Power Tele mit PAF-Twist!
Die Charvel San Dimas Modelle sind schon etwas Besonderes. Unter dem Banner Jackson haben wir zuletzt die Gus G. Signature San Dimas getestet, aber tatsächlich lag unser Augenmerk seit der Ankündigung auf der NAMM 2020 auf der neuen Joe Duplantier. Die Telecaster Style Signature sah einladend aus – das konturierte Mahagoni, kombiniert mit DiMarzio PAFs, für einen Gitarristen, der vielen als moderner Schirmherr des Metals gilt, eine interessante Mischung. Und dann die ersten Klangbeispiele und Videos, die einen ahnen ließen, dass das gute Stück den preislichen Midrange-Bereich ordentlich aufmischen könnte.
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Wer es nicht weiß: Joe Duplantier ist Gojira vorangestellt, einer der bekanntesten Bands aus dem harten Bereich der letzten 10, 15 Jahre. Joe Duplantier hatte schon Signature-Gitarren unter Charvel – insofern nicht ganz was Neues, nichtsdestotrotz hat man das erste Mal das Gefühl, dass der Stil bei der aktuellen Pro Mod San Dimas besser zum Ausdruck kommt. Eine alles andere als empfindliche Telecaster mit einer ordentlichen Dosis Vintage-Charakter, die grundsätzlich im Heavy-Bereich verankert ist. Schauen wir uns das mal an.
Joe Duplantier Signature Pro Mod SD als Telecaster
Also: Die Joe Duplantier Pro Mod SD Style 2 ist eine Solid-Body Telecaster, deren Bauform vielleicht ein bisschen irreführend sein könnte. Twang und höhenlastigen Funk kann man der Gitarre zwar entlocken, aber der Schwerpunkt liegt bei geerdeten Sounds.
Fender hat Charvel 2002 aufgekauft und die Produktion seitdem – wie in den „goldenen“ Charvel-Zeiten zwischen ’86 und ’91, nach Japan verlagert. Nicht ausschließlich, aber vor allem Low- und Mid-Budget-Gitarren werden dort nach wie vor hergestellt. Uns freut’s, da japanische Werke oft mit guten Werkseinstellungen glänzen. Das ist zumindest bei der Joe Duplantier Telecaster hier der erste Eindruck: Da wären beispielsweise ein sauber verschraubter Mahagoni-Hals, unlackiert auf der Rückseite, der sich aufgrund der Ölung ausgezeichnet anfühlt und mit seiner Speed-Neck-Konstruktion ein etwas griffigeres Tele-Feeling vermittelt. Das Satin-Finish, schwarze Schlagbrett und das konturierte Mahagoni ergeben ein visuell stimmiges Packet. Die Graphit-Verschraubungen auf der Rückseite unterstreichen die Stabilität des Halses, das Ganze fühlt sich unheimlich fest und sicher an. Der Headstock ist typisch Fender, typisch Tele und alles andere als ein Headstock, den man bei einer Gojira Signature erwarten würde.
Aber Joe Duplantier ist eben ein eigener Gitarrist mit eigenem Stil und seine sehr rifforientierte Spielweise wird durch die Halskonstruktion zweifelsohne unterstrichen. Wie gesagt: Speed-Neck, aber der Griffbrett-Radius liegt zwischen 12 und 16 Zoll – das sind 304 mm bis 404 mm, das Material als solches ist Ebenholz. Der erste nennenswerte Minuspunkt: der Black-Plastic-Sattel. Keine Ahnung, warum die Teile immer noch zum Einsatz kommen. Meine Nutzung einer ESP LTD aus 2014 mit dem Black-Plastic-Nut ist die typische Erfahrung, die man mit solchen billigen Satteln macht: Nach nicht mal einem halben Jahr fing die Gitarre ordentlich an zu surren. Kann es also nur ans Herz legen: Black-Plastic einfach sofort raus und stattdessen einen typischen Graphtech verbauen lassen. Der Truss-Rod ist übrigens gut erreichbar am Halsende – also keine Probleme an der Front.
Joe Duplantier San Dimas Gitarre Signature
Je länger ich die Joe Duplantier in der Hand habe, desto mehr wird mir das eigensinnige Spielgefühl der Gitarre bewusst. Der Mahagoni-Hals ist massiv, wie man es von Power-Strats gewohnt ist. Da ist die Optik der E-Gitarre fast schon ein wenig irreführend. Das ist nicht unbedingt schlecht: Das Spielgefühl einer Power-Strat trifft auf Holz, Verarbeitung und Humbucker, die man von Paulas kennt und das Ganze eingebettet in einer Telecaster Bauform. Und wenn man sich das gute Stück anguckt – ein Hauch Vintage steht da im Raum, aufgeweicht durch die zeitgemäßen Pearloid-Big-Blocks auf dem Griffbrett. Das verankerte Tailpiece schreit wiederum Paula à la Gibson und kann je nach Bedürfnis eurem Spielradius angepasst werden.
Was natürlich die Frage in den Raum wirft, wie das Ganze klingt. Kein Coil-Splitting, keine Voicing-Sperenzchen, wie man sich von Fishman Fluence Pickups kennt. Zwei Humbucker – ein Sound? Nicht ganz. Die zwei verbauten Humbucker fügen sich mit ihrer Nickel-Optik ziemlich gut in das Gesamtbild der Gitarre ein. Die Humbucker sollen einen sehr PAF-nahen Sound hervorbringen. Zum 36-jährigen Jubiläum kamen DiMarzio mit einem speziellen PAF daher, der die Inspiration für die Joe Duplantier Signature Humbucker der E-Gitarre darstellt. Und auch wenn sie gleich aussehen, deckungsgleich sind die Humbucker nicht: In der Neck-Position hat man den PAF-inspirierten Humbucker von DiMarzio, in der Bridge-Position wiederum die Joe Duplantier Signature Fortitude von DiMarzio.
Ich bin recht neugierig auf den Gesamtsound. Keiner der Humbucker ist mir bekannt, aber für einen interessanten Tweak des PAF-Sounds bin ich immer zu haben. Das und die grundlegende Solid-Body-Holzkonstruktion aus Mahagoni lassen in mir den Verdacht keimen, dass wir einen Vintage-Rock-Sound rauskitzeln könnten, der mehr mit Gibson gemein hat als mit anderen San Dimas Power-Strats. Der Dreiwegschalter erlaubt die typische HH-Kombination und wer einen Tone-Regler sucht, dürfte enttäuscht werden: Die Joe Duplantier Pro Mod Style 2 besitzt nur einen Volume-Regler.
So klingt die Joe Duplantier Signature Telecaster E-Gitarre
Kein Profiling, kein Modeling, sondern zielgerichtete Nutzung von Röhren. Wenn man das zu Sounddemonstrationen einer E-Gitarre nutzen möchte, ohne aufwendige Mikrofonierung, kommt man nach wie vor nicht an den REVV G20 vorbei. Wir speisen das Ganze direkt in den XLR des Interfaces und dann in die DAW, wo wir hier und da nur eine leichte Multiband-Kompression nutzen.
Der erste Eindruck: fräsend und transparent zugleich, mit mehr Vintage im Klangbild, als ich zunächst vermutet hatte. Klipp und klar gesagt: Der fräsende Charakter erinnert mich an meine Gibson Studio, vor allem, da sich diese mit einem verhältnismäßig klarem, glockigem Clean-Sound paart. Im Clean-Bereich erledigt vor allem der Neck-Pickup seine Aufgabe sehr verlässlich. Die DiMarzio PAFs erinnern an Midrange Gibsons, klingen meines Erachtens auch glockiger und klarer als die meisten Epiphones und überraschen mich ein klein wenig. Keine Strato Brillanz, aber klar akzentuiert und voluminös.
Im Crunch paart sich das Glockige mit dem Vintage-Muff der PAF-Imitation, zumindest wenn beide Humbucker aktiv sind. Der Grundcharakter ist auch allein in der Bridge ein klitzekleines bisschen kurzatmig im Sustain, aber das fällt nicht zu stark ins Gewicht. Tiefe und höhere Frequenzen sind Mehrklängen gleichermaßen präsent, in der Hinsicht gilt also: Die Charvel Joe Duplantier Signature ist transparent im Gesamtsound, auch wenn sich ein bisschen Gain ins Klangbild schleicht. Nichtsdestotrotz: Dieses leicht Muffige muss man mögen. Es ist kein ausgewiesenes Vintage-Feeling à la D’Angelico, das die Charvel hier zustande bringt. Der Frequenz-Peak der Humbucker ist ganz klar mittig. Kein zeitgemäßer Midscoop, der den Humbucker da innewohnt, sondern ein ganz einiger, dreckiger PAF-Sound, der sicher nicht jedem gefallen muss.
Muss man sie also zweifelsohne mögen. Für Djent und hart akzentuierte Stakkato-Riffs gibt es sicher besser geeignete klinische Streitäxte und für erdigen Rock sicher ebenfalls – die Charvel Joe Duplantier besetzt eine eigensinnige Nische. Dreht man das Gain auf, fängt es an zu brutzeln. Gojira ist eine Modern Metal Band – wie verhält es sich also mit dem High-Gain? Auch hier setzt sich der erdige Grundcharakter fort, besitzt aber ausreichend Low-End, um die Gitarre selbstbewusst in diesem Genre einsetzen zu können. Wir nutzen ein paar unterschiedliche Cabinets des Revv G20, um die Resonanz der Gitarre um die verschiedenen Simulationen hinweg zu testen. Der bisweilen holzige, mittenlastige Sound lässt den Höhen und den Bässen ausreichend Raum und büßt auch bei viel Gain nicht viel von seiner Transparenz ein, ist aber kein Glanzstück in Sachen Dynamik.
Schon ein sehr eigenes Ding: Der Joe Duplantier Signature Humbucker ist im Grunde ein PAF mit verstärktem Low-End, das tut dem Sound nicht in jedem Einsatzfeld gut. Sie wirkt bisweilen ein bisschen starr und erstickt – eine gute Gibson ist zweifelsohne dynamischer. Rein subjektiv muss ich einräumen, viel Gefallen an dem Sound zu finden: Die Art, wie der PAF-Muff mit dem Glockigen in beidseitiger Humbucker-Position zusammenkommt, gefällt persönlich gut und die Höhen haben ausreichend Raum, um auch Gezupftes im Gain stehen lassen zu können.
Das Instrument hat einfach einen coolen look. Allein deswegen würde ich sie gerne testen. Abgesehen von dem Finish, Schlagbrett und PUs, handelt es sich um die gleiche Gitarre wie der günstigere Vorgänger?
Eine Mischung aus Vorgänger und dieser Gitarre wäre wahrscheinlich mein ideales Instrument, also keine übergroßen Perlmutteinlagen auf dem Griffbrett, kein Schlagbrett. …. also, was den Look angeht.
Werde sie auf jeden Fall testen, auch wenn gerade unmöglich ….
Optisch hat das Instrument E-Gitarre für mich mit der Tele in Butterscotch ihren Höhepunkt ohnehin schon längst erreicht, und da ich musikalisch eher in Humbucker-Regionen unterwegs bin… tolles Gerät. Optisch mal eine schöne Abwechslung im extremen Metal, und spielen tut sie sich auch toll.