stellen wurde das Konzept sehr flexibel gestaltet, um auch hohen professionellen Erwartungen gerecht zu werden. Andererseits wurde z.B. der bx2 und besonders die Deesser-Sektion einfach und durchdacht gehalten, um den Workflow am Laufen zu halten. Die Kritikpunkte – GUI, fehlende Bypass-Buttons, zu starre Bass-, Presence-Shift-Filter, ect. – lassen Spielraum für Verbesserungen, aber insgesamt leistet dieses solide Stück Software eine Menge zu einem guten Preis-Leistungsverhältnis.

PLUS++++++MINUS——PREISHERSTELLER

 

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