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Test: Cyclone Analogic TT-78 Beat Bot, Analog Drummachine

Beatbox ohne Presets

22. Januar 2017

Gerade hatte ich noch die Cyclone Analogic TT-606 Drum Drone auf dem Tisch, da steht mit dem nächsten Kandidaten wieder das gleiche Teil vor mir. Na ja, fast. Die Cyclone Analogic TT-78 Beat Bot ist zwar äußerlich der Schwester überaus ähnlich und kommt mit dem gleichen Karton und der gleichen Anleitung daher, doch die analoge Tonerzeugung verfolgt hier ein ganz anderes Ansinnen.

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Stellt sich die TT-606 als moderner Clone der Roland TR-606 Drumatix dar, hat die Cyclone Analogic TT-78 Beat Bot ein ganz anderes Vorbild, nämlich die Roland CR-78. Und das macht die Angelegenheit in diesen Clone-übersättigten Zeiten durchaus interessant, denn an eine Reproduktion der CR-78 hat sich bislang noch niemand gewagt. Selbst im Software-Bereich finden sich nur zwei, drei Sample-basierte Imitate, aber keine Plug-ins, die die Schaltungen des Klassikers nachempfinden.

Die Cyclone Analogic TT-78 Beat Bot kann man jedoch nicht als Clone bezeichnen. Zwar entsprechen die Sounds denen des Vorbildes und werden, wie es sich gehört, auch analog erzeugt, doch das Gesamtkonzept ist ein gänzlich anderes. Um das im Laufe des Testes nachzuvollziehen, werfen wir erst einmal einen Blick auf das Original.

Die Beste aller Beatboxen

Die Roland CR-78 stellt den Höhepunkt und gleichzeitig auch das Ende einer Ära dar. Sie wurde von 1978 bis 1981 gebaut. Bis dahin waren Drummaschinen in erster Linie als Rhythmusbegleiter für Orgelspieler gedacht und boten Preset-Rhyhmen wie Rock, Disco, Swing, Foxtrott etc. und in der Regel auch verschiedenen Latin-Stile. Damit war man für Auftritte in Tanzlokalen, Bars oder auf Partys ausreichend versorgt.

Die CR-78 trieb dieses Konzept auf die damals mögliche Spitze. Sie besaß 17 Rhythmen mit jeweils A- und B-Variation, dazu eine Auswahl an Fill-Ins, die manuell oder automatisch eingefügt werden konnten. Es war auch möglich, durch Drücken von zwei oder drei Tasten Rhythmen zu kombinieren und einzelne Instrumente stummzuschalten und in einem Mixer Tambourine und Guiro hinzuzumischen.


Die Preset-Rhythmen der CR-78 sind überdurchschnittlich gut, hier hatten offenbar versierte Musiker dran gearbeitet. So verwundert es nicht, dass die CR-78 in einigen bekannten Hits verwendet wurde, obwohl Beatboxen allgemein bei Profimusikern eigentlich kein hohes Ansehen genossen. Zu hören ist sie unter anderem in „Fade to Grey“ von Visage (Preset Rock 3B) und „Heart of Glass“ von Blondie (Preset Rhumba).

Doch am häufigsten wird die CR-78 mit Phil Collins in Verbindung gebracht. Er nutzte ein Feature, das die CR-78 von der Konkurrenz weit abhob: Programmierbarkeit. Mit Hilfe des Programmers WS-1 ließen sich vier eigene Rhythmen in Echtzeit eintappen. Damit zeigte die CR-78, wohin die Reise gehen sollte, die nachfolgenden Drummaschinen der TR-Serie setzten dann auf vollständige Programmierbarkeit, Preset-Rhythmen waren, wie bei der TR-626, bestenfalls nur noch eine Dreingabe.

Die CR-78 ist aber nicht nur was für Nostalgiker, die in den 80ern stehen geblieben sind. Radiohead – Jonny, Thom & a CR78 zeigen wie organisch die alte Beatbox auch in modernen Songs eingesetzt werden kann.

TT-78 Hardware und Zubehör

Die Cyclone Analogic TT-78 Beat Bot hat optisch gar nix mit dem 78er Holzwürfel gemein, denn sie besitzt die eher zweckmäßig ausgerichtete Hardware der TT-606. Ein flaches, stabiles Kunststoffgehäuse von etwas dunklerer Farbe als die TT-606. Die Regler sehen ein bisschen nach 606/303 aus, aber die Sequencer- und Funktionstasten sind die bekannten weislichen Weichplastiktasten mit integrierten RGB-LEDs, die je nach Zustand oder Funktion unterschiedlich bunt leuchten können.

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Mit sechs Lautstärkereglern und sieben Einzelausgängen (3,5 mm) ist deren Anzahl mit der TT-606 identisch, doch die Cyclone Analogic TT-78 Beat Bot hat 13 anstatt neun Instrumente. Folglich müssen sich fast alle Instrumente Regler und Ausgänge teilen. Das sind im Fall von Congas und Bongos sogar vier Sounds. Wenigstens Kick und Snare haben ihre Lautstärkeregler und Ausgänge jeweils für sich allein.

Des Weiteren sind ein Mix- und ein Phones-Ausgang sowie MIDI-Ein- und Ausgang (schaltbar auf Thru) vorhanden. Die Einzelausgänge werden, sobald ein Kabel gesteckt ist, vom Mix-Ausgang abgezogen. Wie die TT-606 klingt auch die TT-78 Beat Bot relativ sauber, vor allem Kick und Snare. Bei den vier Kanälen mit Percussionsounds hört man unterschiedliches gefiltertes Rauschen, je nach der Schaltung der Instrumente, durch. Aber das hält sich absolut in Grenzen.

Der Rest ist mit der TT-606 identisch: externes Netzteil und ein ungünstig platzierter, fipsiger On/Off-Schalter. Zur TT-78 Beat Bot gibt es einen durchsichtigen Deckel, leider ohne Aussparungen für die Anschlüsse der Rückseite sowie eine Tragetasche dazu.

Sounds mit Tone

Die Cyclone Analogic TT-78 Beat Bot bietet alle Instrumente des Vorbildes, wenngleich im Gegensatz hier nicht alle Sounds gleichzeitig nutzbar sind. Mit dem Tone-Regler kann jeweils ein Parameter verändert werden, doch auf ein paar Klänge ist diese Funktion leider nicht anwendbar.

Die Bass Drum ist zwar nicht all zu tief, aber ein richtig schöner runder Bumms. Mit Tone kann die Bass Drum deutlich länger als am Original versehen werden und wenn sie schnell aufeinander folgend getriggert wird, schaukelt sie sich wie eine 808-Kick auf bzw. es kommt ggf. zu Auslöschungen.

Die Snare Drum ist ziemlich kompakt, erinnert stark an 606/808. Tone regelt hier Snappy, also den Rauschanteil.

Low Conga und Low Bongo werden auf derselben Spur programmiert und können daher nicht gleichzeitigt genutzt werden. Die Low Bongo lässt sich in der Tonhöhe verändern, die Low Conga nicht. Beide Sounds klingen relativ zahm. Hi Conga und Hi Bongo funktionieren genauso und alle vier Sounds quetschen sich durch denselben Ausgang. Die Hi Conga ist etwas sehr kurz geraten.

Auch Clave und Cowbell teilen sich Spur, Regler und Ausgang und schließen sich damit gegenseitig aus und nur Clave kann mit Tone getunt werden. Beide Klänge sind ziemlich dünn. Das Clave klackt nicht richtig und die Cowbell kommt auch nicht so markant rüber, wie man das Original kennt.

Cymbal und Hihat basieren wie beim Original auf gefiltertem Rauschen. Die Hihat ist nur als Closed Variante vorhanden, als Open Hihat kann man das Cymbal verwenden, das ohnehin recht kurz ist und auch von einem nachfolgenden Hihat-Step abgeschnitten wird.
Zusammen mit Cymbal und Hihat wird jeweils Metal Beat erzeugt. Das ist ein metallisch klingender Blip, der den Instrumenten hinzugemischt wird, so hat es auch bei der CR-78 funktioniert.

Wie bei der TT-606 gibt es die Besonderheit, dass man für Metal Beat jeweils aus vier verschiedenen Klängen auswählen kann. Der Anteil von Metal Beat wird bei den beiden Sounds mit Tone separat geregelt. Hier fällt auf, dass, wenn man Metal Beat bei Hihat verändert, es währenddessen auch bei Cymbal erklingt, dann aber wieder verstummt.

Maracas verfügt über eine eigene Spur, mit Tone wird das Decay bis auf einen knackigen Sound verkürzt. Der Klang ist recht scharf und ergänzt die Hihat/Cymbal-Kombi gut. Maracas hat einen eigenen Ausgang, wird aber mit Tambourine/Guiro zusammen geregelt.

Mit Tambourine und Guiro haben wir wieder ein sich gegenseitig ausschließendes Duo. Allerdings schneidet das kürzere, im Decay regelbare Tambourine das lang ausklingende Guiro nicht ab, wenn es auf dem nachfolgenden Step gesetzt wird.

Diese beiden Instrumente waren bei der CR-78 nicht direkt in die Rhythmen eingebunden, sondern ließen sich mit der stets gleichen Figur zu jedem Preset hinzumischen. Speziell die Figur des in der Länge variierenden Guiros lässt sich in der TT-78 nicht adäquat nachbilden.

Soweit die Einzelbetrachtung, aber wie klingt es zusammengenommen und im Vergleich zum Vorbild? Ich habe die TT-78 Beat Bot mit einer originalen CR-78 verglichen, was sich leider nur kurzfristig und quasi zwischen Tür und Angel machen ließ und somit keine Aufnahme möglich war. Aber zusammen mit älteren Aufnahmen von mir und ein paar Samplesets zeichnete sich schon ein gewisses Bild ab.

Die Cyclone Analogic TT-78 Beat Bot klingt im A/B-Vergleich hörbar anders. Sie wirkt wie eine moderne Version. Die alte und gealterte Technik von vor rund 40 Jahren klingt einfach anders. Besonders bei den Percussions fällt das auf, die bei der CR-78 stärkere Transienten und somit mehr Biss haben. Bass Drum und Snare hingegen wirken bei der TT-78 Beat Bot kräftiger, speziell wenn die Kick ein langes Decay bekommt. Insgesamt kommt der Grundcharakter der CR-78 schon rüber, was auch an der Einzigartigkeit einiger Sounds liegt, aber ein Unterschied ist für Kenner des Originals klar auszumachen.

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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    Atarikid AHU

    Auch wenn sie nicht wirklich dran ist am Originalklang, ist’s doch eine geile Drummachine mit etwas anderen Sounds (endlich!). Die üblichen Verdächtigen kann man langsam wirklich nicht mehr hören… Frühachtziger-Flair vermittelt die Kiste auf jeden Fall!

  2. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Ich finde auch, daß Cyclone Analogic mit der TT-78 und TT-606 zwei gute Drummies abgeliefert haben. Statt 1:1-Clones aufzulegen, wurde der Grundschnarr der Originale übernommen, aber auch reichlich eigener Charakter dazugetan, der mir persönlich gut gefällt. Das Fehlen der Presetrhythmen stört mich nicht, kann man ja nachprogrammieren, wenn man sie braucht. Die Dosenoptik des Geräts ist nicht mein Fall. 500 Euro sind allerdings kein Pappenstiel für eine Drum Machine, die eher für spezielle Zwecke eingesetzt wird. Da ich mir über die Jahre schon verschiedene einschlägige Samplesets erstellt habe und außerdem einen Hohner Automatic Rhythm Player aus den 70ern besitze, der den Bereich frühes Blibbity-Blob recht gut abdeckt, werde ich erstmal abwarten, wie sich der Preis der TT-78 entwickelt.

  3. Profilbild
    patcassady

    Interessantes Gerät, wenn auch jeglicher optischer Sexappeal der für mich persönlich schönsten Drummachine aller Zeiten komplett fehlt.

  4. Profilbild
    Steppenwolf

    Warum sind die Klangbeispiele alle so brav? Hab eben erst auf Youtube erfahren dass man den Accent bei der TT78 und TT606 so weit aufreißen kann dass interne Verzerrung entsteht. Schade dass sich offenbar mal wieder keiner traut auch zu zeigen was tatsächlich alles möglich ist. Hauptsache sauber und glatt und bloß nicht riskieren irgendwelche Regler maximal aufzudrehen, sonst explodiert das Teil noch! Gell? :|

    • Profilbild
      Steppenwolf

      @Steppenwolf Ich muss mich korrigieren, wenn das was zerrt dann der Preamp vom Mixer. Allerdings nimmt der Accent Level sehr starken Einfluss auf die Cymbal und Guiro sounds, indem ersteres stufenweise länger wird und zweiteres kürzer.

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