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Test: Clavia Nord Lead 3 / Nord Rack 3

Schöne LED-Kränze - aber sonst?

11. Juli 2002

Nordlead Familienbande – oder 1-2-3

Manche Menschen sind so arm, dass sie sich nicht mal Vornamen leisten können. Andere sind mathematisch begabter und nummerieren ihre Kinder einfach durch. Das ist nicht nur bei Intel der Fall, sondern auch die schwedische Mutter Clavia zählt ihre NordLead – Kinder brav durch, um sicher zu sein, dass keines vergessen wurde. Wie bereits bei Clavia üblich, gibt es die Nord Lead Familie auch immer als Rack – beim Dreier ebenso.

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Hier eine kleine Comparison-Chart zu den 3 Clavia Nord Leads:

Nix für Pianisten?

Mit seinen 4 Oktaven ist die Tastatur der NordLeads nicht gerade der Traum eines jeden Pianisten, hat bei der Live – Performance aber genau den richtigen Umfang für Lead und Pad – Sounds und hält zudem die Füße schmal bzw. das Gehäuse klein ;-).  Außerdem vermittelt besonders das Keyboard des NL3 ein angenehmes Spielgefühl, und auch das Aftertouch lässt sich nuanciert dosieren.

Federgewicht

In einer Hand das Keyboard und in der anderen die Ziggi und durch die Gegend laufen ist bei den federgewichtigen Brüdern selbst ohne jahrelanges Training im Fitnessstudio der Wahl kein großes Problem. Aber Vorsicht!!! Rauchen gefährdet Ihre Gesundheit, also Hände weg von den Sargnägeln und gleich ein paar Kabel oder den Mikrophon – Ständer unter den anderen Arm geklemmt – oder einfach beide Hände nehmen, damit einem das gute Stück nicht so einfach wieder entgleitet!

Wie bei Clavia üblich gibt es dasselbe Gerät auch als NordRack, in diesem Fall mit dem Zusatz „3“. Bis auf die fehlende Tastatur und das kleinere Gehäuse sind die beiden Geräte identisch. Der folgende Test gilt daher stellvertretend auch für die Expander-Version.

Nord Lead 3 Rack

Die Rack-Version des Nord Lead 3

Einfache Bedienung

Allen „Nord- Liedern“ ist die einfache Bedienbarkeit gemein, wobei der 3er sich durch seine LED- Kränze und die Endlos- Potentiometer deutlich von seinen älteren Brüdern abhebt, da man mit deren Hilfe den momentanen Wert der jeweiligen Parameter auf einen Blick erkennt. Für einen programmierbaren Synthesizer ist das ein echtes Novum, weil auch die Bedienbarkeit auch im Live – Kontext damit extrem verbessert wird. Ein Feature, das sich Clavia natürlich bezahlen lässt. Zudem runden Funktionen wie Arpeggiator, Portamento/Glide und polyphones Legato die gute Live – Performance der Familie ab, wobei der NL3 mit zusätzlichen Schmankerln wie Chord Memorizer (ein – Finger – Akkorde) oder Keyboard Hold noch mal wieder eins drauf setzt.

„Ja ist denn heut‘ scho‘ Weihnachten“ dachte ich, nachdem ich den NL3 das erste mal einschaltete. Ich war wie geblendet und mir war klar: Das ist ein Gerät, das man problemlos im Dunkeln bedienen könnte. Ich wollte das Gerät auch testweise im Schlafzimmer zum Einsatz bringen, denn es gibt ja nur einige wenige interessante Hobbys, bei denen man liegend und im Bett sein darf. Ein doch recht wütendes „Er oder Ich“ meiner Freundin brachte mich dann doch wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Na ja, man kann halt nicht alles haben ;) Ein wenig vorsichtiger sollte man bei feuchtfröhlichen Konzerten sein, da das Gehäuse der „Nordlichter“ an bestimmten Stellen Einblicke auf die Platine gewährt – und es ist anzunehmen, dass diese nicht gerade positiv auf das feuchte Nass reagiert. Aus demselben Grund sollte man die Synths in ihren Ruhephasen vor Staub schützen.

Schriftliches

Die Anleitung des NL3 ist 166 Seiten stark und in deutscher Sprache. Die von NL2 mit 114 Seiten und NL1 mit 111 Seiten sind nicht ganz so umfangreich – brauchen sie auch nicht zu sein, da beide mit deutlich geringerem Funktionsumfang aufzuwarten haben. Die Manuals sind ausführlich, leicht zu verstehen und gut lesbar, auch wenn sie vielleicht nicht ganz so humorvoll wie Waldorfs Werke sind. Dafür werden auch keine Funktionen beschrieben, die man später verzweifelt am Gerät sucht. ;)

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Connections

Hier bietet der NL2 mit seinen vier Ausgängen und dem zusätzlichen Control Pedal schon mehr als sein älterer Bruder, der lediglich mit MIDI In – Out und dem Stereo – Ausgang und den Anschlüssen für Kopfhörer und Pedal ausgerüstet ist. Etwas schade finde ich, dass der Kopfhörer – Ausgang bei allen NordLeads auf der Rückseite des Gerätes sitzt und nur der NL3 eine MIDI – Thru – Buchse besitzt. Den PCMCIA – Slot findet man hingegen nur bei den beiden älteren Brüdern.

Die neuen LED-Kränze

Wie weiter oben schon erwähnt sind die NordLeads eine sehr Schrauber- freundliche Familie, und wer bei dieser Oberfläche keine Lust bekommt, muss sich schon die Frage gefallen lassen, ob eine „Tischhupe“ für ihn nicht die bessere Wahl wäre ;) Aber LED – Kränze sind nicht alles. So sind die Knöpfe und Tasten bei den beiden älteren Synthesizern made in Sweden so angeordnet, dass man – fast wie bei den analogen Vorvätern – sofort alles Wichtige im Blick hat. Wer sich schon ein wenig mit der subtraktiven Synthese befasst hat, wird innerhalb einer halbe Stunde einen Zugang zu den Geräten finden und seine ersten eigenen Sounds programmieren können. Das Einzige, was ihm dabei im Weg stehen wird, sind die guten Presets, deren Qualität ein Anfänger kaum erreichen kann.

Wer komplexe Hüllkurven, ausgefeilte Modulationsverknüpfungen oder Parametergräber mag, wird bei den Geräten aus dem hohen Norden nicht unbedingt auf seine Kosten kommen, da Clavia größeren Wert auf schnelle und einfache Bedienung gelegt hat, womit die lange Suche in irgendwelchen Menüs ein Ende hat – und für Hardcore – Schrauber gibt’s ja aus gleichem Hause noch den Modular. Damit grenzt die schwedische Firma natürlich auch ein wenig die Möglichkeiten der NordLeads ein. So sind selbst beim jüngsten Spross der Familie die zwei vollständigen ADSR – Hüllkurven jeweils fest mit Filter und Amplitude verbunden, und auch bei der loopbaren zweistufigen (wahlweise AD oder AR) Modulation – Hüllkurve ist, wie auch bei den beiden LFOs, jeweils nur ein Modulationsziel möglich.

Zum Glück muss die Kontrolle über den Klang darunter nicht leiden. Besonders der NL3 bietet hier mit seinen Morphgroups per Keyboard, Velocity, Aftertouch und Mod – Wheel zwischen der aktuellen Regler – Einstellungen und je einem neuen Set von Einstellungen zu wechseln. Das ist schon recht viel, wobei die beiden älteren Brüder zumindest Mod – Wheel oder Velocity Morphing bieten. Trotzdem würde ich mir hier alternativ die Kontrolle einer Morphgroup per Hüllkurve oder LFO wünschen, aber man kann halt nicht alles haben.

Zusätzlich zu der sehr subtraktiven Klangerzeugung seiner Brüder bietet der NL3 noch eine Vier-Operator-FM- Klangerzeugung, die für die üblichen Glöckchen und FM – Bass- Spielchen ausreichen sollte, aber unter anderem durch das Fehlen der Feedback- und Fixed-Frequeny Einstellungen nicht ganz auf FB01 oder DX21 Niveau kommt. Da sich die FM – Klangerzeugung in einer subtraktiven Architektur befindet, stehen weiterhin LFOs und Filter zur Verfügung, welche die frequenzmodulierten Oszillatoren tatkräftig unterstützen.

Auch bei der subtraktiven Klangerzeugung hat sich beim NL3 so einiges getan. So bietet er die üblichen analogen Filterimitate seiner Brüder in der gewohnt guten Nord Lead Qualität und deutlich mehr Variationen. Jeder Filtertyp ist in einer 1, 2 oder 4 Pol- Version vorhanden, zudem ist ein Tiefpass mit Verzerrer und ein „Classic“ 4 Pol – Tiefpass wählbar, dessen Verhalten dem Minimoog – Filter nachempfunden wurde. Alternativ zu den altbekannten Filtertypen bietet der NL3 noch sechs parallel bzw. seriell kombinierte Versionen, die Klänge jenseits der ausgetretenen Filterpfade manipulieren können. Diese eignen sich unter anderem recht gut für Phasing und Chor- Klänge. Und wem das noch nicht reicht, der darf die Filter auch noch frequenzmodulieren. Das einzige, das manche vielleicht am 3er im Vergleich zu seinen Brüdern vermissen werden, sind die Percussion – Kits, was aber angesichts der zusätzlichen Funktionen leicht zu verschmerzen ist.

„O(h)rigami“

Die Nord Lead Familie ist bekannt für ihre sehr gute Simulation analoger Synthesizerklänge. Und genau das und noch viel mehr macht auch den NL3 aus, der für einen VA auch ordentlich in den digitalen Jagdgründen wildert. Natürlich gibt es für den Jüngsten der Familie noch nicht so viele Sounds wie für die beiden Alteingesessenen. Das gleicht er jedoch mit hervorragenden Presets von namhaften Sounddesignern wieder aus. Wobei mich besonders in den ersten beiden Bänken die fast durchgehend sinnvolle Nutzung der Morphgroups fasziniert hat, da sie ein lebendiges Spielen der Klänge ermöglichen.  Von typischen subtraktiven und FM – Sound über spacige Chor- Klänge und kraftvolle Bässe deckt besonders der jüngste Spross der Familie ein breites Spektrum an Klängen ab. Was die „analogen“ – Sounds betrifft, ähneln sich die Brüder doch sehr, wobei der NL1 vielleicht ein wenig direkter und brachialer als seine beiden Nachfolger klingt.

Die „Soft“ – Unisono Einstellung der NL3 erinnert stark an die JP8000 – Supersaw und kommt für meine Ohren klanglich nicht ganz an ein echtes Unisono ran, braucht dafür aber auch keine zusätzlichen Stimmen und funktioniert im Gegensatz zur Supersaw nicht nur mit einer Wellenform. Wer es dann doch noch etwas kraftvoller braucht, kann in den Performances bis zu vier Klänge kombinieren, wobei für jede der 256 möglichen Performances jeweils vier eigene von den 8 Preset – Bänken unabhängige Soundspeicher zur Verfügung stehen, oder er kann mit dem Chord Memoriser auch gleiche Noten stacken.

YouTube Empfehlung

Hier ein eindrucksvolles Demo-Video zum Clavia Nord Lead 3.

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Mehr Informationen

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Fazit

Waren die ersten beiden Sprosse der Clavia Nord Lead-Familie schon ein Garant für einfache Bedienung und kraftvoll analoge Sounds, so ist der Clavia Nord Lead 3 die Quadratur des Kreises gelungen. Trotz der relativ wenig anmutenden, aber sinnvoll kombinierten Parameter ist es ein sehr flexibles Gerät, mit dem auch Musiker ohne Synthese – Diplom ihren Spaß haben werden. Durch die LED – Kränze hat man schon kurz nach dem Soundwechsel einen Überblick über die aktuellen Einstellungen der jeweiligen Klänge. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern brauchen die Parametereinstellungen nicht unbedingt bis zur eingespeicherten Einstellung bewegt bzw. abgeholt oder an der Anzeige abgelesen werden. Und auch das Morphen macht erst dann so richtig Spaß, weil man die Grundeinstellung des Sounds wie beim Clavia Nord Lead 3 immer im Blick hat.
Wer auf einfache Bedienung und leichte Programmierbarkeit Wert legt, aber nicht ganz so viel ausgeben will oder kann, sollte sich die beiden älteren Brüder einmal anschauen. Wegen der maximal vierfachen Multitimbralität sind die Geräte nicht unbedingt einem Einsteiger zu empfehlen, der seine ersten Schritte mit dem Sequenzer macht und komplette Arrangements aus einem Gerät braucht. In der Kombination mit einem Drumsynth/-computer , Rompler, Sampler oder einer Band ist ein Nord Lead mit Sicherheit eine gute Wahl.

Plus

  • Überzeugender VA-Sound
  • Dank LED-Kränze übersichtliche Bedienung

Minus

  • Nur 4-fach mutlitimbral
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    Neven Dayvid

    Als Nicht-Besitzer frage ich mich…warum klingen die Soundbeispiele so digital? Selbst mein 12 jahre alter An1x klingt wärmer. Wenn das die beste Seite des Nordleads ist, würde ich mich wundern. Vielleicht auch die DSP-Effektsoße?
    Wahrscheinlich ein schöner Synth, würde ihn gerne mal über tapedelay oder Federhall gespielt hören.

    Wäre das nicht auch mal eine schöne Strecke von Soundbeispielen… alte Synths durch moderne Effekte und vice versa?

    • Profilbild
      anselm

      @Neven Dayvid Der Nord Lead hat schon seinen typischen Klang und ich denke dabei nicht an analoge Klassiker wie Juno, Jupiter, Oberheim…
      Wenn man den Klang von Move D (David Moufang) mag oder aber Plastik-Trance-Klände (aber breit und dick, nicht dünn), dann kann ein virtuell analoger von Clavia passen.

  2. Avatar
    AMAZONA Archiv

    Der Nordlead 3 ist der schlecht klingendste Synth von Clavia. Darüber kann auch die tolle Parameter-Beleuchtung und das coole Design nicht hinwegtäuschen. Die Rackversion kann sehr heiss werden, das Netzteil ist etwas unterdimensioniert. Die FM-Sektion entspricht einem Yamaha DX100 und ist für heutige Verhältnisse lächerlich. Der Arpeggiator/Subarpeggiator mit seinen verschachtelten Menüs ist alles andere als benutzerfreundlich.
    Ausserdem fehlt die Möglichkeit, Pausen und Velocity zu programmieren.
    Es fehlen Effekte wie Delay und Reverb.
    Dennoch hat der NL3 einige Besonderheiten. Der Multimode-Filter klingt hervorragend. Das Gerät liefert glasklare digitale Flächen vom Feinsten.

  3. Profilbild
    Jauly

    Huch, diese grottigen Soundbeispiele werden dem schönen Gerät in keinster Weise gerecht :/ So zementiert man Unkenrufe ja nur.

    Selbst die recht unspektakulären Nord Lead 3 presets (wer danach sucht wird sie finden) klingen auf youtube besser.

    Ansonsten ist der Test schon recht gut gemacht.

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