Mathematikstunde mit Don Buchla
Wir testen für euch heute das Buchla & Tiptop Audio Dual Voltage Processor 257t Eurorack Modul. Tja – so läuft das eben: Als ich vor Kurzem noch in meinem Test zum Buchla & Tiptop Audio Sequential Voltage Source 245t vollmundig den Test zum Buchla & Tiptop Audio Dual Voltage Processor 257t als „mit Sicherheit demnächst auch bei uns“ ankündigte, wusste ich noch gar nicht, dass ich das dann auch gleich persönlich übernehmen darf. Aber gerne doch – los geht’s!
Inhaltsverzeichnis
Wir testen damit das vierte erhältliche Modul aus der bei der Superbooth 21 angekündigten Zusammenarbeit zwischen dem renommierten Haus Buchla und der beliebten Eurorack-Schmiede Tiptop Audio. Die beiden anderen noch ausstehenden Module, das Modul 266t, Source of Uncertainty und das Modul 292t, Quad Lopass Gate wurden für Ende des Jahres angekündigt.
Hier sind noch einmal alle Module der Buchla & Tiptop Audio Eurorack 200 series für euch kurz zusammengefasst:
- Buchla & Tiptop Audio – Modul 258t Dual Oscillator (bereits im Handel, Test)
- Buchla & Tiptop Audio – Modul 281t Quad Function Generator (bereits im Handel, Test)
- Buchla & Tiptop Audio – Modul 245t Sequential Voltage Source (bereits im Handel, Test)
- Buchla & Tiptop Audio – Modul 257t Dual Voltage Processor (bereits im Handel, dieser Test)
- Buchla & Tiptop Audio – Modul 266t Source of Uncertainty (erscheint Ende des Jahres)
- Buchla & Tiptop Audio – Modul 292t Quad Lopass Gate (erscheint Ende des Jahres)
So! Genug der Einleitung, kommen wir ans Eingemachte und klären erst einmal:
Was ist der Buchla & Tiptop Audio Dual Voltage Processor 257t?
Der Buchla & Tiptop Audio Dual Voltage Processor 257t ist eine exakte Reproduktion des berühmten Moduls Buchla 257 aus den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts, nun aber für das etablierte Eurorack-Format umgesetzt.
Aber was macht das Buchla & Tiptop Audio Dual Voltage Processor 257t eigentlich? Nun, das ist recht schnell erklärt. Es errechnet die Summe dieser Formel als Output:
(Va * K) + ((Vb * (1-M)) + (Vc * M)) + Voffset = V_out
Alles klar? Nee? Mir auch nicht. Das war natürlich ein Scherz! Don Buchla hatte ja die tolle Eingebung, viele Sachen anders machen zu müssen als sein berühmter Gegenspieler von der Ostküste: Bob Moog. Und so finden wir auf den stellenweise sehr verkopften Modulen von der Westküste immer wieder kryptische Bezeichnungen, bei denen auf den ersten Blick nicht klar ist, was sie denn eigentlich bedeuten. Aber keine Angst, liebe Ostküstenbewohner, wir werden in diesem Test alles in eure Sprache übersetzen und dann werden wir auch sehen, dass nichts so heiß gegessen wird, wie es auf den Tisch kommt, versprochen!
Nur so viel zum Einstieg: Der Dual Voltage Processor 257t macht nämlich genau das, was sein Name sagt: Auf zwei identischen Einheiten bietet er Prozesse an, um Control Voltage gewinnbringend zu manipulieren. Wie das genau funktioniert, klären wir später noch ausführlich, denn erst einmal schauen wir in die hübsche Verpackung.
Der Dual Voltage Processor 257t wird ausgepackt
Aus der schneeweißen Umverpackung mit den Firmennamen schälen wir das gut verpackte Buchla & Tiptop Audio Dual Voltage Processor 257t Modul, ein typisches Eurorack-Stromkabel, das obligatorische Schraubenset und einen hübschen Eurorack 200 Series-Sticker. Eine Bedienungsanleitung lag nicht dabei, aber die gibt es auf der Herstellerseite als umweltfreundlichen Download.
Der 14 Teileinheiten breite Dual Voltage Processor 257t ist mit seinen 25 mm Tiefe bestens Skiff-tauglich. Der Strombedarf beläuft sich auf der +12 Volt Leitung des Eurorack-Powerbusses auf moderate 45 mA, zusätzlich wird die -12 Volt Leitung noch einmal mit mageren 22 mA belastet. Die 5 Volt Leitung wird dagegen nicht benutzt.
Die Rückseite des 257t zeigt außer der nicht verpolungssicher angelegten Eurorack-Powerbuchse keine nennenswerten Besonderheiten.
Haptik des Buchla & Tiptop Audio Dual Voltage Processor 257t
Auch das Buchla & Tiptop Audio Dual Voltage Processor 257t Modul macht sofort nach dem Auspacken einen sehr wertigen Eindruck. Die aufgeräumte und entspiegelte Frontplatte, von der sich die Beschriftung prima ablesen lässt, verstärkt diesen Eindruck.
Die Regler sind nicht mit der Frontplatte verschraubt, sitzen aber bombenfest und haben einen guten Grip mit angenehmem Widerstand im gut skalierten Regelweg. Die Buchsen sind alle mit der Frontplatte verschraubt, halten das Modul zusammen und machen einen sehr robusten und alltagstauglichen Eindruck.
Die gesamte Buchla-Vintage-Optik ist auch bei diesem Modul gegeben. Es atmet förmlich die 70er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts und wirkt trotzdem modern.
Rundgang über die Frontplatte des 257t
Diesmal wird der in meinen Tests schon obligatorische Rundgang über die Frontplatte des Probanden eher ein lockerer und fluffiger Spaziergang über die eine Hälfte, denn das Modul ist Dual, hat also unterm Strich, der die Sektionen trennt, die gleichen Bedienelemente und Funktionen wie darüber.
Los geht es links oben mit dem Regler Va K und seiner darunterliegenden Eingangsbuchse. Hier finden wir dann auch die ersten Variablen in der oben genannten kryptischen Gleichung. Va ist gleich Control Voltage a und K steht für Knob. Es handelt sich hier in Moogisch übersetzt um einen ganz normalen Attenuverter (bipolarer Abschwächer), bei dem die über die Eingangsbuchse zugeführte Control Voltage je nach Reglerstellung positiv (+) oder negativ (- / invertiert) skaliert wird.
Der nächste Regler Vb M + M Vc bringt die nächsten Variablen der Formel ins Spiel. In Moogisch handelt es sich hier um einen Mixer, sprich Crossfader. Unten gibt es drei Eingangsbuchsen, man beachte dabei die beiden äußeren Eingangsbuchsen mit den geraden Pfeilen. Diese sind die Inputs für die Control Voltage b und c. Für den Eingang Vb kann durch den darüberliegenden weißen Schalter bei Druck eine Spannung von 5 Volt addiert werden. Der Regler oben skaliert nun das Verhältnis der Mischung von Vb und Vc je nach Reglerstellung und durch den mittleren Eingang mit den krummen Pfeilen kann dieses Verhältnis über zugeführte Control Voltage auch dynamisch moduliert werden. Im Eurorack-Jargon ist es dann eben doch nur ein simpler spannungsgesteuerter Crossfader. Kleiner Tipp am Rande: Das funktioniert auch mit Audiosignalen, zum Beispiel den Ausgängen von VCOs.
Der dritte Regler V offset ist schnell erklärt, denn er addiert in die Formel je nach Reglerstellung ein Offset, führt also weitere Spannung auf die Summe intern zu.
Und zu guter Letzt finden wir noch eine blaue Ausgangsbuchse V out, an der die Summe aller drei Komponenten in der Formel dann ausgegeben wird. Das heißt nun aber nicht, dass man alle drei Tools auch nutzen muss. Wenn man nur den Attenuverter benötigt, dann regelt man die anderen beiden Tools einfach runter und schon ist die Rechnung nur noch: Va * K = V_out.
Fassen wir also noch einmal zusammen und erkennen: Das Buchla & Tiptop Audio Dual Voltage Processor 257t bietet in jedem der zwei Teilbereiche einen Attenuverter, einen spannungsgesteuerten Crossfader und einen Offset-Generator, die sich dann summiert am Output ausgeben lassen. Control Voltage abschwächen, invertieren, mixen, modulieren und addieren, das ist es, was der Buchla & Tiptop Audio Dual Voltage Processor 257t in Summe bietet. Das war doch gar nicht so schwer – oder?
Braucht man diese Module nun im Eurorack?
Die Antwort lautet klar und deutlich: Ja! Gerade diese kleinen Tools, wie Abschwächer, Crossfader, Offset-Generatoren, Multiples und Polarizer werden bei der Anschaffung oft vernachlässigt. Man kauft sich diverse VCOs, Filter in rauen Mengen und VCAs, um den Grundbedarf zu decken, aber man vergisst einfach das Salz in der ansonsten köstlich angerührten Suppe. Für flexibles und abgefahrenes Sounddesign sind diese Tools aber einfach unerlässlich.
Wer sich das Eurorack Series 200 von Buchla & Tiptop Audio komplett ins Studio stellen will, kommt ohnehin nicht ohne das Modul aus, denn nur der Dual Voltage Processor 257t bietet in diesem Systemverbund diese Tools.
Der Rest der sehr geehrten Eurorack-Gemeinde kann sich entspannt zurücklehnen und auch nach Alternativen im unendlichen Eurorack-Kosmos schauen. Meistens aber werden es in der Zusammenstellung der benötigten Module dann doch mehr verbrauchte Teileinheiten im immer knapp bemessenen Case, weshalb man sich das interessante Modul vielleicht doch einmal genauer anschauen sollte.
Der Preis des Dual Voltage Processor 257t geht als durchaus fair durch, wenn man bedenkt, dass man sich die hier gebotenen Tools in der Menge alle als Einzelmodule besorgen müsste.
Hübsch aber doch sehr eingeschränkt nutzbar. Ich würde zb. die Kombination Happy Nerding 3xMIA + Dual XFade empfehlen. Hat zusammen nur 10hp und ist viel flexibler. Bin aber auch kein Purist, für den alles vom selben Hersteller/ derselben Optik sein muss.
Danke für den Test!
@patilon Gern :) Mit den Happy Nerding-Modulen habe ich mich noch gar nicht beschäftigt > Sehr interessant und flexibel, Die würden zwar weniger Platz im Case verbrauchen, aber im Preis sind sie drüber. :)
Schon toll das man jetzt zu erschwinglichen Preisen ein Buchla-Klon-System erwerben kann! Dazu noch ein B-System 100, B-System 35, und man taucht in Welten ein die bisher für den Normalo unbezahlbar waren.
Danke für diese Testreihe !!
@patilon
Interessante Module von Happy Nerding.
@Anjin Sun @Anjin Sun: Gerne. :) Und da hast Du völlig Recht .. von daher gesehen, fast schon goldene Zeiten. :)
Hallo Dirk,
Ja Super! Hatten wir vor kurzen noch dieses Modul kurz erwähnt, und da bist Du jetzt hier schon mit ein Test/Review dabei. Herzlichen Dank für Dein Review, den interessanten Artikel hier und der YouTube Movie.
Es ist tatsächlich ein interessantes Utility Tool Modul und ich bin da völlig bei Dir, ein Eurorack braucht nicht nur „Fancy“ Modulen aber auch die brot-notwendige Utility Modulen, da sieht es aus das der 257t den Utility Bedarf gut abdeckt.
Ein Buchla (TipTop) Modul darf ja etwas teurer sein, aber für dieses doch relativ einfaches Modul finde ich es etwas teuer. Euro 100 oder Euro 150 wurde ich geschickter finden. Trotzdem werde ich mir das Modul überlegen.
Ach ja, Du schreibst: „Für den Eingang Vb kann durch den dar überliegenden weißen Schalter bei Druck eine Spannung von 5 Volt addiert werden.“ –> ist das richtig? Auf dem Frontpanel steht + .5 das wurde doch +0.5 Volt bedeuten und nicht +5.0 Volt, oder?
Vielen Dank, ich bin gespannt nach dem nächsten Buchla/TipTop Modul und viele Grüße, Garfield.
@Garfield Modular Hi Garfield,
Danke für Deinen netten Kommentar. :)
Der weiße Schalter addiert in der Tat 5 Volt. Die verkopfte Beschriftung führt Dich hier in die Irre. Auf dem Modul werden keine Voltangaben gemacht, sondern Variablen und Teile einer Gleichung. Der variable Offset ganz links hat als Maximaloutput 10 Volt. Der Schalter zeigt quasi 0,5 an und damit die Hälfte, also 5 Volt. Da müssen wir Ostküstenbewohner halt immer ein wenig umdenken.
Viele Grüße
Dirk
@Dirk E. aka Xsample Kleine Korrektur am Rande: Der variable Offset ist natürlich ganz rechts der Knob. Aufmerksame Leser haben das natürlich sofort bemerkt. :)
@Dirk E. aka Xsample Hi Dirk,
Ha, ha, Ostküstenbewohner. Dabei hatte ich als Holländer gedacht ich wäre ein Westküstenbewohner, obwohl ich heutzutage in Deutschland wohne ;-)
Aber ja, ist mir schon klar das Du den East/West Coast Geschichte meinst :-)
Wegen der +5 Volt habe ich jetzt verstanden, danke Dir für die Erläuterung!
Viele Grüße und ich wünsche Dir ein schönes Wochenende, Garfield.