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Test: Danelectro Longhorn Baritone

Danelectro Baritone

4. Oktober 2007

„Was ist das denn“? So oder so ähnlich reagieren fast alle meine Kollegen, wenn sie die Danelectro Longhorn Baritone Gitarre das erste Mal sehen. Kaum eine Korpusform polarisiert so sehr wie die klassische Longhorn Form des amerikanischen Herstellers. In der Tat muss man die aufgrund der sehr langen Hörner des oberen und unteren Cutaways auffällige Form in den Bereich Korpus-Urväter unmittelbar nach den Giganten von Gibson und Fender aufnehmen. Insbesondere in den goldenen E-Gitarren Jahren der 50er und 60er waren Danelectro-Gitarren und Bässe ein Trademark in Sachen zeitgemäßer Musik, sind ihre Sounds doch auf Tausenden von Surf-Titeln zu hören.

Auch John Entwhistle von The Who kaufte sich seiner Zeit mehrere Danelectro Bässe, allerdings nur weil zu dieser Zeit noch keine Roundwound Saiten auf dem britischen Markt erhältlich waren und die einzige Möglichkeit, diese Saiten in UK zu bekommen, war es, sich einen Danelectro Bass zu kaufen, welcher mit eben diesen Saiten geliefert wurde. Auch nicht schlecht, jeweils einen neuen Bass kaufen, wenn die Saiten verbraucht sind, klingt wie „Auto verkaufen, wenn der Aschenbecher voll ist…..“ ;-)

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Die 1947 gegründete Firma hat eine wechselhafte Geschichte hinter sich. Zunächst als Verstärker-Hersteller von Sears und Mongomery Ward etabliert, begann die Firma erstmals ab 1954 selber Instrumente zu bauen. Trotz der o.g. Hochphase konnte sich die Firma aber nicht auf dem Markt halten und wurde 1969 wieder geschlossen. 1990 wurde das Label wieder entdeckt und reaktiviert.

Aber warum eigentlich Bariton-Gitarre? Was ist das überhaupt für ein merkwürdiges Teil? In ihrer Konstruktionszeit wurde das Instrument als Zwitter zwischen einer Standard-Gitarre und einem Bass verstanden. Ihr Tuning entspricht im Normalfall einer um eine reine Quarte tiefer gestimmten Gitarre und ist somit mit B-E-A-D-F#-B ausgelegt. Gerne wurden prägnante Gitarren- oder Bass-Lines mit einem solchen Instrument gedoppelt, um sie in das nächst-höhere oder – tiefere Voicing zu übertragen. Im Zeitalter des (mittlerweile auch schon zum Mainstream verkommenen…) Downtunings können diese Instrumente nun noch mit einem ganz anderen Feature aufwarten, welches bei einer kurzen (625 mm) oder langen (648mm) Standardmensur zumeist so schmerzlich vermisst wird, der Saitenspannung.

Der zumeist erfolglose Versuch, selbst mit einem 013-Satz bei einem Dropped-B Tuning der (ehemals) E-Saite so etwas wie „Tension“ einzuhauchen, wird bei der 760 mm langen Bariton Mensur um Welten besser gelöst. Hier behalten auch sehr tiefe Tunings eine klare Definition und lassen sich im Soundgefüge eindeutig orten. Das belanglose „Labbern“, welches von nahezu allen siebensaitigen Gitarren, respektive „Vier-Halbtöne-Tiefer-Und-Mehr-Tunings“ produziert wird, hat mit einem solchen Instrument ein Ende, hier ist auch bei extremem „Kellertuning“ wieder echtes Zupacken am Instrument angesagt.

Side

Side

Konstruktion:

Eine der großen Besonderheiten von Danelectro ist das Korpusmaterial, aus dem das Instrument gebaut wird. Die Bodies der Instrumente sind hohl und werden aus einem Pappel-Holzrahmen zusammengesetzt, welcher mit Masonite laminiert ist. Masonite ist eine Kunststoffart, aus der auch seiner Zeit Boote hergestellt wurden. Diese Konstruktion hat den Vorteil, dass sich das Gewicht bei den Instrumenten sehr in Grenzen hält, kein Instrument überschreitet die 3 Kilogramm Grenze. Natürlich schränkt diese Bauweise auf der anderen Seite das Sustain des Instrumentes deutlich ein, mit einer Erwartungshaltung bezüglich singenden und stehenden Töne ist man bei dieser Konstruktion völlig an der falschen Adresse. Wer jedoch knackige, vornehmlich mit dem Plektron gespielte Lines mit hoher Durchsetzungskraft sucht, wird einen guten Partner in dieser Bauweise finden.

Der Hals des Instrumentes besteht aus Ahorn und kommt in einem mittelkräftigen „D“-Profil daher, das Griffbrett wird in Palisander ausgeführt und ist mit mittestarken Jumbo-Frets versehen. Ein wenig lieblos mit leichtem Überstand wurde der Hals auf den Korpus geschraubt, nahtlose Übergänge oder detaillierte Feinarbeit sucht man vergebens, hier wurde lediglich ein Hals mit einem Korpus verbunden! Der Sattel ist von der Kopfplatte her verschraubt und aus Aluminium gefertigt. Sechs gekapselte und verchromte Tuner verrichten einen tadellosen Job und kommen auch mit der deutlich erhöhten Saitenspannung problemlos klar. Die Brückenkonstruktion lässt eine individuelle Einstellung der einzelnen Reiter in der Höhe zu und ist mit insgesamt drei Schrauben auf dem Korpus befestigt. Neben der ungewöhnlichen Korpuskonstruktion gibt es ein zweites Merkmal, welches Danelectro Instrumente schon immer aus der Masse hervor gehoben hat, die „Lipstick“ Tonabnehmer. Optisch wie aus einem Designerentwurf entsprungen, ist die Entstehungsgeschichte des Tonabnehmers eher recht profaner Natur. Um die Produktionskosten gering zu halten, kaufte die Firma seiner Zeit große Bestände von Lippenstifthülsen aus einer Überproduktion auf, um seine Alnico Pickups darin zu platzieren. Man sieht nur die eleganten chromverzierten Messinghüllen, keinerlei Magnete oder Spulen sind zu sehen, was der Konzeption ein sehr gediegenes Erscheinungsbild verleiht. Die Tonabnehmer werden von der Rückseite aus mit je 2 Schrauben in der Höhe fixiert.
Die Schaltung des Instrumentes ist recht spartanisch, ein Drei-Wege-Schalter und ein Mastervolume und eine recht uneffektive Mastertonblende müssen genügen, um alle Schaltvorgänge auszuführen. Als Schutz für die Hochglanzlackierung ist ein kleiner durchsichtiger Pickguard mit zwei Schrauben auf dem Korpus aufgebracht

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Front

Front

Praxis:

Danelectro polarisiert! Das war schon immer so und wird auch immer so bleiben. Der latente „Papp-Charakter“, welchen das Instrument versprüht, ist dem Einen ein Kultobjekt sondergleichen mit klanglichem Charme und Eigenständigkeit, der Andere hält es einfach nur für ein Billig-Instrument ohne den nötigen Punch. Fakt ist, dass Danelectro für ihren Einsatzbereich ihresgleichen sucht. Im cleanen Bereich weiß das Instrument absolut zu überzeugen, zumal sein hohler Sound eine Ortung im Klanggefüge verhältnismäßig einfach macht. Auch in moderaten crunchigen Gefilden geht das Longhorn hoch erhobenen Hauptes zu Werke, lediglich mit zunehmenden Gain geht ihm in Sachen Klangkultur und Feingefühl die Puste aus. Dies war aber auch nicht anders zu erwarten, ist doch die gesamte Retro-Konstruktion auf einen klar definierten Einsatzbereich ausgelegt. Spieltechnisch lässt sich die deutlich längere Mensur überraschend gut spielen. Zwar ist der Bundabstand naturgemäß größer als bei der Standard-Mensur, jedoch fällt die Umstellungsphase überraschend schnell aus. In Sachen Akkord-Strumming und moderaten Lead-Passagen gibt es eigentlich überhaupt keine Probleme, lediglich schnelle Läufe in den tiefen Lagen gestalten sich etwas schwergängiger als gewohnt. Auch müssen die Bendings erwartungsgemäß mit einem höheren Kraftaufwand ausgeführt werden, zum einen aufgrund der Saitenspannung, zum anderen da auch der Abstand, welchen man auf dem Griffbrett für eine Half Note oder Full Note Bending zurücklegen muss, aufgrund der längeren Mensur ein anderer ist.

Back

Back

Fazit:

Man kann sagen was man will, dieses Instrument hat was. Es fühlt sich gut an, hat jede Menge Esprit und wird garantiert optisch und akustisch von jedem zur Kenntnis genommen werden. Zudem liegt bei diesem moderaten Verkaufspreis der Hang zum Zweitinstrument nahe, seinen tonalen Range kann man mit der Longhorn Baritone auf jeden Fall erweitern.

Plus:
+ Authentizität
+ Optik
+ Preis

Minus:
– zuweilen etwas grobschlächtige Verarbeitung
– Output Pickups

UVP: 459,- €

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