White Wedding
Die D’Angelico EX-DC WH ist eine E-Gitarre im Stile einer Gibson 335. Der New Yorker Gitarrenbauer John D’Angelico, geboren in Little Italy/Manhattan, begann schon in frühen Jahren sich für den Gitarrenbau zu interessieren. Somit baute er sich in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts einen Namen und einen guten Ruf auf, bis er wie oft leider zu früh mit nur 59 Jahren 1964 starb. Sein vertrauter Mitarbeiter James D’Aquisto übernahm sein Geschäft für eine kurze Zeit, bis er anfing, unter seinem eigenen Namen Gitarren zu bauen.
Seit 2011 wird das Vermächtnis unter neuem Management weitergetragen, wie schon in der Vergangenheit dreht es sich auch heute ausschließlich um Archtop E-Gitarren. Erweitert wurde das Programm um Akustikgitarren und E-Bässe. Im Sortiment finden sich in den USA gefertigte Masterbuild-Modelle und günstige Serien, vornehmlich aus Nordkorea. Kleiner Spaß zu Beginn, aus Südkorea natürlich!
Die Künstler Endorsements finden sich eher im Classic Rock, Blues bis Jazz wieder. Hier liest man Namen wie Bob Weir/The Grateful Dead, Kurt Rosenwinkel, Brad Whitford/Aerosmith, Bootsie Collins/Parliament Funkadelic, Joan Osbourne, Sammy Hagar/Van Halen, Nuno Bettencourt/Extreme und viele mehr.
Facts & Features
Es ist heute nicht mehr selbstverständlich, dass eine Gitarre mit Koffer geliefert wird. Natürlich spart man sich hierbei etwas am Endpreis. Somit wird es, auf den ersten Eindruck zumindest, etwas attraktiver, sowohl für den Verbraucher wie auch für den Händler. Für mich hat das etwas mit Wertigkeit zu tun, die man einem Instrument gibt, wenn ein Koffer im Lieferumfang mit inbegriffen ist.
Bei der D’Angelico EX-DC WH ist das so, sehr schön. Auch wenn hier gewisse Abstriche gemacht wurden, die natürlich die Preispolitik widerspiegeln. Dennoch: Ein in China hergestellter schwarzer Gitarrenkoffer schützt das auf den ersten Eindruck edle Instrument natürlich besser, als es ein Gigbag tut. Die Verarbeitung des Koffers ist gut, mit hier und da ein paar kleinen Mankos. Manche Ecken sind nicht ordentlich verklebt und im Ganzen wirkt er nicht so ganz solide. Dennoch alles im grünen Bereich!
Ganz anders bei der D’Angelico EX-DC WH, eine Semiakustik mit Double Cutaway und, wie bereits erwähnt, im Stile einer Gibson 335. Typisch für diese Art Gitarre ist ein Center Block, auch Sustain Block genannt. Somit sind nur die zwei Kammern unter den F Löchern hohl und die Gitarre ist auch bei lauter Verstärkung nicht sehr Feedback empfindlich. Aus dem Koffer genommen fällt schnell auf, dass es sich hier um eine sehr gut verarbeitete E-Gitarre handelt.
Etwas verspielt im Design und nahe am Kitschigen ist die Dame bestimmt nicht jedermanns Fall, aber der erste Eindruck ist super. Makellos in der Lackierung und in der Endmontage.
Schauen wir mal in die Spezifikationen.
Die Kopfplatte der D’Angelico EX-DC WH ist schon etwas für Fans, vor allem, wenn man sich die Form anschaut. Hier finden wir auf der Rückseite hochwertige Grover Super Rotomatic Mechaniken. Alles in Hochglanz lackiert, kann man natürlich nicht erkennen, was genau sich unter der Farbe verbirgt. Dank der gut sortierten Homepage des Herstellers aber leicht rauszufinden, besteht der Hals aus drei Teilen: zwei Ahornstreifen, die um einen Walnuss Mittelteil verleimt wurden. Eine interessante Kombination.
Das Griffbrett ist klassisch aus Palisander. Mit 22 Medium Jumbo Bünden versehen, ziehen sich die 6 Saiten vom Knochensattel über eine Gibson Mensur (628 mm/24,75″) runter zur goldenen Tune-O-Matic Brücke. Die Werksbespannung erfolgte durch einen Satz D’Addario EXP (Stärke .010). Die Form des Halses ist ein schmales C-Shape, vergleichbar mit meiner Gibson 335 Cherry Dot. Der Dual Action Halsstab ist am Kopf mit einer Aluminiumplatte in Hochhausform verdeckt. Im Palisandergriffbrett finden sich viereckige Perlmutt-Inlays, die sich, abhängig vom Bund, in der Größe verändern.
Der Hals ist eingefasst, wie auch der Korpus. Dieser ist mit einem siebenschichtigen Binding versehen.
Der Korpus ist, wie in der Bezeichnung schon zu erkennen, mit einem Double Cutaway konstruiert. Um den Sustainblock herum wurde eine laminierte Riegelahorndecke, eine Zarge und ein Boden gleichen Materials verleimt. Die breiteste Stelle des Korpus liegt bei 16″/40,64 cm. Im Großen und Ganzen orientieren sich alle Details sehr nahe am Original einer Gibson 335. Das Material des Kerns ist auch Ahorn.
Die Decke wird geschützt durch ein abgesetztes Tortoise Schlagbrett. Es gibt vier Regler, wie üblich zwei Lautstärkenpotis und zwei Höhenblenden. Die Reglerknöpfe sind aus Ebenholz.
Bevor wir zu den Tonabnehmern kommen, die Gitarre gibt es auch noch mit Stairstep Tailpiece und in sage und schreibe 9 (!) verschiedenen Lackierungen: Surf Green, Grey Black, Cherry, Vintage Sunburst, Natural Tint, White, Black, Natural Clear und Blue Burst.
Die D’Angelico EX-DC WH ist mit zwei Kent Armstrong Vintage Humbuckern bestückt. Die Tonabnehmer sind angelehnt am Vintage PAF, angeblich sollen sie die Saiten im Grundklang etwas detaillierter darstellen. Kent Armstrong ist kein Unbekannter im Geschäft, schon seit Mitte der 70er ist er am Kupferdraht wickeln. Wer ihn nicht kennt, sollte auf jeden Fall schon mal etwas von seinem Vater gehört haben. Kein anderer als Dan Armstrong, der mit Ampeg zusammen damals die Plexiglas-Gitarre entwickelte.
Geschaltet werden die zwei Humbucker über einen üblichen Dreiwege-Toggleswitch. Oben Hals-Pickup, unten Steg-Pickup und in der Mitte beide, welch eine Überraschung.
Praxis mit der D’Angelico EX-DC WH
Ich muss zugeben, mein Fall ist der Look der Gitarre nicht unbedingt, zu viel Gold und Schnörkel. Auf dem Schoß wieder räumt sie schnell mit negativen Vorurteilen auf und man vergisst sofort sein visuell geprägtes Urteil.
Die Gitarre läuft super, sehr gute Werkseinstellung und schön ansprechender Grundsound, bereits ohne Verstärkung. Im Handling, der Tonansprache und Sustain schenkt sie meiner Gibson 335 von 1996 nicht viel. Und das ist echt eine Gute, vor allem in der Bespielbarkeit habe ich selten Bessere in der Hand.
Am Verstärker setzt sich das Konzept weiter durch. Etwas zu sehr definiert im oberen Höhenbereich sollte man am Amp diese Anteile etwas rausnehmen, aber das verspielt sich schätzungsweise und ist eher unter Jungfräulichkeit abzuheften. Das Einzige, was mir negativ auffällt, ist die Qualität einzelner Elektronikbauteile. Die Buchse und der Tonabnehmerschalter weisen leichte Defizite auf und werden in der Praxis etwas schneller als üblich in die Knie gehen, vermute ich. Dennoch, alles funktioniert und das in dem Bereich oft etwas gespart wird, ist bei diesem Preis-Leistungs-Verhältnis durchaus nachzuvollziehen.
Die Halstonabnehmer hat im Verhältnis zu den andern etwas zu viel im Bassbereich, das kann man aber noch in den Griff bekommen, indem man den Pickup etwas versenkt. Ob die Kent Armstrong Humbucker tatsächlich die Saiten klarer darstellen als andere PAF-Kopien, wage ich zu bezweifeln. Sie klingen aber bis auf die kleinen Ausnahmen homogen und schön dynamisch.
Mit um die 4 kg ist die D’Angelico EX-DC WH zwar nicht gerade leicht, aber für diese Art Gitarre bei einem üblichen Gewicht. Die Gurtpins könnten etwas größer sein, Standard-Gurte halten aber ohne Probleme.
Für anderthalbtausend sollte schon ein vernünftig gebauter Koffer dabei sein. Kalkulieren wir einfach mal 25€ für den Hersteller und 99€ für den VK, da ist genügend Luft für die Zwischenhändler und für 1400€ sollte das in China machbar sein. Aussehen tut sie gut.
@Tai Echt ne hübsche!