ANZEIGE
ANZEIGE

Test: Chapman Guitars ML2 Pro Azure Blue, E-Gitarre

Mit Single-Cut im Les Paul Style!

9. Oktober 2022

Rob Chapman polarisiert. Ich weiß gar nicht, ob ich jemals im Instrumentenhandel einen Hersteller getroffen habe, der von seiner Persönlichkeit in Kombination mit seiner YouTube Präsens her noch einmal deutlich mehr Aufmerksamkeit von seinen Kritikern und Jüngern erhält als seine Instrumente. In Sachen Advertising eine gute Sache, denn ähnlich wie YouTuber Ola Englund, der durch seine informative, aber auch zuweilen anstrengende Art seine Firma Solar Guitars promotet, zieht Rob Chapman durch seine, sagen wir einmal dezent herablassende Art viele Personen in seinen Bann, anders lassen sich die über 737.000 Follower wohl nicht erklären. Was uns jedoch abseits seiner Person und wie er das Geld für die Gründung seiner Firma erhalten hat, in diesem Test interessiert, ist die Chapman Guitars ML2 Pro Azure Blue, ein Instrument, dessen Übervater ihr bereits auf den ersten Blick auf den Body gemeißelt wurde.

ANZEIGE

Die Konstruktion der Chapman Guitars ML2 Pro Azure Blue

Hat sich vielleicht jemand einmal die Mühe gemacht zu zählen, wie viele Les Paul Kopien es wohl aktuell auf dem Markt gibt und früher einmal gab? Eine höhere Zahl gibt es wohl nur bei den Strat Kopien, aber ich bin mir sicher, die Les Paul liegt auf Platz zwei. Im Vergleich zu den ersten Dekaden von Gibson haben Kopisten heutzutage jedoch einen deutlich schwereren Stand, sind doch viele Details markenschutz- und patentrechtlich erfasst und werden weltweit mit Argusaugen überwacht. Wir finden daher auch bei der Chapman Guitars ML2 Pro Azure Blue jede Menge Details, die von der Original Les Paul abweichen, teilweise sogar mit interessanten Nebeneffekten, aber dazu später mehr.

Auch wenn man auf den ersten Blick automatisch an eine LP denkt, geht man ins Detail, merkt man sofort, dass lediglich die Single-Cut-Form des Korpus und die Kombination Mahagonikorpus mit Ahorndecke vom Original übernommen wurde, der Rest der Konstruktion ist in der Tat sehr eigenständig. Viele Gitarristen mögen den Sustain-geschwängerten, voluminösen Klang einer (guten) Les Paul, beklagen sich aber auch in einem Atemzug über das zuweilen hohe Gewicht der Protagonisten. Diesen Konstruktionszug wird man bei der Chapman Guitars ML2 Pro Azure Blue nicht finden, so hat der Korpus gerade einmal eine Stärke von 35 mm und bringt als komplettes Instrument ein Fliegengewicht von gerade einmal 3 kg auf die Waage. Das ist Ibanez RG Niveau!

Wer von der Les Paul kommt, gerade wenn es sich um ein Vintage-Instrument handelt, kennt natürlich das „eckige“ Umfeld des Instruments, gerade im Bereich des Halsübergangs und der Armauflage und der damit verbundene Kampf gegen das Holz. Chapman geht diesen Bereich deutlich moderner an und verpasst dem Instrument sowohl im Cutaway-, als auch im Rippenbereich ein ausgeprägtes Shaping, was die Bespielbarkeit insbesondere im Stehen erleichtert.

Auch die Halskonstruktion des in Korea gefertigten Instruments weicht in mehrerlei Hinsicht vom Vorbild ab. Schon beim ersten Griff um den Hals spürt man, dass sich gerade die ersten Bünde vergleichsweise weit vom Körper entfernt aufhalten, was auf die lange Mensur von 648 mm zurückzuführen ist, während der überwiegende Teil des Gibson Portfolios über die kurze Mensur von 625 mm verfügt. Aufgrund der 24 Bünde (Gibson 22 Bünde) rutscht der Halstonabnehmer etwas nach hinten und verlässt leider den schwingungstechnisch meines Erachtens optimalen Punkt unterhalb des 24. Bundes, aber das ist Geschmacksache.

Ein weiterer Unterschied ist das verwendete Halsholz, das sich als geröstetes Ahorn und somit als klassischer Gegenpol zum sonst im LP-Bereich verwendeten Mahagoni herausstellt. Auch hier spürt man bereits bei den ersten noch unverstärkten Tönen das sehr ausgeprägte Sustain der Chapman Guitars ML2 Pro Azure Blue, das vielen Sustain-Monstern mit durchgehendem Hals das Wasser reichen kann. Inwieweit einem die farblich naturbelassene Lackierung der Halsrückseite inklusive des schräg verlaufenden Lackierungsabsatzes des Korpus zusagt, muss jeder für sich selber entscheiden. Das Profil des Halses wird vom Werk aus als C-Profil bezeichnet, es würde aber auch noch je nach Interpretation als kräftiges „D“ durchgehen. Als Griffbrett wurde ein mitteldunkles Macassar-Ebony verwendet, das nur eine Infinity-Einlage im 12. Bund aufweist. Sehr schön auch die Verwendung der Glow-in-the-Dark Side Dots an der Seite des Griffbretts, die bereits bei leichter Verdunklung anfangen zu  leuchten.

In Sachen Hardware verwendet Chapman die recht selten verwendeten offenen Hipshot Grip-Lock mit einer 18:1 Übersetzung, die mit ihrem Locking-Rad unterhalb der offenen Mechaniken sehr ausgefallen daher kommen. Nichtsdestotrotz leisten sie in Zusammenarbeit mit dem Graph Tech Black TUSQ XL Nut Sattel sehr gute Arbeit. Um mit der Brückenkonstruktion ebenfalls das Maximum an Schwingungsverhalten in Sachen Sustain zu generieren, wurde ein Hard-Tail verwendet, das die Saiten im 90 Grad Winkel durch den Korpus führt. Inwieweit dieser vergleichsweise kräftige Knick die Saiten in ihrer Struktur schwächt, hängt vom persönlichen Spielstil ab und muss von jedem selber herausgefunden werden.

ANZEIGE

Als Strap-Buttons nennt Chapman Produkte aus eigener Produktion, es handelt sich aber um das bekannte Schaller System und sollte daher auch mit den entsprechenden Gurtgegenstücken kompatibel sein. Der verwendete Dreiwege-Schalter geht angenehm schwergängig, hat aber einen vergleichsweise kurzen Schaltweg, so dass man bei dem Versuch, die Mittelstellung zu treffen, mit etwas mehr Feingefühl zu Werke gehen muss. Die Regler sind als Speed Dome Variante ausgelegt und verfügen über 2x Volume und einmal Mastertone, der über Push/Pull die jeweils die äußere Spule der Pickups im Splitbetrieb nutzt.

Apropos Pickups, in einigen meiner früheren Testberichte über Chapman Guitars waren neben der zumeist überzeugenden Konstruktion des Instrumentes die hauseigenen Pickups mein größter Kritikpunkt, die mit einem vergleichsweise dünnen und scharfen Sound den Gesamtklang der jeweiligen Instrumente deutlich schmälerten. Anscheinend scheinen Chapman Guitars sich diesen Punkt zu Herzen genommen zu haben, da die Chapman Guitars ML2 Pro Azure Blue nunmehr mit Pickups aus dem Hause Seymour Duncan ausgerüstet ist. Dabei handelt es sich um einen Seymour Duncan Sentient Humbucker auf Alnico 5 Basis mit einem Gleichstromwiderstand von 7,8 kohm am Hals und einem Seymour Duncan Pegasus Humbucker, ebenfalls auf Alnico 5 Basis mit einem Gleichstromwiderstand von 12.5 kohm.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Youtube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

In der Praxis

Vielleicht eins vorneweg, ich persönlich habe wie bereits erwähnt den Halstonabnehmer gerne unterhalb des 24. Bundes, da hier das Schwingungsverhalten besser eingefangen wird, als wenn der Pickup etwas Richtung Steg verschoben wird. Dies ist aber nur mit einer Bundzahl von maximal 22 Bünden möglich und lässt sich somit nicht auf der Chapman Guitars ML2 Pro Azure Blue umsetzen. Inwieweit dies den persönlichen Geschmack trifft oder nicht, muss jeder für sich selber entscheiden, ich für meinen Teil bin der Meinung, dass insbesondere bei einer cleanen Gitarre die Mittelposition ein wenig Charakter einbüsst, aber wie gesagt, Geschmacksache.

Abgesehen von diesem Punkt muss man der gesamten Gitarre und insbesondere den Tonabnehmern über die gesamten Testparameter eine Bestnote geben. Chapman Guitars hat das einzig Richtige gemacht und einen sehr wichtigen Bestandteil des Gesamtklangs an einen Fachbetrieb abgegeben, in diesem Fall der Wechsel im Pickup-Bereich zu Seymour Duncan. Das Instrument bietet in der Tat eine sehr große Palette an Klangvariationen und lässt sich zudem in Sachen Haptik sehr gut spielen. Das Sustain-Verhalten ist hervorragend, die Bespielbarkeit vorbildlich und die Chapman Guitars ML2 Pro Azure Blue ist eine der wenigen Gitarren, die ich in der letzten Zeit zum Test bekam, bei der sowohl die Humbucker-, als auch die Singlecoil-Einstellungen der Tonabnehmer überzeugen.

Im Zusammen spiel mit dem Test-Setup Hughes & Kettner Triamp MK III, Marshall 412 mit Celestion G12 75T und 2 Stck. Shure SM 57 bietet das Instrument von Clean über Crunch bis hin zum High-Gain einen durchgehend charaktervollen Grundton, der sich stets gut im Bandkontext durchsetzt und qualitativ einen sehr guten Eindruck hinterlässt. Wer die Les Paul Form schätzt, sich jedoch modernen Stilelementen nicht verschließen möchte, sollte das Instrument auf jeden Fall einmal in die nähere Wahl ziehen.

Chapman Guitars ML2 Pro Azure Blue Test

Chapman Guitars ML2 Pro Azure Blue – im Studio

ANZEIGE
Fazit

Mit der Chapman Guitars ML2 Pro Azure Blue führt der britische Hersteller mit asiatischer Fertigung eine hochwertige Single-Cut-Variante in seinem Portfolio. Das Instrument besticht mit sehr guten Komponenten, einer tadellosen Verarbeitung, einer Verschmelzung von traditionellen Elementen mit modernen Erweiterungen und hat zudem auf die Kritik bzgl. der früheren Tonabnehmerwahl reagiert und mit zwei Pickups aus dem Hause Seymour Duncan das Instrument auf eine neue Qualitätsebene gehoben.

Ein sehr gutes Instrument, das eine genauere Betrachtungsweise verdient hat.

Plus

  • Klang
  • Pickups
  • Verarbeitung

Preis

  • 1.199,- Euro
ANZEIGE
Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    CDRowell AHU

    Hi, danke für die Vorstellung dieses Meisterwerks!🚀 Eine ganz tolle Gitarre, wie ich finde.👍 Es gibt bei vielem den Drang kostengünstig tu toppen, was seine berechtigung hat.🤩 Jedoch kostet auch funktionierendes und ansehnliches Design Geld.😇 Meiner Meinung nach ist diese Gitarre ein Geniestreich!😀 Ich freue mich immer wieder über die Berichte mit solchen Schönheiten…😍

    • Profilbild
      Joerg

      @CDRowell Auf Grund der Äußerlichkeiten und des fundierten Tests eine klasse Klampfe!

      Und den Preis finde ich dafür auch angebracht und gerechtfertigt.

      Never buy a Waschmaschine (mittlerweile) unter 450 Euro….

Kommentar erstellen

Die AMAZONA.de-Kommentarfunktion ist Ihr Forum, um sich persönlich zu den Inhalten der Artikel auszutauschen. Sich daraus ergebende Diskussionen sollten höflich und sachlich geführt werden. Politische Inhalte und Statements werden durch die Redaktion gelöscht.

Haben Sie eigene Erfahrungen mit einem Produkt gemacht, stellen Sie diese bitte über die Funktion Leser-Story erstellen ein. Für persönliche Nachrichten verwenden Sie bitte die Nachrichtenfunktion im Profil.

ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
X
ANZEIGE X